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Apples Sklaven

PC, Laptop, iPhone: Wie viel Ausbeutung steckt in unseren schicken Computern?

Unter den Fenstern der Computerfabrik im südchinesischen Shenzhen sind Netze aufgespannt. Gelbe Netze, die Herabstürzende auffangen sollen. Junge Arbeiter sind hier aus dem Fenster gesprungen, weil sie den Tod diesem Leben vorzogen. Sie hatten zuvor in Zwölf-Stunden-Schichten gearbeitet, Überstunden gemacht, Drill und strenge Disziplinierungsmaßnahmen ertragen. Am Monatsende hatte es bei höchster Anstrengung 230 Euro gegeben.

In der chinesischen Stadt Shenzhen steht der größte Fabrikskomplex der Welt mit mehr als 300.000 Mitarbeitern. Die taiwanesische Firma Foxconn stellt hier für Apple, Dell und Hewlett Packard Computer her. Heuer brachten sich zehn Mitarbeiter in Shenzhen um und drei weitere aus anderen Foxconn-Fabriken in China. Sie sprangen in den Tod. Seither gibt es die Netze. Und internationale Aufmerksamkeit entstand, unter welchen Bedingungen Computer hergestellt werden.

Die Hightech-Branche ist zu einer Billiglohnindustrie verkommen. Die Konsumenten geben viel Geld für den schicken Laptop oder das neueste Kultprodukt der Marke Apple aus. Was aber die wenigsten wissen: In den Fabriken, die Mikrochips, Prozessoren, Tastaturen oder Touchscreens herstellen, ist die Bezahlung schlecht, die Belastung hoch, und manchmal kommt es sogar vor, dass Mitarbeiter vergiftet werden, weil sie mit toxischen Substanzen in Kontakt kommen. Unter solchen Umständen entstehen die Geräte, nach denen wir gieren und die wir stolz dem Freundeskreis präsentieren, die wir auf unseren Schreibtisch stellen oder sogar in den Urlaub mitnehmen.

Sie machen etliche Überstunden

Die Produktion findet großteils in Ländern wie China statt, wo es theoretisch zwar ein Arbeitsrecht gibt, das in der Praxis aber nicht kontrolliert wird; oder in Malaysia, wo es bisher weder einen Mindestlohn noch eine Gewerkschaft in der Elektronikbranche gibt. Das System der Computerherstellung ist darauf ausgerichtet, dass am untersten Ende, am Fließband, billige Arbeitskräfte stehen.

Die Arbeiter müssen stundenlang hochkonzentriert monotone Tätigkeiten verrichten. Trotz der starken Belastung haben sie ein miserables Einkommen. In den großen Hallen arbeiten jene, denen wenig Wahl am Arbeitsmarkt bleibt. In China sind das hauptsächlich junge Frauen vom Land, die keine Ausbildung haben; in Malaysia häufig Migranten aus Nepal, Indonesien oder Kambodscha.

Foxconn behauptet, die Selbstmorde hätten nichts mit den Arbeitsbedingungen zu tun, die Familien der Verstorbenen sehen das anders. Überstunden, Stress, Drill gehören zum Alltag. Foxconn ist exemplarisch für die Branche. Ohne Überstunden verdienen die Mitarbeiter im Monat 1200 Yuan, umgerechnet 130 Euro. Vor den Selbstmorden und den Protesten in China waren es noch 110 Euro.

Dieses Grundgehalt ist bewusst niedrig. Die Mitarbeiter machen Überstunden, um es aufzubessern. Viele Arbeiter verlassen nur selten das Fabriksgelände. Denn sie leben in den fabrikseigenen Wohnheimen, wo oft zehn Menschen in einem Zimmer schlafen, und essen die Menüs in der Kantine, um Geld zu sparen. Mit 130 Euro lässt sich auch in der teuren Stadt Shenzhen nicht wirklich leben.

