Der Aufstand der Eltern
Drei von vier Wienern fordern eine Ganztagsschule. Konservative Bildungspolitiker kommen in Bedrängnis
78 Prozent sagten also Ja. Sie stimmten für die Einführung einer flächendeckenden Ganztagsschule, so das Zwischenergebnis vom Dienstag. Über die Bedeutung der Volksbefragung wird derzeit heftig gestritten, bisher sind 276.834 Stimmen gezählt, nach dem derzeitigen Stand hat rund ein Viertel der Wahlberechtigten mitgestimmt. Eines ist aber offensichtlich: Es gibt den großen gesellschaftlichen Wunsch, dass die Schule auch am Nachmittag für ihre Kinder da ist.
Erziehung, Förderung, Herzensbildung. Das sind zunehmend Aufgaben, die auch die Schule übernehmen muss. In Wien gibt es besonders viele Familien, bei denen beide Elternteile arbeiten. Der Ruf nach mehr Nachmittagsbetreuung ist in der Hauptstadt besonders laut: 71 Prozent der Wiener Eltern würden ein ganztägiges Schulangebot für ihre Kinder nutzen, weitere elf Prozent tun das schon jetzt, ergab erst kürzlich die Elternbefragung des Ministeriums (Studie als PDF hier). Somit äußern acht von zehn Eltern den Wunsch, dass ihr Nachwuchs nachmittags von der Schule betreut und gefördert wird.
Die Sozialdemokraten erkennen das Thema. Die Ganztagsschule ist die logische Antwort auf den veränderten Berufsalltag, sie kommt vielen Jungfamilien entgegen, die mühevoll ein Nachmittagsprogramm für ihren Nachwuchs organisieren müssen und oft nicht mit der Qualität der Betreuung zufrieden sind: So kann es auch passieren, dass die Kinder ihre Nachmittage nur in dunklen Räumen ohne Bewegungsfreiheit verbringen oder gar keine richtige Hilfe bei den Hausaufgaben bekommen.
Das ist aber nicht einmal das wichtigste Argument für die Ganztagsschule. „Sie beseitigt auch wesentliche soziale Unterschiede“, sagt etwa Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch. Eine Schule, die die Kinder nicht um zwölf Uhr nachhause schickt, muss mehr Verantwortung für die Sprösslinge übernehmen. Jene Kinder, die derzeit keine Nachhilfe gezahlt bekommen, die nachmittags nicht in den Schwimmkurs oder Klavierunterricht geschickt werden oder die außerhalb der Schule vielleicht selten Deutsch sprechen, profitieren am meisten von ihr. Deswegen empfiehlt die OECD schon jetzt, dass Österreich die Ganztagsschule ausbaut. Das würde speziell Migrantenkindern helfen.
Eine „verschränkte Ganztagsschule“ will die SPÖ, bei der sich Unterricht, Freizeit und Förderprogramme abwechseln. Anwesenheitspflicht herrscht dort von acht bis 16 Uhr, bis 17.30 Uhr gibt es zusätzlich ein freiwilliges Betreuungsangebot. Die Abwechslung von Lern- und Ruhephasen entspricht der Art, wie Kinder lernen: Statt am Vormittag den geballten Stoff in ihre Köpfe hineinzupressen, sind in der Ganztagsschule Lern- und Ruhephasen auf Vormittag und Nachmittag verteilt. In fünf bis sieben Jahren soll es in jedem Bezirk eine solche Ganztagsschule geben, ausgenommen AHS. Für die Gymnasien ist der Bund und nicht das Land zuständig.
Es mag zaghaft wirken, dass die SPÖ nur in kleinen Schritten das Angebot ausbaut. Doch das ist die vorsichtige Strategie der Genossen. Die wollen nach und nach der Bevölkerung schmackhaft machen, dass Schulen nicht schon mittags zusperren. Ideologisch wünscht sich die SPÖ dieses Modell natürlich langfristig. „Im internationalen Vergleich sind jene Länder besonders erfolgreich, die die Gesamtschule als Regelschule haben“, sagt etwa Stadtrat Oxonitsch, der sich aber davor hütet, von „Verpflichtung“ oder gar „Zwang“ zu sprechen.
