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Ein Einblick: Was kommt gegen Hass im Netz

Die österreichische Bundesregierung hat ein Gesetzespaket gegen Hass im Netz vorgestellt – hier ein paar erste Gedanken, Einordnungen, Fragen, die wir diskutieren sollten.

(Hinweis: Dies ist keine fertige Einschätzung – sondern ein erster Einblick)

Eine grundlegende Frage zuerst: Ist dieses Paket geeignet, die Situation für Betroffene von Hass im Netz zu verbessern? Meine vorsichtige erste Antwort ist: Ja, es werden zwei große Pflöcke eingeschlagen. Für Opfer von Hass im Netz als auch die Justiz werden große Plattformen wie Facebook leichter greifbar – und diese Plattformen müssen Geldbußen befürchten, wenn sie systematisch (also immer wieder) strafbare Hassrede nicht löschen. Der zweite große Schwerpunkt ist, dass auf Ebene der Justiz die Möglichkeiten von Opfern von Hass im Netz ausgebaut werden – also dass es schneller und billiger sein soll, vor Gericht etwas gegen Hassposter zu erwirken.

Nun die Übersicht: Was wird neu geregelt? Das heute präsentierte Gesetzespaket ist im wahrsten Sinne ein “Paket” – also es umfasst sehr unterschiedliche Neuerungen: Es kommen Änderungen im Strafrecht (z.B. der Verhetzungstatbestand wird ausgedehnt), im Zivilrecht (es soll z.B. leichter und billiger für Betroffene werden, ein Unterlassungsverfahren anzustreben, damit die Menschenwürde verletzende Inhalte gelöscht werden) und zusätzlich kommt ein gänzlich neues Gesetz, das die Verantwortung von großen Plattformen genauer regelt – das Kommunikationsplattformen-Gesetz (KoPlG). Und außerdem gibt es auch noch Änderungen im Medienrecht, die beispielsweise die Persönlichkeitsrechte verbessern, wenn etwa Boulevardmedien nach einer brutalen Gewalttat das Recht auf Privatsphäre der Familie eines Opfers verletzen – ein Problem, das immer wieder vorkommt. Mir erscheint diese Verbesserung des Persönlichkeitsschutzes von Angehörigen sinnvoll, wohlgemerkt hat dieser Teil meines Erachtens eher wenig mit “Hass im Netz” zu tun.

Wichtig: Es ist zu früh für eine finale Bewertung und für einen kompletten Überblick. Aber im Folgenden gebe ich Einblick in ein paar interessante Aspekte – und bespreche Fragen/Knackpunkte, die ich noch sehe.

Interessante Aspekte: Teil 1 – strenge Regeln für Facebook und Co

Hier muss man fairerweise sagen, dass sich Österreich stark am deutschen Netz-DG (Netzwerkdurchsetzungsgesetz) orientiert hat – und auch schon aus deutschen Erfahrungen lernen konnte. Das österreichische Kommunikationsplattformen-Gesetz (KoPlG) schreibt fest, dass Plattformen ab 100.000 registrierten UserInnen oder einem Umsatz von mehr als 500.000 Euro im Vorjahr in Österreich künftig gewisse Auflagen erfüllen müssen: Sie müssen binnen 24 Stunden strafbare Hassrede löschen bzw. sperren (in komplizierten Fällen: binnen 7 Tagen). Sie müssen einen verantwortlichen Beauftragten ernennen, dem man zB eine Klage zustellen kann – das soll sowohl für BürgerInnen als auch Justiz erleichtern, in Kontakt mit großen internationalen Plattformen zu treten. Und drittens müssen sie auch Transparenzberichte vorlegen: Die ganz großen Plattformen mit mehr als 1 Million registrierten Usern in Österreich (das wären wohl Facebook und YouTube) müssen vierteljährlich einen solchen Report erstellen. Die kleineren Plattformen einmal im Jahr – dieser muss zB die Anzahl der gemeldeten Postings inkludieren, auch die Zahl der Sperren/Löschungen, sowie die personelle Ausstattung. Diese Berichte sollen erkennbar machen, wie viel die Plattformen wirklich gegen Hass im Netz unternehmen, ob sie die Moderation ernst genug ausführen.

