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“Der Staat ist bloß für die Unterschicht!“

Autorin Ulrike Herrmann erklärt, wie sich der österreichische Staat vor den geizigen Reichen retten kann

 

Die Reichen sollen zahlen! Dieser Ruf wird immer lauter, mittlerweile spricht sich die Mehrheit der Bevölkerung für eine Reichensteuer aus. Das ergab zumindest eine Umfrage des Gallup-Instituts. Ihr zufolge sind 78 Prozent der Bürger für eine Vermögenssteuer ab einer Million Euro. Die SPÖ plädiert für die Einführung einer solchen, die ÖVP will lieber einen “freiwilligen Beitrag“ der Millionäre.

Wie ungerecht ist das Steuersystem? Und wie schaffen es die Reichen, sich ständig vor Steuern zu drücken? Die deutsche Journalistin Ulrike Herrmann hat zu diesem Thema das Buch “Hurra, wir dürfen zahlen“ verfasst. Sie zeichnet ein düsteres Bild der Gesellschaft: Wenn wir nicht aufpassen, driften die sozialen Schichten immer weiter auseinander und der Staat wird selbst seine Kernaufgaben nicht mehr finanzieren können.

Falter: Frau Herrmann, unlängst sorgte Finanzministerin Maria Fekter für Aufregung, als sie von einer Art Reichenverfolgung sprach und diese sogar mit der Judenverfolgung verglich. Werden die Reichen tatsächlich verfolgt?

Ulrike Herrmann: Mal ganz grundsätzlich: Solche Vergleiche mit dem Holocaust haben immer den degoutanten Beigeschmack, weil sie das immense Leid der Juden verharmlosen. Was Ihre Frage betrifft: Nein, Reiche werden in Österreich keineswegs verfolgt. Im Gegenteil, Österreich ist ein Steuerparadies. Es ist eines der wenigen Industrieländer, das keinerlei Besteuerung des Vermögens kennt. Es gibt seit 2008 keine Erbschaftssteuer und keine Schenkungssteuer mehr. Stattdessen haben Sie unzählige Stiftungen und das Bankgeheimnis. So weiß keiner, wie viel Geld die Reichen wirklich haben und ob sie alles versteuern.

Gerade Fekters Partei, die ÖVP, stemmt sich gegen solche Vermögenssteuern – immer mit dem Hinweis, der Staat solle Leistungsträger entlasten.

Herrmann: Ich glaube, die österreichischen Normalbürger können das Wort Leistungsträger schon gar nicht mehr hören. An dem Begriff sind zwei Dinge problematisch. Erstens wird so getan, als würden nur Reiche etwas leisten. Das ist natürlich Quatsch. Die normalen Arbeitnehmer, die Krankenschwestern und Verkäuferinnen, sind auch Leistungsträger. Das zweite Problem an dem Begriff ist: Viele Reiche haben ihren Reichtum gar nicht durch Leistung erworben, sie haben ihn schlichtweg ererbt. Die Frau von Herrn Grasser zum Beispiel, Fiona Swarovski, hat ihr Vermögen auch nicht selbst erworben.

In Zeiten der Krise werden die Vermögenssteuern populärer, die Mehrheit der Bevölkerung spricht sich mittlerweile dafür aus. Wird auch Österreich sie einführen?

Herrmann: Zu dem Thema habe ich schon mit einigen ÖVPlern geredet. Mein Eindruck ist: Die wissen alle, dass die Vermögenssteuer kommt. Aus ihrer Sicht geht es jetzt nur noch darum, eine möglichst billige Form der Vermögenssteuer einzuführen.

Was wäre denn eine zu billige Lösung?

Herrmann: Machen Sie bloß keine einmalige Vermögensabgabe! Das ist der billigste Weg für die Reichen. Sie müssen nur einmal einen Betrag zahlen, quasi nach dem Motto “Sonderopfer Finanzkrise“, und dann ist die Sache erledigt. Besser wäre es, Österreich führt eine richtige Steuer ein, die jährlich anfällt.

