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Hörsaalbesetzung? Nein, danke!

Zwei neue Studien zeigen: Viele Studierende haben andere Anliegen als die Audimaxisten

Sie sitzen von der Früh bis in die Nacht in überfüllten Hörsälen, ihr Studium ist furchtbar verschult, obwohl sie so gerne frei und selbstbestimmt lernen würden. Und ihr größtes Anliegen ist nicht die Berufsausbildung, sondern die Fähigkeit zum kritischen Denken. Dieses Bild entsteht von den Studierenden, zumindest wenn man die Forderungen und Transparente der Audimaxisten liest. Darauf Slogans wie wenn ich groß bin, werde ich Humankapital oder reiche Eltern für alle. Doch spiegeln diese Sprüche die echten Sorgen der Studierenden wider?

Zwei neue Studien geben Einblick in die Welt der Nachwuchsakademiker – und sie zeigen, dass Hardcore-Audimaxisten und Mainstream-Studenten vieles trennt. Die eine Befragung heißt Studierenden Sozialerhebung, im Auftrag des Wissenschaftsministeriums führte sie das Institut für Höhere Studien durch; die andere Studie befragte 1755 Grazer Universitätsstudenten im Auftrag der ÖH und liegt dem Falter noch vor ihrer Veröffentlichung vor.

Wenn auf den Plakaten der Audimaxisten Bildung statt Ausbildung steht, so wird das viele Studierende vor den Kopf stoßen. Natürlich wollen junge Menschen an der Uni lernen, Dingen kritisch auf den Grund zu gehen, aber sie wollen auch das Handwerk für die Arbeitswelt mitbekommen. Das zeigt die Sozialerhebung, bei der Studierende der Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen befragt wurden. Jeder dritte wünscht sich vor allem eine Berufsausbildung. Freilich gibt es auch jene, die in erster Linie aus Interesse am Fach und wissenschaftlicher Neugier studieren. Mit 15 Prozent ist diese Gruppe aber wesentlich kleiner – häufig sind es die üblichen Verdächtigen, zum Beispiel Studierende der Geistes- und Kulturwissenschaften.

Ist den Studierenden Reflexion und Wissenschaft somit egal? Nein, das zeigt wiederum die Grazer Befragung ganz deutlich. Dort kamen nur Uni-Studenten zu Wort und sprachen sich ganz vehement für eigenständiges Denken im Studium aus. Aber auch hier zeigt eine Mehrheit, dass sie ebenfalls spezifische Berufskenntnisse im Studium erlernen will. Der Trend der letzten Jahrzehnte zeigt: Immer mehr Studierende wünschen sich ein Studium, das auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Das beweist auch die Beliebtheit der Fachhochschulen. In Österreich gibt es mehr als 300.000 Studenten, jeder zehnte ist an der FH inskribiert. Tatsächlich würden noch viel mehr Maturanten eine FH besuchen, gäbe es dort mehr Studienplätze.

Nicht alle Studierenden müssen leiden. Insgesamt ist die Zufriedenheit sogar überraschend groß. Mehr als die Hälfte der österreichischen Studenten gibt an, mit der Vielfalt des Lehrveranstaltungsangebots zufrieden oder sogar sehr zufrieden zu sein. Der Hintergrund: Nicht jeder studiert in so überlaufenen Fächern wie Publizistik oder Psychologie. Viele lassen sich auch nicht von den schlechten Bedingungen unterkriegen.

Dass es nämlich tatsächlich Probleme gibt, kann man aus der Statistik herauslesen: laut Sozialerhebung ist in den Massenfächern nur noch jeder Zweite mit dem Angebot zufrieden. Bei der Grazer Studie gaben zwei Drittel aller Universitätsstudenten an, in überfüllten Lehrveranstaltungen zu sitzen.

