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Mit uns reden immer nur die Falschen

Wer die Probleme am Wiener Straßenstrich bekämpfen will, muss zuallererst mit den Prostituierten sprechen




Es war ein schöner Sommertag, Martina* fuhr im Prater Autodrom. Danach ging sie alleine spazieren, stolzierte die Lusthausstraße entlang. Ein Mann fragte, ob sie Geld verdienen wollte. Sie ging mit ihm mit. Das war Martinas Einstieg in die Prostitution – vor 24 Jahren. Sie war gerade 14.

Heute steht sie am Ende der Mariahilfer Straße. Freiwillig, wie sie betont. Sie ist Prostituierte am Wiener Straßenstrich. Eine jener Frauen, über die nun alle reden: Die FPÖ schimpft über die „Auswüchse des Straßenstrichs“, verärgerte Anrainer klagen über Lärm und Schmutz. Die SPÖ will jetzt Ordnung machen. Die Stadt Wien hat einen 7-Punkte-Plan entwickelt und investiert 140.000 Euro, um den Straßenstrich neu zu regeln.


Die Sorgen am Straßenrand

Unter den sieben Punkten finden sich sinnvolle Maßnahmen wie mehr Sozialarbeit und eine Anlaufstelle für Anrainer. Aber auch weniger sinnvolle. Die Stadt will den Straßenstrich verlegen – weg aus den belebten Wohngebieten, hin an unwirtliche, unbelebte Orte. Seit 1. Juli kontrolliert die Polizei tatsächlich strenger, ob die Prostituierten nur in den erlaubten Zonen stehen. Geändert hat das aber nichts.

Mit den Frauen selbst hat niemand geredet. Ihre Stimme fehlt in der Debatte. Wenn Medien Prostituierte zu Wort kommen lassen, dann häufig nur in der Opferrolle, als ob jede einzelne um ihr Leben fürchten müsste. Oder kokett: Dann werden die Frauen dem Zuseher in Strapsen vorgeführt. Mit dem Alltag und den wahren Sorgen haben diese Bilder aber wenig zu tun. Vor allem Preisdumping, Wettbewerb und miserable Gesetze belasten die Prostituierten.

Am Straßenstrich wird viel gesudert. Über schlechte Preise und Freier, die keine Manieren mehr haben. Auch Martina, die an der Straßenecke steht und den Autos nachschaut, jammert: „Früher war das noch ein gutes Geschäft, da hast in einer halben Stunde 1000 Schilling verdient“, sagt die 38-Jährige. Heute verlangt sie nur noch 50 Euro für eine halbe Stunde und 30 Euro für schnellen Oralsex im Auto. Der Standardtarif am Trottoir.

Es gibt aber auch Prostituierte, die weniger verlangen. „Ficken und Blasen 30 Euro“, wirbt eine rundliche Bulgarin ein paar Häuserblocks weiter. Es ist einer der wenigen Sätze, die sie auf Deutsch beherrscht.

Schuld am Verfall der Preise ist der gestiegene Wettbewerb. 2002 waren in Wien noch weniger als 500 Prostituierte legal gemeldet, heute sind es fast 2300. Die meisten kommen aus Ungarn, Rumänien und Bulgarien. „Kein Wunder, für die sind 100 Euro das, was für uns 1000 sind“, sagt Gabi. Sie ist eine langjährige Kollegin von Martina, kam in den 90er-Jahren selbst aus Ostdeutschland. Damals hatte sie mindestens 15 Freier pro Nacht, heute ist sie froh, wenn sie drei hat. „In einem guten Monat verdiene ich 1500 Euro“, sagt die Frau im weißen Minirock, „da kriegt manch eine Putzfrau mehr.“ Viele Freier wollen um den Preis auch noch feilschen. „Die fangen bei zehn Euro an und wollen dann noch aufs Kondom verzichten“, meint Gabi. Bei ihr gibt es ausschließlich geschützten Geschlechtsverkehr. „Nicht nur wegen der Gesundheit. Manche Männer sind auch wirklich grauslich. Wenn man bei denen die Hose aufknöpft, kommt einem schon ein Gestank entgegen“, erzählt die Prostituierte.