Die SPÖ will auf Vermögen ab einer Million Euro eine Steuer von 0,3 bis 0,7 Prozent einheben.

Herrmann: Das ist aus meiner Sicht okay. In Österreich wäre es außerdem ganz wichtig, wieder eine Erbschaftssteuer einzuführen. Es ist doch keine Leistung, das Kind von reichen Eltern zu sein. Wenn Erste-Bank-Chef Andreas Treichl von seinem Vater Millionen erbt, hat er für diese Millionen weder etwas geleistet noch jemals dafür Steuern gezahlt.

Die Erbschaftssteuer ist aber ein großes Angstthema. Da denkt man sofort an das Häuschen seiner Oma, das vielleicht fast nichts wert ist, aber wofür trotzdem Steuern anfallen könnten.

Herrmann: Nein, denn man kann bei einer solchen Steuer großzügige Freibeträge ansetzen.

Dann müssten nur die Reichen zahlen?

Herrmann: Ja. In Österreich erben die obersten zwei Prozent 40 Prozent aller Immobilien. Man könnte zum Beispiel nur diese zwei Prozent zur Kasse bitten.

Wie ungerecht ist das Vermögen in Österreich verteilt?

Herrmann: Das Problem ist, man weiß wenig über die Reichen in Österreich. Da herrscht eine große Geheimnistuerei. Was man weiß, deutet aber darauf hin, dass 0,5 Prozent der Österreicher – also das reichste Zweihundertstel – mehr als 33 Prozent des Geldvermögens besitzen. Das ist eine Hochrechnung der Nationalbank und steht im Sozialbericht 2010. Sollten diese Zahlen stimmen, dann ist Österreich eine absolute Klassengesellschaft, sogar noch viel mehr als Deutschland.

Als Österreicher hat man aber kaum das Gefühl, man lebt in einer Klassengesellschaft.

Herrmann: Klassengesellschaft heißt: Wenige besitzen alle Produktionsmittel, also alle Fabriken. In Österreich ist das eindeutig der Fall. Wenigen Reichen gehören die großen Betriebe, die meisten sind Arbeitnehmer.

Aber man kann doch aufsteigen. Man kann studieren und Karriere machen.

Herrmann: Diese Idee ist in der Mittelschicht weit verbreitet. Die Leute glauben: Ich mache Abitur, ich studiere, dann habe ich einen guten Job und werde reich. Nur so funktioniert das nicht. Das sehen Sie an der Lohnentwicklung: Noch nie war eine Generation von Arbeitnehmern so gut ausgebildet wie heute und trotzdem stagnieren die Reallöhne.

Die Mittelschicht hat also falsche Hoffnungen?

Herrmann: Die Mittelschicht belügt sich selbst. Sie glaubt immer noch an den eigenen Aufstieg. Sie glaubt, sie muss sich nur noch ein bisschen anstrengen, und dann ist sie selber reich. Da kommt ein psychologischer Effekt hinzu. Reichtum ist ja ein schwammiger Begriff. Im dritten deutschen Reichtums- und Armutsbericht wurden Bürger befragt, was für sie Reichtum ist. Da stellte sich heraus: Die Menschen setzen Reichtum immer knapp oberhalb ihres eigenen Einkommens an. Wenn jemand 1500 Euro verdient, dann beginnt Reichtum ab 2000 Euro. Wenn er 3000 Euro verdient, dann ist man ab 4000 Euro reich. Das Interessante ist, bei den Reichen funktioniert das genauso. Wenn man zwei Millionen Euro besitzt, denkt man: Reich sind die, die drei Millionen haben. Das führt zu einer Gesellschaft, in der sich niemand reich fühlt, aber viele glauben, sie werden irgendwann reich. In einer solchen Gesellschaft ist es natürlich schwierig, Reiche zu besteuern.

