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“Niemand kann sich sicher fühlen“

Sie stellen sich über das Gesetz und sabotieren Webseiten. Ein Gespräch mit den Hackern von Anonymous

Sie reden vom Zorn der Allgemeinheit, von einer korrupten Politik und von zu wenig Verständnis für das Internet. So rechtfertigen die Mitglieder von Anonymous ihre Angriffe im Web. Vergangene Woche legten sie die Webseite der FPÖ lahm und hackten jene der SPÖ. Statt der Startseite der Sozialdemokraten war plötzlich das Logo von Anonymous zu sehen – ein Mann im Anzug ohne Gesicht.

Anonymous ist ein diffuses Internetkollektiv. Die Mitglieder nennen sich Anons und verheimlichen ihre Identität. Seit kurzem schlagen sie auch in Österreich zu, vandalisieren Webseiten und drohen der Politik mit weiteren Attacken. Was wollen sie erreichen?

Wer mit Anonymous sprechen will, kann dies nur online tun. Es gibt keine Webseite, keine E-Mail-Adresse, nur den Twitter-Account einer österreichischen Splittergruppe namens “@AnonAustria“. Der Falter hat die Gruppe via Twitter kontaktiert und um ein Interview gebeten. Anonymous Austria diktierte den Gesprächsverlauf: Zuerst veröffentlichte der Falter seine Fragen im Web, dann antwortete Anonymous. Der Falter hat keine Gewissheit darüber, mit welcher Person er sprach, wer am anderen Ende der Internetleitung saß.

Der gesamte Gesprächsverlauf ist im Netz nachlesbar (siehe Webtipp S. 22). Der hier vorliegende Abdruck wurde möglichst wenig gekürzt, um den Wortlaut von Anonymous unverfälscht wiederzugeben und einen Einblick in das Weltbild der Hacker zu gewähren. Die sehen sich übrigens gar nicht als Hacker, sondern als Netzaktivisten und als Rächer einer hinters Licht geführten Öffentlichkeit.

Falter: In Medienberichten wird Anonymous Austria als Hackergruppe bezeichnet. Sehen Sie sich als solche?

Anonymous: Wir bezeichnen uns nicht als Hacker im eigentlichen Sinne. Hacker sind kreative Leute, die über den Tellerrand schauen und neue Wege finden, ein Problem zu lösen. Das können Programmierer, Ingenieure oder Wissenschaftler sein. Die Medien wollen sich oft nicht die Mühe machen zu recherchieren und fassen deshalb alles, was irgendwie in den Bereich Aktivismus im Internet fällt, einfach als Hacker zusammen. Wir selber haben keine spezielle Bezeichnung für uns, da sich die Mitglieder selbst von den Motiven und den Fähigkeiten her unterscheiden. Einige sind politisch motiviert, andere hingegen machen es aus Spaß; der eine ist ein Computerspezialist, der andere ist Grafiker oder kann gut schreiben. Sie können uns als unzufriedene Durchschnittsbürger mit überdurchschnittlichen Computerkenntnissen und Mut zur Eigeninitiative bezeichnen.

Wie funktioniert Anonymous Austria?

Anonymous: Anonymous funktioniert als loses Kollektiv und wird von keiner Person angeführt. Jeder Bewohner dieser Erde kann an unseren Operationen teilhaben oder selbst welche starten. Organisatorisches wird fast ausschließlich in Online-Chats (>> Glossar) besprochen.

Wie entscheiden Sie, wen Sie angreifen?

Anonymous: Es wird nichts de facto entschieden. Solche Dinge ergeben sich meist spontan. Wenn manche Mitglieder es für nötig erachten, Maßnahmen zu ergreifen, dann finden sich eben diese zusammen und arbeiten gemeinsam an der Lösung des “Problems“. Niemand muss mitmachen, weil es “entschieden“ wurde, es steht jedem frei, sich aus Aktionen herauszuhalten, die nicht seinen Idealen entsprechen.

War es technisch schwierig, die Webseiten von SPÖ und FPÖ zu hacken?

