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“Ich bin kein Draufgänger“

Karim El-Gawhary erklärt den Österreichern die arabischen Revolutionen. Ein Gespräch über Kriegsjournalismus, das Leben von Korrespondenten und Bilder, die man nicht mehr aus dem Kopf bekommt

Karim El-Gawhary ist unser Mann in Ägypten, für den ORF berichtet er von der arabischen Revolution, seit fast 20 Jahren lebt er in Kairo. Ihn selbst zieht es aber gar nicht an die Front, lieber berichtet der Journalist von ganz normalen Menschen und wie sie trotz Krieg leben. In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Arbeit als Korrespondent zunehmend schwierig geworden, erzählt er im eineinhalbstündigen Interview.

Falter: Herr El-Gawhary, Sie berichten schon fast 20 Jahre aus dem Nahen Osten. Ist die Arbeit als Korrespondent schwieriger geworden?

Karim El-Gawhary: Sie hat sich stark verändert. Früher begleitete die Auslandsberichterstattung einen Prozess. Man hat regelmäßig über ein Land geschrieben, das hat sich sehr gewandelt: Jetzt gehen wir Journalisten immer dorthin, wo es gerade brennt. Wir sind Feuerwehrleute geworden. Die kontinuierliche Berichterstattung ging verloren. Deswegen scheint es oft so, als würden Konflikte vom Himmel fallen. Zum Beispiel der Libanon-Krieg 2006. Wenn ich zwei Wochen vorher eine Hisbollah-Geschichte vorgeschlagen hätte, hätte man mich angegähnt. Dann bricht der Krieg aus, und man hört morgens, mittags und abends vom Libanon.

Sie dürfen also immer erst dann berichten, wenn es schon brennt?

El-Gawhary: Wir Journalisten laufen den großen Events hinterher, aber es werden keine Prozesse mehr abgebildet. Das sieht man auch an den Zeitungen: Das Ausland bekommt immer weniger Seiten, es rückt immer weiter nach hinten im Blatt. Und jetzt gibt es sogar die Diskussion, ob der Auslandskorrespondent nicht gar ein Auslaufmodell ist.

Sind Sie ein Auslaufmodell?

El-Gawhary: Das ist die Ironie der Geschichte: Die amerikanischen Medien haben letztes Jahr ganz viele Büros im Nahen Osten geschlossen. Jetzt beißen sich die in den Hintern. Unabhängig davon führen wir aber diese Diskussion: Wofür brauchen wir noch Auslandskorrespondenten? Reichen nicht auch ein paar YouTube-Videos und ein paar Berichte von Leuten vor Ort? Erschwerend kommt hinzu, dass es in der Berichterstattung einen Einheitsbrei gibt. Jeder schreibt von jedem ab oder verwendet die Agentur. Dann schauen alle Artikel gleich aus – egal, welche Zeitung Sie lesen. Das Problem ist nur, dass die Zeit für eigene Recherchen fehlt. Fernsehen zum Beispiel ist der absolute Wahnsinn der Echtzeit-Berichterstattung.

Wie meinen Sie das?

El-Gawhary: Im Fernsehen ist es wichtiger, dass ich zehn Minuten nach einem Ereignis vor der Kamera stehe, als dass ich die Zeit habe, rauszugehen und mir die Situation anzusehen. Fernsehen suggeriert dieses Vor-Ort-Sein. Man hat immer das Gefühl, die Person vor Ort muss alles wissen. Ich erinnere mich an eine absurde Situation: Ich stehe im Norden von Bagdad im Supermarkt und kaufe gerade mein Abendessen. Da ruft die deutsche Radiostation an und sagt: “Gerade eben ist im Süden von Bagdad eine Bombe explodiert. Wie ist die Atmosphäre? Wir gehen gleich auf Sendung.“ Und ich stehe im Supermarkt und denke mir: Bitte, was ist jetzt los?

Schadet diese Echtzeit dem Journalismus?