„Wir sehen durchaus Verbesserungen. Aber wir sehen keine substanzielle Veränderung“, meint Debby Chan von Sacom, der Non-Profit-Organisation Students and Scholars Against Corporate Misbehavior. Chan führt regelmäßig Gespräche mit den Menschen in den Fabriken durch. Auch nach der Gehaltserhöhung klagen sie über die Arbeitsbelastung und den Drill. Auf dem Fabriksgelände dürfen Arbeiter nur in Zweierreihen marschieren. Drei Menschen nebeneinander sind verboten. In manchen Produktionsbereichen, so wird berichtet, gibt es vorgeschriebene Zeiten, wann man auf die Toilette gehen darf. Normalerweise haben die Arbeiter alle zwei Stunden eine Zehn-Minuten-Pause. Wenn die Produktion aber im Rückstand ist, wird diese mitunter gestrichen.

47 vergiftete Mitarbeiter

Es wäre jedoch unfair, Foxconn als schwarzes Schaf der Branche darzustellen. Die Computerindustrie hat sich insgesamt gewandelt. In den 80er-Jahren produzierten Konzerne wie IBM noch unter ihrem eigenen Dach. Schritt für Schritt wanderte die Produktion dann in den ärmeren Süden oder den ärmeren Osten. Von den USA nach Mexiko, von West- nach Osteuropa. Nach der New-Economy-Pleite zu Beginn der Nullerjahre verlagerten sich die Produktionsstätten vermehrt nach Asien. Dort haben Firmen wie Foxconn aus Taiwan, Flextronics aus Singapur oder Jabil aus den USA ihre Fabriken errichtet. Jedes zweite Notebook kommt heute aus China, viele Festplatten aus Thailand, viele Computerchips aus Malaysia.

Wer die Laptops und PCs am billigsten herstellt, bekommt die Aufträge der großen Elektronikmarken. „Hightech-Sweatshops“ nennt Sarah Bormann von der deutschen Organisation WEED das.

Der Name täuscht. Sweatshops werden oft für überfüllte, dunkle, dreckige Fabrikshallen gehalten. Das ist in der IT-Branche nicht so, hier muss es auch aus Qualitätsgründen sauber sein. In den großen Hallen schaut es deswegen gepflegt aus. „Auf den ersten Blick sieht man keinen Unterschied zu den Firmen in Industrieländern“, meint auch Bormann, die einige Standorte besucht hat.

In den Hightech-Sweatshops müssen keine Menschen verhungern, weil sie sich nicht einmal das tägliche Brot leisten können. Hier wird niemand gezwungen, am Fließband zu stehen. Das Problem ist vielmehr, dass die Arbeiter an den Rand ihres Leistungsvermögens gebracht werden. Woche für Woche machen sie bis zur Erschöpfung Überstunden, weil die Bezahlung so schlecht ist. Die unabhängigen Beobachter hören immer dieselben Klagen von Mitarbeitern, die stundenlang am Fließband stehen: „Ich arbeite wie eine Maschine und mein Gehirn ist eingerostet“; „ich fühle mich leer“; „das Leben ist bedeutungslos“. Es hat einen Grund, warum es in Europa strenge Auflagen zur Fabriksarbeit gibt.

Körperliche und geistige Erschöpfung ist nicht die einzige Schattenseite. Bei der Herstellung eines Computers werden toxische Substanzen verwendet. Im Vorjahr musste die Firma Wintek eingestehen, dass 47 chinesische Mitarbeiter vergiftet wurden. Sie hatten die Bildschirme des iPhone mit der giftigen Substanz N-Hexan gereinigt. Es verursacht Nervenschäden. Viele Arbeiter fühlten, wie die Kraft aus ihren Beinen wich, sie das Gefühl in den Fingern verloren. Sacom berichtet sogar von einem Mitarbeiter, der neun Monate im Krankenhaus lag.

