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“Das jagt vielen Journalisten Angst ein“

Man muss mit dem Leser auf Augenhöhe kommunizieren, meint Chris Moran vom Guardian. Er erklärt das Konzept des radikal offenen Journalismus

 

Der Guardian will eine Weltmacht im Internet werden. Die britische Traditionszeitung setzt dabei auf Transparenz, spricht von einem “offenen Journalismus“. Wie dadurch die Berichterstattung besser werden soll und wie der Guardian sich seine Zukunft vorstellt, erklärt Digitalexperte Chris Moran.

 

Falter: Herr Moran, der Guardian glaubt an eine neue Form des Journalismus, den “offenen Journalismus“. Was ist denn das?

Chris Moran: Unser Bekenntnis lautet: Was unsere Leser liefern, finden wir gleich wichtig wie das, was wir ihnen liefern. Wenn man ein großes, loyales Publikum hat, findet man darin unausweichlich Experten zu jedem Bereich, über den man berichtet. Journalisten können nicht immer sofort über alles Bescheid wissen. Gerade in einem digitalen Zeitalter, wo alles in Echtzeit passiert, wo man immer schneller berichten muss, soll man das aufzeigen.

Haben Sie ein Beispiel?

Moran: Ja, manchmal machen die Leser unseren Job leichter. Wir hatten einen riesigen Spesenskandal in Großbritannien, unser Konkurrenzblatt The Telegraph deckte auf, dass Abgeordnete Spesen für private Zwecke verrechneten. Das war der Scoop des Jahres. Der Staat hat daraufhin eine riesige Datensammlung mit allen Parlamentsspesen veröffentlicht. Mehr als 400.000 Rechnungen. Nur wie verarbeitet man das journalistisch?

Sie haben Ihre Leser durch die Akten stöbern und Hinweise geben lassen, wo ungewöhnliche Rechnungen ausgestellt wurden.

Moran: Genau. Immer öfter sind wir mit riesigen Datenbergen konfrontiert, da können uns Leser das Leben erleichtern. Diese Spesendatenbank war wie eine Schatztruhe, in der die Leser nach interessanter Information suchen sollten. Ein gutes Beispiel für die Weisheit der Masse. Mehr als 32.000 Leser haben mitgemacht. Die gesamte Datenbank wurde zwar nicht durchforstet, aber immerhin eine Viertelmillion Dokumente. Das hat zu mehreren Artikeln im Guardian geführt.

Auch ein Polizeiskandal wurde erst mithilfe der Leser aufgedeckt.

Die Polizei hat die Öffentlichkeit in die Irre geführt
Moran: Genau, der Tod von Ian Tomlinson. Tomlinson war ein Zeitungsverkäufer, der 2009 auf seinem Heimweg in die Proteste gegen den G20-Gipfel in London kam. Laut Polizei starb er an einem Herzinfarkt, die Polizisten hätten ihm helfen wollen, seien aber mit Steinen und Flaschen beworfen worden. Unser Journalist Paul Lewis war kurz zuvor Twitter beigetreten und fing an, dort Fragen zu stellen. Er versammelte jene Leute, die an den Protesten teilgenommen hatten und erarbeitete eine Zeitleiste von den letzten Minuten in Tomlinsons Leben. Dann kam der entscheidende Hinweis: Ein amerikanischer Börsenmakler hatte die Szene gefilmt, in der Tomlinson von einem Polizisten grundlos attackiert wurde, wenige Minute bevor er an einem Herzinfarkt starb. Auch sah man, dass die Demonstranten keine Steine geworfen hatten. Um es freundlich zu sagen: Die Polizei hat die Öffentlichkeit in die Irre geführt.

War Twitter für den Fall so wichtig? Auch früher erhielten Journalisten Tipps von Augenzeugen.

Moran: Ja, nur wie kommuniziert man, dass man nach Hinweisen sucht? Fragen Sie auf Ihrem Titelblatt: “Hat jemand etwas gesehen“‚ Twitter eignet sich da besser. Die Leute haben Paul retweetet, sein Anliegen verbreitet. Das ist der Twitter-Effekt: So eine Nachricht zieht Kreise, ähnlich einem Stein, den man in einen Teich wirft. Und irgendwann hat sie dann den Börsenmakler in den USA erreicht.