El-Gawhary: Ja. Der Journalismus brauchte wieder mehr Tiefe, mehr Hintergrund, nicht dieses Schnell-schnell nach dem Motto: “Erklär mir den Nahen Osten in 45 Sekunden.“ Ich glaube, Leuten ist das gar nicht so wichtig, wichtiger wäre ihnen, dass sie Hintergründe erfahren und das Geschehen einordnen können.

Gibt es Geschichten, die in dieser Hast untergehen?

El-Gawhary: Etliche Geschichten gehen unter. Zum Beispiel wollte ich vor der Revolution über die Beduinen in Nord-Sinai berichten. In dieser Region funktionieren die alten Stammesstrukturen nicht mehr, gleichzeitig existiert kein Staat. Daraufhin haben sich militante islamistische Kader gebildet. Man wusste, das wird irgendwann ein riesiges Problem, aber im Moment ist es noch kein Thema, und es wird nicht vorausschauend berichtet. Man versucht nicht einmal, vorausschauend zu berichten.

Sie selbst leben in Kairo. In den letzten Wochen hat man Ihnen angemerkt, wie Sie mitfieberten. Als Mubarak zurücktrat, sah man Ihnen die Freude regelrecht an. Darf man sich als Journalist mitfreuen?

El-Gawhary: Es gibt diese Vorstellung, dass Journalismus immer objektiv sein muss. Demnach hätte ich bei der ägyptischen Revolution einen gehörigen Abstand halten und sagen müssen: Das Regime behauptet dieses, die Revolutionäre behaupten jenes. Aber in manchen Situationen funktioniert das nicht. Beim Umsturz in Osteuropa haben die Medien auch nicht total objektiv berichtet.

Sie meinen: Als die Mauer fiel, haben die westdeutschen Medien gejubelt und nicht extra noch den Standpunkt der DDR eingeholt.

El-Gawhary: Ja, es gibt Situationen, wo der objektive Journalismus hinfällig wird. Man muss nur aufpassen, dass man trotzdem den kritischen Blick bewahrt. Ich kann nicht sagen: Die Revolution ist toll, und alles, was danach kommt, ist auch toll. Jetzt ist diese Revolution vorbei und die gesellschaftlichen Widersprüche kommen wieder zum Vorschein. In den letzten Tagen hatten wir Probleme zwischen Kopten und Muslimen, das muss ich mir natürlich genau ansehen. Sonst wäre ich ja kein Journalist. Eines möchte ich aber anmerken. Es ist sicher ein Vorteil, wenn man halb ägyptisch, halb deutsch ist wie ich. Ich kann mich in beide Seiten einfühlen, habe aber vor beidem einen gewissen Abstand.

Fühlen Sie sich in keiner Kultur richtig zu Hause?

El-Gawhary: Nein, ich habe kein richtiges Zuhause. In Deutschland mache ich inzwischen ethnologische Studien am Bahnsteig. Die Leute beschweren sich, dass sich der Zug um fünf Minuten verspätet, und ich denke mir: In diesem komischen Land habe ich 25 Jahre lang gelebt. Gleichzeitig machen die Ägypter Dinge, die mich verwundern. Als Journalist finde ich das aber gar nicht schlecht. Mir geht es in meiner Arbeit eher darum, jenen eine Stimme zu geben, die keine haben. Oft will ich gar nicht über Kriege oder Krisen berichten, sondern über Menschen und Familien, die diese Kriege durchleben und managen.

Haben Sie da ein Beispiel?

