Mit uns reden immer nur die Falschen
Wer die Probleme am Wiener Straßenstrich bekämpfen will, muss zuallererst mit den Prostituierten sprechen
Es war ein schöner Sommertag, Martina* fuhr im Prater Autodrom. Danach ging sie alleine spazieren, stolzierte die Lusthausstraße entlang. Ein Mann fragte, ob sie Geld verdienen wollte. Sie ging mit ihm mit. Das war Martinas Einstieg in die Prostitution – vor 24 Jahren. Sie war gerade 14.
Heute steht sie am Ende der Mariahilfer Straße. Freiwillig, wie sie betont. Sie ist Prostituierte am Wiener Straßenstrich. Eine jener Frauen, über die nun alle reden: Die FPÖ schimpft über die „Auswüchse des Straßenstrichs“, verärgerte Anrainer klagen über Lärm und Schmutz. Die SPÖ will jetzt Ordnung machen. Die Stadt Wien hat einen 7-Punkte-Plan entwickelt und investiert 140.000 Euro, um den Straßenstrich neu zu regeln.
Die Sorgen am Straßenrand
Unter den sieben Punkten finden sich sinnvolle Maßnahmen wie mehr Sozialarbeit und eine Anlaufstelle für Anrainer. Aber auch weniger sinnvolle. Die Stadt will den Straßenstrich verlegen – weg aus den belebten Wohngebieten, hin an unwirtliche, unbelebte Orte. Seit 1. Juli kontrolliert die Polizei tatsächlich strenger, ob die Prostituierten nur in den erlaubten Zonen stehen. Geändert hat das aber nichts.
Mit den Frauen selbst hat niemand geredet. Ihre Stimme fehlt in der Debatte. Wenn Medien Prostituierte zu Wort kommen lassen, dann häufig nur in der Opferrolle, als ob jede einzelne um ihr Leben fürchten müsste. Oder kokett: Dann werden die Frauen dem Zuseher in Strapsen vorgeführt. Mit dem Alltag und den wahren Sorgen haben diese Bilder aber wenig zu tun. Vor allem Preisdumping, Wettbewerb und miserable Gesetze belasten die Prostituierten.
Am Straßenstrich wird viel gesudert. Über schlechte Preise und Freier, die keine Manieren mehr haben. Auch Martina, die an der Straßenecke steht und den Autos nachschaut, jammert: „Früher war das noch ein gutes Geschäft, da hast in einer halben Stunde 1000 Schilling verdient“, sagt die 38-Jährige. Heute verlangt sie nur noch 50 Euro für eine halbe Stunde und 30 Euro für schnellen Oralsex im Auto. Der Standardtarif am Trottoir.
Es gibt aber auch Prostituierte, die weniger verlangen. „Ficken und Blasen 30 Euro“, wirbt eine rundliche Bulgarin ein paar Häuserblocks weiter. Es ist einer der wenigen Sätze, die sie auf Deutsch beherrscht.
Schuld am Verfall der Preise ist der gestiegene Wettbewerb. 2002 waren in Wien noch weniger als 500 Prostituierte legal gemeldet, heute sind es fast 2300. Die meisten kommen aus Ungarn, Rumänien und Bulgarien. „Kein Wunder, für die sind 100 Euro das, was für uns 1000 sind“, sagt Gabi. Sie ist eine langjährige Kollegin von Martina, kam in den 90er-Jahren selbst aus Ostdeutschland. Damals hatte sie mindestens 15 Freier pro Nacht, heute ist sie froh, wenn sie drei hat. „In einem guten Monat verdiene ich 1500 Euro“, sagt die Frau im weißen Minirock, „da kriegt manch eine Putzfrau mehr.“ Viele Freier wollen um den Preis auch noch feilschen. „Die fangen bei zehn Euro an und wollen dann noch aufs Kondom verzichten“, meint Gabi. Bei ihr gibt es ausschließlich geschützten Geschlechtsverkehr. „Nicht nur wegen der Gesundheit. Manche Männer sind auch wirklich grauslich. Wenn man bei denen die Hose aufknöpft, kommt einem schon ein Gestank entgegen“, erzählt die Prostituierte.
