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Der Lift des Grauens

Der Schlepplift ist ein aussterbendes Fortbewegungsmittel. Warum es sich trotzdem lohnt, im Skigebiet zum Doppelbügel zu greifen


Beim Sessellift wird eine Heizung eingebaut, der alte Babylift durch eine Acht-Personen-Gondel ersetzt, direkt zum Hang kommt ein Parkhaus. Zweifelsohne ist der Wahnsinn in den heimischen Wintersportorten ausgebrochen. Sie verpulvern Abermillionen Euro für Beschneiungsanlagen, neue Lifte und noch mehr Pisten, um mindestens genauso modern, komfortabel oder luxuriös wie die Nachbarregion zu wirken. Das alpine Wettrüsten fordert seine Opfer. Das Erste davon ist der Schlepplift.

Immer häufiger wird er von Sesselliften oder gar Gondeln ersetzt. Jeder Wintersportler weiß, warum: Der Schlepplift ist ein Fortbewegungsmittel für Masochisten. Da muss man in der eisigen Lifttrasse hin- und herbalancieren, anstatt sich entspannt zurückzulehnen. Auch bietet der Lift keinerlei Schutz vor Wind oder Schneefall. Die Snowboarder klagen, dass ihnen der Bügel gegen den Oberschenkel drückt. Das tut schon ordentlich weh, vor allem wenn die Strecke steil wird.

Warum also Schlepplift fahren? Weil es manchmal die einzige oder schnellste Beförderungsmethode ist. Weil der Bügel vielen älteren Sesselliften davondüst und es selten zu Wartezeiten wie bei der Gondel kommt. Aber auch weil so eine Fahrt mit dem Schlepplift eine Reise in die Vergangenheit ist. In eine Zeit, als Skier noch nicht krumm wie Bananen waren und Snowboarden als neuartige Trendsportart noch in weiter Ferne lag.

Wer heute vor dem Drehkreuz steht und Richtung Liftwart schaut, wird womöglich an den Skikurs als Kind zurückdenken, an die vereisten Lifttrassen und die ulkige Wintermode der 80er-Jahre – mit Ganzkörperskianzug. Oder an die netten Konversationen, die man mit wildfremden Menschen führte. Nicht durch Zufall wurde der Doppelbügel bei seiner Einführung in den 1930er-Jahren auch „Sie- und-er-Bügel“ genannt. Am Schlepplift lernte man sich noch kennen.

Heute ist das anders. Der Schlepplift ist ein einsames Fortbewegungsmittel geworden, man kommt dabei kaum mit Fremden ins Gespräch – denn die sitzen meistens am Sessellift. Wer es eilig hat oder ungestört alleine Ski fahren möchte, ist nun am Schlepplift richtig: Ruckzuck hat man den Bügel in der Hand. Natürlich gibt es noch immer Skigebiete mit ausschließlich Schleppliften. Sie haben zwei Vorteile: günstigere Tageskarten und vergleichsweise leere Pisten.

Eines lässt sich nicht leugnen: 75 Jahre nach seiner Einführung ist die Zeit des Schlepplifts vorüber. Er lebt vor allem in der Erinnerung als „Lift des Grauens“ weiter. Fast jeder Skifahrer oder Snowboarder kann eine gute Geschichte davon erzählen: Zum Beispiel wie man sich als Kind vor dem Bügel fürchtete. Der raste auf einen zu, hang viel zu hoch in der Luft und man musste sich richtig anstrengen, um das Ding auf Popohöhe zu ziehen. Welcher Sadist hatte sich das ausgedacht? Und wer war auf die Idee gekommen, ausgerechnet auf den steilsten Hängen sauschnelle Lifte zu eröffnen? Dann fiel ein Skifahrer kurz vor dem Ausstieg hinaus und alle anderen kullerten die Lifttrasse hinab. Die steilen, gefährlichen Schlepper wurden dann als Erste durch abgehobene Seilbahnen ersetzt. Nicht nur die Skiressorts sind wahnsinnig geworden, dass sie so viel Geld in ihre Sessellifte stecken (die Geräte kosten zehnmal so viel wie ein neuer Schlepper). Auch die Konsumenten haben ein irrsinniges Bequemlichkeitsbedürfnis über der Baumgrenze entwickelt. Sie fahren Carving-Ski, die die Schwünge fast von selbst machen, wollen Schnee, selbst wenn es nicht schneit, und für die 40 Euro teure Tageskarte erwarten sie etwas anderes als den archaisch wirkenden Doppelbügel.

Fazit:

Der Schlepplift ist das Überbleibsel einer Zeit, als Wintersport noch deutlich unbequemer war. Wer den fehlenden Komfort in Kauf nimmt, wird mit kürzeren Wartezeiten oder sogar günstigeren Tageskarten belohnt.