El-Gawhary: Zuletzt hat mich eine Geschichte aus Libyen beeindruckt. Sie handelte von einem Mann, der 48 Jahre alt war – so alt wie ich. Er hatte ein gutes Leben, war bei einer Ölfirma angestellt, hatte zwei Töchter, die eine gute Ausbildung genossen. Allerdings lebte er in der Nähe einer Kaserne in Bengasi: Tagelang versuchten Jugendliche die Kaserne zu stürmen und wurden von den Gaddafi-Leuten abgeschossen. Eines Tages hat er die Verletzten abtransportiert und kam mit blutigen Händen heim. Seine Familie hatte keine Ahnung, welche Konsequenz er daraus zog. Er packte sein Auto voll mit Kochgasflaschen, kaufte Dynamit und fuhr mit dem Auto in das Tor der Kaserne. Er hat sich in die Luft gesprengt, damit das Ganze aufhört. Damit die Jugendlichen die Kaserne stürmen können. Dieser Mann war eben kein Fanatiker, er war ein ganz normaler Familienvater, ein Mensch wie du und ich. Nur irgendwann hat er diese Situation nicht mehr ausgehalten und die Konsequenz gezogen. Wenn man das rüberbringt, wenn die Leute verstehen, warum jemand so etwas macht, dann ist es eine gute Geschichte.

Sie haben auch ein Buch mit dem Titel “Alltag auf Arabisch“ geschrieben. Sehen Sie sich als kultureller Vermittler?

El-Gawhary: Ja, ich verstehe mich nicht nur als Journalist, sondern auch als kultureller Übersetzer. Ich meine damit die Übersetzung, wer warum wie handelt, inwiefern die Menschen in Ägypten und Österreich dieselben Hoffnungen und Träume haben. Auch die Ägypter wünschen sich eine gute Ausbildung für ihre Kinder und ein sicheres Leben. Mir geht es darum, nicht nur die Exotik, sondern auch die Ähnlichkeit zu vermitteln.

Wie ist es bei Ihnen selbst: Sie haben Islamwissenschaften studiert, sind Sie gläubiger Moslem?

El-Gawhary: Über meine Religionszugehörigkeit will ich mich nicht äußern. Ich möchte nicht in irgendwelche Schubladen gesteckt werden. Wenn ich sage, ich bin gläubiger Muslim, heißt es: Aha! Und wenn ich sage, ich bin total unreligiös, heißt es: Wieso? Das spielt in meiner Arbeit auch keine Rolle.

Aber es wäre schon interessant, über Ihr Weltbild etwas zu erfahren.

El-Gawhary: Wenn man klug ist, erkennt man das an meinen Geschichten. Ich betrachte mich als sehr weltoffenen Menschen, aber ich weigere mich, in eine Schublade gesteckt zu werden. Manchmal rufen Talkshows an und sagen: Wir suchen einen Araber für unsere Show. Diese Rolle will ich nicht spielen, ich will nicht der Alibi-Araber oder Alibi-Muslim oder Alibi-Christ sein.

Über Ihr Privatleben ist zumindest bekannt, dass Ihre Frau amerikanische Staatsbürgerin ist und Sie drei Kinder haben. Wie international ist Ihre Familie?

El-Gawhary: Sehr international. Meine Kinder wachsen dreisprachig auf und haben mehr als einen Pass. Ich habe meine Vereinten Nationen zu Hause. Das beantwortet auch Ihre Frage von zuvor.

Sie selbst wuchsen in Deutschland auf. Wie sind Sie denn Korrespondent in Kairo geworden?

El-Gawhary: Meine Arbeit hat gleich mit einem Krieg angefangen, mit dem Golfkrieg 1991. Eigentlich wollte ich in Kairo meine Diplomarbeit über islamisches Bankenwesen schreiben. Dann brach der Golfkrieg aus, und weder meine Gesprächspartner noch ich haben sich für islamisches Bankenwesen interessiert. Alles drehte sich um den Krieg im Irak. Dann habe ich bei der taz angerufen und gefragt: “Braucht ihr nicht jemanden, der ab und zu etwas schreibt?“ So fing ich an, Artikel zu liefern. Ich hatte natürlich von nichts eine Ahnung, bin losgezogen für 39 Pfennig die Zeile.

Jetzt hat der Standard geschrieben: “Die Tage des Aufstands in Ägypten sind auch die Tage des Karim El-Gawhary.“ Sind die letzten Wochen der Höhepunkt Ihrer bisherigen Karriere?

