4 Millimeter schlanker: So revolutionär ist das neue iPad wirklich
Das soll’s gewesen sein? Ernsthaft? Wochenlang hielt Apple die Öffentlichkeit in Spannung, die Weltpresse blickte nach San Francisco, wo Sektenguru Steve Jobs sein neues Wunderding vorstellte: das iPad 2.
Realistisch betrachtet kam dann eine Schmalspur-Innovation heraus: Das neue iPad ist 4,4 Millimeter dünner als das alte, es wiegt 80 Gramm weniger, der Prozessor ist stärker – ach ja, und es hat zwei winzige Kameras eingebaut. Ein Witz, dass diese minimalen Hardwareverbesserungen als große Neuerung verkauft werden. Noch absurder ist allerdings, dass sämtliche Journalisten und auch die Konsumenten darauf reinkippen.
Die ganze Medienbranche ist in die Apple-Falle getappt. Irgendwann haben wir angefangen, den Marketingsprech von Steve Jobs nachzuplappern. Der redet gerne von seinen “revolutionären“ Geräten, jetzt behauptete er, 2011 werde “das Jahr des iPad 2“ sein. Tags darauf liest man dieses Zitat unhinterfragt in den Zeitungen. Dass sich das neue iPad nur um vier Millimeter weiterentwickelt hat, thematisiert kaum wer.
Apple ist eben nur noch in zweiter Linie ein Technikkonzern, zuallererst ist es eine Marke. So wie es in den 90er-Jahren cool war, Nike zu tragen, wollen sich heute alle mit dem schicken Apple schmücken. Am besten brachte das der amerikanische Komiker Conan O’Brien auf den Punkt. In seiner Late-Night-Show zeigte er einen satirischen Werbespot, darin erklärt ein Apple-Mitarbeiter: “Das iPad 2 ist die Kombination von zwei bis drei Meetings, es ist wirklich unglaublich, wie wenig wir dafür getan haben.“ Zum Abschluss wird der Slogan gezeigt: “iPad 2. Ihr kauft es ohnehin, egal was wir sagen.“
Es wäre an der Zeit, Apple wieder etwas nüchterner zu begegnen. Man kann die Geräte des Unternehmens praktisch finden und muss trotzdem nicht gleich zum Cheerleader werden. Ein Beispiel: Das iPhone war ein technologischer Meilenstein, Apple hat mit dem Smartphone nicht nur neue Standards in Bedienerfreundlichkeit und Design gesetzt, es hat auch das mobile Internet massentauglich gemacht. Eine riesiger Fortschritt. Allerdings ist die neueste Version des Apple-Handys, das iPhone 4, teilweise sogar ein Rückschritt. Es hat ein massives Antennen- und Empfangsproblem und etliche andere Macken.
Diese Konsumgläubigkeit rund um Apple ist ärgerlich. Wenn einmal so ein Hype entsteht, bremst das eher die Innovation: Denn dann muss sich eine Marke gar nicht mehr so anstrengen, um uns das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Hier der Clip von Conan O’Brien:
Und weil’s so schön ist, hier noch ein Clip von den Simpsons:
Dieser Kommentar ist im Falter 10/11 erschienen. Screenshot: Apple.com
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