Anonymous: Wir möchten noch einmal klarstellen: Die FPÖ wurde zu keinem Zeitpunkt gehackt! Es wurde lediglich durch sogenannte DDoS-Attacken (>> Glossar) auf die FPÖ-Server verhindert, dass andere User diese Seiten aufrufen konnten. Dies kann man am besten mit einer virtuellen Sitzblockade vergleichen – wir blockieren den Datenverkehr zum Server. Die Website der SPÖ wurde hingegen vollständig übernommen. Es war nicht wirklich schwierig. Man muss den verantwortlichen Programmierern auch fehlende Sicherheitsvorkehrungen bei der Speicherung der Passwörter vorwerfen. Heutzutage solche sensiblen Daten noch unverschlüsselt zu speichern, ist so, als ob jemand bei seinem Auto nicht abschließt und seine Brieftasche auf dem Beifahrersitz liegen lässt. Da braucht man sich nicht wundern, wenn etwas gestohlen wird. Es handelt sich in der Regel um simple Fehler oder Unachtsamkeiten seitens der Programmierer. Wenn dann ein selbsternannter “Experte“ öffentlich zu mehr Firewalls oder Ähnlichem rät, sollte er aufhören, sich in der Presse hervorzutun, und sich lieber einen Job als Maurer suchen.

Warum attackieren Sie Parteien?

Anonymous: Politiker vergessen immer mehr ihre Aufgabe als Repräsentanten des Volkes und denken, sie könnten losgelöst von der Bevölkerung agieren. Operationen wie “AntiSec“ (>> Glossar) erinnern sie daran, dass sie der Kritik und der Kontrolle der Öffentlichkeit unterliegen.

Viele waren überrascht, dass Sie nicht nur die Seite der FPÖ lahmlegten, sondern auch die SPÖ hackten. Warum die SPÖ?

Anonymous: Von allen Parteien Österreichs hat die SPÖ ihre Grundsätze am meisten verraten. Bei ihrem Handeln lassen sich kaum noch soziale Beweggründe feststellen, stattdessen wird fleißig in die eigene (und auch so manche befreundete) Tasche gewirtschaftet. Das soll jedoch nicht heißen, dass andere nicht ein ähnliches Schicksal erleiden können. Niemand kann sich vollkommen sicher fühlen.

Was ist Ihre politische Agenda? Haben Sie überhaupt eine solche?

Anonymous: Unsere politische Agenda kann sich nur über unsere Mitglieder definieren und fluktuiert deshalb sehr stark. Wir haben viele verschiedene politische Ansichten, jedoch lässt sich zurzeit ein Trend in Richtung direkte Demokratie erkennen. Viele “Anons“ (>> Glossar) sind einfach verärgert, dass es keine Parteien gibt, die ihre Interessen vertreten können, und viele Parteien ihre Wahlversprechen schon am ersten Tag nach der Wahl brechen, weil es die längste Zeit bis zur Neuwahl ist und die Wähler es so eher vergessen. Alle “Anons“ sind sich darüber hinaus einig, dass alle derzeitigen Politiker keine Ahnung vom Internet haben und leichtsinnige Entscheidungen zum Thema Datenschutz, Urheberrecht und Vorratsdatenspeicherung fällen, ohne sich der wahren Folgen bewusst zu sein.

Ist es legitim, fremde Webseiten zu hacken, um auf politischen Unmut hinzuweisen?

Anonymous: Bei Anonymous sind Meinungs-, Rede- und Informationsfreiheit für viele wichtig, daher gibt es bei solchen Fragen nur eine Regel: niemals die Presse angreifen. Alle anderen Organisationen unterliegen dem Zorn der Allgemeinheit, dem Zorn von Anonymous. Wir versuchen durch unsere Aktionen den Interessen der Mehrheit zu folgen. Ein anonymes, unzensiertes, freies Kollektiv zu sein, hilft dabei. Wenn Plattformen wie Wikileaks der Zugang zu ihren Konten verwehrt wird, erheben wir uns, wie bei Visa und Mastercard (>> Glossar). Wenn Großkonzerne ihre Lobby zur Unterdrückung der freien Meinungsäußerung nutzen, erheben wir uns, wie bei Sony (>> Glossar). Und wenn Politiker ihre Bestimmung als Repräsentaten des Volkes vergessen, erheben wir uns ebenso.

Trotzdem: Sie begehen mit Ihren Angriffen Straftaten. Heiligt der Zweck die Mittel?

Anonymous: Verglichen mit den Verbrechen, die der Staat an seinen Bürgern begeht, sind unsere Aktionen als harmlos einzustufen. Wenn versucht wird, die Meinungsfreiheit einzuschränken, ist unsere Form des Internetaktivismus wohl die einzig effektive, um auf diese Missstände aufmerksam zu machen. Wenn man sich die Leserkommentare auf diversen Nachrichtenseiten oder auf Twitter ansieht, so ist die positive Resonanz aus der einfachen Bevölkerung überwältigend. Wir machen also alles richtig, auch wenn das die sogenannten Opfer natürlich anders sehen und uns am liebsten im Gefängnis sehen würden.