El-Gawhary: Ja, ich habe fast das Gefühl, ich habe die letzten 20 Jahre auf diesen Moment hingearbeitet. Mein Wissen und meine Erfahrung sind in diesem Punkt kulminiert. Ich könnte auch nicht die gleiche Arbeit leisten, wenn ich erst zwei oder drei Jahre hier wäre. Jetzt ist natürlich der Höhepunkt meiner Karriere.

Auf Facebook sieht man auch, dass Ihnen täglich dutzende Menschen gratulieren. Wie viele Rückmeldungen bekommen Sie eigentlich?

El-Gawhary: Ich bekomme E-Mails, Facebook-Postings, Meldungen auf Twitter. Darunter viel Lob, aber auch Kritik. Das Lob ist ein bisschen das Benzin, das mich antreibt. Die Kritik andererseits ist auch eine Hilfe, niemand macht immer alles richtig. Ich glaube, langfristig muss man als Journalist die neuen Medien nutzen und sich darin einen Markennamen machen. Nicht als ORF-Korrespondent oder als taz-Korrespondent, sondern als Person: Karim El-Gawhary steht für eine bestimmte Art von Journalismus. Langfristig werden die Medien unwichtiger, sie sind nur der Mittler zwischen demjenigen, der Inhalte produziert, und dem Konsumenten dieser Inhalte.

Könnte so die Zukunft für die Korrespondenten ausschauen, dass sie stärker zur Marke werden und sich so ihre Existenz sichern?

El-Gawhary: Existenzsicherung ist im Moment eine schwieriges Thema. Dieser Hype um die arabische Welt kommt in einer Zeit der absoluten Sparmaßnahmen. Im letzten Jahr wurde massiv eingespart, ich selbst habe eine Zeitungspauschale verloren, und eine weitere ist mir radikal um zwei Drittel zusammengekürzt worden.

Welche Zeitungen waren das?

El-Gawhary: Der eine Fall ist bekannt. Die taz hat meine Pauschale um zwei Drittel gekürzt. Ich weiß nicht, wie die Situation für Korrespondenten langfristig weitergeht. Aber irgendwann werden die Einsparungen sicher fortgesetzt. Nur womöglich verschieben sich gerade die regionalen Gewichte: Jetzt werden wieder mehr Büros in der arabischen Welt aufgemacht, dafür werden sie anderswo geschlossen. Der ORF hat vor acht oder neun Jahren sein Büro in Kairo eröffnet, im Nachhinein hat sich das als guter Schachzug erwiesen.

Was ist denn Ihre Hoffnung für den arabischen Raum?

El-Gawhary: Dass wir hier wirklich demokratische Systeme bekommen und die Herrschenden rechenschaftspflichtig werden. Schauen Sie sich Tunesien und Ägypten an: Die Tunesier haben ihre Geheimpolizei abgeschafft, die Ägypter greifen gerade die Büros der Staatssicherheit an. Die Menschen gehen gegen die arabische Stasi vor und sagen: “Wie wollen diese allmächtigen Sicherheitsapparate nicht mehr.“ Das ist eine gute Entwicklung, aber nur weil Mubarak weg ist, bricht hier nicht morgen das Paradies aus.

Haben Sie in den letzten Wochen Ihre schusssichere Weste tragen müssen?

El-Gawhary: In Libyen hatte ich sie dabei, ich habe sie aber nicht getragen. Ich hatte sie schon oft an, im Libanon-Krieg, im Gaza-Krieg oder im Irak. Aber ich bin überhaupt nicht gern Kriegsreporter, ich mag diesen Wanderzirkus nicht. Lieber berichte ich von den Geschichten, die in Bengasi auf der Straße liegen, als dass ich noch einmal 100 Kilometer weiter zur Front fahre, wo ich nur sagen kann: Dieses oder jenes ist gerade bombardiert worden.

Trotzdem wird Ihr Job manchmal gefährlich sein.

