Die Wachhunde der Wachhunde
Das Blog Kobuk.at ahndet die Verfehlungen der österreichischen Medien. Wie im Web unseriöser Journalismus auffliegt
Es war eine ganz normale Titelzeile der Krone. In fetten Lettern stand da: „Spesen-Explosion im EU-Parlament!“ Gleich daneben hieß es: „167 Prozent mehr für die eigene Propaganda“. Wer dann die Seite drei aufschlug, wurde über die „hemmungslosen“ Abgeordneten in Straßburg informiert, die zwar das Sparen „predigen“, aber selbst nach „unserem Geld“ greifen. Der Artikel behauptete, dass die EU nun viel mehr Mittel für Stiftungen von Parteien ausgebe.Von 4,3 Millionen Euro im Jahr 2008 sei die Summe auf 11,4 Millionen im Jahr 2011 gestiegen. Ein gefundenes Fressen für die EU-kritische Kronen Zeitung. Einziges Problem an diesen Zahlen: Sie sind falsch.
Ein Blog hat nachrecherchiert. Die Statistik aus dem Jahr 2008 beginnt erst ab dem Monat September, das heißt, die Kronen Zeitung vergleicht die letzten vier Monate von 2008 mit den Gesamtausgaben für 2011 und regt sich dann über eine „Spesenexplosion“ auf. Vielleicht wäre diese Art des Meinungsjournalismus niemals aufgeflogen – wäre da nicht das Weblog Kobuk.at. Es griff im heurigen Frühjahr die Geschichte auf und wies der einflussreichsten Zeitung Österreichs diesen Fehler nach.
Seit einem halben Jahr gibt es Kobuk. Es ist ein weiteres Beispiel dafür, wie das Web zum Wachhund der Wachhunde wird. „Wir sind ein Watchblog, also ein Metamedium, das Medien kontrolliert“, sagt Helge Fahrnberger, der die Seite gegründet hat. Er startete im Frühling eine Lehrveranstaltung am Wiener Publizistikinstitut und ahndet seither mit Studierenden journalistische Fehltritte. Auch Gastautoren veröffentlichen immer wieder ihre Medienkritik auf der Seite.
Neu ist die Idee nicht, in Deutschland gibt es schon seit 2004 das berüchtigte Bildblog. Das Onlinemedium wurde mit etlichen Preisen für seine kritische Medienberichterstattung ausgezeichnet. Alle deutschen Medien müssen heute damit rechnen, ihre Fehler dort nachlesen zu können.
„Eine derartige Kontrolle gibt es leider in Österreich nicht“, meint Fahrnberger, „dabei bräuchten wir sie ganz besonders.“ Er würde sich nicht anmaßen, seine Seite mit dem Bildblog zu vergleichen. „Wir sind Amateure“, gibt er zu.
Während beim Bildblog Medienjournalisten arbeiten, besteht die Kobuk-Redaktion aus Studierenden, Bloggern und Gastautoren. „Wir haben nicht die Möglichkeit, nach professionellen journalistischen Kriterien eine breite Basiskontrolle aller österreichischen Medien anzubieten“, sagt Fahrnberger. Aber zumindest ein bisschen mehr Kontrolle ist nun möglich
Kobuk ist ein zutiefst österreichisches Projekt – das zeigt schon der Name. Der stammt von der Schauspiellegende Helmut Qualtinger, 1951 erlaubte sich dieser einen Scherz mit der heimischen Presse. Er erfand den fiktiven grönländischen Schriftsteller Kobuk und informierte die Zeitungen über dessen bevorstehenden Besuch. Als dann etliche Reporter und Fotografen am Wiener Westbahnhof standen, um den weltbekannten Schriftsteller Kobuk zu empfangen, stieg Qualtinger im Pelzmantel aus dem Zug. Auf die Frage, wie es ihm in Wien gefalle, antwortete er dann wienerisch: „Haas is!“
Fahrnberger muss schmunzeln, wenn er diese Geschichte erzählt. Sie zeigt, wie fahrlässig Medien vorgehen. Viel hat sich seit Qualtingers Zeiten anscheinend nicht geändert.
Oft sind es nur kleine Hoppalas, die auf Kobuk auffliegen. Einmal beruft sich die Gratiszeitung Heute auf eine „aktuelle Uni-Studie“, die in Wirklichkeit aus der Presseabteilung eines großen Softwarekonzerns stammt. Ein anderes Mal erscheint in den Salzburger Nachrichten eine gänzlich falsche Europakarte, die sich wohl ein Grafiker aus dem Netz gefischt hat.