Kritiker meinen, dass Anonymous nur aus unreifen Jungs besteht, die zu Hause vor dem PC sitzen und Unsinn machen wollen.

Anonymous: Diese Behauptung hören wir nur allzu oft und sind der Meinung, dass sie nur auf einen kleinen Prozentsatz zutrifft. Die meisten von uns gehen einer geregelten Arbeit nach, haben Familie und sind anderweitig sozial integriert. Anonymous ist ein Schnitt quer durch die Durchschnittsbevölkerung, bei uns sind alle möglichen Altersstufen und Berufe vertreten.

Warum bekennen Sie sich nicht mit Ihren richtigen Namen zu diesen Aktionen?

Anonymous: Bei Anonymous bekennt sich keiner unter seinem richtigen Namen, da es bei uns nicht darum geht, wer jemand ist. Wir arbeiten im Kollektiv und haben es nicht nötig, uns als Privatperson zu beweisen, deshalb werden nicht einmal unsere Nicknames (Pseudonyme) bei den Aktionen genannt. Besonders in einer Welt, wo Zensur und Kontrolle ständig wachsen, ist es uns wichtig, die Personen zu schützen, die sich daran beteiligen.

Ist es nicht feig, anonym Webseiten lahmzulegen? Mutig wäre, offen zu demonstrieren.

Anonymous: Die meisten Regierungen nehmen doch Demonstrationen kaum noch wahr. Wenn man allerdings in ihre fast durchwegs schlecht gesicherten Systeme eindringt und sensible Daten öffentlich macht, fühlen sie sich sehr schnell in die Enge gedrängt und merken, wie verwundbar sie eigentlich sind. Und besonders unsere Anonymität scheint ihnen Angst zu machen, dies nutzen wir natürlich aus.

Wie schützen Sie sich technisch davor, dass die Polizei nicht Ihre Identität ausforscht?

Anonymous: Wir haben natürlich unsere Methoden, um uns im Internet zu anonymisieren. Wie Sie aber sicher verstehen, möchten wir zu unserer eigenen Sicherheit nicht näher darauf eingehen.

Sind Sie in Kontakt mit Anonymous-Gruppen in anderen Ländern?

Anonymous: Es steht jedem Mitglied frei, egal, aus welchem Land es kommt, an allen Operationen weltweit teilzunehmen. Die regionalen Splittergruppen dienen lediglich dazu, Operationen zu planen, bei denen Unkenntnis der regionalen Gegebenheiten oder der Sprache eine Barriere darstellt. Es kommt durchaus vor, dass gewisse große Operationen von einem weltweiten Kollektiv durchgeführt werden, während bei anderen wiederum nur regionale Gruppen völlig autonom agieren.

 

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Dieses Interview

bahnte der Falter über Twitter an. Der Austausch von Fragen und Antworten geschah auf der Webseite pastebin.com, auf der man Texte speichern und veröffentlichen kann. Anscheinend verwendet Anonymous gerne diesen Onlinedienst. Die Hacker präsentierten dort auch ihre Pressemitteilung. Die Falter-Fragen kann jeder unter http://pastebin.com/aPrqsnzA nachlesen, ebenso die Antworten von Anonymous unter pastebin.com/tet2HXv8

 

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Dieses Interview ist im Falter 27/11 erschienen

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  • Es scheint doch eine ähnliche Situation wie in einer realen Gruppe zu bestehen: wenn jemand sagt "Leitln DER Ton muss aber net sein", bewirkt es allein noch keine Änderung, wenn es mehrere werden, wirkts dann doch.

    Aber die Inhaber tun so, als wären sie vollkommen machtlos dem Gerülpse ausgeliefert. Herzlichen Dank für den "Weckruf".

    • Ich glaube, dass viele Menschen (mich eingeschlossen!) oftmals den Fehler machen, sich von der Unmittelbarkeit und der Synchronität des Internets bzw. von Online-Medien dazu hinreißen zu lassen, Gedanken aus einer ersten Emotion heraus ungefiltert und unüberlegt preiszugeben (das mag auf den ersten Blick ein klassisches "Henne-Ei-Problem" sein - das es das nicht ist, versuche ich ganz unten zu argumentieren).