Was ich hier sehr gut finde: Um sicherzustellen, dass die großen Plattformen dem Gesetz auch folgen, ist die KommAustria als Aufsichtsbehörde zuständig. Und im Gesetz steht, dass die Behörde mittels Verordnung genauer definieren kann, wie diese Transparenzberichte aussehen sollen. Das ist gut, weil dies sicherstellt, dass die Dokumente möglichst einheitlich aufgebaut sind (dann lässt sich YouTubes Statistik zB leichter mit jener von Facebook vergleichen). Eine Anregung: In der Verordnung sollte meines Erachtens auch vorgegeben werden, dass die Plattformen Punkt für Punkt auflisten müssen, zu welchen Straftatbestände es wie viele Meldungen und Löschungen gab (damit man genau weiß, wie viele Löschungen es jeweils wegen Beleidigung, Verhetzung, gefährlicher Drohung etc. gab). 

Wichtiger Punkt: Gibt es die Gefahr des Overblocking – also dass zu viele Inhalte von den großen Plattformen gelöscht werden? Tatsächlich muss man diese Gefahr immer mitbedenken: Im schlimmsten Fall prüfen große Plattformen die gemeldeten angeblichen Hasskommentare nicht genau, sondern löschen im Zweifelsfall. In Deutschland gibt es seit Beginn des Netz-DG diese Sorge, wobei die jetzigen Zahlen dort nicht darauf hindeuten (siehe dazu auch dieses aktuelle Interview).  Es ist aber wichtig, diese Sorge ernstzunehmen. Und der österreichische Gesetzesentwurf beinhaltet einen Mechanismus, der UserInnen-Rechte hier stärken soll: Ein Überprüfungsverfahren. Wenn zB das Posting von jemandem von Facebook gelöscht wurde, kann die Person eine Überprüfung von Facebook verlangen. Auch wenn man ein Posting wegen Hassrede meldete und es wurde nicht gelöscht, kann man die Überprüfung verlangen. Ist man mit Facebooks Schlussentscheidung nicht zufrieden, kann man sich an die Beschwerdestelle melden (die bei der Aufsichtsbehörde KommAustria eingerichtet wird). Wie ich den Gesetzesentwurf verstehe, geht es nicht darum, dass die KommAustria beginnt, jedes einzelne Facebook-Posting zu überprüfen: Aber wenn vermehrt UserInnen Beschwerde einbringen, dann kann dies zu einem Verfahren gegen die Plattform führen – konkret: Wenn “mehr als fünf begründete Beschwerden” während eines Monats bei der Aufsichtsbehörde eintreffen, soll die Behörde eine Überprüfung starten, ob die jeweilige Plattform genug gegen Hass im Netz macht.

Es gibt also zwei Stufen, um sicherzustellen, dass die erfassten Plattformen ernsthaft die gemeldeten Inhalte kontrollieren: Erstens das Überprüfungsverfahren, das der/die betroffene UserIn anregen kann. Zweitens die Aufsichtsbehörde, die bei gehäuften Beschwerden ein Verfahren einleitet, ob die Plattform den Auflagen gerecht wird. 

Nehmen wir an, die Aufsichtsbehörde kommt zum Ergebnis, dass eine Plattform nicht genug gegen strafbare Formen des Hass im Netz macht (oder wenn zB die Transparenzberichte mangelhaft sind), so kriegt sie zunächst einen Bescheid, was sie ändern soll. Wenn sie dem nicht folgt oder wenn mehrfach solche Bescheide ergehen, dann kann es zu einer Geldbuße bis zu 10 Millionen Euro kommen. Wichtig: Die Geldbuße wird nach der Finanzkraft der jeweiligen Plattform bestimmt (das heißt, ein riesiger Konzern wie Facebook müsste bei einem Verstoß wohl mehr zahlen als ein kleinerer Anbieter).

Es gibt noch viel mehr zu sagen – die Datenschützer von Epicenter.Works kritisieren zum Beispiel, dass es noch höhere Hürden geben sollte, welche Plattformen erfasst sind. Ich bin hier gespannt auf die Begutachtung, wo genau solche Fragen erörtern werden.

