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Apple hat den Computer neu erfunden. Das iPad degradiert den User zum passiven Konsumenten




Dieses Gerät hat das Potenzial, die Welt portabler Geräte tiefgreifend zu verändern und die Vorherrschaft des Laptops anzugreifen“, sagt das Wall Street Journal. „Das iPad wurde von einer Gruppe von Perfektionisten entworfen und gebaut. Wer das Konzept mag, wird das Gerät lieben“, schreibt die New York Times. „Der Apparat macht einfach Sinn“, urteilt das PC Magazine.

13 Millimeter breit, 700 Gramm leicht mit einem Bildschirm, der so groß ist wie ein DIN-A5-Blatt – so sieht der begehrteste Computer am Markt aus. In den USA ist das iPad ab sofort erhältlich – ab 499 Dollar aufwärts. Hersteller Apple spricht von einem „magischen und revolutionären“ Produkt. Doch revolutionär ist das Gerät nicht, weil es etliche neue Tricks beherrscht – im Gegenteil: Das iPad kann vieles absichtlich nicht. Es eignet sich nicht zum Verfassen langer Texte, man kann damit nicht mehrere Anwendungen parallel laufen lassen oder selbst zum Programmierer werden. Vielmehr verändert es den Computer von einem kreativen Werkzeug hin zu einem Multimedia-Tool. Der Benutzer wird vom aktiven Mitgestalter zum passiven Konsumenten.

Früher saß man am Computer nach vorne gebeugt, die Hand auf der Maus, der Nacken war steif. Das iPad hingegen ist ein Medium zum Zurücklehnen. Im „App-Store“ können die Benutzer gratis oder gegen Geld Applikationen herunterladen, die „Apps“. Von der digitalen Ausgabe der New York Times über ein digitales Bücherregal mit eBooks bis hin zum Computerspiel reicht die Auswahl. Noch nie war es so bequem, Multimedia-Inhalte am Computer zu konsumieren, heißt es in ersten Tests. Dieser Komfort hat allerdings seinen Preis: die Wahlfreiheit.

Der kalifornische Weltkonzern bestimmt, welche Apps am iPad installiert werden können. Auch den Preis gestaltet Apple mit. Wenn eine Anwendung der Firma nicht genehm ist, fliegt sie raus. Das passierte zum Beispiel dem stern-Magazin, als es in seiner iPhone-Ausgabe eine Erotikgalerie zeigte. Apple sperrte die gesamte Applikation für einige Wochen. Dann einigten sich stern und der Konzern darauf, dass in der mobilen Magazinversion die Brüste von entblößten Mädchen verpixelt und somit unkenntlich gemacht werden. Nackte Haut ist den Amis zuwider, daran müssen sich auch europäische Printprodukte halten, wenn sie im App-Store Geld machen wollen.

Die Einschränkungen gehen sogar so weit, dass sich iPhone- und iPad-Besitzer nicht grenzenlos im Web bewegen können. Apple erlaubt nicht das Flash-Plugin der Softwarefirma Adobe. Dabei laufen die meisten Onlinevideos, viele Webgames und Webseiten nur damit. Wer ohne Flash die Nachrichtenseite Spiegel.de besucht, kann sich nicht die Videoclips ansehen, wer die Homepage des Café Prückel besucht, stößt nur auf eine Fehlermeldung.

Apple verbietet Flash, weil es angeblich unsicher und langsam sei und überdies zu viel Strom fresse. Da ist schon etwas dran, nur gibt es noch einen weiteren Grund, warum das Unternehmen so rigide vorgeht: Mit der Adobe-Software lassen sich auch kleine Computerspiele oder Web-Applikationen programmieren, die in direkter Konkurrenz zu den Kaufprodukten in App-Store stünden. Da würde sich Apple das eigene Geschäft verderben. Lieber sperrt es seine User aus Teilen des Internets aus.