Selbst diese kleinen Peinlichkeiten sagen viel über den Zustand der heimischen Redaktionen aus. Dort fehlen Zeit, Geld und professionelles Personal, und so werden Bilder aus dem Netz geklaut oder halbrichtige Informationen kurzerhand abgeschrieben. Für diese Erkenntnis bräuchte man nicht unbedingt ein Blog. Es kann aber auch nicht schaden, wenn mehr Menschen darauf achten, welcher Kobuk ihnen jeden Tag in der Zeitung präsentiert wird.
Dieser Bericht ist im Falter 40/10 erschienen. Das obige Bild warnt vor unseriösem Journalismus. Auch auf schlecht recherchierten Artikeln sollten Warnhinweise angebracht werden, fand der Brite Tom Scott und entwarf ein paar Warnetiketten. Diese wurden mittlerweile vom österreichischen Blogger Robert Harm ins Deutsche übersetzt. Hier kann man die Etiketten herunterladen, auf klebendes Papier ausdrucken und dann selbst zum strengen Kontrolleur papierenen Unsinns werden. (Foto: Reini Hackl)
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liebe ingrid, schön, dass es dich gibt! jede woche lese ich genussvoll deine kolumne und diesmal- ja es passt jedes wort- die nicht liker sind dieselben leute, die auch am gang nicht grüßen! klar- ja, denen fehlt es am emphatie und dass der like -knopft ist wie das lächelen des internets------ das kling wie eine wunderbare musik in den ohren- würde ich so gerne dir ein paar likes schenken! bleibe dir treu und stark wie du bist und macht deinen weg! ganz lg grüße irena
Vielen Dank für die ausführliche Behandlung des Themas. Damit sollten nun wirklich alle Fragen beantwortet sein.
Ich weiß den Aufwand zu schätzen!
Gottfried
1.) Das ist natürliche eine Auslegungsmöglichkeit, eine Einzelmeinung, die von StA od. vom Ministerium völlig anders ausgelegt werden kann und durch einen "Erlass" völlig anders regeln kann.
2.) was in Ö nicht gespeichert wird, wird oftmals im Ausland gespeichert (anderswo gibts auch die #dvs) sodass man sich halt von anderen Ländern wie D mittels Verfahrenshilfe (oder CD-Ankauf) die Infos holt.
3.) auch bei nicht-schweren Straftaten oder Nicht-Straftaten stellt man einfach einen fingierten oder übertriebenen "Verdacht" in den Raum, sodass man die Daten auch Unschuldiger (oftmals Dissidenten bzw. Andersdenkender) auswertet. Das ist ein ur-, ur-alter Schmäh in der Juristerei.
alles spacken hier
Hast mein volles Mitgefühl.
So war es für mich als man (Verbrecher) mein Rad klauten
ich finde es sehr schön den herrn piraten mit seinem eigenen businessmodell zu konfrontieren. das will er dann auch nicht: wie ein künstler bezahlt werden.
ich kann ihm auch nur raten, einmal flattr auszuprobieren. wenn er sich davon ein bier im halbjahr leisten kann, hat er glück.
so sehr ich gegen panikmache und kriminalisierungen bin, die lösungen der piraten sind nicht im geringsten tauglich.
Lesen Sie: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,828246,00.html
Der Pirat ist völlig vernebelt mit seinem "huuuuuh, Interneeeet! Und Flattr-Cents & CC retten uns alle" und Clara Luzia pocht (mir) zu sehr auf "Wenn du Musik hören willst, zahl dafür".
Erst einmal, was ist das für ein Ansatz "wovon sollen professionelle Musiker leben?".
Ist man nicht dann erst professionell, WENN man davon lebt?
Was soll dieses Berufsmusikertumdingens-hochgehalte? Wenn man davon leben kann, ist es großartig, aber wenn nicht, muss man sich halt tatsächlich andere Wege suchen, "an das Geld der Fans zu kommen"; sei es Merchandise oder besondere nichtdigitale Extras beim Album oder besondere Livequalitäten/"eine gute Show" oder sich reicherem, (älterem?) Publikum anbiedern oder oder.
Oder man ist halt nicht "Berufsmusiker" und muss sich wie viele andere Künstler aus anderen Bereichen mit Nebenerwerben oder Auftragsarbeiten durchschlagen.
Das kann einfach nicht mehr Rückgängig gemacht werden.
Es "wird" doch heutzutage nicht ernsthaft jemand MusikerIn, im Glauben, vom Verkauf von Alben leben zu können..?
Es ist schade, dass Musik oft nicht gewertschätzt wird, DAS sollte sich tatsächlich ändern. Aber in einer Zeit, wo jede_r, der Musik machen will und ein paar hundert Euro in einen PC/Instrumente investieren kann, auch Musik machen kann, ist jammern auch das falsche. Der Kuchen ist ja gleich groß, bzw. kleiner - er wird aber in viiiiiel mehr kleine Stücke geteilt.