Nicht all Ihre Versuche gehen so wunderbar auf. Neuerdings geben Sie jeden Morgen bekannt, worüber Sie tags darauf berichten werden. Das ist in einer Onlinetabelle nachlesbar. Doch nur wenige Leser gehen darauf ein oder helfen mit Hinweisen.

Moran: Diese Tabelle ist ein Experiment. Wir haben dieses Google-Dokument schon früher redaktionsintern verwendet und es dann auch online gestellt. Wobei wir wirkliche Knüller natürlich nicht vorab bekanntgeben. Es stimmt, dass die Beteiligung der Leser nicht rasend ist, aber wir probieren solche Dinge gerne aus. Wir glauben nun einmal an Transparenz und lernen aus solchen Versuchen. Vermutlich kann man die Leser besser einbinden, wenn man ihnen eine gezielte Frage stellt, und nicht sagt: “Hier ist unser morgiges Blatt, was sagt ihr dazu?“ In Blogs wie Reality Check gehen wir gezielt einzelnen Fragen nach, dort sind die Leser-Postings bereits gleich wichtig wie die Beiträge der Journalisten.

Wie funktioniert denn das?

Moran: Reality Check wird von Polly Curtis verfasst. Jeden Morgen sucht sie eine spannende Geschichte, die man näher beleuchten könnte. Das Youtube-Video “Kony 2012“ (Anm.: über den afrikanischen Warlord Joseph Kony) war ein gutes Beispiel dafür. Es vereinte interessante Aspekte, soziale Medien, Wohltätigkeit und die Probleme Afrikas. Es gab aber auch Kritik daran, und man wusste nicht, ob man es gut finden soll oder nicht. Also fragte Polly: “Kony 2012, was steckt dahinter?“ Das hat unglaublich gut funktioniert, über Google haben wir ganz neue Lesergruppen angezogen. Gemeinsam mit den Lesern ging Polly dann dieser Frage nach. Sie bloggt alle paar Minuten und zieht Leserreaktionen maßgeblich dabei ein.

Bei dem Blogeintrag zu Kony steuerten Leser spannende Quellen bei oder brachten ihr eigenes Wissen über Afrika ein. Wie verändert sich die Rolle des Journalisten im 21. Jahrhundert?

 Der Journalist ist jemand, der zuhört. Wir hören Leute, die früher stumm schienen
Moran: Der Journalist ist jemand, der zuhört. Und zwar nicht nur den Interviewpartnern oder Presseleuten. Wir hören Leute, die früher stumm schienen. Das mag simpel klingen, ist es aber nicht, weil das vielen Journalisten Angst einjagt. Oft schimpft jemand oder ist wütend auf sie. Manche User sind aggressiv, andere sind einfach nur Trolle. Deswegen ist es für Journalisten anfangs so furchteinflößend, sich diesem Lärm auszusetzen und jene Stimmen herauszufiltern, die einem bei der Arbeit wirklich weiterhelfen.

Der Guardian achtet sehr auf die Qualität seiner Onlinepostings. Wie verhindert man Untergriffe?

Moran: Da gibt es etliche Möglichkeiten, wir haben eigene Moderatoren- und Communityteams. Einen wesentlichen Unterschied macht aber oft, ob der Autor selbst auf Kommentare antwortet. Genauso wie wir unsere Leser als Menschen wahrnehmen müssen, müssen auch unsere Leser erkennen, dass es sich bei uns um Menschen handelt. Oft schreibt man einen Text und schon fallen sie über einen her. Wenn man auf Kommentare antwortet und eingeht, dann sehen sie plötzlich: Du bist auch ein Mensch.

Sie sind jetzt schon seit 1999 in der der Onlineredaktion des Guardian. Wie hat sich diese seit damals verändert?

Moran: Gewaltig. Allein die geografische Veränderung war beeindruckend. Zuerst saßen Online und Print nicht im gleichen Gebäude. Dann waren wir im gleichen Haus, aber in einem anderen Stock. Und vor vier Jahren wurde beides zusammengelegt, jetzt sitzen wir alle nebeneinander.