Alle spielen mit, auch die Medienhäuser entwickeln eifrig iPad-Applikationen. Sie hoffen, dass der Konsument durch den handlichen Minicomputer endlich seinen rechtmäßigen Platz einnimmt: als zahlender Kunde. Über das iPad soll er wieder lernen, Geld für Nachrichten auszugeben.

Das iPad ist vor allem eine Geldmaschine. Zuerst wird der Konsument mit viel Werbung, großspurigen Ansagen, hübschem Design und den vielen Gratisapplikationen gelockt. Hat er einmal das Ding in der Hand, wird er ständig zum Kauf motiviert: Tolle neue Bezahlprogramme werden vorgestellt, mit ein paar Klicks können sich amerikanische User mobiles Internet kaufen. Das kostet 30 Dollar pro Monat.

Auch für Leistungen, die am iPhone noch kostenlos waren, verlangt Apple Geld: Gratis gibt es nur ein Softwareupdate. Wer zum Beispiel die Version 4.0 mitgeliefert bekommen hat, erhält das Update auf 5.0 noch gratis. Bei der Version 6.0 muss er dann zahlen. Wer eine Tastatur ans iPad anschließen will, findet dafür keinen USB-Anschluss, sondern muss 69 Dollar für einen speziellen Adapter hinblättern. Wer seine Fotos direkt auf das Gerät überspielen will, braucht das „iPad Camera Connection Kit“. Das kostet weitere 29 Dollar.

Natürlich ist es nicht neu, dass Computerhersteller Profit machen wollen. Das iPad treibt dieses Konzept aber auf die Spitze. Bis vor kurzem wusste der Konsument gar nicht, dass er ein solches Gadget überhaupt braucht. Nun wird ein geschlossenes System beworben, in dem er nur mehr konsumieren kann, was ihm Apple anbietet oder zulässt. Eine „Entmündigung der Bürger“ nennt das Jörg Kantel, Blogger und EDV-Leiter am Max-Planck-Institut, in der FAZ. Ausgerechnet eingefleischte Technikfreaks kritisieren also das Produkt. Sie sind jene, die gerne an den Geräten herumbasteln, möglichst frei damit herumspielen wollen und es gar nicht ertragen, wenn man ihnen zu strenge Vorschriften macht. All das tut das iPad.

Medientheoretiker unterscheiden zwischen „Pull-“ und „Push-Medien“. Push-Medien geben den Konsumenten sehr stark vor, welche Inhalte sie nutzen können. Der Fernseher liefert zum Beispiel eine Auswahl an Programmen, der Konsument kann gerade noch den Kanal wählen und sich dann berieseln lassen. Ein klassisches Push-Medium also. Der Computer hingegen ist Pull: Sein Benutzer zieht sich selbst die Informationen aus dem Netz, er stellt sich sein eigenes Programm zusammen, kann sogar zum Programmierer, Regisseur oder Autor werden. Das könnte sich nun ändern. Mit dem iPad wird der Computer zum Push-Medium degradiert.

Realistisch betrachtet wird das vielen Konsumenten gefallen. Nicht jeder will selbst Anwendungen entwickeln oder zuhause arbeiten. Viele haben für diese Tätigkeit ohnedies schon genügend Geräte, warum nicht noch ein zusätzliches für die Freizeit, für die lange Zugfahrt oder den gemütlichen Abend am Sofa? Was dem einen an dem Ding gefällt, schreckt die anderen ab. iPad ja oder nein? Letztlich ist das eine Ideologiefrage. Die Antwort hängt davon ab, wie sehr man am Computer als kreativem Gerät festhält oder sich dem Konsum hingibt.




