Was ist die Aufgabe der Journalisten? Ein Nachtrag
Auf Kritik stieß unlängst eine Werbekampagne des VÖZ. Plötzlich stand auf allen Tageszeitungen in der Trafik: “Was wäre die öffentliche Meinung ohne jemanden, der sie veröffentlicht?” Der Verband Österreichischer Zeitungen musste sich die Frage gefallen lassen: Heißt das etwa, dass Zeitungen die Meinung für ihre Leser vorgeben?
Ich möchte noch schnell ein Zitat nachliefern, das die Aufgabe der Journalisten etwas treffender beschreibt. Journalismus-Professor Jay Rosen schrieb:
Nicht die Presse ‘informiert’ die Öffentlichkeit, sondern es ist Sache der Öffentlichkeit, die Presse zu informieren. Der eigentliche Gegenstand des Journalismus ist das Gespräch der Öffentlichkeit mit sich selbst.
Es täte österreichischen Medien wohl gut, diese Definition ernstzunehmen – anstatt Kampagnenjournalismus zu fahren oder bei der Recherche zu sparen. Das Zitat stammt übrigens aus einer Aufsatzsammlung, in der Jay Rosen seinen Kollegen, den Kommunikationstheoretiker James W. Carey, ehrt und mit diesen Worten dessen Journalismusverständnis beschreibt.
Übrigens verfasste ich damals im Falter auch eine Werbekolumne. Hier der Text aus Falter 44/12 inklusive Stellungnahme des VÖZ:
Herr Grünberger, warum geben Sie die öffentliche Meinung vor?
Plötzlich wirkten die Medien wie gleichgeschaltet. Auf sämtlichen Titelseiten der Kauftageszeitungen stand vergangenen Mittwoch: “Was wäre die öffentliche Meinung ohne jemanden, der sie veröffentlicht?“
Es handelt sich um eine Kampagne von Demner, Merlicek und Bergmann, die der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) in Auftrag gab. Er wirbt damit für “Medienvielfalt und Pressefreiheit“, wie es auch auf Seite 2 des riesigen Zeitungsinserats hieß.
Die auffällige Kampagne sorgte für Diskussionen auf Twitter und anderen Onlineportalen. Da kam die Frage auf: Ist eine uniforme Ummantelung der richtige Weg, um für eine pluralistische Medienlandschaft zu werben? Gerald Grünberger, Geschäftsführer des VÖZ, wehrt diese Kritik ab: “Nur weil wir an einem Tag eine starke Werbung schalten, ist es doch übertrieben, gleich von Gleichschaltung zu reden.“
Und was will der VÖZ mit dieser Botschaft sagen? Geben Printmedien etwa die Meinung ihrer Leser vor? “Das ist wohl ein bewusstes Missverständnis“, sagt Grünberger, “wir wollen lediglich sagen, dass Medien meinungsbildend sind.“ Das Inserat ist nur Teil einer größeren Kampagne, die bis Ende des Jahres läuft und den Wert von Printmedien betonen soll.
Das Sujet erscheint in einer branchenintern heißen Phase: Derzeit verhandeln Journalistengewerkschaft und Verleger über einen neuen Kollektivvertrag. Neulich wäre es fast zur Eskalation gekommen, sogar Streik drohte. “Ein Zufall“, sagt Grünberger, “der Zeitplan der Kampagne wurde schon im Sommer beschlossen.“
Foto: Florian Klenk
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Hat nichts an Schlagkraft eingebüßt dieser Artikel! Tolle Sache :-)
Guten Tag
Ein interessanter Artikel über die Art der Berichterstaatung vom ORF:
Mein Montevideo – Völkermord in Uruguay – der ORF und die Lügenpresse
http://wipi.at/immoblog/uruguay-voelkermord
Nicht rechte Populisten schaffen Rechtsextreme, sondern die Lügen die von linken Gutmenschen verbreitet werden - die Anführer arbeiten beim ORF!
schönen Feiertag
Diese Strategie der rechten Populisten hat schon einen Bart: Rollen drehen: die Linken sind Schuld. Dieses Schubladendenken loest kein einziges Problem, von denen wir zu Genuege haben. Ich bin gerne ein Gutmensch - uebrigens eines der aergsten Schimpfwoerter.
Grossartig ihre Beiträge bei den heutigen Alpbach Talks. Bin ab sofort Profil Abonnent.
Herzlichen Dank für Ihren ausserordentlich beeindruckenden Beitrag bei den heutigen Alpbach Talks. Ich würde Sie gerne für einen Diskussionsabend auf der FH Vorarlberg gewinnen und mich deshalb über eine Rückmeldung freuen.
der Artikel ist immer noch top aktuell! man findet ihn immer noch ganz oben bei Google wenn man nach dem richtigen keyword sucht! :-) Bei dieser Gelegenheit möchte ich natürlich nicht verabsäumen, auch die besten Wünsche für das neue Jahr 2017 zu übermitteln
ein wirklich ewig aktueller Beitrag wie man auch anhand verschiedener Meinungen sehr gut sehen kann! vielen Dank auch von mir fürs Teilen
Liebe Ingrid Brodnig,
wir bereiten gerade eine Diskussionsveranstaltung zu "Hass im Netz" vor, die wir im Medienzentrum beim Kirchentag auf dem Weg in Magdeburg veranstalten möchten. es ist uns sehr wichtig, dass wir die verschiedenen Seiten diskutieren und nicht beim Jammern verbleiben, sondern gemeinsam darüber nachdenken, was wir alle tun können. Dafür wären Sie eine sehr geeignete Gesprächspartnerin.
Ihr Buch würde darüber natürlich auch noch einmal mit beworben werdne und bekannter gemacht werden, was mir übrigens sehr gefällt.
Hier die Daten für die Veranstaltung, bitte schauen Sie doch zeitnah, ob es Ihnen möglich wäre, and er Diskussion teilzunehmen.
Podium "Hass im Netz"
Datum: Fr, 26. Mai 2017, 14.30 - 16.00 Uhr
Ort: Zentrum Digitalisierung und Neue Medien, Festung Mark, Magdeburg, im Rahmen des Kirchentag auf dem Weg
weitere ReferentInnen (z.T. zugesagt, z.T. angefragt): Julia Schramm/Fachreferentin für Haed Speech, Christof Breit/ Social media Beauftragter der Bayrischen landeskirche, Renate Künast/MdB,Partei Die Grünen, evtl. ein Hasskommentator, der sich der Debatte stellt.
Über eine sehr rasche Antwort würden wir uns freuen.
Herzliche Grüße, Annette Berger (Programmausschussvorsitzende des Kirchentag auf dem Weg/Magdeburg)
Vielen Dank - Das sind klare Worte!!
Besonders wichtig in einer Zeit, wo man so viel Irritierendes hört. Und da sind immer wieder die rechten Populisten vorne dabei. So postet letztlich sogar ein HC Str., dass im auffällt, die Sprache würde zusehends verrohen! NA SOWAS!! Wo doch gerade ER und seine Mitstreiter dazu besonders fleißig und regelmäßig die deftigsten Beträge verfassen .....
Klingt nach einem hervorragenden Plan!
Fantastisch, Madam Ambassador!