Eine inhaltliche Anregung noch: Ich würde auch empfehlen, dass die Aufsichtsbehörde sehr genaue Vorgaben machen soll, wie die Meldeformulare der großen Plattformen im Groben funktionieren sollen. Deutschland hat hier nämlich schlechte Erfahrungen mit Facebook gemacht, deren Meldeformular eher schwer zu finden und auf den ersten Blick kompliziert gestaltet war (das führte zur Kritik, dass Facebook auf diese Weise das Melden nach dem dortigen Gesetz erschwere). Im österreichischen Entwurf wurde bereits festgesetzt, dass das Meldeformular “leicht auffindbar” sein muss – hier könnte man auch überlegen, ob es der Aufsichtsbehörde von vornherein per Verordnung möglich sein soll, Mindestanforderungen für die Meldeformulare zu machen (alternativ könnten konkrete Vorgaben auch die Folge von Verfahren der Aufsichtsbehörde sein). Um zu verhindern, dass Plattformen einzelne Schlupflöcher nutzen oder eher kreativ bei der Umsetzung werden, sind womöglich sehr präzise Vorgaben sinnvoll.

Mein grundsätzlicher Eindruck ist, dass das Kommunikationsplattformen-Gesetz recht ausgegoren wirkt – man merkt jedenfalls, dass Österreich sehr viel vom deutschen früheren Gesetz lernen konnte (dass UserInnen die Möglichkeit eines Überprüfungsverfahren bekommen sollen, ist genau genommen eine deutsche Idee – dort wird dieser Sicherheitsmechanismus “Gegenvorstellungsverfahren” genannt, ist aber erst als Gesetzesnovelle eingebracht, also noch keine beschlossene Sache). Generell ist aber jetzt wichtig, in Ruhe die Begutachtung abzuwarten.

Der größte Knackpunkt beim Kommunikationsplattformen-Gesetz ist die EU-Kommission: Diese will noch dieses Jahr ihren Digital Services Act vorstellen, also eine eigene Regulierung für große Plattformen. Und hier stellt sich die Frage, ob die EU-Kommission einschreitet und sich das Recht vorbehält, eine österreichische Umsetzung vorerst zu blockieren und somit zeitlich auszubremsen. Ein grundsätzlicher Kritikpunkt ist, dass Österreich einfach die europäische Regulierung abwarten sollte – dies ist zum Beispiel die Position der Internet-Service-Provider. Ich stimme zu, dass eine europaweite einheitliche Regelung das Logischste ist. Man muss aber realistischerweise sagen, dass wir hier von einem wesentlich langwierigeren Prozess sprechen – es kann einige Zeit dauern, bis eine europäische Regelung final in Österreich in Kraft ist. Dementsprechend kann ich den österreichischen Impuls, schon vorher Facebook und Co. strenger zu beäugen, nachvollziehen. Wie der Rechtsexperte Hans-Peter Lehofer auch auf Twitter schrieb: Der Entwurf soll auch Druck auf die EU-Kommission machen, den Digital Services Act (oder Ähnliches in diese Richtung) auf Schiene zu bringen.

Interessante Aspekte: Teil 2 – Schutz von Opfern gegen Hass im Netz

Zuerst ein Hinweis: Ich war Teil der ExpertInnengruppe gegen Hass im Netz, die im Gespräch mit dem Justizministerium war (eine ehrenamtliche Tätigkeit). Das heißt, einen Teil der Gesetzesideen habe ich schon im Vorfeld mitbekommen und meine Meinung in dieser Runde sagen können. Die konkreten Entwürfe wurden zwischen den Koalitionspartnern ausverhandelt – ich gehe nicht auf alles ein, weil dieses Paket des Justizministeriums extrem umfassend und vielseitig ist.

Eine der größten Neuerungen ist das neu geschaffene “Mandatsverfahren”: Es bietet im Zivilrecht die Möglichkeit, sehr rasch bei Gericht zu erwirken, dass ein rechtswidriger Kommentar entfernt werden muss. Recht interessant ist, dass diese neue Bestimmung den Begriff der “Menschenwürde” nutzt. Diese Neuerung zielt (so verstand ich die heutige Pressekonferenz) auch darauf ab, dass Opfer von grob beleidigenden oder sexistischen Nachrichten, die aber nicht öffentlich an diese gesendet wurden, auch eine einfachere Möglichkeit bekommen, dagegen vorzugehen (da es laut dieser Bestimmung nicht um die Frage geht, ob das Posting vor Publikum passierte, sondern ob die Menschenwürde der Person verletzt wurde). Binnen weniger Tage soll ein “Unterlassungsauftrag” beim Bezirksgericht erzielbar sein, wobei der/die AbsenderIn des Postings dagegen Einwand einbringen kann und dann kommt es zu einer normalen Klage. Mittlerweile kam auch schon die Frage, ob dieses Instrument zu leicht angewandt werden kann. Ich denke, hier wird die Begutachtung wichtig sein, um genau solche Aspekte zu erörtern – auch da es sich um einen komplett neues Instrument des Rechts handelt. Ziel ist hier offensichtlich, dass Betroffene von Hass eine sehr niederschwellige Möglichkeit bekommen, sich juristisch zu wehren.