Die Wienerin und die Ostdeutsche arbeiten hier aus freien Stücken und haben keinen Zuhälter. Viele mag das wundern, die zwei stehen aber lieber hier als im Billa hinter der Wursttheke. „Hier bin ich mein eigener Chef“, meint Gabi. Und Martina sagt: „In anderen Jobs musst du hart arbeiten.“
Doch der Straßenstrich hat viele Gesichter. Es gibt Frauen, die freiwillig anschaffen gehen. Und solche, die tatsächlich Gewalt und Zwangsprostitution erleben. Im Mai wurde eine Rumänin in Favoriten mit brennbarer Flüssigkeit übergossen und angezündet. Es heißt, die Frau wollte auf der Linzer Straße anschaffen, ohne den dortigen Zuhältern Schutzgeld zu zahlen.
Auch Katerina kennt Gewalt. Selbst wenn man das der 28-Jährigen nicht ansehen würde. Wenn die Polin lächelt, strahlt ihr Gesicht regelrecht. Und sie lächelt viel. „Dabei hat alles falsch angefangen“, meint sie.
Katerina hatte niemals die Wahl, ob sie Prostituierte werden wolle oder nicht. „Mit 18 war ich dumm und verliebt“, sagt sie. Sie ließ sich von ihrem damaligen Freund in den Westen locken. „Er hat gesagt, dass ich nur ein bisschen Striptease tanzen muss“, erinnert sich Katerina. Stattdessen nahm er ihr den Pass ab und zwang sie, mit Freiern zu schlafen. Wenn sie sich weigerte, prügelte er sie und drohte ihrer Familie.
„Putz dich, Schlampe“
Es dauerte lange, bis Katerina weglief. Ihr Peiniger ist noch immer frei, heute betreibt er ein Bordell in Wien. Sie zeigt ihn trotzdem nicht an. „Ich will keine Probleme. Er weiß, wo meine Mutter wohnt“, sagt sie. Diese Furcht hält viele Frauen von der Aussage ab.
Katerina hatte Glück im Unglück. Zuerst trieb sie ihr Freund in die Prostitution, wegen ihres Ehemannes will sie nun aussteigen. Manfred hat sie als Kellner im Bordell Katerina kennengelernt und geheiratet. Nach zwei Jahren Ehe bekommt seine Frau im August die Arbeitsbewilligung. „Endlich, dann hört sie hier auf“, meint er. Der Österreicher ist wütend auf den Staat, der seiner Frau erst jetzt erlaubt, einer „normalen“ Arbeit nachzugehen. Er ist wütend auf den Richter, der einen Freier freisprach, der Katerina krankenhausreif geprügelt hat. Und auf die Polizei, die sich nicht immer korrekt verhält. „‚Putz dich, Schlampe‘, hat einer zu ihr gesagt. Das war wirklich toll, wie sie den dann beschimpft hat“, sagt Manfred stolz.
Jeden Abend, wenn Katerina anschaffen geht, parkt Manfred sein Auto ein paar Meter entfernt und passt auf. „Sonst wäre es zu gefährlich“, sagt er und kommt gleich auf die Rumänin zu sprechen, die angezündet wurde. Sie hatte in der Gegend gearbeitet. Neulich war das Verbrennungsopfer zu Besuch. „Wahnsinn, sie hatte ein entstelltes Gesicht wie Freddy Krueger“, sagt Manfred, „trotzdem hat sie gemeint, dass sie in zwei Jahren wieder anschaffen geht.“
Das Geheimnis vor der Familie
Viel wird über Morde und schwere Gewalt an Prostituierten berichtet. Man könnte meinen, dass die Frauen nun verängstigt an der Straßenecke stehen. Die Realität sieht anders aus. Gabi und Martina reißen zwischendurch Schmähs. Ein paar Straßen weiter holt eine junge Prostituierte ihr Handy heraus und spielt ihrer Kollegin lautstark einen Song vor.
Das ist die Arbeitsrealität der Frauen. Sie haben gelernt, mit viel Gewalt und beängstigenden Situationen umzugehen. Zum Beispiel verstecken sie alle ihr Geld, bevor sie zu einem Typen ins Auto steigen. Zu viele sind schon ausgeraubt worden. Auch prägen sie sich die Nummerntafeln der Autos ihrer Freier ein oder halten für Notfälle den Tränengasspray griffbereit.