Wer ist denn wirklich reich? Und wer gehört zur Mittelschicht?

Herrmann: Ich verwende die Definition des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung: Wer zwischen 70 und 150 Prozent des mittleren Nettoeinkommens verdient, gehört zur Mittelschicht. Das betrifft in Deutschland einen Single, der zwischen 1000 und 2300 Euro netto im Monat verdient, oder eine Familie mit zwei kleinen Kindern, die im Monat ungefähr 2300 bis 4900 Euro netto hat. In Österreich gibt es leider keine so gute Zahlen, aber man kann in etwa sagen: Ein österreichischer Single mit einem Monatseinkommen von 1300 bis 2800 Euro netto gehört zur Mittelschicht.

Und ab 2900 Euro ist man schon reich?

Herrmann: Nein, reich ist man noch nicht, aber man zählt bereits zur Oberschicht. Der eigentliche Reichtum beginnt erst ab dem Doppelten des mittleren Nettoeinkommens.

Im Mittelstand herrscht eine Angst vor dem Abstieg. Zu Recht?

Herrmann: Wieder einmal gibt es für Österreich keine Zahlen, für Deutschland aber schon. Da sieht man eindeutig, dass die Mittelschicht schrumpft und die Unterschicht wächst. Die meisten Leute steigen also ab.

Wie funktioniert dieser Abstieg?

Herrmann: Viele Leute fürchten sich vor der Langzeitarbeitslosigkeit, das ist aber gar nicht das wahre Problem. Die meisten Arbeitslosen finden sehr bald wieder einen Job. Viel problematischer ist, dass die Löhne nicht steigen, dass sie die Inflation nicht ausgleichen. Gemessen an realen Kriterien verdienen die heutigen Neueinsteiger längst nicht so viel wie ihre Eltern. Immer mehr Menschen sind Leiharbeiter, haben befristete Jobs oder einen Gehaltsverlust, wenn sie ihren Arbeitsplatz wechseln.

Einfach gesagt: Die wahren Leistungsträger profitieren immer weniger vom Reichtum?

Herrmann: Ja, zwischen 2003 und 2008 sind die Reallöhne für österreichische Vollbeschäftigte um 3,1 Prozent gestiegen, die Wirtschaft ist aber um knapp 20 Prozent gewachsen. Wenn die Wirtschaft fast um 20 Prozent wächst und die Löhne nur um drei Prozent, dann kann man sich überlegen, wo der Rest geblieben ist.

Dazu passend eine aktuelle Aussendung der Arbeiterkammer: Heuer gingen wieder Rekorddividenden an die Aktionäre.

Herrmann: Genau, der Großteil des Wachstums geht an die Unternehmer, Selbstständige und Kapitaleigentümer, also an die Aktionäre.

Sie sagen, der Aufstieg in die Oberschicht ist Unsinn. Warum denn?

Herrmann: Nur 0,5 Prozent der Bevölkerung besitzen 33 Prozent des Geldvermögens. Da ist es bereits mathematisch höchst unwahrscheinlich, jemals zu diesen 0,5 Prozent zu gehören, da steht es 1 zu 200. Außerdem wird dieses Vermögen überwiegend ererbt. Ob man reich ist oder nicht, hängt im Wesentlichen davon ab, von welchen Eltern man abstammt.

Was kann man dagegen tun, dass unsere Gesellschaft so sehr auseinanderdriftet?

Herrmann: Das kann man nicht verhindern, man kann nur korrigierend eingreifen. Selbst wenn eine Vermögenssteuer, eine Erbschaftssteuer oder ein höherer Spitzensteuersatz käme, würden wir nicht plötzlich in einer egalitären Gesellschaft leben. Es wäre noch immer eine Klassengesellschaft – mit dem einzigen Unterschied, dass es eben ein bisschen gerechter wäre. Auch könnte dann der Staat all die Leistungen finanzieren, die dringend nötig sind, insbesondere die Bildung.