El-Gawhary: Natürlich gibt’s haarige Situationen. Als ich in Tunesien ankam, dachte ich mir: Alles wunderbar. Wir fuhren in die Nähe des Hotels, luden den Kofferraum aus, der Kameramann, Tontechniker und ich nahmen unsere Taschen. Plötzlich fängt eine Mordsschießerei an. Eine Viertelstunde lagen wir mit dem Gepäck über dem Kopf hinter einem Auto, und ich habe mir gedacht: Was mache ich hier eigentlich? Ich bin generell kein Draufgänger, sondern eher vorsichtig. Ich bin auch für andere verantwortlich. Am schlimmsten wäre es, wenn meinem Kameramann etwas passiert – und ich bin derjenige, der ihn dorthin geschickt hat.

Erleben Sie manchmal auch den Horror des Krieges?

El-Gawhary: Es gibt Situationen, da wird dir richtig schlecht. Ich war letzte Woche in einem Munitionsdepot in Libyen. Es wurde in der Nacht bombardiert, die Aufständischen verloren irrsinnig viele Waffen, und es gab mindestens 20 tote Jugendliche. Wir kommen in dieses Camp rein, ich stehe mitten in den Trümmern, und ein Typ kommt auf mich zugelaufen mit einem Hirn in der Hand. Er hält ein menschliches Gehirn in die Kamera und sagt: “Das müsst ihr filmen! Ihr müsst zeigen, was uns hier passiert ist.“ Dieses Bild habe ich jetzt in meinem Kopf drin, aber das kann man in Österreich niemals senden. Es gibt auch Grenzen bezüglich dessen, was man den Leuten zeigen kann.

Möchten Sie das Ihr ganzes Leben machen?

El-Gawhary: Hirne anschauen?

Nein, Korrespondent sein.

El-Gawhary: Wenn es so weitergeht, wenn der Job so spannend bleibt: ja, bis zur Rente, gar kein Problem. In der aktuellen Situation gibt es keinen besseren Job als den, den ich habe. Man hat das Gefühl, man ist dort, wo gerade Geschichte geschrieben wird. Für einen Journalisten gibt es nichts Schöneres.

 

Zur Person

Karim El-Gawhary, 48, ist der Sohn eines ägyptischen Vaters und einer deutschen Mutter. Er wurde in München geboren, studierte Islamwissenschaften und lebt seit Anfang der 90er-Jahre in Kairo. Seit dem Golfkrieg 1991 ist er journalistisch tätig, heute arbeitet er für rund zehn Printmedien, darunter die Tageszeitungen Presse und taz. Seit 2004 leitet er auch das ORF-Büro in Kairo. El-Gawhary ist mit einer amerikanischen Staatsbürgerin verheiratet und hat drei Kinder

 

Dieses Interview ist im Falter 11/11 erschienen. Fotos: ORF Büro / Kairo

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  • Mich würde interessieren, wie es dir in und nach den 2 Wochen gegangen ist.
    Aus dem Falter wissen ja alle, dass du dein Handy mit ins Bett nimmst ...

    • Gute Frage! Grundsätzlich war es angenehm, ich habe auf meinem iPhone den Mail-Account gelöscht, hatte gar nicht das Bedürfnis, all die eintreffenden Mails zu lesen. Doch dann habe ich selbst gegen mein Sabbatical verstoßen: Während der Feiertage hat sich bei mir etwas Privates ereignet und ich wollte meine Kollegen diesbezüglich verständigen. Nur was tun? Jeden einzelnen anrufen? An alle ein SMS? Mir schien E-Mail die beste Kommunikationsform und schließlich habe ich dann gemailt. So ganz habe ich mein Sabbatical also nicht eingehalten, aber trotzdem zwei Dinge gelernt: 1.) Es ist eine gute Idee, den Mail-Empfang am iPhone während des Urlaubs zu deaktivieren - das werde ich weiterhin machen. 2.) Ganz auf E-Mail zu verzichten, ist aber gar nicht so leicht, vor allem wenn man selbst einen großen Mitteilungsdrang hat. Mir ging eher das Mail-Versenden als das Mail-Empfangen ab...