Die Wienerin und die Ostdeutsche arbeiten hier aus freien Stücken und haben keinen Zuhälter. Viele mag das wundern, die zwei stehen aber lieber hier als im Billa hinter der Wursttheke. „Hier bin ich mein eigener Chef“, meint Gabi. Und Martina sagt: „In anderen Jobs musst du hart arbeiten.“

Doch der Straßenstrich hat viele Gesichter. Es gibt Frauen, die freiwillig anschaffen gehen. Und solche, die tatsächlich Gewalt und Zwangsprostitution erleben. Im Mai wurde eine Rumänin in Favoriten mit brennbarer Flüssigkeit übergossen und angezündet. Es heißt, die Frau wollte auf der Linzer Straße anschaffen, ohne den dortigen Zuhältern Schutzgeld zu zahlen.

Auch Katerina kennt Gewalt. Selbst wenn man das der 28-Jährigen nicht ansehen würde. Wenn die Polin lächelt, strahlt ihr Gesicht regelrecht. Und sie lächelt viel. „Dabei hat alles falsch angefangen“, meint sie.

Katerina hatte niemals die Wahl, ob sie Prostituierte werden wolle oder nicht. „Mit 18 war ich dumm und verliebt“, sagt sie. Sie ließ sich von ihrem damaligen Freund in den Westen locken. „Er hat gesagt, dass ich nur ein bisschen Striptease tanzen muss“, erinnert sich Katerina. Stattdessen nahm er ihr den Pass ab und zwang sie, mit Freiern zu schlafen. Wenn sie sich weigerte, prügelte er sie und drohte ihrer Familie.


„Putz dich, Schlampe“

Es dauerte lange, bis Katerina weglief. Ihr Peiniger ist noch immer frei, heute betreibt er ein Bordell in Wien. Sie zeigt ihn trotzdem nicht an. „Ich will keine Probleme. Er weiß, wo meine Mutter wohnt“, sagt sie. Diese Furcht hält viele Frauen von der Aussage ab.

Katerina hatte Glück im Unglück. Zuerst trieb sie ihr Freund in die Prostitution, wegen ihres Ehemannes will sie nun aussteigen. Manfred hat sie als Kellner im Bordell Katerina kennengelernt und geheiratet. Nach zwei Jahren Ehe bekommt seine Frau im August die Arbeitsbewilligung. „Endlich, dann hört sie hier auf“, meint er. Der Österreicher ist wütend auf den Staat, der seiner Frau erst jetzt erlaubt, einer „normalen“ Arbeit nachzugehen. Er ist wütend auf den Richter, der einen Freier freisprach, der Katerina krankenhausreif geprügelt hat. Und auf die Polizei, die sich nicht immer korrekt verhält. „‚Putz dich, Schlampe‘, hat einer zu ihr gesagt. Das war wirklich toll, wie sie den dann beschimpft hat“, sagt Manfred stolz.

Jeden Abend, wenn Katerina anschaffen geht, parkt Manfred sein Auto ein paar Meter entfernt und passt auf. „Sonst wäre es zu gefährlich“, sagt er und kommt gleich auf die Rumänin zu sprechen, die angezündet wurde. Sie hatte in der Gegend gearbeitet. Neulich war das Verbrennungsopfer zu Besuch. „Wahnsinn, sie hatte ein entstelltes Gesicht wie Freddy Krueger“, sagt Manfred, „trotzdem hat sie gemeint, dass sie in zwei Jahren wieder anschaffen geht.“

Diese Reportage war die Cover-Geschichte des Falter 29/10. Illustration: Bianca Tschaikner

Das Geheimnis vor der Familie

Viel wird über Morde und schwere Gewalt an Prostituierten berichtet. Man könnte meinen, dass die Frauen nun verängstigt an der Straßenecke stehen. Die Realität sieht anders aus. Gabi und Martina reißen zwischendurch Schmähs. Ein paar Straßen weiter holt eine junge Prostituierte ihr Handy heraus und spielt ihrer Kollegin lautstark einen Song vor.