Gefährdet das ständige Gerede von den Leistungsträgern den Sozialstaat?

Herrmann: Na klar. Wie setzt man als Reicher durch, dass die Steuern sinken? Am schnellsten geht es, wenn man der Mittelschicht einredet: Wisst ihr was, dieser Staat, der ist sowieso bloß für die Unterschicht da. Heinz-Christian Strache sagt ausdrücklich in Interviews, der ganze Staat würde nur die Einwanderer alimentieren. Dann denken die Bürger: Stimmt eigentlich, dieser blöde Staat füttert immer nur die Einwanderer durch, den schaffen wir jetzt ab. Wenn der Staat als reine Unterschichtenveranstaltung diffamiert wird, lassen sich alle Steuerkürzungen durchsetzen. Der Bürger freut sich, dass er 50 Euro spart. Und ihm ist es auch egal, wenn der Reiche dann fünf Millionen Euro spart.

Aber der Staat ist doch auch für die Mittelschicht da.

Herrmann: Ja, die Mittelschicht verkennt total, wie wichtig der Staat für sie ist. Das beginnt im öffentlichen Dienst. Wer stellt denn die ganzen Beamten? Die Mittelschicht. Das reicht vom Thema Sicherheit bis hin zur Bildung. Gerade die Mittelschicht profitiert, wenn die Universitäten ausgebaut werden.

Nun werden sogar manche Millionäre laut und fordern höhere Steuern.

Herrmann: Die Millionäre erkennen, dass ihnen die Finanzkrise nur zwei Möglichkeiten lässt: Entweder sie zahlen Steuern oder ihr Vermögen wird vernichtet.

Inwiefern wird ihr Vermögen vernichtet?

Herrmann: Das passiert gerade auf der ganzen Welt. Die Renditen rauschen in den Keller und gleichen die Inflation nicht mehr aus. Auf die Staatsanleihen der USA bekommt man derzeit nur 2,3 Prozent Zinsen, die amerikanische Inflation liegt derzeit aber bei 3,6 Prozent. Das bedeutet einen jährlichen Verlust von 1,3 Prozent. Und trotzdem schaffen die Leute ihr Geld in die USA, weil sie glauben, ihr Geld liege dort sicher. Es ist offensichtlich: Das gesamte Finanzsystem ist instabil. Die einzige Institution, die dieses Finanzsystem retten könnte, ist der Staat. Dafür braucht er aber Einnahmen, also Steuern. Die pfiffigen unter den Investoren haben das erkannt. Sie wissen, dass sie den Staat nicht weiter aushungern können, weil dann das Finanzsystem kollabiert und ihr Vermögen ebenfalls weg ist. Aber ich sehe es schon kommen: Die ÖVP wird das als Letzte merken.

 

Zur Person

Ulrike Herrmann ist Wirtschaftskorrespondentin der Berliner Tageszeitung taz. Die 47-Jährige ist ausgebildete Bankkauffrau und hat Geschichte und Philosophie studiert. Im Vorjahr erschien ihr Buch “Hurra, wir dürfen zahlen“

 

 

 

Dieses Interview ist im Falter (Ausgabe 39/11) erschienen. Credits: Flickr-User Fibanocci Blue / Herby Sachs / WDR

 

 

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  • Erstmal: Danke für diesen schönen Überblick!

    Mir scheint, Kommentare werden momentan fast nur als lästiges Service gesehen das aus rechtlichen Gründen beaufsichtigt werden muss.
    Dabei könnte man das Ganze auch als gratis bereitgestellten user-generated content sehen der die Homepage der Zeitung stark aufwertet.
    In Österreich wäre derStandard.at ein Beispiel: Mit ein bisschen Filtern und/oder blocken ist deren Kommentarbereich oft äußerst interessant. Gerade bei technischen Artikel (die oft selbst eher schwach sind) oder zu witzigen Artikeln, sind die Kommentare schon ein echtes Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu anderen Seiten ohne aktive Community.