Das Leben am Tag ist für viele Frauen aber auch schwierig. Manche, wie Martina, verheimlichen ihren Job. Die Familie der Wienerin glaubt, dass sie nachts kellnert. Auch tun sich viele Frauen schwer, Männer außerhalb des Milieus zu finden. „Als gutaussehende Frau musst du vorsichtig sein“, erzählt Ramona, eine 25-jährige Ungarin, „du weißt nie, ob dich ein Mann für deine Schönheit oder für dein Geld liebt.“ Das konnte sie schon bei vielen Kolleginnen beobachten: Zuerst will der Mann nur ein bisschen Geld für die neue Lederjacke, dann soll ihm die Frau die teure Autoreparatur zahlen. „Mit 23 Jahren schnorren die Typen. Mit 40 sind sie dann echte Zuhälter“, meint Ramona. Deswegen habe sie keinen Freund.
Wie trennen das die Frauen emotional, wenn sie beruflich mit ihrem Freier und privat mit ihrem Freund ins Bett gehen? Martina vergleicht ihre nächtliche Arbeit mit einem One-Night-Stand, bei dem es kein Gefühl und keine Zärtlichkeit gibt. „Das sagt einfach das Herz, ob’s geschäftlich oder privat ist“, meint Martina.
Nicht alle Frauen sind so tough und können dieser Arbeit jahrelang nachgehen: die Rumänin Theodora zum Beispiel. Sie steht im weißen Negligé auf der Felberstraße, seit September arbeitet sie hier. „Ich tue es nur fürs Geld“, sagt die 23-Jährige in gutem Englisch, „ich will damit mein Managementstudium finanzieren, in Rumänien ist Studieren nämlich teuer.“
Bisher ist Theodoras Plan nicht aufgegangen. In den vergangenen drei Monaten habe sie nur 3000 Euro verdient. „Die Männer merken, dass ich die Arbeit nicht mag, deswegen habe ich auch keine Stammkunden“, klagt sie. Jetzt will sie nur noch nach Hause, weg von Wien, weg vom Strich. Zum Glück geht bald ihr Flieger.
Wo Theodora steht, ist der Straßenstrich besonders derb. Eine Kollegin spaziert in Spitzenunterwäsche herum und räkelt sich am Straßenschild, als wäre es eine Stripteasestange. Kein Mann kann durch dieses Grätzel marschieren, ohne Einladungen von Prostituierten zu bekommen: „Hallo Schatzi, gemma ficken?“ Auch normal gekleidete Frauen müssen damit rechnen, von Freiern angesprochen oder angehupt zu werden. „Jede Frau hier ist Freiwild“, sagt Uwe Schön, der mitten am Straßenstrich wohnt. Rein rechtlich wäre der Großteil der Felberstraße Schutzzone, die Prostituierten dürften hier gar nicht stehen. Nur ignorieren das viele. Schön und seine Frau haben vor kurzem eine Bürgerplattform gegründet. Jeden Freitag marschieren sie gegen den Straßenstrich auf. Die Anrainer klagen über benutzte Kondome auf dem Fenstersims oder über den Lärm, der sie nächtens vom Schlafen abhält. „Natürlich sind hier auch früher Prostituierte gestanden, aber niemals in diesem Ausmaß“, meint Schön. Er wohnt seit mehr als 20 Jahren in der Felberstraße.
Anrainer und Prostituierte plagt dasselbe Problem. Mittlerweile stehen viel zu viele Frauen auf der Straße, das macht die Preise kaputt und mehrt Krach und Unordnung. Nun schaukeln sich die Emotionen hoch: Manche Bürger sind schon so frustriert, dass sich ihr Zorn an einzelnen Frauen entlädt. Am Ende der Mariahilfer Straße beugt sich zum Beispiel eine Bewohnerin aus dem Fenster und leert ein Glas Wasser auf die Frau am Trottoir. Jetzt steht die Prostituierte mit nassen Kleidern auf dem Gehsteig. Eine milde Form von Selbstjustiz.
Damit solche Dinge nicht passieren, schaltet die Stadt Wien Sozialarbeiter ein. Die Prostituiertenberatungsstelle Sophie soll neuerdings das Vertrauen zwischen Behörden, Anrainern und Prostituierten fördern. Tagsüber wurde bereits eine Telefonhotline eingerichtet. „Wir sind nicht in der Lage, das Problem sofort zu lösen“, meint Eva van Rahden, die Leiterin von Sophie, „aber wir versuchen auf die Spitze des Eisbergs positiv einzuwirken.“
Van Rahden ist eine der Expertinnen des Straßenstrichs. Sie weiß, dass eine wirkliche Verbesserung nur über bessere Gesetze erreicht werden kann. Die Rechtslage schützt die Frauen zu wenig. Einerseits ist Prostitution erlaubt, andererseits sind Verträge über sexuelle Leistungen sittenwidrig. Das heißt, Prostituierte können ihre Honorare nicht einklagen, wenn ein Freier nicht zahlen will. „Die Sittenwidrigkeit abzuschaffen, wäre ein erster Schritt“, meint van Rahden.