Das ist die Arbeitsrealität der Frauen. Sie haben gelernt, mit viel Gewalt und beängstigenden Situationen umzugehen. Zum Beispiel verstecken sie alle ihr Geld, bevor sie zu einem Typen ins Auto steigen. Zu viele sind schon ausgeraubt worden. Auch prägen sie sich die Nummerntafeln der Autos ihrer Freier ein oder halten für Notfälle den Tränengasspray griffbereit.

Das Leben am Tag ist für viele Frauen aber auch schwierig. Manche, wie Martina, verheimlichen ihren Job. Die Familie der Wienerin glaubt, dass sie nachts kellnert. Auch tun sich viele Frauen schwer, Männer außerhalb des Milieus zu finden. „Als gutaussehende Frau musst du vorsichtig sein“, erzählt Ramona, eine 25-jährige Ungarin, „du weißt nie, ob dich ein Mann für deine Schönheit oder für dein Geld liebt.“ Das konnte sie schon bei vielen Kolleginnen beobachten: Zuerst will der Mann nur ein bisschen Geld für die neue Lederjacke, dann soll ihm die Frau die teure Autoreparatur zahlen. „Mit 23 Jahren schnorren die Typen. Mit 40 sind sie dann echte Zuhälter“, meint Ramona. Deswegen habe sie keinen Freund.

Wie trennen das die Frauen emotional, wenn sie beruflich mit ihrem Freier und privat mit ihrem Freund ins Bett gehen? Martina vergleicht ihre nächtliche Arbeit mit einem One-Night-Stand, bei dem es kein Gefühl und keine Zärtlichkeit gibt. „Das sagt einfach das Herz, ob’s geschäftlich oder privat ist“, meint Martina.

Nicht alle Frauen sind so tough und können dieser Arbeit jahrelang nachgehen: die Rumänin Theodora zum Beispiel. Sie steht im weißen Negligé auf der Felberstraße, seit September arbeitet sie hier. „Ich tue es nur fürs Geld“, sagt die 23-Jährige in gutem Englisch, „ich will damit mein Managementstudium finanzieren, in Rumänien ist Studieren nämlich teuer.“

Bisher ist Theodoras Plan nicht aufgegangen. In den vergangenen drei Monaten habe sie nur 3000 Euro verdient. „Die Männer merken, dass ich die Arbeit nicht mag, deswegen habe ich auch keine Stammkunden“, klagt sie. Jetzt will sie nur noch nach Hause, weg von Wien, weg vom Strich. Zum Glück geht bald ihr Flieger.

Wo Theodora steht, ist der Straßenstrich besonders derb. Eine Kollegin spaziert in Spitzenunterwäsche herum und räkelt sich am Straßenschild, als wäre es eine Stripteasestange. Kein Mann kann durch dieses Grätzel marschieren, ohne Einladungen von Prostituierten zu bekommen: „Hallo Schatzi, gemma ficken?“ Auch normal gekleidete Frauen müssen damit rechnen, von Freiern angesprochen oder angehupt zu werden. „Jede Frau hier ist Freiwild“, sagt Uwe Schön, der mitten am Straßenstrich wohnt. Rein rechtlich wäre der Großteil der Felberstraße Schutzzone, die Prostituierten dürften hier gar nicht stehen. Nur ignorieren das viele. Schön und seine Frau haben vor kurzem eine Bürgerplattform gegründet. Jeden Freitag marschieren sie gegen den Straßenstrich auf. Die Anrainer klagen über benutzte Kondome auf dem Fenstersims oder über den Lärm, der sie nächtens vom Schlafen abhält. „Natürlich sind hier auch früher Prostituierte gestanden, aber niemals in diesem Ausmaß“, meint Schön. Er wohnt seit mehr als 20 Jahren in der Felberstraße.

Anrainer und Prostituierte plagt dasselbe Problem. Mittlerweile stehen viel zu viele Frauen auf der Straße, das macht die Preise kaputt und mehrt Krach und Unordnung. Nun schaukeln sich die Emotionen hoch: Manche Bürger sind schon so frustriert, dass sich ihr Zorn an einzelnen Frauen entlädt. Am Ende der Mariahilfer Straße beugt sich zum Beispiel eine Bewohnerin aus dem Fenster und leert ein Glas Wasser auf die Frau am Trottoir. Jetzt steht die Prostituierte mit nassen Kleidern auf dem Gehsteig. Eine milde Form von Selbstjustiz.