Diese Mobilitätskolumne ist im Falter 01-02/10 erschienen.

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  • Mich würde interessieren, wie es dir in und nach den 2 Wochen gegangen ist.
    Aus dem Falter wissen ja alle, dass du dein Handy mit ins Bett nimmst ...

    • Gute Frage! Grundsätzlich war es angenehm, ich habe auf meinem iPhone den Mail-Account gelöscht, hatte gar nicht das Bedürfnis, all die eintreffenden Mails zu lesen. Doch dann habe ich selbst gegen mein Sabbatical verstoßen: Während der Feiertage hat sich bei mir etwas Privates ereignet und ich wollte meine Kollegen diesbezüglich verständigen. Nur was tun? Jeden einzelnen anrufen? An alle ein SMS? Mir schien E-Mail die beste Kommunikationsform und schließlich habe ich dann gemailt. So ganz habe ich mein Sabbatical also nicht eingehalten, aber trotzdem zwei Dinge gelernt: 1.) Es ist eine gute Idee, den Mail-Empfang am iPhone während des Urlaubs zu deaktivieren - das werde ich weiterhin machen. 2.) Ganz auf E-Mail zu verzichten, ist aber gar nicht so leicht, vor allem wenn man selbst einen großen Mitteilungsdrang hat. Mir ging eher das Mail-Versenden als das Mail-Empfangen ab...

      • OK. Das heißt ja wohl, dass du nur auf die Mails verzichtet hast. ;-)
        Musste den Artikel noch mal lesen, um das zu verstehen. Dass heißt, du hast dich nur auf das "normale" Urlaubslevel runtergesetzt. Ich dachte, du willst es OHNE Internet schaffen. Sprich: OHNE Mail, OHNE Surfen, OHNE Online-Spiele - OHNE Internet eben.
        Das hast du dir zu einfach gemacht, finde ich. Und dann nicht mal ganz eingehalten.

        Ingrid ich habe heute leider kein Foto für dich ...

        • Interessanter Einwand - aus meiner Sicht habe ich das weggelassen, was mich während des Urlaubs am meisten stört (eben, dass ich trotzdem ständig E-Mails checke). Aber wenn ich zwischendurch nach einem guten Lokal google oder online einen Routenplan suche, stört mich keine Sekunde lang. Im Gegenteil: Ich würde es als extreme Benachteiligung empfinden, wenn ich in meiner Freizeit darauf verzichten müsste.

          Natürlich kann man's auch so sehen, dass das nur ein Schmalspur-Sabbatical war. Den echten Offline-Test haben schon andere gemacht, zum Beispiel Alex Rühle für sein Buch "Ohne Netz". http://www.falter.at/web/shop/detail.php?id=33075&SESSID= Aber schauen wir mal, vielleicht wage ich mich doch noch über eine echte Auszeit drüber. Bisher verspüre ich jedenfalls nicht den Drang, das Internet gänzlich abzudrehen...

  • Da kommt also ein Gerät heraus, welches kleiner und leichter ist, doppelt so viel Prozessorleistung bietet, eine 9x schnellere Grafik, ein verbessertes Display, einen FullHD-Ausgang für externe Präsentationen und die Nachrüstung der viel bemängelten Kameras. Und das ist dann keine Innovation. Alright.

  • Ja, das ist eine Verbesserung, aber noch keine Innovation. Etwas anderes zu behaupten, ist echt gewagt.

  • Interessant, Danke für den Link! Diese komischen Geräusche hatten also einen Grund...

  • Aber mal ehrlich: Die Werbeeinnahmen im Netz sind viel zu gering. Sie reichen bisher nicht aus, um hochqualitative Recherche und Redigatur zu finanzieren.

    Und genau da liegt das Problem fuer

    Wir verabschieden uns vom traditionellen Journalismus und seinem Finanzierungsmodell, aber wir haben noch keine neue Lösung gefunden.

    Wenn sich Werbepreise fuer Online Ads den Offline Ads, also Zeitungsinseraten, annaehern wuerden, waere die ganze Geschichte auch ohne Paywall finanzierbar. Denn zieht man bei einer Zeitung die Druckkosten und die Lieferkosten ab, bleibt unterm Strich auch nichts mehr uebrig (oder noch weniger). Zwar wird von den Werbeagenturen immer mehr Geld vom offline ins online advertising verschoben, doch hat das in den letzten Jahren nicht den erhofften Preisanstieg gegeben. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass 15 Dollar pro User nur durch on page advertising praktisch nicht erreichbar sind. Selbst wenn die NYT pro 1000 aufgerufenen Seiten 10 Dollar bekommt (was derzeit eh nicht realistisch ist, eher 1/3 - 1/10 davon), muesste ein User 1500 Seiten pro Monat aufrufen um damit auf 15 Dollar zu kommen.