      Neben der Diskussion darüber, wie wir mit der Anonymität im Netz umgehen, brauchen wir, wie Sie völlig richtig schreiben, eine Diskussion darüber, wie Menschen dazu gebracht werden können, konstruktiv-kritsche Postings zu verfassen, ohne beleidigend zu werden und einen Diskurs darüber, welche Rolle die Medien in diesem Prozess spielen (wollen).

      Noch viel stärker, und das ist wahrlich kein Thema der sozialen Medien alleine, müssen wir uns jedoch vergegenwärtigen, dass jeder Mensch (zumindest jeder geistig und körperlich gesunde) für sein eigenes Handeln und Tun selbst verantwortlich ist und sich die Konsequenzen daraus stets gefallen lassen muss. Selbst wenn der KI Kants alleine hier zu kurz greift, erscheint mir der philosophische Diskurs darüber aktueller denn je.

      Autonomie und Freiheit, die wahrscheinlich größten Errungenschaften unserer westlichen Welt, entbinden (gerade deshalb!) nicht von individueller Verantwortung für die Gesellschaft. Die Abschaffung der Anonymität im Netz würde wahrscheinlich einen kleinen Beitrag zu weniger Shitstorms leisten - einen entscheidenden Schritt weiterbringen würde sie die Gesellschaft respektive Gesellschaften, offline, wie online, allerdings nicht.

      • Danke, sehr gut gesagt. Ich glaube, wir müssen online Umgangsformen und auch technische Sicherheitsmechanismen entwickeln, die diese individuelle Verantwortung für die Gesellschaft fördern. Es ist aber nicht so, als gäbe es keine Ideen. Das Spannende ist sogar, dass sich derzeit sehr viel tut. Österreich ist nicht das einzige Land, wo genau das diskutiert wird, und vielerorts gibt es spannende Ansätze - siehe auch die Links oben zu den Lösungsansätzen. Ich habe Gefühl, dass dies immer mehr Menschen bewusst wird und auch bewusst wird, dass es hier nicht allein um die Anonymität geht.

  • ich möchte nur anmerken, dass nicht jeder klarname in facebook dem wirklichen namen des dahinterstehend users entspricht. und die foruminternet explosion 4chan hat schon bewiesen, dass anonymität derbe konsequenzen mit sich bringen kann.
    lg,
    acjsvgcyhnsakux

    • Jö, endlich trifft man dich mal wieder! Lieber acjsvgcyhnsakux, ich dachte schon, du hättest dich völlig in die Untiefen des IRC zurückgezogen.

    • Absolut, vor allem so ein radikales Anonymitätsmodell wie jenes auf 4Chan führt dazu, dass viele User noch enthemmter sind. Das sieht man dort sehr deutlich. Ich warne nur davor, die Anonymität als einzigen Grund für die Enthemmung im Netz zu sehen.

  • Dass sich manche Lobbyisten für Klarnamen einsetzen, ist nicht verwunderlich. Schließlich geht es dabei auch um WhistleblowerInnen, welche anonym bleiben wollen. Und nichts scheuen manche Lobbyisten mehr als WhistlebloweInnen.

  • Die Frage ist auch, WARUM sich Rosam für Klarnamen einsetzt. Als Gutmensch ist er ja gerade nicht bekannt oder irre ich mich da?

  • Was ich noch hinzfügen möchte:

    Der Ton wird auch dadurch verschärft, dass man nix zurücknehmen kann, wenn man einfach loslegt. Die Aufzeichnug bleibt sichtbar.
    Es gibt keine Editierfunktionen. Bleibt nur eine Entschuldigung, die man anfügt.

    Dass keiner der Poster die Frau Brodnig anschrieb geantwortet hat, heißt womöglich, dass den Leuten im Nachhinein nicht ganz wohl zu Mute war.

    Gehört am Rande zum Thema:
    Das Recht auf Vergessen für alle Foren einforderbar machen ?
    Nach ~3 Jahren soll auf Aufforderung gelöscht werden müssen.
    Es gibt Für und Wider.
    Wäre womöglich bei Sach-Foren schade.
    Ich stolpere manchmal über Sachbeiträge von 2006 !

    • Sorry, der Link war falsch. Jetzt sollte es passen. Danke für Hinweis!

  • Ich find ihre Reaktion grundsätzlich gut. Sie tritt für ihre Meinung ein. Aber: Peinlicherweise ist ihr Text in Interpunktion und Rechtschreibung nicht korrekt. Und das als Unterrichtsministerin. Sorry, aber das find ich doch etwas peinlich. Man kann über die Bundeshymne denken, wie man will, aber sie hätte es besser machen können. Hätte Frau Heimisch-Hosek es besser machen müssen? Naja… Als Unterrichtsministerin???