Die 78 Prozent Zustimmung geben der SPÖ nun Rückendeckung bei der Auseinandersetzung mit konservativen Bildungspolitikern und Lehrergewerkschaftern, die auf freiwillige Nachmittagsbetreuung pochen und damit den flächendeckenden Ausbau erschweren. Das Ergebnis zeigt auch, dass sich die Gesellschaft verändert hat und viele Menschen dazu stehen. Mit ihrem Ja haben sie nicht nur für bessere Betreuung am Nachmittag gestimmt, sondern auch signalisiert, dass der staatliche Bildungsauftrag nicht um zwölf Uhr Mittag enden kann und danach die Eltern alleine verantwortlich sind, welche Chancen ihre Kinder im Leben bekommen.
VOLKSBEFRAGUNG
Laut Zwischenergebnis vom Dienstag nahmen 26 Prozent der Wahlberechtigten an der Volksbefragung teil, einige Briefwahlstimmen werden aber noch ausgezählt. Eine klare Mehrheit sprach sich für Hundeführerschein, Hausmeister und Ganztagsschule aus, ein knappes Ja zeichnet sich für die Nacht-U-Bahn ab. Das Endergebnis mit allen Briefwahlstimmen wird für den 24. Februar erwartet
Dieser Artikel ist im Falter 07/10 erschienen. Fotos: Heribert Corn und Wienwillswissen.at
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Ich glaube, dem ORF fehlt der Mut, wirklich zu diesen komplexeren Serien zu stehen und auch in Kauf zu nehmen, dass sie nicht ad hoc ein Massenpublikum anziehen. Für den Artikel habe ich mit mehreren Fernsehmachern oder -experten gesprochen und ein spannender Aspekt an dem Ganzen ist auch die Frage der Programmierung: Zu welcher Uhrzeit läuft was und weiß das Publikum das überhaupt?
Beispiel Serienmontag im ORF. Den gibt's mittlerweile seit ein paar Jahren und die Zuseher können sich darauf verlassen: Am Montag laufen abends unterhaltsame Serien wie Grey's Anatomy oder CSI NY. Das funktioniert sehr gut, weil der Serienmontag zu einer Art Marke des ORF wurde.
Wenn hingegen neue und komplexere Serien gar keine Chance gegeben wird und sie nach mittelmäßigen Quoten sofort in die späte Nacht verbannt werden, kann sich das Publikum gar nicht daran gewöhnen, dass es zu einer gewissen Uhrzeit einschalten und hochqualitatives Programm sehen kann.
Ich fände es zum Beispiel spannend, wenn der ORF sagen würde: Mittwoch ist unser Abend für anspruchsvolle, aber sehenswerte Serien. Egal, ob diese dann Californication, Dexter oder Damages heißen, kann man sich als Zuseher merken: Wenn ich am Mittwoch einschalte, erwartet mich kein Blödsinn, sondern gutes Programm. Natürlich ist die ganze Thematik noch komplexer als das. Aber eine verlässliche Programmierung ist wahrscheinlich ein wichtiger Aspekt beim Erfolg einer Serie.
Sowas wurde doch auch mit der Donnerstag Nacht versucht. Die war mal wirklich gut! Serie - (Grey's) - Serie (House) - Die 4 da - Sendung ohne Namen - Serie (My name ist Earl) oder so. Hat sich auch nicht so recht durchgesetzt. Die 4 da war dem ORF wohl zu systemkritisch.
Es ist ja nicht so, dass komplexere Serien nicht dem Zuseher Angeboten wurde. Auf alle Fälle gab es die erste Staffel Rom zu sehen und falls ich mich nicht komplett irre auch Band of Brothers. Für Rome wurde einiges an Werbeaufwand betrieben und soweit ich mich erinnern kann waren die Folgen mit 21:05 auch zu einer brauchbaren Uhrzeit.
Was zusätzlich noch zur ganzen Thematik aber auch die Frage aufwirft, warum sich die Masse des Fernsehpublikums lieber den 27sten Aufguss einer Castingshow ansieht als eine komplexe, spannende Fernsehserie und ist es wirklich so, oder ist es die Auffassung der ORF Programmgestalter?
Ist es echt nur, weil man dann ja keine Folge verpassen darf und der ORF mit Wiederholungen zu unflexibel ist, oder ist es weil sich Großteil des Publikums nur stumpfsinnig berieseln lassen will? Und wer hat den Konsument so werden lassen, wurde man durch immer mehr werdenden Stumpfsinn ausgehöhlt oder fordert das Publikum Stumpfsinn einfach ein?