      • OK. Das heißt ja wohl, dass du nur auf die Mails verzichtet hast. ;-)
        Musste den Artikel noch mal lesen, um das zu verstehen. Dass heißt, du hast dich nur auf das "normale" Urlaubslevel runtergesetzt. Ich dachte, du willst es OHNE Internet schaffen. Sprich: OHNE Mail, OHNE Surfen, OHNE Online-Spiele - OHNE Internet eben.
        Das hast du dir zu einfach gemacht, finde ich. Und dann nicht mal ganz eingehalten.

        Ingrid ich habe heute leider kein Foto für dich ...

        • Interessanter Einwand - aus meiner Sicht habe ich das weggelassen, was mich während des Urlaubs am meisten stört (eben, dass ich trotzdem ständig E-Mails checke). Aber wenn ich zwischendurch nach einem guten Lokal google oder online einen Routenplan suche, stört mich keine Sekunde lang. Im Gegenteil: Ich würde es als extreme Benachteiligung empfinden, wenn ich in meiner Freizeit darauf verzichten müsste.

          Natürlich kann man's auch so sehen, dass das nur ein Schmalspur-Sabbatical war. Den echten Offline-Test haben schon andere gemacht, zum Beispiel Alex Rühle für sein Buch "Ohne Netz". http://www.falter.at/web/shop/detail.php?id=33075&SESSID= Aber schauen wir mal, vielleicht wage ich mich doch noch über eine echte Auszeit drüber. Bisher verspüre ich jedenfalls nicht den Drang, das Internet gänzlich abzudrehen...

  • Da kommt also ein Gerät heraus, welches kleiner und leichter ist, doppelt so viel Prozessorleistung bietet, eine 9x schnellere Grafik, ein verbessertes Display, einen FullHD-Ausgang für externe Präsentationen und die Nachrüstung der viel bemängelten Kameras. Und das ist dann keine Innovation. Alright.

  • Ja, das ist eine Verbesserung, aber noch keine Innovation. Etwas anderes zu behaupten, ist echt gewagt.

  • Interessant, Danke für den Link! Diese komischen Geräusche hatten also einen Grund...

  • Aber mal ehrlich: Die Werbeeinnahmen im Netz sind viel zu gering. Sie reichen bisher nicht aus, um hochqualitative Recherche und Redigatur zu finanzieren.

    Und genau da liegt das Problem fuer

    Wir verabschieden uns vom traditionellen Journalismus und seinem Finanzierungsmodell, aber wir haben noch keine neue Lösung gefunden.

    Wenn sich Werbepreise fuer Online Ads den Offline Ads, also Zeitungsinseraten, annaehern wuerden, waere die ganze Geschichte auch ohne Paywall finanzierbar. Denn zieht man bei einer Zeitung die Druckkosten und die Lieferkosten ab, bleibt unterm Strich auch nichts mehr uebrig (oder noch weniger). Zwar wird von den Werbeagenturen immer mehr Geld vom offline ins online advertising verschoben, doch hat das in den letzten Jahren nicht den erhofften Preisanstieg gegeben. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass 15 Dollar pro User nur durch on page advertising praktisch nicht erreichbar sind. Selbst wenn die NYT pro 1000 aufgerufenen Seiten 10 Dollar bekommt (was derzeit eh nicht realistisch ist, eher 1/3 - 1/10 davon), muesste ein User 1500 Seiten pro Monat aufrufen um damit auf 15 Dollar zu kommen.

    Andererseits stellt sich die Frage wie lange es dauern wird um den Aufwand, der die Implementierung und Wartung einer Paywall mit sich bringt, mit Abos zu finanzieren.

    Ich bin auf jeden Fall gespannt wo das in den naechsten Monaten/Jahren hinfuehren wird :-)

  • Danke für den spannenden Einblick in die Zahlen! Was ich mich frage: Ist es realistisch, dass sich die Onlinewerbepreise irgendwann den Offlinepreisen angleichen? In den letzten Jahren ist das ja leider nicht passiert.

    Im App-Store von Apple kommt übrigens ein neues Problem für die Zeitungshäuser hinzu: Da kassiert Apple 30 Prozent des Umsatzes ein, dazu gibt's auch wieder heftige Debatten (siehe zB http://www.tagesschau.de/wirtschaft/apple142.html).