    • Inwiefern ist denn die Interpunktion und Rechtschreibung falsch? Weil "vielgerühmtes" groß geschrieben ist? Ich muss gestehen, mir fiel da gar kein Fehler auf, aber natürlich ist das ein bisserl peinlich für die Unterrichtsministerin. Ob man deswegen einen Shitstorm und so viel Aggression verdient? Wohl eher nicht. Aber ich vermute, da sind wir eh einer Meinung..

      • Natürlich ist es peinlich, aber meiner Meinung nach ist das nicht der Grund des Shitstorms. Die Ministerin hat in ihren Ressorts bis heute absolut nichts weitergebracht. Ganz im Gegenteil: ein ständiges Buckelmachen vor Gewerkschaften und Beamten kennzeichnet ihre Tätigkeit. Und dann stellt sie sich als Oberlehrerin mit einem Tafel zum unwichtigsten Thema hin? Ich verurteile diese Art des Shitstorms, aber auch ich empfinde das als präpotent und abgehoben. Wie sie sicherlich wissen hat diese Ministerien erst vor kurzem eine Genossin vom Rednerpult verwiesen., weil ihr der Inhalt nicht gepasst hat. Wer derart austeilt, muss letztendlich auch einstecken. Oder vielleicht endlich bei wichtigen Themen etwas weiterbringen. So wie die gesamte Regierung überhaupt.

        • Dass viele enttäuscht sind, weil im Bildungsbereich keine Reformen kommen, glaub ich sofort. Bin mir nur ehrlich gesagt nicht sicher, ob die Wut gegenüber Heinisch-Hosek tatsächlich aufgrund der fehlenden Reformen in ihrem wichtigen Ressort entspringt oder sie da generell der Blitzableiter für die diffuse Wut gegenüber der Regierung ist - womöglich eine Mischung. Hinzu kommt auch noch die ganze Heimatsdebatte, für die die Hymne ein Synonym ist. Bernhard Schindler hat dazu gut gebloggt, siehe http://bernhardschindler.net/hymnen-debatte/

          Danke für den Hinweis auf die Szene, in der die Ministerin die junge Genossin zurechtweist! Hier nochmal das Video https://www.youtube.com/watch?v=G-tZR4YH6j8 - ich muss bei diesen Ton immer an die eigene Schulzeit denken. Wirkt echt sehr lehrerhaft!

          • Ich bin mir sogar sicher, dass diese Wut an die gesamte Regierung gerichtet ist. Und wenn sich wieder nur irgendwie ein kleines Ventil öffnet, wird diese Wut wieder ausbrechen. Trotzdem bin ich mir auch sicher, dass sich der Großteil denkt "Gibt es wirklich nichts Wichtigeres?" Aber genau so arbeitet die Regierung; ablenken wo es nur möglich ist.

            Danke übrigens für den Link. Habe mir das schon seit längerem nicht mehr angesehen, GENIAL bleibt der Satz: "..und wie demokratisch wir sind zeigt sich darin, dass wir auch Gäste reden lassen; ich werde mir das noch einmal in den Statuten genau ansehen..."

          • "... weil im Bildungsbereich keine Reformen kommen" finde ich lieb. Die Grundsatzdebatte (Gesamtschule) wird zwischen ÖVP und SPÖ seit den 1920-er Jahren (!) diskutiert. Ergebnis nach fast hundert Jahen: Nahezu null.

            Zweiter Gesichtspunkt: Wenn eine Ministerin ihre Zeit dafür verwendet, andere Menschen "zurechtzuweisen", dann ergibt sich die Frage, ob Sie ihre Prioritäten richtig setzt. Gerade in ihrem Gebiet.

            Dritter Gesichtspunkt: Welche Art von Öffentlichkeitsarbeit wird denn in diesem Ministerium gemacht? Hat da niemand ein Gespür dafür, was so ein Bild (Ministerin mit Zeigefinger auf die rot markierte Textstelle der Hymne) auslösen wird? Ich war entsetzt, als ich das Bild gesehen habe...

    • "Vielgerühmtes" ist deshalb groß geschrieben, da es sich hier um "Lyrics" bzw. ein Versmaß handelt, denke ich.

      • Ich denke auch, dass die Großschreibung hier im Zusammenhang damit steht, dass der Text der Hymne in Versform geschrieben ist. Diese Art der Schreibung ist mittlerweile etwas aus der Mode, daher wirkt sie wahrscheinlich auffällig.