    Andererseits stellt sich die Frage wie lange es dauern wird um den Aufwand, der die Implementierung und Wartung einer Paywall mit sich bringt, mit Abos zu finanzieren.

    Ich bin auf jeden Fall gespannt wo das in den naechsten Monaten/Jahren hinfuehren wird :-)

  • Danke für den spannenden Einblick in die Zahlen! Was ich mich frage: Ist es realistisch, dass sich die Onlinewerbepreise irgendwann den Offlinepreisen angleichen? In den letzten Jahren ist das ja leider nicht passiert.

    Im App-Store von Apple kommt übrigens ein neues Problem für die Zeitungshäuser hinzu: Da kassiert Apple 30 Prozent des Umsatzes ein, dazu gibt's auch wieder heftige Debatten (siehe zB http://www.tagesschau.de/wirtschaft/apple142.html).

    • Ist es realistisch, dass sich die Onlinewerbepreise irgendwann den Offlinepreisen angleichen?

      Darauf kann man natuerlich nicht pauschal mit ja oder nein antworten. Da erstens die Werbeformen sowohl offline als auch online zu verschieden sind. Wenn man online Werbung auf Zeitungsportalen mit Zeitungsanzeigen vergleicht, wuerde ich eher dazu tendieren und "nein" zu sagen. Unterm Strich wird wohl in den naechsten Jahren immer noch mehr mit Zeitungsanzeigen zu holen sein. Doch koennen gewisse Online Kampagnen natuerlich ueber den offline Preisen liegen. Wenn zB gezielt Werbung fuer eine gewisse Zielgruppe geschaltet wird ("nur die 25-35 jaehrigen, alleinstehenden Maenner mit Sportwagen") sind die Preise dementsprechend hoeher.

      Ich moechte auch noch anmerken, dass die Zahlen, die ich oben geschrieben haben nicht die wirklichen Zahlen der NYT sind. Es sind lediglich Schaetzungen aufgrund meiner Erfahrungen (beschaeftige mich seit 2001 mit Online Werbung und die Preise sind seither stetig gesunken - Ende 90er Jahre waren die Preise am ehesten mit Offline Preisen zu vergleichen). Darueber hinaus bin ich mir ziemlich sicher, dass die NYT bessere Preise fuer Online Kampagnen erzielt als irgendein 08/15 Blog. Trotzdem sind die Preise im Keller, auch wenn die NYT einen 50-fach hoeheren Preis bekommt :-)

      Zu apple: der von dir verlinkte Artikel ist leider etwas einseitig geschrieben. Kurz die Gegenseite: Das mit den 30% stimmt. Allerdings nur fuer "neue" Kunden, also Kunden, die ueber die App angeworben wurden. Es steht jedem Verlag frei, ausserhalb des App Stores Abos zu verkaufen (die dann natuerlich auch innerhalb der App genutzt werden koennen). Fuer solche Verkaeufe bekommen die Verlage dann 100%. So das Argument von Apple.

      Natuerlich sitzt der Dollar lockerer wenn man in der App ist, die Zahlungsdaten hinterlegt sind und man nur noch auf "abonnieren" druecken muss. Das weiss Apple natuerlich auch ...

  • Selbstredend gibt nichts dagegen zu sagen für die NYT zu zahlen. Vielleicht nur, dass wir in seltsamen medialen Zeiten leben, wenn eine Journalistin eine Art Rechtfertigung dafür postet. Es ist aber auch mehr als nur "für guten Journalismus" zahlen - es ist ein Commitment zur Marke, zum Medium und wahrscheinlich eine Art Freude über das implizite Bildungsversprechen einer Zeitung wie die New York Times. Und unterstreicht den Mangel an solchen Angeboten in Österreich. Was ein derartiges Commitment zu geben zur Zeit schwer macht, ist die schiere mediale Vielfalt am Bildschirm. Ein zunehmend diffuser gewordenes Angebot, die oft zitierte mediale Herausforderung. Tageszeitung lesen, Magazine rezipieren und sich dann um die Feeds kümmern. Welches Medium greife ich heraus, um es finanziell zu unterstützen? - NYT, SZ, NZZ, FAZ,...,....,....,....,.....,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,.Glückwunsch, wenn man hier klar sieht und für sich zu einer Entscheidung kommt. Unglücklich hingegen finde ich die Formulierung "guter Journalismus". Was das ist, ist stets persektiven-abhängig und kommt meist oberlehrerhaft herüber. Ob die Strasser-Aufdeckung etwa ein Beispiel für "guten Journalismus" ist, halte ich etwa für dikussionswürdig - Büros mieten, Politiker in Versuchung führen usw. Eine Top-Story allemal. Aber "guter Journalismus". Naja, für mich verwunderlich. Aber egal. Schönes Wochenende.

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