Damit solche Dinge nicht passieren, schaltet die Stadt Wien Sozialarbeiter ein. Die Prostituiertenberatungsstelle Sophie soll neuerdings das Vertrauen zwischen Behörden, Anrainern und Prostituierten fördern. Tagsüber wurde bereits eine Telefonhotline eingerichtet. „Wir sind nicht in der Lage, das Problem sofort zu lösen“, meint Eva van Rahden, die Leiterin von Sophie, „aber wir versuchen auf die Spitze des Eisbergs positiv einzuwirken.“

Van Rahden ist eine der Expertinnen des Straßenstrichs. Sie weiß, dass eine wirkliche Verbesserung nur über bessere Gesetze erreicht werden kann. Die Rechtslage schützt die Frauen zu wenig. Einerseits ist Prostitution erlaubt, andererseits sind Verträge über sexuelle Leistungen sittenwidrig. Das heißt, Prostituierte können ihre Honorare nicht einklagen, wenn ein Freier nicht zahlen will. „Die Sittenwidrigkeit abzuschaffen, wäre ein erster Schritt“, meint van Rahden.


Die Frauen haben Ideen

Auch die Stadt Wien will, dass der Bund die Sittenwidrigkeit abschafft. Das ist einer der cleveren Punkte im 7-Punkte-Programm. Andere sind weniger schlau: So hat die Stadt zwei Zonen eingerichtet, in denen Sexarbeit dezidiert erlaubt ist. Auf einem kurzen Abschnitt der Linken Wienzeile und hinter dem Technischen Museum sollen die Frauen nun stehen.

Der Lokalaugenschein zeigt: An jeder anderen Straßenecke stehen die Prostituierten, nur hier findet sich keine einzige. „Da ist es so dunkel, und jetzt blockiert auch noch eine Baustelle alles“, sagt eine Ungarin. Eine echte Lösung könnte nur mit den Frauen gemeinsam gefunden werden. Gabi aus Ostdeutschland hätte schon ein paar Ideen. Sie plädiert etwa für „Verrichtungsboxen“ – Garagen, in die die Frauen mit ihren Freiern hineinfahren. „Wenn einer unangenehm wird, gibt es einen Alarmknopf. Dann kommt sofort ein Bewacher“, sagt Gabi. Dieses System gibt es schon in Köln.

Hierzulande gibt es noch keine ernstzunehmende Diskussion, wie die Prostitution besser geregelt werden könnte. Nur alle sind sich einig: Die Situation ist schlimm.

„So kann es nicht weitergehen“ sagt auch Martina. Es ist Freitagabend, kurz vor Mitternacht. Die Wienerin hatte erst einen Kunden – trotzdem ist ihr Geldbörsel leer. Weil sie mit dem Freier in einer Schutzzone erwischt wurde, musste sie 30 Euro Strafe zahlen. Eine Auswirkung der strengeren Kontrollen. „Alle schimpfen nur noch, alle sind unzufrieden“, meint Martina. Wenn sich nicht bald etwas ändere, sagt sie, werde sie den Straßenstrich verlassen. Ob sie dann ganz mit der Prostitution aufhört? „Nein, dann geh ich ins Studio arbeiten.“



* Die Namen sämtlicher Prostituierten wurden geändert

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Die Pläne der Stadt Wien

Mit sieben Maßnahmen will Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) die Situation am Straßenstrich entschärfen. Ein Verbot der Straßenprostitution kommt für sie nicht infrage: „Erfahrungen anderer Länder zeigen, dass Verbote nur zu einem Erstarken der illegalen Prostitution führen.“ Das sind die Maßnahmen:

– eine bessere Hilfe für Anrainer. Dazu zählen Sprechstunden und eine Beschwerdehotline (Tel. 0676/88 666 222), sie steht wochentags von 10 bis 17 Uhr bereit

– zwei Erlaubniszonen, in denen die Prostituierten dezidiert erwünscht sind: auf der Linken Wienzeile zwischen Anschützgasse und Jheringgasse sowie auf der Linzer Straße, hinter dem Technischen Museum