So reagierte Apple bisher

„Von Apple kam bis heute keine Reaktion“, sagt Debby Chan. Für sie ist der Konzern aus Kalifornien ein wahres Feindbild. „Die allerwenigsten Rückmeldungen kommen von Apple“, sagt sie. Als die Selbstmorde in Shenzhen bekannt wurden, sprang Firmenboss Steve Jobs sogar Foxconn zur Seite. Man würde sich die Arbeitsbedingungen zwar gründlich ansehen, eines sei aber sicher: „Foxconn ist kein Sweatshop.“ Und dann relativierte er die Bedeutung der Suizidserie, indem er darauf verwies, dass rein statistisch sogar die USA eine höhere Selbstmordrate hätten.

Das Dilemma daran: Auch andere Firmen lassen ihre Geräte bei Foxconn, Wintek und Co herstellen. „Ich kann keine Kaufempfehlung aussprechen“, sagt Sarah Bormann von Weed. Anders als bei Kleidung oder Nahrungsmitteln gibt es noch keinen Computer, von dem sich behaupten ließe, er sei fair produziert worden. Meist ist nicht einmal nachvollziehbar, aus welchen Fabriken die tausend Einzelteile der Hightech-Geräte kommen. Über dieses Thema reden die Markenfirmen nicht so gern.

Damit machen es sich die Companys aber zu einfach. Denn Firmen wie Dell, Apple und Hewlett Packard kaufen längst nicht nur Einzelteile ein. Mittlerweile lagern sie den gesamten Produktionsprozess aus. Das Design mag dann noch von diesen Firmen stammen, die gesamte Herstellung, von der ersten Lötung bis zur letzten Schraube, findet bei sogenannten „Kontraktfertigern“ statt. Die liefern 100.000 verkaufsfertige Laptops oder Tablet-PCs nach Europa. Deswegen steht zum Beispiel auf der Rückseite des iPhone in winzigen Buchstaben: „Designed by Apple in California. Assembled in China.“

Rein rechtlich ist Foxconn nur ein Geschäftspartner von Apple. De facto ist das Unternehmen aber der wirkliche Produzent des iPhone. Wenn wir in Europa besonders viele Apple-Handys bestellen, heißt das, dass im Werk in Shenzhen besonders viele Überstunden geschoben werden müssen.

Die Arbeiter wehren sich

So funktioniert der globale Handel heutzutage, in der Kleidungsbranche ist das längst bekannt. Nur von der IT-Branche hatten bisher viele keine Ahnung. „Ihr sauberes Image bröckelt“, sagt Sarah Bormann.

Die Selbstmorde haben in China eine Streikwelle ausgelöst. Foxconn hat daraufhin die Löhne angehoben. Bedeutsam sind diese Proteste aber, weil die chinesischen Arbeiter endlich ihre Stimme erhoben haben. In einem Land, wo es keine unabhängigen Gewerkschaften und Arbeitnehmerschutz nur auf dem Papier gibt, braucht es Druck von innen. Ebenso in Malaysia, wo derzeit eine Gewerkschaft für den Computersektor entsteht.

Damit sich in der Branche wirklich etwas ändert, muss aber auch Druck von außen kommen. Deswegen wurde die europäische Kampagne „Procure IT Fair“ gestartet. Sie will öffentliche Einrichtungen dazu motivieren, mehr Verantwortung von den Computerfirmen einzufordern. Der einzelne Konsument ist machtlos. Aber wenn Ministerien, Universitäten und Kommunen ihre Computer auch nach sozialen Kriterien wählen, steigt der Druck auf die Hersteller. Derzeit läuft Apple zum Beispiel Gefahr, zum Buhmann der Branche zu werden.

Es ist aber sicherlich noch ein langer Weg, bis der erste vollkommen fair produzierte PC vom Band läuft. In der Zwischenzeit hängen noch die gelben Netze vor der Fabrik in Shenzhen.





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Online-Petition

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Die europäische Kampagne „Procure IT Fair“ will auf die unfairen Arbeitsbedingungen in den IT-Fabriken hinweisen und öffentliche Einrichtungen auffordern, Druck auf die Hersteller auszuüben. Zu den Organisatoren der Kampagne zählen NGOs wie Weed aus Deutschland oder Südwind aus Österreich. Infos und eine Unterschriftenliste gibt es zum Beispiel unter www.clean-it.at


Dieser Bericht ist im Falter Falter 32/10 erschienen. Bild: Sacom

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  • Klarnamen sollten gerade in diesen Zeiten, in denen bekannt wurde wie sehr die Staaten den Bürger fürchten, absolut nicht in Frage kommen. Solange das Internet völlig abgeschöpft wird ist das nur demokratiefeindlich.