Dieser Kommentar ist im Falter 14/10 erschienen. Illustration: Jochen Schievink

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  • liebe ingrid, schön, dass es dich gibt! jede woche lese ich genussvoll deine kolumne und diesmal- ja es passt jedes wort- die nicht liker sind dieselben leute, die auch am gang nicht grüßen! klar- ja, denen fehlt es am emphatie und dass der like -knopft ist wie das lächelen des internets------ das kling wie eine wunderbare musik in den ohren- würde ich so gerne dir ein paar likes schenken! bleibe dir treu und stark wie du bist und macht deinen weg! ganz lg grüße irena

  • Vielen Dank für die ausführliche Behandlung des Themas. Damit sollten nun wirklich alle Fragen beantwortet sein.

    Ich weiß den Aufwand zu schätzen!

    Gottfried

  • 1.) Das ist natürliche eine Auslegungsmöglichkeit, eine Einzelmeinung, die von StA od. vom Ministerium völlig anders ausgelegt werden kann und durch einen "Erlass" völlig anders regeln kann.

    2.) was in Ö nicht gespeichert wird, wird oftmals im Ausland gespeichert (anderswo gibts auch die #dvs) sodass man sich halt von anderen Ländern wie D mittels Verfahrenshilfe (oder CD-Ankauf) die Infos holt.

    3.) auch bei nicht-schweren Straftaten oder Nicht-Straftaten stellt man einfach einen fingierten oder übertriebenen "Verdacht" in den Raum, sodass man die Daten auch Unschuldiger (oftmals Dissidenten bzw. Andersdenkender) auswertet. Das ist ein ur-, ur-alter Schmäh in der Juristerei.

  • Hast mein volles Mitgefühl.
    So war es für mich als man (Verbrecher) mein Rad klauten

  • ich finde es sehr schön den herrn piraten mit seinem eigenen businessmodell zu konfrontieren. das will er dann auch nicht: wie ein künstler bezahlt werden.
    ich kann ihm auch nur raten, einmal flattr auszuprobieren. wenn er sich davon ein bier im halbjahr leisten kann, hat er glück.
    so sehr ich gegen panikmache und kriminalisierungen bin, die lösungen der piraten sind nicht im geringsten tauglich.

  • Der Pirat ist völlig vernebelt mit seinem "huuuuuh, Interneeeet! Und Flattr-Cents & CC retten uns alle" und Clara Luzia pocht (mir) zu sehr auf "Wenn du Musik hören willst, zahl dafür".

    Erst einmal, was ist das für ein Ansatz "wovon sollen professionelle Musiker leben?".
    Ist man nicht dann erst professionell, WENN man davon lebt?
    Was soll dieses Berufsmusikertumdingens-ho​chgehalte? Wenn man davon leben kann, ist es großartig, aber wenn nicht, muss man sich halt tatsächlich andere Wege suchen, "an das Geld der Fans zu kommen"; sei es Merchandise oder besondere nichtdigitale Extras beim Album oder besondere Livequalitäten/"eine gute Show" oder sich reicherem, (älterem?) Publikum anbiedern oder oder.
    Oder man ist halt nicht "Berufsmusiker" und muss sich wie viele andere Künstler aus anderen Bereichen mit Nebenerwerben oder Auftragsarbeiten durchschlagen.
    Das kann einfach nicht mehr Rückgängig gemacht werden.
    Es "wird" doch heutzutage nicht ernsthaft jemand MusikerIn, im Glauben, vom Verkauf von Alben leben zu können..?

    Es ist schade, dass Musik oft nicht gewertschätzt wird, DAS sollte sich tatsächlich ändern. Aber in einer Zeit, wo jede_r, der Musik machen will und ein paar hundert Euro in einen PC/Instrumente investieren kann, auch Musik machen kann, ist jammern auch das falsche. Der Kuchen ist ja gleich groß, bzw. kleiner - er wird aber in viiiiiel mehr kleine Stücke geteilt.