  • Es gibt Benutzer, die können mal trollen. Diese kann man ermahnen, mit ihnen darüber reden und sie evtl. auf den rechten Pfad bringen. Bei echten trollen ist das alles vergebene Liebesmühe. Da muss man auch nicht tollerant sein oder irgendwelche Zensurvorwürfe gefallen lassen. Ich vergleiche so etwas gerne mit dem realen Leben.

    Beispiel:
    Kommt jemand unbekanntes zu mir nach Hause, grölt rum, pöpelt alle anderen Gäste an oder randalliert, dann fliegt er er sofort raus. Kommt der wieder, hole ich die Polizei. Es ist nicht meine Aufgabe dem Typen Manieren beizubringen. Ich bin weder seine Eltern noch sonst eine dafür verantwortliche Person. Und es ist auch nicht meine Aufgabe, dass er sich an Gesetze hält, für derartige Verstöße ist die Polizei da, auch im Netz.

    Meine Seite ist wie meine Wohnung, dort habe ich das Hausrecht und das sieht bei mir vor, dass man sich zivilisiert benimt. Ich muss und werde in meinen vier Wänden keine Arschlöcher, Kriminelle oder gewaldbeeite Randallierer dulden. Und so wie man auch im analogen Leben derartige Typen sofort vor die Tür setzt und/oder die Polizei benachrichtigt, so ist es auch im digitalem Netz. Denn ob die realen vier Wände oder das Internet, die Arschlöcher/Trolle sind in beiden Welten die selben.

  • Entschuldigung, es sieht langsam nach absichtlich kontrollierte ZENSUR mit der Ausrede von Anonymität aber in WAHRHEIT versucht man schon seit Jahren dies zu zensieren. Wenn man beleidigt wird, dann muss man sich ändern oder sich fragen was an sich nicht gemocht wird dass die Leute die Person beleidigen. Die Beleidigung ist zuerst geprägt von Unzufriedenheit der Massen und dies hat immer ein Grund und zwar demokratisch gesehen werden die Massen entscheiden wer akzeptiert wird und wer nicht und zwar als Führer oder Orator der Gesellschaft. Zur Zeit sind viel unwichtigen Personen die nur bezahlt sind die Massen zu stören und plötzlich kommen auch die Antworten. Also die Reaktion der Massen kann man nicht ignorieren oder als rassistische bezeichnen weil als soziale Gerechtigkeit alle Menschen die etwas nicht akzeptieren werden dann laut hier die Analyse als RASSISTEN bezeichnet und auch weiter beschimpft oder ganz isoliert. Man kann die Rechte der Menschen nicht entfernen nur weil ein paar politiker oder Zeitungen dies nicht mögen wenn das Volk sie beleidigt oder kritisieren, also jeder Mensch hat das Recht seine Meinung mit oder ohne BGB zu äußern und die Äußerung kann stören aber muss man sich fragen was störend war und nicht sofort alle als Rassisten zu beschimpfen. Wenn man unsere politiker analisiert dann darf keiner von ihnen an der Macht nicht stehen, die haben und belogen und verraten also die sind laut Gesetzt trotzdem Rassisten und verachtend weil die sich überhaupt nicht um unsere Problemen kümmern. Seit dem diese invasoren nach DE kamen, haben unsere politiker alles vergessen, die Arbeitslosigkeit, die Arbeitsplatzbeschaffung, der Arbeitgeber zeigen auch keine Interesse mehr für Arbeitslosen, Griechenland ist super glücklich, der euro ist stark wie eine tote Maus..., wir sind am ENDE und wir werden STÄNDIG abgelehnt mit solchen Kleinigkeiten ABSICHTLICH damit die HAUPTTHEMEN zu vergesen, ABLEHNUNG VON WAHRHEIT. Das ist die Taktik...