Eines der Hauptprobleme ist jedoch nicht das vervollständigen von Daten, sondern die meist Kontextlose Verwendung.
Vor einigen Tagen erst wurde der Erfolg des neuen Personalausweises gerühmt, mit der bestärkenden Information, dass die Online Abfrage in der Verkehrssündenkartei im Vergleichszeitraum um 200% gestiegen ist. Problematisch nur, wenn man bei dieser Erfolgsstory verschweigt, dass es sich hier gerade mal um eine 2-stellige Personenzahl handelt.
Viele Daten werden einfach so weit herunter-reduziert, dass man jede gewünschte Aussage damit untermauern kann.
Gut geschriebener Artikel - vor allem der Titel gefällt mir :-)
Leider ist mein Zitat ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen. Ich halte auch das jetzige, wenn auch noch kleine Angebot der Stadt Wien in Sache offene Daten keineswegs für einen Witz, sondern ganz im Gegenteil: Wien wird denke ich für andere österreichische Städte und auch den Bund Vorbild und Benchmark sein, was die nachhaltige Veröffentlichung von Datensätzen betrifft.
Das auch mit wenigen Datensätze bereits nützliche Apps und Visualisierungen erstellt werden können, zeigt außerdem ja das App-Verzeichnis auf data.wien.gv.at
Natürlich ist der Weg zur vollständigen Integration von Open Government-Prinzipien in der Wiener Stadtverwaltung/in Österreich noch weit (im Vergleich zu Großbritannien beispielsweise), aber die Richtung stimmt mal würde ich sagen :-)
Möchte gerne auf meinen Artikel in der Zeitschrift "Die Zukunft", Juli 2010, verweisen:
"Open Government - let the sunshine in"
http://diezukunft.at/?p=1463
sowie auf meine Linksammlung auf: http://bit.ly/aEwPsW
Mit besten Grüßen
Rudolf Legat
http://www.ref.gv.at/uploads/media/Oesterreichs_Weg_zum_Europaeischen_Shared_Environmental_Information_System.pdf
Darum habe ich Sky – Abo!
Verstehe den Artikel - frag mich aber nach dem Sinn ...
meiner Meinung nach sollte der ORF weniger Serien bringen. Das kann man ja den anderen (privaten) überlassen.
der ORF sollte das Geld nehmen und eigene Formate entwickeln. Und wenn alle in die Hose gehen - was soll's? Immer noch besser als teure Serien zu kaufen, die sich dann nur die drei Leute (du und die anderen hippen Hyper [gebildet]) ansehen, die ein Bedürfnis danach haben, die Speerspitze von etwas zu sein, das eben hipp-gehypt wurde von jemandem, der das schon ist (Nüchtern vielleicht in dem seltsamen Artikel über die Serien - vor ein paar Faltern). Das klingt jetzt nicht so gemein, wie es klingen sollte. :-)
Domainnamen haben sich in Wahrheit nie wirklich durchgesetzt und sind bereits jetzt auf dem Rückzug, wo Otto-Normal-Nutzer sowieso nur mehr ein Stichwort in das Suchfeld des Browsers eingibt, und damit im Extremfall nach Google googlet.
Mit den neuen TLDs wird das Chaos nur noch größer, niemand wird sich zusätzlich zu einem Stichwort auch noch die Endung merken (heute: implizit ".com").
Schade.
Ich würde derartige Verallgemeinerungen vermeiden. Mathematik war für mich das einfachste Fach überhaupt, habe nie etwas gelernt, nicht aufgepasst und trotzdem fast nur "Sehr Gut" erhalten; dafür waren Aufsätze in allen unterrichteten Sprachen meist eher rot angezeichnet. Dennoch bin ich der Meinung, dass der Mathematik-Unterricht an der AHS, so wie er jetzt stattfindet, sinnlos ist.
Frage: Ist Loslösung von der Gesellschaft per se schlecht?
2. Frage: Wie kann ich eine Vorstellung/Vision haben, wenn ich im banalen (nicht negativ gemeint) feststecke.
Das Problem bei unseren doch oft sehr dumpfen Volksvertretern ist, dass viele von ihnen losgelöst von der Gesellschaft skuril banal sind.
Hat wenig mit dem Thema zu tun - gebe ich hin. Ich habe mich durch den Artikel gequält ... seit wann brauchen artikel twists. Muss der Leser bis zum Schluß im Unklaren bleiben wo es hingeht?
LG Paolo