Wie viele Leute arbeiten in der Onlineredaktion?

Moran: Als ich anfing, waren es wohl so 50 Leute. Heute wird da nicht mehr unterschieden. Das gesamte Personal des Guardian ist digital.

Ihr Chefredakteur Alan Rusbridger sagt: digital first. Er ist wohl einer der radikalsten Vordenker, was den Journalismus im digitalen Zeitalter betrifft.

Moran: Ja, er stand dem digitalen Wandel stets offen gegenüber und hat das Wachstum von guardian.co.uk geschickt beobachtet und die richtigen Weichenstellungen gesetzt. Falls es heute noch einen Redakteur bei uns gibt, der nicht über das Digitale nachdenkt, wäre das wohl ein Problem.

Einfach gesagt: Der Guardian will eine digitale Weltmarke werden.

Moran: Stimmt. Wir haben erst neulich ein Büro in Amerika eröffnet, wir wollen unsere Bedeutung am Markt ausdehnen. Die Berichte über Wikileaks haben uns viel amerikanische Aufmerksamkeit beschert, als englische Mitte-links-Zeitung hatten wir aber auch schon zuvor viele amerikanische Leser, die unseren anderer Blickwinkel schätzen. Das wollen wir ausnützen. Wenn man digital richtig agiert, hinterlässt man hoffentlich weltweit seine Spuren.

Nur, wann rechnet sich das finanziell?

Im Moment denken wir über keine Paywall nach
Moran: Das ist die große Frage, die jeder gerne beantworten würde: Wann und wie rechnet sich das? Unsere Vorstellung von offenem Journalismus inkludiert, dass wir im Moment über keine Paywall nachdenken. Wir wollen an einer internationalen digitalen Debatte teilnehmen und uns nicht selbst von dieser abkapseln. Also schauen wir uns andere Dinge an: das iPad, Applikationen, Handy-Apps, Kindle. Das ist nicht mein Aufgabenbereich, aber ich glaube, am ehesten funktioniert wohl ein Mix mehrerer digitaler Einnahmequellen.

Sie wollen sich also nicht hinter Bezahlschranken wie der Paywall verstecken. Die New York Times hingegen hat einen anderen Zugang. Wer mehr als 20 Artikel im Monat online lesen will, muss zahlen.

Moran: Ein interessanter Versuch, aber ob es wirklich ein Erfolg wird, werden wir erst sehen. Vielleicht funktioniert so etwas nur für einzelne Unternehmen mit bestimmten Grundvoraussetzungen. Ob man das auf die eigene Zeitung umlegen kann, ist unklar. Wir haben da eben unterschiedliche Zugänge.

Und in der Zwischenzeit verbrennt der Guardian Geld. Allein im letzten Geschäftsjahr verloren Sie 47 Millionen Euro. Selbst der Guardian kann sich das nicht auf alle Ewigkeit leisten.

Moran: Ich bin in keiner Weise für das Finanzielle zuständig. Wir haben aber durchaus eine realistische Sicht der Dinge, und Einsparungen werden gemacht. Ich glaube, wir gehen verantwortungsbewusst um – es ist aber nicht meine Aufgabe, hierzu Stellung zu nehmen.

Okay, dann lassen Sie mich die Frage anders stellen: Die Idee ist also, jetzt investieren und zur Weltmarke wachsen, bis hoffentlich die Werbeeinnahmen groß genug sind?

Moran: Das ist ein Element des Ganzen, wenn man den amerikanischen Markt ansieht, scheint das durchaus sinnvoll. Aber das ist nicht das Einzige: Das iPad, der Kindle, all das sind für uns interessante Geräte, um unseren wertvollen Inhalt Menschen zu geben und Geld dafür zu verlangen. Wir sind ein Unternehmen, das viel ausprobiert. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, mit seinem Leser in Kontakt zu treten.