    • Ist es realistisch, dass sich die Onlinewerbepreise irgendwann den Offlinepreisen angleichen?

      Darauf kann man natuerlich nicht pauschal mit ja oder nein antworten. Da erstens die Werbeformen sowohl offline als auch online zu verschieden sind. Wenn man online Werbung auf Zeitungsportalen mit Zeitungsanzeigen vergleicht, wuerde ich eher dazu tendieren und "nein" zu sagen. Unterm Strich wird wohl in den naechsten Jahren immer noch mehr mit Zeitungsanzeigen zu holen sein. Doch koennen gewisse Online Kampagnen natuerlich ueber den offline Preisen liegen. Wenn zB gezielt Werbung fuer eine gewisse Zielgruppe geschaltet wird ("nur die 25-35 jaehrigen, alleinstehenden Maenner mit Sportwagen") sind die Preise dementsprechend hoeher.

      Ich moechte auch noch anmerken, dass die Zahlen, die ich oben geschrieben haben nicht die wirklichen Zahlen der NYT sind. Es sind lediglich Schaetzungen aufgrund meiner Erfahrungen (beschaeftige mich seit 2001 mit Online Werbung und die Preise sind seither stetig gesunken - Ende 90er Jahre waren die Preise am ehesten mit Offline Preisen zu vergleichen). Darueber hinaus bin ich mir ziemlich sicher, dass die NYT bessere Preise fuer Online Kampagnen erzielt als irgendein 08/15 Blog. Trotzdem sind die Preise im Keller, auch wenn die NYT einen 50-fach hoeheren Preis bekommt :-)

      Zu apple: der von dir verlinkte Artikel ist leider etwas einseitig geschrieben. Kurz die Gegenseite: Das mit den 30% stimmt. Allerdings nur fuer "neue" Kunden, also Kunden, die ueber die App angeworben wurden. Es steht jedem Verlag frei, ausserhalb des App Stores Abos zu verkaufen (die dann natuerlich auch innerhalb der App genutzt werden koennen). Fuer solche Verkaeufe bekommen die Verlage dann 100%. So das Argument von Apple.

      Natuerlich sitzt der Dollar lockerer wenn man in der App ist, die Zahlungsdaten hinterlegt sind und man nur noch auf "abonnieren" druecken muss. Das weiss Apple natuerlich auch ...

  • Selbstredend gibt nichts dagegen zu sagen für die NYT zu zahlen. Vielleicht nur, dass wir in seltsamen medialen Zeiten leben, wenn eine Journalistin eine Art Rechtfertigung dafür postet. Es ist aber auch mehr als nur "für guten Journalismus" zahlen - es ist ein Commitment zur Marke, zum Medium und wahrscheinlich eine Art Freude über das implizite Bildungsversprechen einer Zeitung wie die New York Times. Und unterstreicht den Mangel an solchen Angeboten in Österreich. Was ein derartiges Commitment zu geben zur Zeit schwer macht, ist die schiere mediale Vielfalt am Bildschirm. Ein zunehmend diffuser gewordenes Angebot, die oft zitierte mediale Herausforderung. Tageszeitung lesen, Magazine rezipieren und sich dann um die Feeds kümmern. Welches Medium greife ich heraus, um es finanziell zu unterstützen? - NYT, SZ, NZZ, FAZ,...,....,....,....,.....,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,.Glückwunsch, wenn man hier klar sieht und für sich zu einer Entscheidung kommt. Unglücklich hingegen finde ich die Formulierung "guter Journalismus". Was das ist, ist stets persektiven-abhängig und kommt meist oberlehrerhaft herüber. Ob die Strasser-Aufdeckung etwa ein Beispiel für "guten Journalismus" ist, halte ich etwa für dikussionswürdig - Büros mieten, Politiker in Versuchung führen usw. Eine Top-Story allemal. Aber "guter Journalismus". Naja, für mich verwunderlich. Aber egal. Schönes Wochenende.

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