    Meine Theorie ist ja, dass die Kommentare sich nur dem Journalistenstandard im Jahre 2013 anpassen. In den meisten Artikeln geht es auch nur noch um Fertigmachen und Lügen verbreiten.
    Es sind auch nicht nur die Hasspostings, die meisten Kommentare kann man sowieso in die Tonne treten, weil sich nur irgendwer wichtig machen möchte. Lesen Sie mal einen paar Kommentare unter einem Artikel über eine Fernsehsendung, da stehen garantiert fünf "Ich habe ja keinen Fernseher mehr" Postings, die keinem weiterhelfen, außer dass der Poster sich jetzt für elitär hält.

  • Die Kommentarspalten der meisten größeren Onlinemedien, die ich so besuche, sind für mich mehr Freakshow als Diskussionsplattform, also etwas, was man sich anschaut, wenn man eine leicht masochistische Lust hat auf Realsatire hat.
    Sie werden regiert von Kreischern, Trollen und deren Strohmännern und sonstigen Scheinargumenten, bis hin zu offenem Hass. Natürlich gibt es auch den einen oder anderen sinnvollen oder konstruktiven Beitrag, diese gehen aber meist unter im Meer derer, die sich gegenseitg hochschaukeln.

    Ich kann auch nachvollziehen, dass viele Medien ihr Klickvieh nicht vergraulen wollen, und daher ganz bewusst lieber zu wenig also zu viel moderieren, oder 'zensieren', wie gerade die Lautschreiber nicht müde werden zu betonen. Es gibt genug Kommentare die auf "dieser Kommentar kommt eh nicht durch die Zensur" o.ä. enden, weil die Leute genau wissen, was das sie da für einen Stuss verzapft haben und präventiv die Zensur-Karte ausspielen.

    Spannend wäre einfach zu wissen, wie viele sich entnervt von der Schlammschlacht abwenden, weil es ihnen -so wie mir- einfach zu blöd ist.
    Man könnte einen "Ich hätte ja was zu sagen, aber..."-Button einführen...

    • Sehr schön formuliert! So ein Button wäre eine spannende Idee, glaube auch, dass man sich damit einige Menschen vergrault, denen das Niveau zu tief ist.

  • "Deswegen ist es falsch, den Status quo der Onlineforen zu verteidigen."

    Dafür müsste man den über einen Kamm geschorenen Internetforen einen gemeinsamen Status Quo unterstellen. Aber wie soll das denn gehen?

    Ich kann nicht einfach dahergehen und die Nachrichtenkommentare auf Yahoo.de, die ausschließlich für Werbezwecke (Klicks generieren durch einfache Kommentarfunktion) dort als Feature integriert sind mit inhaltlich hochwertigen und moderierten Sachforen vergleichen.

    Das ist ungefähr so, wie die Spiegel Leserbriefe mit dem schwarzen Brett an der Uni zu vergleichen (übrigens auch inhaltlich).

    Die Wurzel des Problems liegt m.E. ganz woanders, nämlich die frei zugängliche Kommentarfunktion zur Klickgenerierung auf verschiedensten Portalen. Diese senkt die Hemmschwelle, einen Kommentar SOFORT abzusenden, ohne ihn noch einmal gelesen und kokkrrigiiert zu haben.
    Aber darauf werden Portale nicht verzichten, denn Kommentare generieren Klicks und somit Geld.

    Ich persönlich nehme immer folgende Kategorisierung vor:
    Portale - Kommentare nicht ernst nehmen - mindestens 50% Trolls, kein Inhalt, nur Meinungen
    Foren - Mitgleiderzahl und Nutzstatistik der letzten Tage und Wochen ansehen und wenn dort dem Thema entsprechend viele Leute zu finden sind, kann man von einigermaßen Seriösität ausgehen.