 

Video zum Tod von Ian Tomlinson:

Zur Person:

Chris Moran, 39, arbeitet seit 1999 in der Onlineredaktion des Guardian. Seine genaue Postenbeschreibung lautet “SEO Editor“, was für Search Engine Optimization Editor steht. Morans Aufgabe ist unter anderem, möglichst viele Internetuser auf die Seite guardian.co.uk zu locken, sei es über Google, Facebook oder Twitter. Moran hielt vergangene Woche auf Einladung des Forum Journalismus und Medien (FJUM) und des Online-Standard einen Vortrag in Wien

 

 

 

Dieses Interview erschien im Falter (Ausgabe 12/12). Illustration: PM Hoffmann / Foto: Walter Henisch

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  • Auf einer Tageszeitung-online wurde mein Account manipuliert. Was kann ich tun? Herzlichen Dank.

    • Lieber Herr Scheu, ich glaube, Sie sind bei mir nicht ganz an der richtigen Stelle. Aber was meinen Sie denn mit "Account manipuliert"? Sie können mir auch gerne ein E-Mail schreiben und ich schaue, ob ich Ihnen doch helfen kann. Hier finden Sie die Adresse: https://www.brodnig.org/impressum/ Besten Gruß, Ingrid Brodnig

  • Ich finde die breite Semantik beim Begriff Troll nicht problematisch, sondern natürlich. Das hat Sprache so an sich.

    Ich bin auf Ihren Beitrag leider erst heute gestoßen, über Rivva. Denn schon einen Tag nach Ihnen hatte ich ebenfalls meine Meinung dazu notiert (vgl. http://sajonara.de/2015/01/25/nico-lumma-per-definition-ein-troll/). Geht es nach mir, darf und soll man sich mit Trollen anlegen dürfen, allerdings nur, wenn man genügend gesunde Arroganz besitzt. Wer den verbalen Kampf nicht aushalten kann, sollte ihn gar nicht erst beginnen. Von daher ist die Strategie Lummas für manche sinnvoll, für andere geht sie womöglich nach hinten los.

    • Danke für den Link zum Blogeintrag, habe ich mit Interesse gelesen! Auf zwei Aspekte möchte ich eingehen:

      1.) Ich glaube auch, dass das Zurücktrollen nicht jedermanns Sache ist. Wobei ich da nicht rein von Arroganz sprechen würde: Sehr oft entlarven diese sarkastischen Postings, wie absurd die Meinung manch eines wütenden Posters ist. Ein Beispiel: Ein User wirft der Redaktion vor, Teil der Lügenpresse zu sein und nur die Wahrheit der "Mächtigen" zu verbreiten. Da finde ich es schon okay, wenn sich der angesprochene Redakteur als "Zionisten-Bilderberger-CIA-Illuminaten-Presseoffizier" zu Wort meldet und den Leser bittet: „Posten Sie hier keine Links, die unsere weltumspannende Verschwörung enttarnen könnten. Wir haben uns so viel Mühe gegeben.“ Das ist meines Erachtens nicht arrogant, sondern zeigt, wie skurril manch ein Vorwurf oder gar Weltbild ist.

      2.) Zur Frage der Meinungsfreiheit, die im Blogeintrag angesprochen wird: Sehr oft wird im Netz Meinungsfreiheit falsch ausgelegt und als Narrenfreiheit verstanden. Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass ich jederzeit und überall Gehör finden muss. Wenn ich den Blogeintrag richtig interpretiere, sehen wir das aber ohnehin ähnlich: Es ist kein Forenbetreiber verpflichtet, jemanden Raum für seine Meinung zu geben - auf meiner eigenen Webseite darf ich sehr wohl bestimmen, innerhalb welchen Rahmens und mit welcher Tonalität diskutiert wird. Dazu ein etwas älterer Blogpost: https://www.brodnig.org/2014/09/15/wie-wir-diskutieren-wollen/

  • ich weiß nicht, ob sie das internet wirklich schützen können. die diskussionskultur ihres forums und derer, in denen sie sich bewegen, können sie verbessern und gestalten.

    ich kommen aus einer kultur, die es fast nicht mehr gibt und die in emailclients und newsreadern stattfindet. da teile ich die menge der als troll bezeichneten noch in nützliche und (irgend_ein_schimpfwort) ein. der nützliche troll kann der diskussion die möglichkeit geben, einen unvorhergesehenen gang zu nehmen, der weiter führt.

    der begriff ist für mich höchstens nutzbar, um menschen, die sich in einer diskussion unangemessen verhalten, weiter zu reizen. das kann sehr hilfreich sein, ist aber vermutlich nicht der grund, warum sie oben den begriff benutzen.