Die Studenten befürworten den Protest, das weist die Umfrage aus Graz nach. Sie ist das bisher beste Stimmungsbarometer zum Audimaxismus: Fast 80 Prozent der Studierenden finden den Protest gerechtfertigt. Jeder Dritte bezeichnet ihn als völlig gerechtfertigt, jeweils 20 Prozent sehen ihn als gerechtfertigt oder als eher gerechtfertigt. Trotz der hohen Akzeptanz ist die Wahl der Mittel sehr umstritten. Viele Studierende sind von den Hörsaalbesetzungen weniger begeistert. Nur eine knappe Mehrheit steht hinter diesen Aktionen. Jeder Vierte lehnt sie klar ab.

Gerade die Radikalpositionen wollen viele Studierende nicht teilen. Hörsaalbesetzungen? Gefallen ihnen weniger. Zugangsbeschränkungen? Darüber kann man diskutieren. Die Audimaxisten hingegen lehnen Zugangsbeschränkungen zu 100 Prozent ab, jeder soll alles studieren dürfen, Punkt. So eng sieht das die Mehrheit der Studierenden nicht. Unter den Grazer Studenten plädiert fast die Hälfte für Zugangsbeschränkungen in manchen Fächern, 16,2 Prozent wollen sogar überall Hürden. Nur ein gutes Drittel hält weiterhin kategorisch am freien Hochschulzugang fest.

Welche Forderungen der Audimaxisten sind den Studenten und Studentinnen besonders wichtig? Am häufigsten plädieren sie für bessere Studienbedingungen, mehr Selbstbestimmung und eine faire Bezahlung für Hochschulpersonal. Der offene Zugang wird erst an fünfter Stelle genannt.

Spannend bei dieser Fragestellung: Wer Germanistik, Geschichte, Soziologie, Pädagogik oder Philosophie studiert, lehnt Zugangsbeschränkungen im Schnitt viel vehementer ab. Wer Jus oder BWL belegt, wünscht sich überdurchschnittlich oft ein Ende des freien Hochschulzugangs. Den Befürwortern der Zugangsbeschränkungen sind Aufnahmetests vor Studienbeginn am sympathischsten, weit weniger gefallen ihnen Knockout-Prüfungen nach einer Eingangsphase oder der Numerus Clausus.

Beide Studien zeigen: Die österreichischen Studierenden sehen vieles nicht so radikal wie die Besetzer im Hörsaal, sie haben teilweise andere Anliegen als die Audimaxisten. Viele studieren hauptsächlich für die Berufsausbildung, lehnen Hörsaalbesetzungen eher ab und fürchten sich nicht vor Zugangsbeschränkungen.

Gleichzeitig ist es schwierig, überhaupt noch von den österreichischen Studierenden zu sprechen, das macht die Statistik deutlich: Viel zu heterogen ist heute die Gruppe der Studierenden, von Studiengang zu Studiengang unterscheiden sich die Ansichten enorm.

Nur eines ist offensichtlich. Auch wenn die Studierenden untereinander über viele Details streiten, steht insgesamt eine überwältigende Mehrheit hinter dem Protest. Acht von zehn Studenten meinen, dass die Politik noch stärker auf die Forderungen der Audimaxisten reagieren muss. Die Grazer Befragung wollte von den Studierenden auch wissen, ob das österreichische Bildungssystem – vom Kindergarten bis zur Uni- so bleiben soll wie es ist. Das hielten nur 1,3 Prozent für eine wirklich gute Idee.




Dieser Bericht ist im Falter (Ausgabe 43/10) erschienen. Die Daten für die Diagremme stammen stammen aus dem Bericht Studierendenproteste 09/10, der von der ÖH in Auftrag gegeben und von der Forschungsgruppe IG Soziologe erstellt wurde. Foto: Flickr-User Swatchonphotos, Grafik: Andreas Wenk / Falter

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  • liebe ingrid, schön, dass es dich gibt! jede woche lese ich genussvoll deine kolumne und diesmal- ja es passt jedes wort- die nicht liker sind dieselben leute, die auch am gang nicht grüßen! klar- ja, denen fehlt es am emphatie und dass der like -knopft ist wie das lächelen des internets------ das kling wie eine wunderbare musik in den ohren- würde ich so gerne dir ein paar likes schenken! bleibe dir treu und stark wie du bist und macht deinen weg! ganz lg grüße irena

  • Vielen Dank für die ausführliche Behandlung des Themas. Damit sollten nun wirklich alle Fragen beantwortet sein.