    (Und einer der erfolgreichsten Acts des Landes zu sein, reicht heutzutage natürlich nicht aus, wenn dieses Land die Größe von Österreich hat man und außerhalb des FM4-Universums wenig Aufmerksakeit bekommt...ich weiß ja nicht mehr genau, wie es "vor dem Internet" war, aber ich behaupte mal, dass es vor 20 Jahren nicht so viele österreichische Acts gab, die außerhalb der Landesgrenzen Beachtung bekamen..?)

    • stimmt, doch das mit den paar hundert euro stimmt überhaupt nicht, klar kannst Du musik machen mit billigsdorfer ausrüstung, doch das klingt dann eben jämmerlich, noch ist es nicht möglich nur annähernd den sound zu schaffen, der in millionenteuren studios produziert wird. eine akustische gitarre die wirklich gut klingt kostet minimum 3000 euro. eine komplette adäquat klingende CD mit 11 songs kostet an die 40 000 Euro. marketing ist da noch keines dabei und don't forget wer bezahlt die musiker, techniker und co., als einzelindividuum kannst Du vieles selber erreichen, doch es ist ein unterschied ob Du dich auskennst mit soundtechnik oder dies als beruf ausübst, ergo wird die qualität der musik vorerst rapide zurückgehen. wirklich begabte musiker werden zu beginn das handtuch werfen, denn wer will sich das ganze noch geben, es wurde durch die gratismentalität noch schwieriger sich gegen konzerne und gaballiers als auch ötzis durchzusetzen, denn nur wer das geld hat kann sich qualität leisten, der rest kann bleiben wo der pfeffer wächst und wer wirklich eine ahnung hat von der materie wird sich nicht die blösse geben ein home recording konstrukt anzubieten, geschweige denn dass man sich das selber anhören will, klingt eben shei....e, und die , die das gegenteil behaupten, kennen sich eben nicht aus, es gibt ja auch bei castingshows leute, die denken superstars zu sein und verstehen die welt nicht mehr wenn sie zur sau gemacht werden. dennoch hast Du gute ansätze in Deinem posting, lg

      • mein hobby kostet bisher auch leicht 20.000,- ich nenne mich deshalb aber nicht profesioneller radrennfahrer und jammere über die geringen preisgelder bzw mangelnde sponsoringverträge...

        • nicht alles was hinkt....
          Dass dein Hobby dich eine gewisse Menge Geld gekostet hat, ist zwar schön, hat aber nicht das geringste mit dem Thema zu tun. Die Begriffe "Professionalisierung" und "erfolgreich" sind im Gegensatz zu dir als Rennradfahrer von aussen zugeschriebene und hinsichtilch Marktdurchdringung und kultureller Identität legitime Begriffe. Wenn du Rennrad fährst, interessiert das abgesehen von deinen Angehörigen wahrscheinlich niemanden, wenn CL´s Album ins Netz gestellt wir, werden 10.000 Downloads getätigt. You see??

  • Interessantes Interview der liebe Herr Kopaczynski argumentiert mMn sehr schwach - kann auch sein dass da Argumentationslücken der Piraten widergespiegelt werden.

    Was mir fehlt ist allerdings die Diskussion über Vertriebswege/modelle von Musik per se z.B. Frage an C.L. "Wieviel Geld bekommst Du raus beim Albumverkauf um €10?"

  • Als Urheber meine ich mittlerweile: Jeder Generation das Recht auf Utopie. Unverständlich ist allerdings, dass die Piraten bislang nicht in der Lage sind, den §42 des Urheberrechts sinnerfassend zu lesen. Das Recht auf Privatkopie existiert seit den sechziger Jahren!

    Eindeutig NICHT privat ist natürlich, wenn man ein geschütztes Werk (dessen Veröffentlichungsrecht man nicht hat) ins web stellt und so einen schwarzen Gratis-Vertriebskanal zu geschätzten 2 Milliarden potenzieller Konsumenten eröffnet. Das sollte auch jedem Teenager einleuchten. Und wenn nicht, sind die Erziehungsberechtigten gefordert. Man lässt Kinder ja auch nicht die Autobahn überqueren.

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