    .~.

    • Danke für den Kommentar! Ich glaube, wir haben hier wirklich einen anderen Troll-Begriff. Der nützliche Troll ist meines Erachtens eben kein richtiger Troll. Da wird die Herkunft des Begriffs sehr spannend beschrieben: http://smg.media.mit.edu/papers/Donath/IdentityDeception/IdentityDeception.pdf Womöglich liegt unsere unterschiedliche Haltung gegenüber Trollen auch daran, dass wir von ganz anderen Diskussionsstilen reden: Ich persönlich mag keine Diskussionen, die hauptsächlich von der Provokation leben. Solche Debatten sind vielleicht besonders "lebhaft" (um nicht zu sagen: untergriffig), aber selten kommen Menschen dabei auf einen gemeinsamen Nenner oder gar auf eine neue Erkenntnis. Aber korrigieren Sie mich, wenn ich Sie falsch verstanden haben oder Sie dies anders sehen!

  • Ich teile diese Meinung, nachdem ich eben eine Vorfrühstückrunde durch die Artikel gemacht habe. Spröde und auch ein wenig gespreizt sind die Zugänge der NZZ.at bisher - nichts hat mich wirklich gepackt oder dazu angeregt, den link weiterzuleiten oder zu empfehlen (was mir bei "le monde diplomatique", z.B. nur, dauernd ein Bedürfnis ist.

    Trotzem habe ich es jetzt mal abonniert, war allerdings auch gleich verärgert, weil die Rechnung von wirklich stolzen 14 € für den ersten Monat gleich mit dem Promo Angebot von 1€ abgebucht wurde. Kommt nicht gut.

    • Danke für den Hinweis! Das fiel mir noch gar nicht auf, dass NZZ.at 15 Euro statt 1 Euro abbucht, muss gleich mal meine Rechnung überprüfen. Ich kann gut nachvollziehen, was Sie zu le monde diplomatique erzählen. Ein solches Mitteilungsbedürfnis ist der beste Beleg, dass der jeweilige Autor irgendetwas richtig gemacht hat.

  • Eine Zwischenbilanz kann man angesichts des kurzen Bestehens wagen, für mehr ist es noch zu früh: Mir fehlt bislang eine klare Notwendigkeit, warum ich ein Medium mehr lesen soll (es mangelt ja nicht an Informationen).

    Ich glaube, dass die NZZ den heimischen Markt grundsätzlich richtig eingeschätzt hat: Im Segment Qualität gibt es noch Platz und wenn es gelingt eine gute und neue (andere bzw. ergänzende) Berichterstattung zur heimischen Politik zu etablieren, könnte das Vorhaben Erfolg haben (die Konkurrenz im außerösterreichischen Bereich der internationalen Politik ist sehr groß).

    Mir liegt weder das Design, noch der konzeptionelle Aufbau, aber das kann sich noch ändern. --- Michael Fleischhacker hat sich m.E. seit seiner Zeit bei der Presse doch etwas von dem Berserkerdasein wegbewegt.

    Ich finde Ernst und Sprödigkeit gut, Infotainment (Wein, Essen, Kochen, Unterhaltung, usw.) gibt es genug. --- Ich sehe es weder als Qualitätsmerkmal, noch als Aufgabe von Journalismus an, dem Leser etwas zu einem Anliegen zu machen (der kann und sollte darüber selbst befinden, mich interessieren soweit das vollständig möglich ist, Fakten und sonst nichts, also: Genauigkeit, Objektivität, Neutralität, usw.).