Die Frauen haben Ideen
Auch die Stadt Wien will, dass der Bund die Sittenwidrigkeit abschafft. Das ist einer der cleveren Punkte im 7-Punkte-Programm. Andere sind weniger schlau: So hat die Stadt zwei Zonen eingerichtet, in denen Sexarbeit dezidiert erlaubt ist. Auf einem kurzen Abschnitt der Linken Wienzeile und hinter dem Technischen Museum sollen die Frauen nun stehen.
Der Lokalaugenschein zeigt: An jeder anderen Straßenecke stehen die Prostituierten, nur hier findet sich keine einzige. „Da ist es so dunkel, und jetzt blockiert auch noch eine Baustelle alles“, sagt eine Ungarin. Eine echte Lösung könnte nur mit den Frauen gemeinsam gefunden werden. Gabi aus Ostdeutschland hätte schon ein paar Ideen. Sie plädiert etwa für „Verrichtungsboxen“ – Garagen, in die die Frauen mit ihren Freiern hineinfahren. „Wenn einer unangenehm wird, gibt es einen Alarmknopf. Dann kommt sofort ein Bewacher“, sagt Gabi. Dieses System gibt es schon in Köln.
Hierzulande gibt es noch keine ernstzunehmende Diskussion, wie die Prostitution besser geregelt werden könnte. Nur alle sind sich einig: Die Situation ist schlimm.
„So kann es nicht weitergehen“ sagt auch Martina. Es ist Freitagabend, kurz vor Mitternacht. Die Wienerin hatte erst einen Kunden – trotzdem ist ihr Geldbörsel leer. Weil sie mit dem Freier in einer Schutzzone erwischt wurde, musste sie 30 Euro Strafe zahlen. Eine Auswirkung der strengeren Kontrollen. „Alle schimpfen nur noch, alle sind unzufrieden“, meint Martina. Wenn sich nicht bald etwas ändere, sagt sie, werde sie den Straßenstrich verlassen. Ob sie dann ganz mit der Prostitution aufhört? „Nein, dann geh ich ins Studio arbeiten.“
* Die Namen sämtlicher Prostituierten wurden geändert
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Die Pläne der Stadt Wien
Mit sieben Maßnahmen will Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) die Situation am Straßenstrich entschärfen. Ein Verbot der Straßenprostitution kommt für sie nicht infrage: „Erfahrungen anderer Länder zeigen, dass Verbote nur zu einem Erstarken der illegalen Prostitution führen.“ Das sind die Maßnahmen:
– eine bessere Hilfe für Anrainer. Dazu zählen Sprechstunden und eine Beschwerdehotline (Tel. 0676/88 666 222), sie steht wochentags von 10 bis 17 Uhr bereit
– zwei Erlaubniszonen, in denen die Prostituierten dezidiert erwünscht sind: auf der Linken Wienzeile zwischen Anschützgasse und Jheringgasse sowie auf der Linzer Straße, hinter dem Technischen Museum
– eine Novelle des Wiener Prostitutionsgesetzes
– mehr Polizeikontrollen
– eine Vergleichsstudie, die die Gesetze in Österreich, den Niederlanden und Schweden analysiert
– bessere Aufklärung über Frauenhandel, um die Frauen intensiver über ihre Rechte zu informieren
– mehr Sozialarbeit
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Mich würde interessieren, wie es dir in und nach den 2 Wochen gegangen ist.
Aus dem Falter wissen ja alle, dass du dein Handy mit ins Bett nimmst ...