– eine Novelle des Wiener Prostitutionsgesetzes

– mehr Polizeikontrollen

– eine Vergleichsstudie, die die Gesetze in Österreich, den Niederlanden und Schweden analysiert

– bessere Aufklärung über Frauenhandel, um die Frauen intensiver über ihre Rechte zu informieren

– mehr Sozialarbeit

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  • Klarnamen sollten gerade in diesen Zeiten, in denen bekannt wurde wie sehr die Staaten den Bürger fürchten, absolut nicht in Frage kommen. Solange das Internet völlig abgeschöpft wird ist das nur demokratiefeindlich.

    Meine Theorie ist ja, dass die Kommentare sich nur dem Journalistenstandard im Jahre 2013 anpassen. In den meisten Artikeln geht es auch nur noch um Fertigmachen und Lügen verbreiten.
    Es sind auch nicht nur die Hasspostings, die meisten Kommentare kann man sowieso in die Tonne treten, weil sich nur irgendwer wichtig machen möchte. Lesen Sie mal einen paar Kommentare unter einem Artikel über eine Fernsehsendung, da stehen garantiert fünf "Ich habe ja keinen Fernseher mehr" Postings, die keinem weiterhelfen, außer dass der Poster sich jetzt für elitär hält.

  • Die Kommentarspalten der meisten größeren Onlinemedien, die ich so besuche, sind für mich mehr Freakshow als Diskussionsplattform, also etwas, was man sich anschaut, wenn man eine leicht masochistische Lust hat auf Realsatire hat.
    Sie werden regiert von Kreischern, Trollen und deren Strohmännern und sonstigen Scheinargumenten, bis hin zu offenem Hass. Natürlich gibt es auch den einen oder anderen sinnvollen oder konstruktiven Beitrag, diese gehen aber meist unter im Meer derer, die sich gegenseitg hochschaukeln.

    Ich kann auch nachvollziehen, dass viele Medien ihr Klickvieh nicht vergraulen wollen, und daher ganz bewusst lieber zu wenig also zu viel moderieren, oder 'zensieren', wie gerade die Lautschreiber nicht müde werden zu betonen. Es gibt genug Kommentare die auf "dieser Kommentar kommt eh nicht durch die Zensur" o.ä. enden, weil die Leute genau wissen, was das sie da für einen Stuss verzapft haben und präventiv die Zensur-Karte ausspielen.

    Spannend wäre einfach zu wissen, wie viele sich entnervt von der Schlammschlacht abwenden, weil es ihnen -so wie mir- einfach zu blöd ist.
    Man könnte einen "Ich hätte ja was zu sagen, aber..."-Button einführen...

    • Sehr schön formuliert! So ein Button wäre eine spannende Idee, glaube auch, dass man sich damit einige Menschen vergrault, denen das Niveau zu tief ist.

  • "Deswegen ist es falsch, den Status quo der Onlineforen zu verteidigen."

    Dafür müsste man den über einen Kamm geschorenen Internetforen einen gemeinsamen Status Quo unterstellen. Aber wie soll das denn gehen?

    Ich kann nicht einfach dahergehen und die Nachrichtenkommentare auf Yahoo.de, die ausschließlich für Werbezwecke (Klicks generieren durch einfache Kommentarfunktion) dort als Feature integriert sind mit inhaltlich hochwertigen und moderierten Sachforen vergleichen.

    Das ist ungefähr so, wie die Spiegel Leserbriefe mit dem schwarzen Brett an der Uni zu vergleichen (übrigens auch inhaltlich).

    Die Wurzel des Problems liegt m.E. ganz woanders, nämlich die frei zugängliche Kommentarfunktion zur Klickgenerierung auf verschiedensten Portalen. Diese senkt die Hemmschwelle, einen Kommentar SOFORT abzusenden, ohne ihn noch einmal gelesen und kokkrrigiiert zu haben.
    Aber darauf werden Portale nicht verzichten, denn Kommentare generieren Klicks und somit Geld.