    Außerdem bleibt einem ja immernoch das gute alte Ignorieren von Spackos.

  • Warum wurden nun ausgerechnet diese 3 Beispiele herrangezogen ? Warum nicht zBsp:

    "möglich, dass es keien abasicht vom bullen war. indem die bullen aber leute abschieben begehen sie ganz bewußt und mit voller absicht gewalttaten. Das ist das Schlimme. "

    oder
    " wäh...wie mich dieses land schon ankotzt...."
    (beide youtube)
    oder
    "Menschen die diese Freiheit bzw. die österr. Verfassung ablehnen, wie Sie, sind abzuschieben!"

    (die Presse.com)

    Richtig, "man sollte man dafür eintreten, dass dort mit Respekt und nicht mit Ressentiments argumentiert wird." Da wollen "WIR" mit gutem Beispiel vorran gehen!

  • was kommentare angeht habe ich schon festgestellt, das es in manchen foren wie zum beispiel beim spiegel üblich ist, das kommentare die sich kritisch zu beiträgen des spiegels äußern, nicht veröffentlicht werden..wenn man zum beispiel moniert das der spiegel in manchen artikeln der boulevard un yellow press konkurenz macht..und dadurch unnötige und überflüsse dinge produziert...wenn man dies tut bekommt man eine e-mail das der kommentar nicht freigeschaltet wird..und zwar ohne angabe von gründen...denn der kommentar war nicht beleidigend, nicht ausfallend und es wurde auch nicht gedroht oder beschimpft...es wurde sich lediglich kritisch mit dem beitrag auseinander gesetzt....soviel zu meinungsfreiheit im internet

  • Ich bin ja immer noch dafür, Kommentarspalten zu Leser-Hinweis-Orten zu machen.
    Will heießen: Schreibfehler, Kritik an Stil, Satzbau, Themensetzung, Diskussion über vereinfachende Begriffe, Hinweise auf inhaltliche Fehler, gute Blogs, andere Quellen. Aber auch: häßliche Fotos, schlimme Screenshots, Meckern an Symbolfotos ("Polizeiautotür in Großaufnahme" an jeder Verbrechensnachricht, "Springerstiefel" bei Naziaufmärschen, uswusf.), Reden über Phrasen, Floskeln, falsche Metaphern...

    Ich will Mehrwert, Lesespaß und Erkenntnis. Dazu gehört, dass Leser/Zuhörer/Zuschauer ernst genommen werden. Da bringt eine Diskussion über Quellenauswahl, tendenziöse Interviewpartner oder zusätzliche Fakten beiden Seiten mehr. Vor allem, wenn sich das in der nächste Nachricht widerspiegelt. Dann lernen beide Seiten was dazu.

    Diese ganze "Politik"-"Diskussion" kann man sowieso auf jeder Nachrichtenseite zur selben Nachricht fast gleichlautend lesen. Trolle, Polemiker, Spammer, Dudenverweigerer, Dudenfetischisten... alle vereint. Daneben noch drei bis dreißig halbwegs Argumentierende - das kann man auch ganz bleiben lassen (vor allem, da externe Links in Kommentaren eh oft gelöscht werden).

    • Finde das eine gute Idee, auch Fehler der Redaktion transparent zu machen oder auch kleine handwerkliche Schnitzer (Tippfehler, stilistische Schlampereien, falsche Links) schneller melden zu können. Übrigens hat die New York Times einen sehr guten Austausch mit ihrer Leserschaft, eine Art Leserbeauftragte ("Public Editor") recherchiert sogar nach, warum eine Geschichte erschien, wie sie erschien; oder warum eine Information fehlte. Siehe http://publiceditor.blogs.nytimes.com/author/margaret-sullivan/

  • Der Artikel leidet unter einem argumentativen Spagat. Einerseits wirbt er für seinen Haltung, damit, dass nicht hingenommen werden soll, dass "andere beleidig[t] oder sogar bedroh[t]" werden. Da kann man noch zutimmen. Dann soll das Ziel aber eine allgemein freundlichere Debatte sein. Es ist aber nicht klar, was mit hart geführten Debatten, die sachlichen Inhalt haben, geschehen soll.