Ich gehe im folgenden nicht auf jede neue gesetzliche Änderung ein, aber ich möchte noch ein paar Details hervorheben:

Sehr interessant finde ich, dass der Verhetzungsparagraf für einzelne Opfer leichter zugänglich gemacht wird, zum Beispiel für einzelne jüdische BürgerInnen, einzelne Frauen, einzelne Menschen mit anderer Hautfarbe, die aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit übelst niedergemacht werden. Zur Erklärung: Der Tatbestand der Verhetzung (§ 283 StGB) schützt Gruppen oder Angehörige gewisser Gruppen vor Gewaltaufrufen oder Aufstachelung (geschützt sind beispielsweise Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, ihrer Religion). Bisher gab es in der Praxis oft das Problem, dass Frauen, die sexistisch herabgewürdigt wurden und zB mit Vergewaltigungswünschen oder Ermordungsphantasien konfrontiert waren, erlebten, dass diese Äußerungen von der Staatsanwaltschaft oftmals nicht als “gefährliche Drohung” eingestuft wurden und ebenso nicht der Tatbestand der Verhetzung angewendet wurde (obwohl das Geschlecht an sich bereits eine geschützte Kategorie ist). Mein Eindruck ist, indem der Verhetzungstatbestand etwas geöffnet wird, hofft man, eventuell solche Fälle etwas besser abzufangen – und mit einem Paragrafen erfassen zu können, bei dem die Staatsanwaltschaft zuständig ist. Kurz gesagt: Es soll eine Spur leichter werden, für einzelne Betroffene in den Verhetzungsparagrafen hineinzukommen. 

Die Rechtsanwältin Maria Windhager, die viele Verfahren zum Themenbereich Hass im Netz führt, spricht auf Twitter von “vielen Verbesserungen im Straf- und Zivilrecht”, die in den Entwürden nun vorgestellt werden. Die Anti-Rassismus-Organisation ZARA, die auch die Meldestelle gegen Hass im Netz betreibt, sieht in den Änderungen im Bereich der Justiz “einen wichtigen Schritt” (ganzes Statement hier). Etliche Stellungnahmen zum Gesamtpaket hat auch der “Standard” zusammengetragen.

Wichtig: Gerade bei den Änderungen im Strafrecht muss sich dann zeigen, wie die Justiz diese im Konkreten anwendet. Einfach gesagt: Es geht bei der Verfolgung von Hass im Netz nicht nur um das Gesetz an sich, sondern auch um die Frage, wie Staatsanwälte/Staatsanwältinnen und Richter/Richterinnen das im Konkreten dann leben. Es kann hier auch zu Diskrepanzen zwischen den Absichten des Gesetzgebers und der Anwendung im Gerichtssaal kommen – dies ist zum Beispiel beim Cybermobbing-Tatbestand passiert.

Der Cybermobbing-Paragraf wird nun nachgebessert (§ 107c StGB). Im Grunde besagt die Änderung, dass es leichter sein soll, vom Tatbestand des Cybermobbing erfasst zu werden. Die Gerichte haben den bisherigen Paragrafen sehr eng ausgelegt. In der neuen Formulierung ist er etwas breiter gefasst, sodass es zB denkbar ist, dass bereits ein einzelnes Posting als Cybermobbing verfolgt werden kann – wenn es “für eine längere Zeit” hinweg für eine “größere Anzahl von Menschen” wahrnehmbar ist. Es handelt sich hier um eine Reparatur, die im Grunde dazu führt, dass der Cybermobbing-Paragraf vor Gericht so angewandt wird, wie es vom Gesetzgeber ursprünglich gedacht war.  Ich möchte ergänzen: Da der Themenkomplex “Hass im Netz” eine recht neue Rechtsmaterie ist, halte ich es für realistisch, dass man öfters (auch in den kommenden Jahren) kleine Nachbesserungen vornehmen muss – um zu schauen, wo eine Bestimmung womöglich zu eng oder zu weit gefasst ist. Man sollte auch nicht glauben, dass mit dem jetzigen Gesetzespaket das Problem gelöst ist – ähnlich wie im Straßenverkehr, wo es im Laufe der Jahre immer wieder neue Regelungen/Änderungen gab, ist meine Überzeugung, dass wir auch bei der Regulierung des menschlichen Miteinanders im Netz immer wieder Updates und Nachbesserungen brauchen werden. Neue Regeln im Internet zu finden, ist kein Sprint, sondern ein Marathon.