    Ich persönlich nehme immer folgende Kategorisierung vor:
    Portale - Kommentare nicht ernst nehmen - mindestens 50% Trolls, kein Inhalt, nur Meinungen
    Foren - Mitgleiderzahl und Nutzstatistik der letzten Tage und Wochen ansehen und wenn dort dem Thema entsprechend viele Leute zu finden sind, kann man von einigermaßen Seriösität ausgehen.

    Außerdem bleibt einem ja immernoch das gute alte Ignorieren von Spackos.

  • Warum wurden nun ausgerechnet diese 3 Beispiele herrangezogen ? Warum nicht zBsp:

    "möglich, dass es keien abasicht vom bullen war. indem die bullen aber leute abschieben begehen sie ganz bewußt und mit voller absicht gewalttaten. Das ist das Schlimme. "

    oder
    " wäh...wie mich dieses land schon ankotzt...."
    (beide youtube)
    oder
    "Menschen die diese Freiheit bzw. die österr. Verfassung ablehnen, wie Sie, sind abzuschieben!"

    (die Presse.com)

    Richtig, "man sollte man dafür eintreten, dass dort mit Respekt und nicht mit Ressentiments argumentiert wird." Da wollen "WIR" mit gutem Beispiel vorran gehen!

  • was kommentare angeht habe ich schon festgestellt, das es in manchen foren wie zum beispiel beim spiegel üblich ist, das kommentare die sich kritisch zu beiträgen des spiegels äußern, nicht veröffentlicht werden..wenn man zum beispiel moniert das der spiegel in manchen artikeln der boulevard un yellow press konkurenz macht..und dadurch unnötige und überflüsse dinge produziert...wenn man dies tut bekommt man eine e-mail das der kommentar nicht freigeschaltet wird..und zwar ohne angabe von gründen...denn der kommentar war nicht beleidigend, nicht ausfallend und es wurde auch nicht gedroht oder beschimpft...es wurde sich lediglich kritisch mit dem beitrag auseinander gesetzt....soviel zu meinungsfreiheit im internet

  • Ich bin ja immer noch dafür, Kommentarspalten zu Leser-Hinweis-Orten zu machen.
    Will heießen: Schreibfehler, Kritik an Stil, Satzbau, Themensetzung, Diskussion über vereinfachende Begriffe, Hinweise auf inhaltliche Fehler, gute Blogs, andere Quellen. Aber auch: häßliche Fotos, schlimme Screenshots, Meckern an Symbolfotos ("Polizeiautotür in Großaufnahme" an jeder Verbrechensnachricht, "Springerstiefel" bei Naziaufmärschen, uswusf.), Reden über Phrasen, Floskeln, falsche Metaphern...

    Ich will Mehrwert, Lesespaß und Erkenntnis. Dazu gehört, dass Leser/Zuhörer/Zuschauer ernst genommen werden. Da bringt eine Diskussion über Quellenauswahl, tendenziöse Interviewpartner oder zusätzliche Fakten beiden Seiten mehr. Vor allem, wenn sich das in der nächste Nachricht widerspiegelt. Dann lernen beide Seiten was dazu.

    Diese ganze "Politik"-"Diskussion" kann man sowieso auf jeder Nachrichtenseite zur selben Nachricht fast gleichlautend lesen. Trolle, Polemiker, Spammer, Dudenverweigerer, Dudenfetischisten... alle vereint. Daneben noch drei bis dreißig halbwegs Argumentierende - das kann man auch ganz bleiben lassen (vor allem, da externe Links in Kommentaren eh oft gelöscht werden).

    • Finde das eine gute Idee, auch Fehler der Redaktion transparent zu machen oder auch kleine handwerkliche Schnitzer (Tippfehler, stilistische Schlampereien, falsche Links) schneller melden zu können. Übrigens hat die New York Times einen sehr guten Austausch mit ihrer Leserschaft, eine Art Leserbeauftragte ("Public Editor") recherchiert sogar nach, warum eine Geschichte erschien, wie sie erschien; oder warum eine Information fehlte. Siehe http://publiceditor.blogs.nytimes.com/author/margaret-sullivan/

  • Der Artikel leidet unter einem argumentativen Spagat. Einerseits wirbt er für seinen Haltung, damit, dass nicht hingenommen werden soll, dass "andere beleidig[t] oder sogar bedroh[t]" werden. Da kann man noch zutimmen. Dann soll das Ziel aber eine allgemein freundlichere Debatte sein. Es ist aber nicht klar, was mit hart geführten Debatten, die sachlichen Inhalt haben, geschehen soll.