    Wenn ich z.B. das erste Beispiel nehme, der das "Heimschicken aller" fordert, hilft das auch nicht weiter. Die Forderung entspricht sachlich offensichtlich der nach einer Abschaffung des Asylrechts. Das ist eine im Rahmen der Meinungsfreiheit gedeckte Meinungsäußerung. Ich kann auch nicht erkennen, wer dadurch beleidigt oder bedroht würde.

  • Feig? Wie “Jura Säufer” zb.?

    Man wird von der bewährten Methode des anonymen Postens nicht abgehen nur weil manche schwache User mit dieser Freiheit nicht umgehen können, die Konsequenzen dieses persönlichen Versagens aber nur zu gerne "den anderen" aufbürden wollen.

    Auf Ausflüchte wie "Mordaufrufe an Muslimen" will ich weiter nicht eingehen, es sieht ja eh jeder was da los ist...

  • Extreme Meinungen gehören zur Meinungsfreiheit dazu. Klar, kann man ausblenden, wäre sicher auch keine Zensur - aber letztlich würde man damit nur die Augen vor dem Problem verschließen, dass es da draußen eine Menge Menschen gibt, die eben eine andere Meinung haben und diese auch extrem formulieren.

    Es wäre besser, die Kommentarfunktion zu verbessern. Fast alle Publikationen haben einen einfachen Block, wo von oben bis unten alle Kommentare angezeigt werden. Dass da keine Diskussionen entstehen, sondern jeder nur seine Meinung ablädt und abhaut, ist kein Wunder.

    Bei Heise z.B. gibt es zu jedem Artikel Foren mit echten Threads. Während Widerspruch zu Extremmeinungen andernorts irgendwo in der Textwüste verschwindet, gibt es dort die Reaktion direkt im Kontext. Es entwickeln sich auch durchaus interessante Diskussionen, denen man leichter folgen kann als bei anderen Seiten.

    Vielleicht sollten sich Anbieter daran ein Beispiel nehmen, statt die Meinungsvielfalt unter dem Deckmantel der Harmonie einzuschränken. Viele Journalisten trauern wohl der guten, alten Zeit hinterher, in der sie die Hoheit hatten über die kleine Auswahl veröffentlichter Leserbriefe. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass die Kommentarfunktion bei manchen Artikeln schlicht gesperrt ist: Kein Widerspruch erlaubt.

    Sicher, das ist ihr "Hausrecht". Ich bin jedoch anderer Meinung.

    • Sie wollen ernsthaft ausgerechnet das Heise-Forum als positive Alternative herausstellen? Sowohl vom Inhalt als auch von der Struktur her ist das doch einer der finstersten Orte im deutschsprachigen Netz, darunter kommt höchstens noch Krautchan.

  • Guten Morgen,
    Entschuldigung, aber diese drei oben gezeigten Beispiele für negative Postings sind absolut harmlos.
    Ich habe 10 Jahre lang ein Diskussionsforum betrieben. Dort wurden z. B. Mordaufrufe veröffentlicht. Dort wurde über die Größe des Penis von Personen spekuliert, wurde mir mit analer Vergewaltigung, Schüssen mit Dum Dum Munition in den Schädel, der Vergewaltigung und Leichenschändung meiner Frau, der Folterung ihrer Mutter, der Ausbombung unserer Wohnung. OK, das ist übertrieben, das Geschlechtorgan war harmlos.
    Von den nächtlichen Terroranrufen ganz zu schweigen.
    Und dann liefern Sie so harmlose, süße Beispiele? Das ist alles? Das Wort "Tusse" ist harmlos, und es wurde nicht zur Ermordung einer Demonstrantin unter voller Nennung ihres Namens, ihrer Adresse und ihres Bildes aufgefordert.
    DAS sind Kommentare, über die man sich Gedanken machen muss.
    Mit besten Grüßen
    Thomas Berscheid

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