Wo ich im Justiz-Teil durchaus Gesprächsbedarf sehe, sind die neuen Möglichkeiten, die Arbeitgebern rechtlich eingeräumt werden. § 20 Abs 2 ABGB sieht vor:

“Wird in einem Medium im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Arbeit- oder Dienstnehmers dieser in seinem Ansehen oder seiner Privatsphäre verletzt und ist dieses Verhalten geeignet, die Möglichkeiten des Arbeit- oder Dienstgebers, den Arbeit- oder Dienstnehmer einzusetzen, nicht unerheblich zu beeinträchtigen oder das Ansehen des Arbeit- oder Dienstgebers erheblich zu schädigen, so hat dieser unabhängig vom Anspruch des Arbeit- oder Dienstnehmers einen eigenen Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung.”

Als Szenario wurde seitens der Regierung beispielsweise geschildert, dass es immer wieder vorkommen kann, dass ein Richter/eine Richterin, ein Polizist/eine Polizistin aufgrund ihrer Arbeit verunglimpft wird und ihr Arbeitgeber im Ansehen ebenfalls geschädigt wird. In diesem Punkt bin ich sehr gespannt auf die Begutachtung – weil ich mich einerseits frage, worin der Vorteil dieser Regelung zu den ohnehin bestehenden Möglichkeiten eines Unternehmens oder einer Organisation liegt, sich juristisch zu wehren, und welche Nebenwirkungen diese Regelung haben könnte. Ich habe hierzu noch keine abgeschlossene Meinung, aber ich denke, wir sollten über Sinnhaftigkeit, mögliche Anwendungsformen und Nebeneffekte dieser Regelung beispielsweise im Rahmen des Begutachtungsverfahrens diskutieren. 

Insgesamt ist der Teil, welcher die Justiz betrifft, eindeutig darauf ausgerichtet, die Rechte der Opfer von Hass im Netz zu verbessern – und auch einen leichteren und billigeren Zugang zu schaffen. Im Begutachtungsverfahren wird hier auch die Frage sein, gibt es Schattenseiten oder Nebeneffekte einer Verbesserung des Opferschutzes, die ebenfalls noch berücksichtigt werden sollten. In vielen Punkten möchte ich auch selbst noch weiter über die Vorlagen nachdenken, bin für Inputs, Anregungen, Fragen auch dankbar. Grundsätzlich ist mein Eindruck, dass das heute präsentierte Paket der Bundesregierung sehr substanziell ist – das sind große Pflöcke, die hier eingeschlagen werden sollen. Aber dementsprechend sinnvoll ist es auch, ausführlich und im Detail über die Ausgestaltung dieser Pflöcke zu sprechen.

Categories: Digitales
Ingrid Brodnig:

View Comments (3)

  • Achtung, zwischen den Punkten Anzahl registrierter User und Umsatz ist ein und, kein oder.

    • Zuerst: Danke für den Hinweis! Ich habe das ursprünglich auch so gelesen, aber mir wurde erklärt, dass diese Formulierung im Gesetz sinngemäß wie ein "oder" zu lesen ist, weil nicht aufgezählt wird, wer inkludiert ist, sondern weil aufgezählt wird, wer exkludiert ist. Und diese Formulierung wirkt sich nach dieser Auskunft so aus, dass man erfasst ist, wenn man nur einen der Punkte erfüllt. Das Ganze ist jedenfalls sehr kompliziert formuliert, weil nicht aufgelistet wird, wer inkludiert ist, sondern in welcher Konstruktion man exkludiert ist.

  • Im Großen und Ganzen ist bekannt, was kommen soll: Das „Upskirting“-Verbot etwa, also das Verbot, mit oder ohne Kleidung bedeckte Geschlechtsteile heimlich zu fotografieren oder diese Aufnahmen zu verbreiten, was eben jener Fußballtrainer tat. Oder dass Kommunikationsplattformen künftig einen Ansprechpartner im Land haben und Transparenzberichte abliefern müssen.

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