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Die tiefgreifende Angst der Generation Milchkaffee

„Reiche Eltern für alle“ wollen sie, „freie For$chung“ mit Dollarzeichen lehnen sie ab, und am liebsten wäre ihnen „Luxus für alle, statt Profit für wenige“. Die Transparente der Demonstranten sind plakativ und unterhaltsam. Aber was wollen uns die Studierenden damit überhaupt sagen? Antworten darauf gibt es im neuen Buch „Uni brennt“, das von Audimaxisten – nämlich der Arbeitsgruppe Buchveröffentlichung – herausgegeben wurde und Beiträge namhafter Autoren sowie engagierter Studenten versammelt.

Angst dominiert das Buch. Vor allem jene, die Universität werde von einer Stätte freier Bildung zu einer Fabrik für gleichgeschaltete Fachidioten umgebaut. „Ein wesentliches Moment des zeitgenössischen Bildungsbegriffs ist die Reduzierung des Denkens, Forschens und Redens über Bildung und Lernen auf Erziehung, Schulung und Ausbildung. Es herrscht ein transitives Bildungsverständnis vor, nach dem Menschen als Objekte gesehen werden“, schreibt etwa der Soziologe Paul Kellermann.

Der Bildungsbegriff wurde umgedeutet, die Hochschulen dementsprechend reformiert. Plötzlich war überall von Outcome, Rankings und Employability die Rede.

Welche Auswirkungen das für den Einzelnen hat, erklären Lehrende und Studierende. „schon in der grundschule habe ich als den wichtigsten lerninhalt gleichsam mit der lauwarmen vanillemilch aufgesogen, dass es später für mich keine arbeitsstelle geben wird. (…) zu einem zeitpunkt also, als ich noch nicht einmal wusste, was ein job ist, habe ich gelernt, dass ich ihn begehre, erstrebe und wünsche, ohne ihn erlangen zu können“, schreibt etwa die Literaturwissenschaftsabsolventin Stefanie Grutsch, Jahrgang 81, in ihrem Beitrag über die „generation milchkaffee“.

Neu ist diese Kritik natürlich nicht, aber in mehr als 40 Texten auf 318 Seiten ergibt sich doch das Stimmungsbild einer Bewegung, deren Unbehagen tiefer greift als bloßer Ärger über schlechte Studienbedingungen und volle Hörsäle. Wer die gesellschaftlichen Ängste der Audimaxisten und die Bedeutung manch eines Demo-Transparents nicht verstanden hat, sollte hier nachlesen.


Infos zum Buch
– Podiumsdiskussion am Do, 18. März, im Depot (7., Breitegasse 3), 19 Uhr, mit Autorin Marlene Streeruwitz, Bildungsexperte Erich Ribolits u.a. >> Blog der AG Buchveröffentlichung
– Hg. von Stefan Heissenberger, Viola Mark, Susanne Schramm, Peter Sniesko, Rahel Sophia Süß: Uni brennt. Turia + Kant, 318 S., € 24,–. >> Verlagsinformation


Diese Rezension wurde im Falter 11/10 veröffentlicht. Bild: Turia + Kant

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  • Wer keine Sorgen hat, der macht sich welche und untermauert sie auch noch wissenschaftlich... 🤣

  • Eine weitere Ursache könnte sein, dass solche Falschmeldungen aus journalistischer Sicht einfach "origineller" und damit auffälliger sind als die "alltägliche Wahrheit". Journalist/innen wollen, dass ihre Meldungen möglichst gut ankommen. Dafür haben sie vor allem zwei Möglichkeiten:
    1.) Sie finden ein Sensation und berichten darüber.
    2.) Sie erfinden eine Sensation und berichten darüber.
    Nur Qualitätsjournalist/innen haben eine dritte Option:
    Sie gehen in die Tiefe und decken Hintergründe sowie Beweggründe von Geschehnissen auf. Damit erreichen sie aber leider meist nicht die Massen.

  • zu 9: correctiv meldet am Schluss, dass nicht 2,6 sondern 5,3% aller Immigranten als Flüchtlinge anerkannt wurden. Wow, das ändert die Lage ja völlig, Hahaha!! Heißt jetzt, mit "5 von Hundert" wäre die Schlagzeile korrekt, die Aussage der Schlagzeile, dass nur ein verschwindend geringer Anteil der uns immer als "Flüchtlinge" verkauften Menschen tatsächlich Flüchtlingsstatus haben, bleibt also völlig intakt!