Gute Frage! Grundsätzlich war es angenehm, ich habe auf meinem iPhone den Mail-Account gelöscht, hatte gar nicht das Bedürfnis, all die eintreffenden Mails zu lesen. Doch dann habe ich selbst gegen mein Sabbatical verstoßen: Während der Feiertage hat sich bei mir etwas Privates ereignet und ich wollte meine Kollegen diesbezüglich verständigen. Nur was tun? Jeden einzelnen anrufen? An alle ein SMS? Mir schien E-Mail die beste Kommunikationsform und schließlich habe ich dann gemailt. So ganz habe ich mein Sabbatical also nicht eingehalten, aber trotzdem zwei Dinge gelernt: 1.) Es ist eine gute Idee, den Mail-Empfang am iPhone während des Urlaubs zu deaktivieren - das werde ich weiterhin machen. 2.) Ganz auf E-Mail zu verzichten, ist aber gar nicht so leicht, vor allem wenn man selbst einen großen Mitteilungsdrang hat. Mir ging eher das Mail-Versenden als das Mail-Empfangen ab...
OK. Das heißt ja wohl, dass du nur auf die Mails verzichtet hast. ;-)
Musste den Artikel noch mal lesen, um das zu verstehen. Dass heißt, du hast dich nur auf das "normale" Urlaubslevel runtergesetzt. Ich dachte, du willst es OHNE Internet schaffen. Sprich: OHNE Mail, OHNE Surfen, OHNE Online-Spiele - OHNE Internet eben.
Das hast du dir zu einfach gemacht, finde ich. Und dann nicht mal ganz eingehalten.
Ingrid ich habe heute leider kein Foto für dich ...
Interessanter Einwand - aus meiner Sicht habe ich das weggelassen, was mich während des Urlaubs am meisten stört (eben, dass ich trotzdem ständig E-Mails checke). Aber wenn ich zwischendurch nach einem guten Lokal google oder online einen Routenplan suche, stört mich keine Sekunde lang. Im Gegenteil: Ich würde es als extreme Benachteiligung empfinden, wenn ich in meiner Freizeit darauf verzichten müsste.
Natürlich kann man's auch so sehen, dass das nur ein Schmalspur-Sabbatical war. Den echten Offline-Test haben schon andere gemacht, zum Beispiel Alex Rühle für sein Buch "Ohne Netz". http://www.falter.at/web/shop/detail.php?id=33075&SESSID= Aber schauen wir mal, vielleicht wage ich mich doch noch über eine echte Auszeit drüber. Bisher verspüre ich jedenfalls nicht den Drang, das Internet gänzlich abzudrehen...
Da kommt also ein Gerät heraus, welches kleiner und leichter ist, doppelt so viel Prozessorleistung bietet, eine 9x schnellere Grafik, ein verbessertes Display, einen FullHD-Ausgang für externe Präsentationen und die Nachrüstung der viel bemängelten Kameras. Und das ist dann keine Innovation. Alright.
Ja, das ist eine Verbesserung, aber noch keine Innovation. Etwas anderes zu behaupten, ist echt gewagt.
11. Gebot - Du sollst Apple nicht kritisieren.
neuer Link für Conan O'Brien
http://teamcoco.com/content/apple-employees-can%E2%80%99t-help-gloat-about-new-ipad
Falls dich die Details interessieren sollten:
http://imgur.com/BghEN
Interessant, Danke für den Link! Diese komischen Geräusche hatten also einen Grund...
Und genau da liegt das Problem fuer
Wenn sich Werbepreise fuer Online Ads den Offline Ads, also Zeitungsinseraten, annaehern wuerden, waere die ganze Geschichte auch ohne Paywall finanzierbar. Denn zieht man bei einer Zeitung die Druckkosten und die Lieferkosten ab, bleibt unterm Strich auch nichts mehr uebrig (oder noch weniger). Zwar wird von den Werbeagenturen immer mehr Geld vom offline ins online advertising verschoben, doch hat das in den letzten Jahren nicht den erhofften Preisanstieg gegeben. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass 15 Dollar pro User nur durch on page advertising praktisch nicht erreichbar sind. Selbst wenn die NYT pro 1000 aufgerufenen Seiten 10 Dollar bekommt (was derzeit eh nicht realistisch ist, eher 1/3 - 1/10 davon), muesste ein User 1500 Seiten pro Monat aufrufen um damit auf 15 Dollar zu kommen.
Andererseits stellt sich die Frage wie lange es dauern wird um den Aufwand, der die Implementierung und Wartung einer Paywall mit sich bringt, mit Abos zu finanzieren.
Ich bin auf jeden Fall gespannt wo das in den naechsten Monaten/Jahren hinfuehren wird :-)
Danke für den spannenden Einblick in die Zahlen! Was ich mich frage: Ist es realistisch, dass sich die Onlinewerbepreise irgendwann den Offlinepreisen angleichen? In den letzten Jahren ist das ja leider nicht passiert.