    Wenn ich z.B. das erste Beispiel nehme, der das "Heimschicken aller" fordert, hilft das auch nicht weiter. Die Forderung entspricht sachlich offensichtlich der nach einer Abschaffung des Asylrechts. Das ist eine im Rahmen der Meinungsfreiheit gedeckte Meinungsäußerung. Ich kann auch nicht erkennen, wer dadurch beleidigt oder bedroht würde.

  • Feig? Wie “Jura Säufer” zb.?

    Man wird von der bewährten Methode des anonymen Postens nicht abgehen nur weil manche schwache User mit dieser Freiheit nicht umgehen können, die Konsequenzen dieses persönlichen Versagens aber nur zu gerne "den anderen" aufbürden wollen.

    Auf Ausflüchte wie "Mordaufrufe an Muslimen" will ich weiter nicht eingehen, es sieht ja eh jeder was da los ist...

  • Extreme Meinungen gehören zur Meinungsfreiheit dazu. Klar, kann man ausblenden, wäre sicher auch keine Zensur - aber letztlich würde man damit nur die Augen vor dem Problem verschließen, dass es da draußen eine Menge Menschen gibt, die eben eine andere Meinung haben und diese auch extrem formulieren.

    Es wäre besser, die Kommentarfunktion zu verbessern. Fast alle Publikationen haben einen einfachen Block, wo von oben bis unten alle Kommentare angezeigt werden. Dass da keine Diskussionen entstehen, sondern jeder nur seine Meinung ablädt und abhaut, ist kein Wunder.

    Bei Heise z.B. gibt es zu jedem Artikel Foren mit echten Threads. Während Widerspruch zu Extremmeinungen andernorts irgendwo in der Textwüste verschwindet, gibt es dort die Reaktion direkt im Kontext. Es entwickeln sich auch durchaus interessante Diskussionen, denen man leichter folgen kann als bei anderen Seiten.

    Vielleicht sollten sich Anbieter daran ein Beispiel nehmen, statt die Meinungsvielfalt unter dem Deckmantel der Harmonie einzuschränken. Viele Journalisten trauern wohl der guten, alten Zeit hinterher, in der sie die Hoheit hatten über die kleine Auswahl veröffentlichter Leserbriefe. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass die Kommentarfunktion bei manchen Artikeln schlicht gesperrt ist: Kein Widerspruch erlaubt.

    Sicher, das ist ihr "Hausrecht". Ich bin jedoch anderer Meinung.

    • Sie wollen ernsthaft ausgerechnet das Heise-Forum als positive Alternative herausstellen? Sowohl vom Inhalt als auch von der Struktur her ist das doch einer der finstersten Orte im deutschsprachigen Netz, darunter kommt höchstens noch Krautchan.

  • Guten Morgen,
    Entschuldigung, aber diese drei oben gezeigten Beispiele für negative Postings sind absolut harmlos.
    Ich habe 10 Jahre lang ein Diskussionsforum betrieben. Dort wurden z. B. Mordaufrufe veröffentlicht. Dort wurde über die Größe des Penis von Personen spekuliert, wurde mir mit analer Vergewaltigung, Schüssen mit Dum Dum Munition in den Schädel, der Vergewaltigung und Leichenschändung meiner Frau, der Folterung ihrer Mutter, der Ausbombung unserer Wohnung. OK, das ist übertrieben, das Geschlechtorgan war harmlos.
    Von den nächtlichen Terroranrufen ganz zu schweigen.
    Und dann liefern Sie so harmlose, süße Beispiele? Das ist alles? Das Wort "Tusse" ist harmlos, und es wurde nicht zur Ermordung einer Demonstrantin unter voller Nennung ihres Namens, ihrer Adresse und ihres Bildes aufgefordert.
    DAS sind Kommentare, über die man sich Gedanken machen muss.
    Mit besten Grüßen
    Thomas Berscheid

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