  • Es scheinen sich die Journalisten erstmals in der Geschichte ihre Definionsmacht mit den Konsumenten teilen zu müssen. Das ist offensichtlich ungewohnt und kann durchaus beunruhigen :-)

    Nach 30 Jahren Erfahrung (Mailboxen, Modem-Netze, Usenet und dann die Webforen) erlaube ich mir, ein Resume ziehen:

    Es leider hilft nix, es braucht auch Talent dazu, mit Postings, und auch "Trollen", richtig umzugehen. Und das Dumme dabei ist, dieses Talent kann man nicht lernen. Wer Schweinsohren hat, wird auch nach Jahrzehnten Musikstudium kein Musiker, ebenso ist es mit Moderatoren: ohne Sprachgefühl, Wortwitz, Persönlichkeit und Allgemeinbildung wird er es nicht schaffen, sich durchzusetzen, außer, er löscht alles Störende - und das ist dann meist reine Willkür und verscheucht gerade die Originellen. Dass man jetzt sogar eine Software sucht, um Trolle zu entdecken, ist ein absolutes Armutszeugnis.

    Die meisten Leute schreiben ohnehin nix, die lesen nur mit.

    Das Hauptmotiv beim Posten ist sehr oft, einfach cool rüberzukommen, wurscht, worum es geht.

    Die Mehrheit der Poster hat von nichts eine Ahnung oder/und es fehlt an Persönlichkeit. Man schreibt ausschließlich nach der aktuellen politisch korrekten Mode, was das Risiko von Kritik von vorneherein minimiert. Meldungen der Tagespresse werden empört oder zustimmend kommentiert, eigene Meinungen wagt man kaum, weil das immer risikobehaftet ist. Man sieht Posten als Kampf, wo es eher darum geht, andere "niederzumachen", Argumente sind weniger wichtig, es geht ums "Gewinnen". Bemerkt der Moderator nicht, dass diese Leute überhaupt nicht ihre eigene Meinung verlautbaren, sondern nur das, wovon sie denken, dass es gut und gefahrlos rüberkommt, wird das Forum immer öder. Und die Poster, die diese Heuchelei stört, werden spöttisch und sarkastisch und sind dann die "Trolle".

    In Foren ist es nicht anders als in den herkömmlichen Medien und auch der Politik: das einfachste Mittel, um unbequeme Leute stillzulegen, ist, ihnen Rechtslastigkeit, -Populismus, -Extremismus und Neonazitum draufzunageln. Ob das auch stimmt, ist irrelevant, es wird ohnehin kaum wer zu widersprechen wagen, weil man ihm sofort Nähe zu obiger Geisteshaltungen unterstellen kann. Und wem solche Vorgangsweisen nicht gefallen, der ist dann der "Troll", wenn der Moderator nicht kompetent ist.

    Interessant war auch der Übergang aus der vor-Internetzeit ins Internet. Waren vorher eher die Freaks und Nerds beteiligt, wurden nun die Universitäten eingebunden. Leider brachte das keine Qualitätsverbesserung: Studenten und Professoren beeindruckten nur durch den Versuch, Inkompetenz hinter aggressiver Rhetorik und Überheblichkeit zu verstecken.

    Ich schätze den Anteil an sachlichen, kompetenden Schreibern, mit denen es sich überhaupt zu diskutieren lohnt, auf maximal 5% und das quer durch alle Schichten, vom Hilfsarbeiter zum Dreifachdoktor. Diese 5% zu erkennen und zu halten ist die hohe Kunst, die Moderatoren einfach beherrschen müssen, wenn nicht nach einiger Zeit nur Wichtigtuer, Nichts-Sager, Beschimpfer und Provokateure übrigbleiben sollen, eben die wirklichen "Trolle".

    Das größte Problem ist natürlich, dass es überhaupt nichts gibt, was nicht irgendjemand Anderen stören könnte. Eliminiert man alles irgendwie Konfliktträchtige, kann man alle Foren getrost abschalten - es bliebe einfach nichts lohnendes übrig, außer dem Wetterbericht, vielleicht. Twits von Politikern sind Musterbeispiele von beliebiger Inhaltsleere, um nur ja nirgends anzuecken - absolut verzichtbar.

    Diskrepanzen und Eigen-Dynamiken in Foren aufzulösen und das Potential zu nutzen, intelligenten Leuten zuzuhören und die überflüssigen Trolle einzubremsen, ist die hohe Kunst des Moderators. Sicher nicht einfach, aber diese Fähigkeiten haben Zukunft.

