Mikrowelle statt Dauerwelle
Mit dem Warenkorb berechnen wir die Inflation. Er bildet aber auch den Gesellschaftswandel ab
Die Dauerwelle hat lange gehalten. Die Pudelfrisur aus den 70er-Jahren fand sich bis heuer im österreichischen Warenkorb. Jetzt flog sie raus. Die Statistik Austria hat ihren Warenkorb aufgeräumt, mit dem sie die Inflation berechnet. Einige Produkte wurden entfernt, zum Beispiel Farbfilm, Röhrenfernseher oder Dauerwelle. Andere Waren kamen neu hinein, zum Beispiel das Navigationsgerät, der Bergkäse und die Elektrozahnbürste.
In erster Linie dient der Warenkorb zur Berechnung der Preisentwicklung. Er sagt uns, wofür die Österreicher Geld ausgeben und um wie viel diese Produkte teurer oder gar günstiger geworden sind. Im heurigen Jänner zahlte die Bevölkerung für dieselben Waren 2,4 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor, berechnet die Statistik Austria. Ihre akribischen Aufzeichnungen erlauben aber auch Rückschlüsse auf die Gesellschaft. Zum Beispiel wurden Altersbetreuung oder Bildungsausgaben in den letzten Jahren immer wichtiger. Nun sind sie auch stärker im Warenkorb repräsentiert, sei es als Kosten für einen Unilehrgang oder für einen Pflegeplatz im karitativen Altersheim. Die Gesellschaft ändert sich – und mit ihr der Warenkorb.
Ein Trend ist die Digitalisierung. “2005 haben wir den Flachbildfernseher in den Warenkorb genommen. Jetzt nehmen wir den dicken Röhrenfernseher raus“, berichtet Konrad Pesendorfer, Generaldirektor der Statistik Austria. Vor fünf Jahren haben seine Ökonomen auch den Diafilm von der Liste gestrichen. Aber nicht nur die Geräte, auch die Freizeitgewohnheiten entwickeln sich weiter.
Die Betreiber von Chinalokalen reiben sich zum Beispiel die Hände, zumindest wenn man der Statistik glaubt. Im Vergleich zu 2005 gehen die Österreicher viel häufiger auswärts essen. Neu im Warenkorb ist deswegen das Frühstück im Kaffeehaus und das asiatische Mittagsbuffet – passend zum Lebensstil vieler Berufstätiger, die schnell Chop Suey bestellen oder sich am Sonntagmorgen lieber bewirten lassen. Doch wie kommt die Statistik Austria zu diesen Zahlen? Woher weiß sie, dass wir Asiatisch essen gehen und nicht Mexikanisch oder Libanesisch?
Das ist natürlich keine Willkür, sondern erforscht. Alle fünf Jahre führt die Statistik Austria ihre Konsumerhebung durch. 6534 österreichische Haushalte führen zwei Wochen lang Buch, wofür sie Geld ausgeben, was sie eingekauft haben, wo sie essen waren. Das ist die bedeutendste Datenquelle für den Warenkorb, aber nicht die einzige. “Es gibt keiner wirklich zu, wie viel er für Alkohol oder Tabak ausgibt. Genau umgekehrt ist es beim Bücherkauf, da übertreiben sie gerne“, schildert Josef Auer, Chef der Preisstatistik der Statistik Austria, eine der Unschärfen so einer Konsumerhebung. Deswegen müssen die Ökonomen auch etliche andere Datenquellen anzapfen, etwa die Aufzeichnungen des Finanzministeriums und die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. 791 Produkte finden sich nun im Warenkorb, vom Kondom über den Ehering bis zum Sarg, von der Milch über den Haarföhn bis hin zur Inkontinenzeinlage.