  • ich diskutiere nicht deshalb nicht mit, weil ich angst vor kritik hätte, sondern weil das niveau (oft) deratig tief ist, daß ich keine lust habe darauf zu antworten und es tlw. auch nicht möglich ist. was habe ich David R. mit sei´m “Halt doch s maul he”, schon zu sagen?

    • Mir wär spontan: "Sei ein Gentleman und geh' mit gutem Beispiel voran!" eingefallen.
      Aber ja, wie heißt's so schön: Streite Dich nie mit Idioten. Die ziehen Dich auf ihr Niveau herunter und schlagen Dich dann mit Erfahrung…

      • Das Problem ist leider, dass genau durch diesen harten Ton oftmals jene Stimmen verstummen, die eben nachdenklicher oder etwas leiser wären. Und das führt mitunter dazu, dass man online meist jene hört, die hauptsächlich schreien. Ein Beispiel: Manche User posten in Zeitungsforen einmal, weil sie nur eine Sache zum Sagen haben, nur einen Gedanken beisteuern wollen. Manche posten hundert Mal, und weil in den meisten Foren der neueste Beitrag immer der oberste ist, sieht man zuerst diese lauten Stimmen - und die weniger lauten findet man mitunter gar nicht, weil sie erst an Stelle 371 im Forum (also total vergraben) sind

  • Imho wird in die Sache zu viel hineininterpretiert: Wir leben in einer Zeit, in der bestimmte Arbeitsgruppen immer mehr buckeln müssen, damit am Ende trotzdem weniger übrig bleibt. Die Menschen kochen innerlich und der Zorn wird eben abgelassen, wenn "die da oben" solche lächerlichen Aktionen abziehen, anstatt endlich mal richtige Brocken anzupacken. Und ja, sicher ist das ein Problem, allerdings nicht, wie es hier im Fazit erwähnt wird. Meine Sorge ist, dass sich die Shitstorms eines Tages (und ich rechne damit, dass das in sehr naher Zukunft sein wird) auf die Straße verlegen werden und wir Ukraine-ähnliche Zustände haben werden...

    • Muss gestehen, das glaube ich nicht. Erstens ist die Situation in der Ukraine kaum mit der unseren vergleichbar, auch wenn viele sicher unzufrieden sind. Und zweitens, glaube ich, sieht man da eine Wut, die es womöglich auch schon früher gab - nur wurde sie halt in kleineren Kreisen geäußert, am Stammtisch, beim Abendessen, im Büro. Die große Veränderung ist, dass das Netz all dies sichtbar macht. Und hinzu kommt, dass im Netz viele Schranken wegfallen, die dazu führen, dass sich Menschen eine Spur freundlicher verhalten. Also zum Beispiel der Augenkontakt oder unmittelbares Feedback von Menschen, die einem wichtig sind. Über dieses Thema schreibe ich sehr oft: https://www.brodnig.org/2014/05/14/wo-die-meinungsmutigen-irren/

  • Wie ich schon bei der Recherche zu meinem profil-Artikel zu Conchita Wurst erfahren habe, kommen (und kamen) auch hier die meisten antifeministschen Hasspostings aus der zweiten und dritten Generation Migranten (also inzwischen auch österr. Staatsbürger). Das stellt die Integration in Frage und derart die Integrationspoltik..

    • Danke für den Hinweis - war ein spannender Text im Profil, auch weil man sah, dass eben viele das tatsächlich unter ihrem Klarnamen posten. Bzgl. den Migranten: Bin mir nicht sicher, ob das auf die Antifeministen tatsächlich zutrifft, vielen haben typisch österreichisch klingende Namen. Dieser Streit um die Hymne ist zu einem gewissen Grad auch eine Debatte rund um den Heimatsbegriff, siehe auch: http://bernhardschindler.net/hymnen-debatte/

      Aber zur Profil-Geschichte zurück: Das war sehr interessant, das ziemlich viele Österreicher zweiter Generation anscheinend Probleme mit Conchita Wurst hatten. Die Frage, inwiefern Homophobie tatsächlich in manchen Migrantengruppen stark verbreitet ist, ist also wohl berechtigt. Gerade bei solchen (schwierigen) Integrationsthemen findet die österreichische Politik leider keinen passenden Umgang. Dazu ein super Text aus der Wiener Zeitung: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/556468_Augen-zu-und-durch.html

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