    Ich weiß den Aufwand zu schätzen!

    Gottfried

  • 1.) Das ist natürliche eine Auslegungsmöglichkeit, eine Einzelmeinung, die von StA od. vom Ministerium völlig anders ausgelegt werden kann und durch einen "Erlass" völlig anders regeln kann.

    2.) was in Ö nicht gespeichert wird, wird oftmals im Ausland gespeichert (anderswo gibts auch die #dvs) sodass man sich halt von anderen Ländern wie D mittels Verfahrenshilfe (oder CD-Ankauf) die Infos holt.

    3.) auch bei nicht-schweren Straftaten oder Nicht-Straftaten stellt man einfach einen fingierten oder übertriebenen "Verdacht" in den Raum, sodass man die Daten auch Unschuldiger (oftmals Dissidenten bzw. Andersdenkender) auswertet. Das ist ein ur-, ur-alter Schmäh in der Juristerei.

  • Hast mein volles Mitgefühl.
    So war es für mich als man (Verbrecher) mein Rad klauten

  • ich finde es sehr schön den herrn piraten mit seinem eigenen businessmodell zu konfrontieren. das will er dann auch nicht: wie ein künstler bezahlt werden.
    ich kann ihm auch nur raten, einmal flattr auszuprobieren. wenn er sich davon ein bier im halbjahr leisten kann, hat er glück.
    so sehr ich gegen panikmache und kriminalisierungen bin, die lösungen der piraten sind nicht im geringsten tauglich.

  • Der Pirat ist völlig vernebelt mit seinem "huuuuuh, Interneeeet! Und Flattr-Cents & CC retten uns alle" und Clara Luzia pocht (mir) zu sehr auf "Wenn du Musik hören willst, zahl dafür".

    Erst einmal, was ist das für ein Ansatz "wovon sollen professionelle Musiker leben?".
    Ist man nicht dann erst professionell, WENN man davon lebt?
    Was soll dieses Berufsmusikertumdingens-ho​chgehalte? Wenn man davon leben kann, ist es großartig, aber wenn nicht, muss man sich halt tatsächlich andere Wege suchen, "an das Geld der Fans zu kommen"; sei es Merchandise oder besondere nichtdigitale Extras beim Album oder besondere Livequalitäten/"eine gute Show" oder sich reicherem, (älterem?) Publikum anbiedern oder oder.
    Oder man ist halt nicht "Berufsmusiker" und muss sich wie viele andere Künstler aus anderen Bereichen mit Nebenerwerben oder Auftragsarbeiten durchschlagen.
    Das kann einfach nicht mehr Rückgängig gemacht werden.
    Es "wird" doch heutzutage nicht ernsthaft jemand MusikerIn, im Glauben, vom Verkauf von Alben leben zu können..?

    Es ist schade, dass Musik oft nicht gewertschätzt wird, DAS sollte sich tatsächlich ändern. Aber in einer Zeit, wo jede_r, der Musik machen will und ein paar hundert Euro in einen PC/Instrumente investieren kann, auch Musik machen kann, ist jammern auch das falsche. Der Kuchen ist ja gleich groß, bzw. kleiner - er wird aber in viiiiiel mehr kleine Stücke geteilt.