Kann das wirklich stimmen? Nicht jeder Bürger kauft Inkontinenzeinlagen oder Kondome. Auch geben die Österreicher laut Warenkorb nur zwölf Prozent ihres Gelds für Nahrungsmittel aus. In der Praxis erleben das viele Haushalte ganz anders: Ihr Budget wird beim Essenseinkauf regelrecht weggefressen. Ist diese Statistik vielleicht doch falsch? “Nein“, meint Auer, “denn kein Mensch konsumiert den gesamten Warenkorb. Sonst müssten Sie gleichzeitig Benzin und Diesel tanken, mit Strom, Gas sowie Öl heizen.“ Der Warenkorb listet die wichtigsten Ausgaben aller Bürger auf. Er beschäftigt sich nicht mit der gefühlten Inflation des Einzelnen, sondern mit der Teuerung für die gesamte Volkswirtschaft. Jedes Produkt, für das die Österreicher 0,1 Prozent ihrer Ausgaben aufwenden, landet darin. Was nicht mehr nachgefragt wird, muss raus. Aus diesem Grund eignet sich die Inflationsstatistik ebenfalls als historisches Archiv. Gerade in einer Konsumgesellschaft schlägt sich gesellschaftlicher Wandel auch in Verkaufszahlen nieder.
Die Warenkörbe von einst sind eine Reise in die Vergangenheit: Als man beim Urlaub in Tirol eine Postkarte heimschickte, als Menschen scharenweise Buspauschalreisen in Österreich machten und viele Böden mit Spannteppichen bedeckt wurden. All diese Produkte wurden nun entfernt. Stattdessen besuchen die Leute die Therme (neu im Warenkorb) oder kaufen einen Städteflug (seit 1996 drinnen).
Schon im 18. Jahrhundert fanden Berechnungen zur Inflation statt, seit der Nachkriegszeit gibt es in Österreich den Verbraucherpreisindex und den dazugehörigen Warenkorb. Auf der Liste wurden dann das “Kölnischwasser“ durch Eau de Toilette, der “Badezusatz“ durch Duschgel und der Plattenspieler durch die Stereoanlage ersetzt. 1976 schien erstmals das Metallmodellauto (Matchboxauto) auf, 1986 der Videorekorder, 1996 die Mikrowelle.
Der Warenkorb erlaubt einen sentimentalen Rückblick. Vor allem aber belegt er, wie komplex die Konsumwelt geworden ist. Im Warenkorb Nachkriegsösterreichs waren nur 220 Produkte aufgelistet, 1976 waren es dann schon 582, und seit den 90ern sind es mehr als 700. Vielleicht ist das ein wesentlicher Grund, warum uns dauernd das Geld ausgeht: Die Waren werden nicht nur immer teurer, sondern auch immer mehr.
Dieser Artikel ist im Falter 10/11 erschienen. Die obigen Fotos bilden allesamt Produkte ab, die seit heuer nicht mehr im Warenkorb enthalten sind: Sauerkraut, CD-Rohling, Röhrenfernseher, Dauerwelle und die Postkarte aus dem Inland. Sie stammen von den Flickr-Usern dno1967b, brx0, cod_gabriel, Jason Lam, Antifama
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Das habe ich im Interview auch gefragt, aber in der Endversion ist es aus Platzgründen nicht mehr drinnen. Wenn ich mich recht erinnere, bekommt sie pro Album vier bis sieben Euro. Interessanterweise schwankt das je nach iTunes Store, je nachdem, ob es der österreichische, deutsche, amerikanische ist.
Der Kommentar war als Reply auf Manuel Aghamanoukjan gemeint.
Bedenklich wenn ich als überzeugter Anarchist zur Unterstützung eines "Parteisoldaten" antreten muss, aber die Piraten haben sehrwohl auch ein Modell wie Künstler selbst wenn sie alle ihre Werke verschenken überleben können: das BGE!
Bzgl. "Das kann man auch schwer beweisen, wie eine Welt ohne Downloads wäre. Aber überlegen wir nur, wie es vor dem Internet war: Da haben die Künstler sehr wohl davon leben können."