(Und einer der erfolgreichsten Acts des Landes zu sein, reicht heutzutage natürlich nicht aus, wenn dieses Land die Größe von Österreich hat man und außerhalb des FM4-Universums wenig Aufmerksakeit bekommt...ich weiß ja nicht mehr genau, wie es "vor dem Internet" war, aber ich behaupte mal, dass es vor 20 Jahren nicht so viele österreichische Acts gab, die außerhalb der Landesgrenzen Beachtung bekamen..?)
stimmt, doch das mit den paar hundert euro stimmt überhaupt nicht, klar kannst Du musik machen mit billigsdorfer ausrüstung, doch das klingt dann eben jämmerlich, noch ist es nicht möglich nur annähernd den sound zu schaffen, der in millionenteuren studios produziert wird. eine akustische gitarre die wirklich gut klingt kostet minimum 3000 euro. eine komplette adäquat klingende CD mit 11 songs kostet an die 40 000 Euro. marketing ist da noch keines dabei und don't forget wer bezahlt die musiker, techniker und co., als einzelindividuum kannst Du vieles selber erreichen, doch es ist ein unterschied ob Du dich auskennst mit soundtechnik oder dies als beruf ausübst, ergo wird die qualität der musik vorerst rapide zurückgehen. wirklich begabte musiker werden zu beginn das handtuch werfen, denn wer will sich das ganze noch geben, es wurde durch die gratismentalität noch schwieriger sich gegen konzerne und gaballiers als auch ötzis durchzusetzen, denn nur wer das geld hat kann sich qualität leisten, der rest kann bleiben wo der pfeffer wächst und wer wirklich eine ahnung hat von der materie wird sich nicht die blösse geben ein home recording konstrukt anzubieten, geschweige denn dass man sich das selber anhören will, klingt eben shei....e, und die , die das gegenteil behaupten, kennen sich eben nicht aus, es gibt ja auch bei castingshows leute, die denken superstars zu sein und verstehen die welt nicht mehr wenn sie zur sau gemacht werden. dennoch hast Du gute ansätze in Deinem posting, lg
mein hobby kostet bisher auch leicht 20.000,- ich nenne mich deshalb aber nicht profesioneller radrennfahrer und jammere über die geringen preisgelder bzw mangelnde sponsoringverträge...
nicht alles was hinkt....
Dass dein Hobby dich eine gewisse Menge Geld gekostet hat, ist zwar schön, hat aber nicht das geringste mit dem Thema zu tun. Die Begriffe "Professionalisierung" und "erfolgreich" sind im Gegensatz zu dir als Rennradfahrer von aussen zugeschriebene und hinsichtilch Marktdurchdringung und kultureller Identität legitime Begriffe. Wenn du Rennrad fährst, interessiert das abgesehen von deinen Angehörigen wahrscheinlich niemanden, wenn CL´s Album ins Netz gestellt wir, werden 10.000 Downloads getätigt. You see??
Interessantes Interview der liebe Herr Kopaczynski argumentiert mMn sehr schwach - kann auch sein dass da Argumentationslücken der Piraten widergespiegelt werden.
Was mir fehlt ist allerdings die Diskussion über Vertriebswege/modelle von Musik per se z.B. Frage an C.L. "Wieviel Geld bekommst Du raus beim Albumverkauf um €10?"
Bekannte Künstler bekommen bei iTunes z.B. etwa EUR 3,- pro Download eines Albums um EUR 10,-
3 Euro kommt mir viel vor. Laut dieser mittlerweile legendären Grafik ist's deutlich weniger, nämlich 94 cent.
http://www.informationisbeautiful.net/2010/how-much-do-music-artists-earn-online/
Als Urheber meine ich mittlerweile: Jeder Generation das Recht auf Utopie. Unverständlich ist allerdings, dass die Piraten bislang nicht in der Lage sind, den §42 des Urheberrechts sinnerfassend zu lesen. Das Recht auf Privatkopie existiert seit den sechziger Jahren!
Eindeutig NICHT privat ist natürlich, wenn man ein geschütztes Werk (dessen Veröffentlichungsrecht man nicht hat) ins web stellt und so einen schwarzen Gratis-Vertriebskanal zu geschätzten 2 Milliarden potenzieller Konsumenten eröffnet. Das sollte auch jedem Teenager einleuchten. Und wenn nicht, sind die Erziehungsberechtigten gefordert. Man lässt Kinder ja auch nicht die Autobahn überqueren.