    (Und einer der erfolgreichsten Acts des Landes zu sein, reicht heutzutage natürlich nicht aus, wenn dieses Land die Größe von Österreich hat man und außerhalb des FM4-Universums wenig Aufmerksakeit bekommt...ich weiß ja nicht mehr genau, wie es "vor dem Internet" war, aber ich behaupte mal, dass es vor 20 Jahren nicht so viele österreichische Acts gab, die außerhalb der Landesgrenzen Beachtung bekamen..?)

    • stimmt, doch das mit den paar hundert euro stimmt überhaupt nicht, klar kannst Du musik machen mit billigsdorfer ausrüstung, doch das klingt dann eben jämmerlich, noch ist es nicht möglich nur annähernd den sound zu schaffen, der in millionenteuren studios produziert wird. eine akustische gitarre die wirklich gut klingt kostet minimum 3000 euro. eine komplette adäquat klingende CD mit 11 songs kostet an die 40 000 Euro. marketing ist da noch keines dabei und don't forget wer bezahlt die musiker, techniker und co., als einzelindividuum kannst Du vieles selber erreichen, doch es ist ein unterschied ob Du dich auskennst mit soundtechnik oder dies als beruf ausübst, ergo wird die qualität der musik vorerst rapide zurückgehen. wirklich begabte musiker werden zu beginn das handtuch werfen, denn wer will sich das ganze noch geben, es wurde durch die gratismentalität noch schwieriger sich gegen konzerne und gaballiers als auch ötzis durchzusetzen, denn nur wer das geld hat kann sich qualität leisten, der rest kann bleiben wo der pfeffer wächst und wer wirklich eine ahnung hat von der materie wird sich nicht die blösse geben ein home recording konstrukt anzubieten, geschweige denn dass man sich das selber anhören will, klingt eben shei....e, und die , die das gegenteil behaupten, kennen sich eben nicht aus, es gibt ja auch bei castingshows leute, die denken superstars zu sein und verstehen die welt nicht mehr wenn sie zur sau gemacht werden. dennoch hast Du gute ansätze in Deinem posting, lg

      • mein hobby kostet bisher auch leicht 20.000,- ich nenne mich deshalb aber nicht profesioneller radrennfahrer und jammere über die geringen preisgelder bzw mangelnde sponsoringverträge...

        • nicht alles was hinkt....
          Dass dein Hobby dich eine gewisse Menge Geld gekostet hat, ist zwar schön, hat aber nicht das geringste mit dem Thema zu tun. Die Begriffe "Professionalisierung" und "erfolgreich" sind im Gegensatz zu dir als Rennradfahrer von aussen zugeschriebene und hinsichtilch Marktdurchdringung und kultureller Identität legitime Begriffe. Wenn du Rennrad fährst, interessiert das abgesehen von deinen Angehörigen wahrscheinlich niemanden, wenn CL´s Album ins Netz gestellt wir, werden 10.000 Downloads getätigt. You see??

  • Interessantes Interview der liebe Herr Kopaczynski argumentiert mMn sehr schwach - kann auch sein dass da Argumentationslücken der Piraten widergespiegelt werden.

    Was mir fehlt ist allerdings die Diskussion über Vertriebswege/modelle von Musik per se z.B. Frage an C.L. "Wieviel Geld bekommst Du raus beim Albumverkauf um €10?"

  • Als Urheber meine ich mittlerweile: Jeder Generation das Recht auf Utopie. Unverständlich ist allerdings, dass die Piraten bislang nicht in der Lage sind, den §42 des Urheberrechts sinnerfassend zu lesen. Das Recht auf Privatkopie existiert seit den sechziger Jahren!

    Eindeutig NICHT privat ist natürlich, wenn man ein geschütztes Werk (dessen Veröffentlichungsrecht man nicht hat) ins web stellt und so einen schwarzen Gratis-Vertriebskanal zu geschätzten 2 Milliarden potenzieller Konsumenten eröffnet. Das sollte auch jedem Teenager einleuchten. Und wenn nicht, sind die Erziehungsberechtigten gefordert. Man lässt Kinder ja auch nicht die Autobahn überqueren.

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