Gibt es da auch Statistiken dazu wie sich die Verteilung von Einnahmen zw. Händler, Künstler, Produzent und Plattenfirma im entsprechenden Zeitraum verändert hat?
das ist ganz klar, vor dem download musstest Du die CD kaufen oder hast Dir eine billige kopie mit schlechterem sound gemacht. wenn super stars 100 millionen alben verkauft haben, so verkaufen sie heute vielleicht 1 million wenn überhaupt, durch diese verkäufe konnte eine ganze industrie leben inklusive dem künstler, heute eben nicht mehr, da gratis im internet zum download. doch das beste dabei, die neuen konzerne wie google mit youtube, verdienen milliarden an musik. die sind noch schlimmer als jede plattenfirma, denn die teilen gar nichts mit dem künstler. die lächerlichen alternativen, die paar cent, die man pro klick fallweise generieren kann, sind ein hohn, ich habe für 10 000 streams nicht einmal ein abendessen, das ist doch lächerlich. gebt mir ab morgen alle studios und techniker und instrumente umsonst und ich schenke gerne auch meine musik her, alles andere ist schwachsinniges gerede, in welchem supermarkt kannst Du dir irgendetwas umsonst besorgen ? in jedem, indem Du es stiehlst :-)
Applaus! :-)
@Kopaczynski: Du produzierst deine Lieder gar nicht zu 100 Prozent selber?
solche ratschläge finde ich ja überhaupt super - als nächstes kommen dann vorschläge wie: 'du nimmst die wr philharmoniker gar nicht bei dir in der garage auf ??'
unterste Schublade, oder der Beweis, dass er trotz der Musiker in der Partei nicht die geringste Ahnung hat. Eigenproduktion ohne seeeehr potenten Sponsor ist qualitativ eingeschränkt und daher im Regelfall keine option, wenn man ein breiteres Publikum erreichen will. Wie dem auch sei, dass was Kopaczynski da von sich gibt, ist ziemlich schwach
der grund der politikverdrossenheit ist somit erklärt. es sind immer wieder leute, die sich bemüssigt fühlen in die politik zu gehen, die offenbar von nichts eine ahnung haben, ungebildet bis zum geht nicht mehr und gegen alles wetternd, dann grossartig sich selbst als alternative anbieten ohne zu merken, dass sie noch amateurhafter sind als alle anderen zuvor, glauben aber super professionell zu sein. vielleicht sollte man castings veranstalten, wo dann ein dieter bohlen der politik den kanditaten sagt wie shei..e ihre vorstellung gerade war, damit sie vielleicht endlich verstehen, dass sie nix verstanden haben. doch dann wären sie ja schon so weise wie sokrates. haben sie von dem schon mal gehört ? herr, wie war das ? kopaczynski ?
Das Interview bringt die Probleme und Standpunkte ganz gut rüber und zeigt die Schwierigkeit des Themas. Solche Diskussionen hätte es schon viel früher geben müssen, aber einerseits wurden die Piraten stets ignoriert, andererseits arbeiten diese auch ihre Kernthemen (Urheberrecht, Privatsphäre und Patentrecht) schlecht aus.
Patryk hat ziemlich "schaumgebremst" argumentiert. Ich hätte gerne 2 Fragen gestellt:
1. Wie kann es sein, dass die Künstlerin so wenig Geld von den Verwertern erhält - wo diese doch trotz Wirschaftskrise und Internet die höchsten Einnahmen aller Zeiten lukriieren (wie auch schon in den letzten Jahren)?
2. Wie weit soll der gesetzliche Berufsschutz für Künstler denn gehen? Wenn der Bäcker keine Semmeln mehr verkauft, weil der Billa nebenan die Fertigmischung aus China aufheizt und die Leute dort kaufen, wird er sich beim AMS melden müssen. So wie so ziemlich jeder andere Berufstätige. Sind Künstler mehr Wert als andere Menschen? Wie ist das im Einklang zu bringen mit der Tatsache, das intellektuell niedrig stehende Kunstwerke von Ballermann-Musikern Millioneneinnahmen aus gesetzlichen Förderungen(!) bringen, Qualität hingegen nicht bezahlt wird?
Clara schreibt, dass sie auch einen "normalen Job" hat - normal heißt hier wahrscheinlich freie Dienstnehmerin, also ein prekäres nicht-Dienstverhältnis. Hier stellt sich die Frage: Was passiert am Arbeitsmarkt? Gibt es die Möglichkeit ordentliche Stellen für Musiker zu schaffen? Oder gibt es zu viele Musiker am Markt?
Der derzeit eingeschlagene Weg der totalen Überwachung jeglicher Kommunikation ist sicher nicht die Lösung.