  • Zu dieser Thematik fallen mir gleich eine ganze Reihe von Zitaten ein, die belegen, dass die hier behandelten sozialen Wirkungen schon längst bekannt sind und kein wirklich neues Phänomen darstellen.
    „Aus Lügen, die wir ständig wiederholen, werden Wahrheiten, die unser tägliches Leben bestimmen.“ Hegel (1770-1831)
    „Nicht Tatsachen, sondern Meinungen über Tatsachen, bestimmen das Zusammenleben“ Epiktet (um 50 bis 138 n.Chr.)
    Und der größte Unsinn ist der Spruch im Volksmund:
    „wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“
    Richtig ist: „wer ständig lügt, dem glaubt man schließlich“
    oder wenn oft genug Falsches gesagt, gedacht, geschrieben wird, wird es richtig!
    Siehe dazu auch solch banale Dinge, wie die Falschschreibung(sprechung) des Adjektivs extrovertiert.
    Natürlich heißt es extravertiert, aber es wurde die letzten 50 Jahre so oft falsch geschrieben und gesprochen, dass es schließlich in der falschen Form im Duden gelandet ist....
    keep groovin´& over the tellerrand thinkin´´

  • Tja, wenn's nur immer so leicht ginge eine Fake News zu identifizieren. Genau Schritt 3 ist nämlich das Problem - in vielen Fällen lässt sich eben nicht oder erst viel zu spät nachweisen, dass gezielte Irreführung betrieben wird. Und dann ist eine Fake News schon eine gewisse Zeit Fakt News geworden...

  • Ungefähr jedes Merkmal oder jede Manipulationstechnik, die hier exklusiv "rechts" zugeschrieben wird, ist von allen Akteuren im politischen Spektrum in exakt der angeprangerten Form genutzt worden und wird es weiterhin. Die "AfD-Wut" über irgendwas unterscheidet sich beim Facebook-Emoji nicht von der Wut über Lohnungerechtigkeit oder tote Kinder am Strand unter einem taz-Artikel, die patriotische App unterscheidet sich funktional rein gar nicht von gleichartigen Apps, die zur "Vernetzung von Protest" erstellt wurden und nun ja, "Revolutionsversprechen" sind rechts? ... kicher ... schon mal auf 'ner 1.Mai-Demo gewesen?

    • Es gibt signifikant messbare Unterschiede zwischen den Parteien - dass die AfD stärker Wut erntet als andere, ist das Ergebnis dieser Untersuchung von Josef Holnburger: http://holnburger.com/Auf_den_Spuren_des_Wutbuergers.pdf Man kann dort auch alle anderen Parteien ansehen und nachlesen, welche Reaktionen diese ernten. Aber natürlich: Wut ist eine universelle Emotion, gesellschaftlicher Wandel wird oft über Wut erreicht, zB weil Menschen einen unfairen Zustand nicht länger hinnehmen wollen. In meinen Augen macht es einen qualitativen Unterschied, in welche Richtung Parteien Wut einsetzen - problematisch wird Wut meines Erachtens, wenn man sie gegen gesellschaftlich schwächer gestellte Menschengruppen einsetzt

  • Vielleicht nur am Rande (oder auch gar nicht...) interessant, aber hier noch ein kleiner Exkurs zum Thema Technologie und Utopie: Bereits im Zusammenhang mit elektrischer Telegrafie und mit der Verlegung des ersten transatlantischen Unterseekabels in den 1850er/60er Jahren äußerten Zeitgenossen immer wieder die Idee, dass, sobald dieses Kabel verlegt und somit Kommunikation im Minutentakt zwischen Großbritannien und Nordamerika möglich sei, eine Ära immerwährenden Friedens zwischen GB und den USA ihren Anfang nähme. Wer sich minutenschnell austauschen könne, der könne schließlich alle potentiellen Konflikte oder Unstimmigkeiten im Nu aus dem Weg räumen. Bald musste man aber feststellen, dass dem nicht so war, wobei hier unterschiedliche Faktoren ihren Teil dazu beitrugen (hohe Kosten pro Nachricht, weshalb diese stark verkürzt wurden, diplomatisches Prozedere, das mit dieser neuen Form der Kommunikation nur schwer zu vereinbaren war, etc.) - In der britischen Presse der damaligen Zeit wurde diese Entwicklung dann wiederum ausgesprochen reflektiert betrachtet und techniksoziologische Betrachtungen angestellt, die heutigen Ansätzen in nichts nachstehen (ich habe da nur Einblicke in die britische Presse, wie an anderer Stelle darüber geschrieben wurde, weiß ich nicht). Ironischerweise war es dann einige Jahrzehnte später ein Telegramm, mit dem Österreich-Ungarn Serbien den Krieg erklärte...
    Aber wie gesagt... das nur am Rande.
    Ansonsten - schöner Vortrag! Like! Respect! :)

    • Das ist total spannend! Sorry für die späte Antwort, aber hatte den Kommentar noch gar nicht gesehen: Das ist eine extrem interessante Anekdote! Ist das vielleicht irgendwo beschrieben, wo ich mehr dazu lesen kann? Ich sammle solche Beispiele auch gerne, weil man weiß nie, wo man solche Beispiele unterbringen kann... Auf jeden Fall: Danke schön für die interessante Rückmeldung!

  • „Politische Diskussionskultur“ - das ist freilich speziell in Österreich sowieso eine der permanent endangered species.

  • Bald sind wir so durchgeregelt, dass wir gar keinen Spielraum mehr für Meinungsbildung haben und nur noch das politisch Erwünschte denken. Wünsche aber sind keine Rechte. Sie sind höchstens ein Anzeichen verwöhnten Wohlstands, der Befindlichkeiten zum Nachteil aller anderen hochhält, Menschen gegeneinander ausspielt und Beliebigkeit statt Kritik- und Konfliktfähigkeit kultiviert. Haben wir uns zur modernen Wohlstandsgesellschaft entwickelt, um solche Menschen zu werden?

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