  • Natürlich ein klares Nein dazu. Man kann sehr lange darüber diskutieren wie man diskutieren sollte aber abdrehen käme ja einer Diktatur gleich. Demokratie haben wir ja ohnedies keine mehr. Aber die Kommis abzudrehen ist ein absoluter NO Go! Danke für deinen Gedankenanstoß. LG Sabine

  • Interessanter Beitrag , doch habe ich nicht die Möglichkeit mich aus solch negativen Postings zurückzuziehen? Ich für meine Person gebe nur Postings, wo ich mich auch "verstanden" fühle. Damit meine ich nicht, das mir automatisch zugestimmt wird, sondern wo das Niveau hoch genug ist, eine Kritik oder andere Meinung zu akzeptieren und darüber sich auszutauschen.

    • Liebe Waltraud,
      ich glaube sich zurueckzuziehen ist nicht das Allheilmittel fuer alle User. Denn die Menschen, die in Foren mit einseitiger Meinungsbildung verkehren, werden systematisch falsch informiert, was zu der angesprochenen Abgrenzung dieser Gruppe fuehrt. Durch die Abgrenzung sind die Mitglieder der Gruppe nicht mehr offen fuer rationale Argumente, da diese ja von der "Luegenpresse" stammen. Eine soche Isolation ist immer gefaehrlich, da die Gruppe von der Realitaet entkoppelt ist. Wenn diese Gruppe entschlossen genug ist, etwas zu bewegen, koennen Phaenomene, wie der IS entstehen (auch, wenn fuer die Entstehung des IS mehrere faktoren zusammengekommen sind, aber am Ende lauft es darauf hinaus, dass eine isolierte Gruppe wild entschlossen war etwas zu bewegen...).

      • Werte Waltraud Aouida, werter Matthias, danke für die beiden Kommentare! Ich verstehe gut, dass man manche digitalen Diskussionsräume lieber meidet - oft ist das Klima so rau, dass eine sachliche Debatte auch gar nicht möglich ist. Für den einzelnen User mag also ein Rückzug oft sinnvoll sein, für die Gesellschaft als Ganzes ist das aber riskant. Ich teile Matthias Sorgen, dass ein Rückzug genau den Falschen nützt - jene, die sich über diese Polarisierung freuen. Dazu eine Ergänzung: Manche Gruppen versuchen bewusst, einige öffentliche Diskussionsräume einzunehmen und mit ihrer Meinung zu besetzen. Zum Beispiel sind Antifeministen im Netz sehr aktiv und posten leidenschaftlich (und oft sehr aggressiv) unter Artikeln, in denen es um Frauenrechte und um Feminismus geht, den sie ablehnen. Das raue Diskussionsklima führt dazu, dass sich einige Menschen abwenden und lieber anderswo (oder nur im privaten Raum) weiterdiskutieren. Diese Taktik wird auch als „Silencing“ bezeichnet: Man ist so grob und so rüpelhaft zu anderen, dass diese einfach nicht mehr das Wort ergreifen wollen - und somit sollen auch andere Sichtweisen letztlich ausgeblendet werden. Zum Teil funktioniert diese Strategie. Was also tun? Ich finde es wichtig, dass Webseitenbetreiber und Onlinemedien mehr Verantwortung für den Umgangston auf ihrer Seite übernehmen und auch stärker die Diskussion vor der Entgleisung bewahren. Solche Räume gibt es, zum Beispiel hat „Zeit Online“ ein sehr gut moderiertes Forum. In anderen Worten: Ich finde es wichtig, dass digitale Räume verteidigt und geschaffen werden, in denen Menschen respektvoll miteinander diskutieren. Übrigens verstehe ich Ihre Formulierung mit dem „verstanden werden“ sehr gut: Das Entscheidende ist nicht, dass man überall einer Meinung ist, sondern dass man in der Lage ist, sachlich und fair miteinander zu diskutieren.