"Sind Künstler mehr wert als andere Menschen" ist wohl eine gänzlich unangebrachte Frage angesichts der Tatsache, dass die Piraten die Künstler bzw. Urheber nicht nur frech bestehlen, sondern sie darüber hinaus auch noch enteignet und entrechtet sehen wollen. Es geht hier überhaupt nich um "Berufsschutz", sondern darum, dass die Piratenparte der politische Arm jener kollektiven Plünderung ist, die parasitär eine Branche erheblich schädigt.
@1) gute Frage!
@2) hinken und so, gell?!
Der Bäcker wird seine Semmeln auch nicht gratis hergeben wollen, denn dann ist seine Existenzgrundlage dahin. Was dass mit dem Musikerdasein zu tun hat? - Ich habe keine Ahnung, der Vergleich riecht für mich nach reinem Populismus.
Und Ballermann???? - k.A. was der hier soll
Mein Papa hat als Jugendlicher wochenlang gespart um sich eine neue Schallplatte kaufen zu können... Ich hab mein Taschengeld vorwiegend In CDs investiert, weil mir Musik wichtig war; warum muss das plötzlich jedem gratis zur Verfügung stehen? Wem Musik nix Wert ist, der soll Radio hören...
Man kann das ja schön zusammenfassen. Es werden Verbindungsdaten, keine Inhalte gespeichert.
Telefon
- beide Rufnummern, sowie Datum und Länge der Anrufe
Internet
- wann man sich ins Internet ein- und auswählt
- KEINE aufgerufenen Webseiten, d.h. auch nicht gmx, gmail, etc.
E-Mail
- Absender- und Empfänger-Adresse, sowie Zeitstempel, SOFERN die Adresse bei einem österreichischen Provider ist (z.B. @aon.AT, @chello.AT).
Guter Ausweg: eigene Domain kaufen, z.B. bei einem deutschen Anbieter (wo die Vorratsdatenspeicherung vorerst gekippt wurde). Dann hat man um zwei Euro im Monat Webspace und eine Wunschadresse: xy@wunschname.de/com/net/...
nun, ich bin jemand der downloadet - und zwar dann wenn ich mir eine Platte kaufe und kein MP3 Code dabei ist.
mit der Argumentation die Festplattenabgabe als Solidarabgage wie die Krankenversicherung zu sehen, seh ich allerdings als kontraproduktiv für die Künstler an - schließlich ist die Solidarabgabe der Grund, warum das Gesundheitssystem zu keinen (bzw. sehr geringen) Kosten in Anspruch genommen wird. Deshalb: entweder ein Solidarsystem im Kulturbereich (sehr schwer zu verwirklichen) und ergo auch eine Festplattenabgabe oder man zahlt für den einzelnen download. Beides zusammen ist m.E. sehr schwer argumentierbar.
Kein Musiker verdient sein Geld mit dem verkauf von Alben oder Singles sondern sie gehen auf Tour...
Nur das bringt das dicke Geld herein...
Diese ganze Diskussion ist fürn Arsch.
Genauso mit diesem "geistiges Eigentum" quatsch, wenn ich was downloade und es jemandem zeige hab ich noch nie behauptet es sei meins..
Ein guter kumpel (ebenfalls ein musiker) sagt: "Wenn songs runtergeladen werden ist das die beste Werbung für die Band und bringt höhere Besucherzahlen bei den Gigs..."!
Wenn nun diese ach so bekannte Tussi es nicht fertig bekommt auf Tour zu gehn, trifft wohl Leute wie mich keinerlei Schuld würde ich behaupten...
Also zuerst denken dann reden...
Solong
Michl
Glaubst du, dass jede Band Ihre Songs selbst schreibt? Was ist mit denen, die im Studio die Songs produzieren und nicht auf Tour gehen?
Der Forums-Thread ist wieder online - und der Bundesvorstand der PPÖ wird offenbar nervös, wenn eine Landeorganisation endlich politisch arbeiten will und nicht nur im Mumble nächtelang über eine höchst unzureichende Parteistruktur diskutiert.
danke für den hinweis, habe vermerkt, dass die diskussion wieder online ist!