Im App-Store von Apple kommt übrigens ein neues Problem für die Zeitungshäuser hinzu: Da kassiert Apple 30 Prozent des Umsatzes ein, dazu gibt's auch wieder heftige Debatten (siehe zB http://www.tagesschau.de/wirtschaft/apple142.html).
Darauf kann man natuerlich nicht pauschal mit ja oder nein antworten. Da erstens die Werbeformen sowohl offline als auch online zu verschieden sind. Wenn man online Werbung auf Zeitungsportalen mit Zeitungsanzeigen vergleicht, wuerde ich eher dazu tendieren und "nein" zu sagen. Unterm Strich wird wohl in den naechsten Jahren immer noch mehr mit Zeitungsanzeigen zu holen sein. Doch koennen gewisse Online Kampagnen natuerlich ueber den offline Preisen liegen. Wenn zB gezielt Werbung fuer eine gewisse Zielgruppe geschaltet wird ("nur die 25-35 jaehrigen, alleinstehenden Maenner mit Sportwagen") sind die Preise dementsprechend hoeher.
Ich moechte auch noch anmerken, dass die Zahlen, die ich oben geschrieben haben nicht die wirklichen Zahlen der NYT sind. Es sind lediglich Schaetzungen aufgrund meiner Erfahrungen (beschaeftige mich seit 2001 mit Online Werbung und die Preise sind seither stetig gesunken - Ende 90er Jahre waren die Preise am ehesten mit Offline Preisen zu vergleichen). Darueber hinaus bin ich mir ziemlich sicher, dass die NYT bessere Preise fuer Online Kampagnen erzielt als irgendein 08/15 Blog. Trotzdem sind die Preise im Keller, auch wenn die NYT einen 50-fach hoeheren Preis bekommt :-)
Zu apple: der von dir verlinkte Artikel ist leider etwas einseitig geschrieben. Kurz die Gegenseite: Das mit den 30% stimmt. Allerdings nur fuer "neue" Kunden, also Kunden, die ueber die App angeworben wurden. Es steht jedem Verlag frei, ausserhalb des App Stores Abos zu verkaufen (die dann natuerlich auch innerhalb der App genutzt werden koennen). Fuer solche Verkaeufe bekommen die Verlage dann 100%. So das Argument von Apple.
Natuerlich sitzt der Dollar lockerer wenn man in der App ist, die Zahlungsdaten hinterlegt sind und man nur noch auf "abonnieren" druecken muss. Das weiss Apple natuerlich auch ...
Warum ich es schrecklich und unverständlich finde, dass so viele Leute so viel Geld für Dreckjournale ohne Wert ausgeben, während niemand für echten Journalismus zahlen will:
http://karinkoller.wordpress.com/2011/03/26/dinge-die-wir-hassen-frauenzeitschriften/
Selbstredend gibt nichts dagegen zu sagen für die NYT zu zahlen. Vielleicht nur, dass wir in seltsamen medialen Zeiten leben, wenn eine Journalistin eine Art Rechtfertigung dafür postet. Es ist aber auch mehr als nur "für guten Journalismus" zahlen - es ist ein Commitment zur Marke, zum Medium und wahrscheinlich eine Art Freude über das implizite Bildungsversprechen einer Zeitung wie die New York Times. Und unterstreicht den Mangel an solchen Angeboten in Österreich. Was ein derartiges Commitment zu geben zur Zeit schwer macht, ist die schiere mediale Vielfalt am Bildschirm. Ein zunehmend diffuser gewordenes Angebot, die oft zitierte mediale Herausforderung. Tageszeitung lesen, Magazine rezipieren und sich dann um die Feeds kümmern. Welches Medium greife ich heraus, um es finanziell zu unterstützen? - NYT, SZ, NZZ, FAZ,...,....,....,....,.....,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,.Glückwunsch, wenn man hier klar sieht und für sich zu einer Entscheidung kommt. Unglücklich hingegen finde ich die Formulierung "guter Journalismus". Was das ist, ist stets persektiven-abhängig und kommt meist oberlehrerhaft herüber. Ob die Strasser-Aufdeckung etwa ein Beispiel für "guten Journalismus" ist, halte ich etwa für dikussionswürdig - Büros mieten, Politiker in Versuchung führen usw. Eine Top-Story allemal. Aber "guter Journalismus". Naja, für mich verwunderlich. Aber egal. Schönes Wochenende.