    • Werter Emanuel, danke für die Reaktion. Wir sind uns offensichtlich nicht überall einer Meinung, aber es freut mich nichtsdestotrotz, dass Sie so gründlich auf die einzelnen Überlegungen eingegangen sind. Zu Ihrer Antwort, im Kern entnehme ich daraus drei Einwände: Erstens haben Sie Recht, dass mein Vortrag nur ein sehr eingeschränktes, gut gebildetes Publikum erreichen wird und oftmals jene Menschen, die ganz ähnlich sind wie ich, die in der gleichen Blase sitzen wie ich. Das gibt mir, ehrlich gesagt, oft zu denken auf und die perfekte Antwort auf diese Filterblase habe ich nicht. Ich glaube aber, dass allein im letzten Jahr dieses Thema ungeheuer breitenwirksamer geworden ist. Ich habe im Jahr 2014 ein Buch über Anonymität und Diskussionskultur im Internet veröffentlicht und merke, wie mehr und mehr Menschen über dieses Thema auch reden wollen. Das ist zwar womöglich noch immer eine Minderheit (vielleicht auch nicht), mein Eindruck ist jedenfalls, das Bewusstsein wächst. Zweitens: Wenn ich Sie richtig verstehe, sehen Sie die Gefahr, dass die Debatte hierzu erst recht polarisierend wird (da kämpfen dann quasi die vermeintlich „Guten“ gegen die vermeintlich „Bösen“). Differenzierung ist wichtig, da stimme ich Ihnen zu. Ich warne nur vor der Gefahr, eine Debatte dann als „differenziert“ zu verstehen, wenn sie auch untergriffige oder gar verletzende Wortmeldungen enthält, oder wenn kein Unterschied zwischen belegbaren Fakten und wilden Gerüchten gemacht wird. Nun könnte man natürlich einwenden: Wer entscheidet denn, was ein Gerücht und was ein Faktum ist, was eine zulässige Aussage und was eine Beleidigung? In manchen Fällen ist das tatsächlich nicht leicht zu erkennen. Manchmal aber doch - und dann sollte das auch benannt werden. In diesen Fällen finde ich es in Ordnung, dass wir aggressive oder faktisch falsche Wortmeldungen nicht schützen oder gleichrangig behandeln wie die Wortmeldungen jener User, die sachlicher und fairer diskutieren (sachlich diskutieren bedeutet nicht, dass man einer Meinung sein muss, aber dass einen gewissen Grundrespekt - auch gegenüber Fakten - wahrt). Drittens, zum Thema „Filtern“ möchte ich noch auf diese exzellente Wortmeldung von Armin Wolf hinweisen: https://www.facebook.com/arminwolf.journalist/posts/1161742677170933 Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie meine Antworten nicht zufriedenstellen oder gar umstimmen wird. Ich habe jedenfalls Ihren Beitrag mit Interesse gelesen.

  • "Nun ist die Wikipedia 15 Jahre alt geworden, ich las neulich eine interessante Zahl dazu: Eine interne Umfrage aus dem Jahr 2011 fand heraus, dass nur einer von zehn Helfern der Wikipedia eine Frau ist. Nur jeder zehnte Wikipedianer ist eine Frau. Erst vor wenigen Wochen brächte der Atlantic einen interessanten Artikel über den Umgang mit Frauen auf Wikipedia. Die Autorin schrieb über das Verhalten mancher Userinnen:

    „Um zu verhindern, dass sie Ziel von Belästigungen werden, nutzen manche Wikipedianerinnen geschlechtsneutrale Pseudonyme und vermeiden es, bei ihrem Usernamen irgendeine persönliche Information anzuführen.“

    Das ist doch erschütternd, dass Frauen verheimlichen, dass sie eine Frau sind – damit ihnen gegenüber niemand unangenehm wird."