  • Hallo Frau Brodnig,

    ich habe gerade Ihren Beitrag im ARD Mittagsmagazin gesehen. Ihre Aussage "Demokratie lebt vom Konsens" hat mich jedoch ein wenig stutzig gemacht. Meiner Meinung nach lebt die Demokratie intersubjektiv betrachtet von dem "Konflikt". Da Sie kurz vorher im Beitrag meine Sichtweise teilten, "Demokratie lebt von Gegensätzen" unterstelle ich Ihnen völlig unwissend, dass Sie sich versehentlich falsch äußerten.

    Beste Grüße
    Johannes Pfaller

  • Demokratie lebt davon, dass alle die gleichen Chancen haben. Und genau das ist immer mehr bedroht, je mehr Einschuechterung stattfindet. Einschuechterung ist zB das Raufen von Peter Westenthaler, FPOe, dann BZOe. Und genau diese beliebigen Aufspaltungen des 3. Lagers in FPOe, BZOe, FPK ... sind verfassungswidrig.

  • Ich bin mit meinem Kommentar spät dran, weil der Text schon älter ist, aber ich muss dazu etwas sagen. Trollen muss meiner Meinung nicht per se etwas Schlechtes sein. Es mag sein, dass es vielen Trollen nur darum geht, Aufmerksamkeit zu erregen und andere zu verstören. Aber gerade das Zurücktrollen kann man auch als Gegenstrategie sehen.

    Ein Beispiel: Nicht nur in der konservativen und Boulevardpresse, sondern sogar in der einzigen liberalen Tageszeitung in Österreich wird das Forum oft überschwemmt mit rassistischen, sexistischen, homophoben, antisemitischen Postings. Die Frage, wie man damit umgeht, stellt sich jetzt nicht nur für die Redaktion, sondern auch für die anderen PosterInnen, die damit nicht einverstanden sind.

    Nun kann man versuchen, sachlich zu bleiben und das Diskussionsniveau zivilisiert zu halten. Oder man kann eben auch zurücktrollen. Damit meine ich nicht, dass man sich auf das gleiche Niveau wie die Trolle begibt. Aber man muss auch nicht sachlich bleiben. Man kann ja durchaus die Welle aus rassistischen, sexistischen usw. Postings zu unterbrechen versuchen, indem man etwas schreibt, das darauf abzielt, "die Trolle zu trollen". Also etwas schreiben, womit man vielleicht die Trolle ärgert, bzw. sind es ja oft sogar Hater und nicht "nur" Trolle. Nicht durch Beschimpfung und Erniedrigung, aber eben zb durch Sarkasmus, Polemik, was ich hier absolut für angebracht halte.

    Es ist halt die Frage, was man erreichen möchte. Und ich finde, es ist okay, wenn man beim Umgang mit Trollen nicht immer sachlich bleibt. Und eben stattdessen Dinge schreibt, über die sich ein Troll dann selbst ärgert. Das ist wahrscheinlich keine Antwort auf die Frage, wie die Diskussionskultur im Internet zu retten ist. Aber es ist zumindest ein Ansatz, um sich nicht jede Frechheit von den Trollen gefallen lassen zu müssen.

  • ch möchte alle warnen
    http://www.telepathietelekineseterror.blogspot.com
    Sendet den Link an alle möglichen Leute weiter.
    Fakt ist das es Telepathen gibt die das können und an Menschen üben und wissen das man ihnen Ausgeliefert ist da es nicht offiziell anerkannt ist und als Psychose abgetan wird. In meinem Blog steht im Tatsachenbericht wie si es bei mir machten detailliert dokumentiert. Ich bin mir sicher das diese Telepathen für eine menge Selbstmorde verantwortlich sind. Eben so ist es nicht unwahrscheinlich das sie das an Menschen üben um Schlüsselpersonen in Politik, Wirtschaft und auch Psychologie zu kontrollieren. Die Analyse stellt Lediglich einen Erklärungsversuch nach den Wahrscheinlichsten Möglichkeiten dar, ist also reine Hypothese.

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