    Das passiert, wenn man sich nicht informiert, nicht hinter de Sachen schaut, einfach nur ein paar Sachen ungefiltert abtippt. Dann steht das da und alle glauben es so wie es da steht. Ich könnte jetzt was dazu sagen - aber es hat ja eh keinen Sinn. Wird ja dennoch ignoriert.

    • Sehr geehrter Markus Cyron, wenn Sie auf einer sachlichen Ebene diskutieren und konkrete Beispiele bringen, wo ich angeblich "nicht informiert" bin oder "ein paar Sachen ungefiltert abtippe", dann gehe ich auch noch gerne darauf ein.

      • Ich äußere mich mich mal an dieser Stelle, weil ich genau auf das Wikipedia-Thema eingehen will. Gleich vorneweg: Der Umgangton in der Wikipedia ist an einigen Stellen sehr aggressiv, und natürlich gibt es auch immer wieder gezielte Affronts gegen weibliche Benutzer. Das ist äußerst unschön, da bin ich Ihrer Meinung.

        Liebe Frau Brodnig, leider sind Sie dann aber in eine Falle getappt, die Sie oben selbst treffend beschrieben haben. Diejenigen Stimmen, die am lautesten sind und am meisten an diversen Stellen kommentieren, werden am ehesten wahrgenommen, das gilt eben auch für die weit verbreiteten Aussagen über die "frauenfeindliche" Wikipedia.

        Ich gehöre zu den Frauen, die sich als "Benutzer" eingetragen haben - weil es nämlich für meine Mitarbeit zunächst unwichtig ist, ob ich männlich, weiblich oder sonstigen Geschlechts bin. Wer genaueres über mich wissen möchte, kann mit einem Klick feststellen, dass ich eine Frau bin. Ich habe auch einen geschlechtsneutralen Benutzernamen - nicht weil ich Angst habe erkannt zu werden, sondern weil mir zu dem Zeitpunkt meiner Anmeldung nichts Originelles eingefallen ist, ich aber anonym bleiben wollte.

        Wie gehe ich nun mit geschlechtsspezifischen oder sonstigen Angriffen um? Dagegenhalten, nicht abschrecken lassen, sachlich bleiben, im schlimmsten Falle ignorieren oder kontern, aber nicht jammend durch ganze Internet ziehen, wie böse die Frauen doch wieder behandelt worden sind.

  • Ich fand den Vortrag ebenfalls sehr interessant und freue mich, dass es den hier jetzt auch schriftlich gibt.
    Gilt auch als manueller, absichtlich unaufdringlicher Trackback auf meinen Blogeintrag vom heutigen Tag. :) Wenn du möchtest, kannst du den direkten Link ja selbst hinzufügen. Liebe Grüße!

  • Ich möchte Alnilam hier zustimmen - und dazu sagen: Es gibt übrigens auch männliche Autoren, die sich explizit für einen weiblichen Nick entschieden haben und es gibt weibliche Autorinnen, die gerne austeilen. Wenn man das Thema Frauenfeindlichkeit angehen möchte, sollte man über ausreichend Hintergrundinformationen verfügen. Damit meine ich jetzt nicht die oben beanstandete "Abtipperei" oder speziell Ihren Artikel. Ich meine damit, dass das "System Wikipedia" so komplex ist, dass man zunächst einen Einblick braucht, um auch beurteilen zu können, wann ein Angriff gegen jemanden geht, weil er eine Frau ist - oder wann das praktisch schon zur Wikipedia "same procedure as every day" (unabhängig vom Geschlecht) gehört. Erst dann wird nämlich auch das Thema Frauenfeindlichkeit ernst genommen (und das beziehe ich jetzt nicht ausschließlich auf die Wikipedia, es fällt mir fast tagtäglich auf). Liebe Grüße von einer Autorin der WP

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