X

Barack Obama wurde im Internet zum Popstar. Seine Kampagne zeigt, wie das Web die Politik verändert

Es ist verdammt schwierig, dem Obama-Hype zu entgehen. Er ist ein brillanter Redner, ein Symbol für Gleichberechtigung und die heiß ersehnte Antwort auf George W. Bush. Aber die Euphorie, mit der Barack Obamas Wahl verfolgt wurde, hängt nicht nur mit der Strahlkraft des Kandidaten zusammen. Das „Yes, we can“-Gefühl wurde schon früh im Internet forciert.

Bereits im März 2007 machte ein YouTube-Video die Runde, das die demokratische Senatorin Hillary Clinton als bösen Big Brother zeigte – eine Adaption des berühmten 1984-Werbeclips von Apple. Als das Video in die Schlagzeilen kam, war Obama ein Außenseiter. Doch immer öfter sorgten seine Anhänger für Aufsehen. Da räkelte sich das Obama-Girl vor der Kamera für ihren Wunschkandidaten, und der Musiker will.i.am huldigte ihm mit dem Video „Yes We Can“. Der Clip wurde mehr als 15 Millionen Mal auf YouTube angesehen. Obama hat heute auf der Freundschaftsseite Facebook mehr als drei Millionen Fans.

Dass er zum Liebling der Community wurde, ist kein Zufall. Wie kein anderer Kandidat hat er seinen Wahlkampf online orchestriert. Das Herzstück seiner Kampagne ist die Webseite http://my.barackobama.com, auch MyBO genannt. Sie ist eine Social-Networking-Seite ähnlich wie Facebook oder MySpace. Hier können sich User anmelden, ein Profil erstellen und Gleichgesinnte treffen. MyBo ist aber mehr als eine Freundschaftsseite für Demokraten – es ist ein ausgeklügeltes Marketingtool. Denn wer dort einmal seine Informationen hinterlässt, landet in der Datenbank des Wahlkampfteams. Wenn dieses nach Anhängern in Pennsylvania, North Carolina oder Florida sucht, spuckt MyBO eine Liste von Sympathisanten aus.

So konnte der Kandidat sogar in erzrepublikanischen Bundesstaaten Anhänger mobilisieren. Wer etwa in North Carolina zu Hause ist, wurde vom Obama-Team angespornt. Selbst Sympathisanten, die im Westen des Bundesstaates, tief im Gebirge der Appalachen, wohnten, wurden zu Wahlveranstaltungen eingeladen. Dabei wurde ihnen suggeriert: „Es liegt nur an dir, ob Barack Obama Präsident wird. Nimm den Hörer in die Hand, tu etwas!“

Mehr als eine Million User versammelten sich auf MyBO. Der wirkliche Erfolg ist, dass sie tatsächlich aktiv wurden, beispielsweise 200.000 Wahlevents organisierten. Von der Webseite bekamen sie auch die nötigen Tools dafür: Adresslisten und Telefonnummern. Online konnten sie dann eintragen, an wie viele Türen sie geklopft, wie viele Anrufe sie gemacht hatten.

Wer sich auf MyBO umschaut, findet Obama-Fans wie Jen Haller oder Amy Helton. Haller kommt aus Seattle, hat 287 Anrufe für Obama gemacht und an 13 Veranstaltungen teilgenommen. Helton kommt aus Las Vegas und hat 25 Anrufe gemacht, 19 Veranstaltungen besucht und zwei Events selbst organisiert. „Ich glaube an Senator Obama in einer Weise, in der ich nie einem anderen Kandidaten geglaubt habe“, schreibt Helton auf ihrem MyBO-Profil.

Obama hat sich junge Experten in sein Team geholt, die das richtige Knowhow mitbrachten – darunter Chris Hughes, den 24-jährigen „Facebook“-Mitbegründer. Er weiß, wie man im Web junge Menschen mobilisiert. Springt die Community einmal auf die Kampagne auf, entsteht eine Kettenreaktion: Ein User erstellt ein witziges Onlinevideo, das eine größere Gruppe im Internet findet und ihren Freunden weiterleitet. Und irgendwann hat das Video so viele Clicks, dass auch klassische Fernsehsender davon berichten.

Der neue US-Präsident hat vorgeführt, wie viel Potenzial in den neuen Medien steckt. Er hat die vermeintlich politikverdrossene Jugend geholt. Er hat einen Spendenberg aufgebaut, indem er kleine Beträge sammelte. Vieles davon lässt sich auf die österreichische Politik nicht übertragen, weil das Parteiensystem hier ganz anders ist – aber auch weil es hierzulande noch keine vergleichbare Internetcommunity gibt. Das ist eben eine Frage der Zeit. Vor vier Jahren, als John Kerry gegen George W. Bush antrat, gab es auch noch kein einziges Wahlvideo auf YouTube, weil YouTube damals noch nicht erfunden war.

Je wichtiger die Netzcommunity wird, desto mehr muss sich die politische Kommunikation wandeln. Obama verspricht nun, seine Web-2.0-Politik auch im Weißen Haus fortzusetzen. Die Webseite http://change.gov soll die Regierungsarbeit transparenter machen und es den Bürgern erleichtern, selbst Vorschläge einzubringen.

Für die Parteien bedeutet das in Zukunft auch, dass sie zunehmend zum Getriebenen anstatt zum Akteur werden. Schon jetzt verbrachten die Wahlkampfteams viel Zeit damit, Verschwörungstheorien und Halbwahrheiten aus dem Internet zu drängen. Künftig werden sie noch viel stärker mit neuen Interessenvertretungen und Onlinegruppen zu kämpfen haben, die mit spektakulären YouTube-Videos und Onlinepetitionen Druck ausüben. Es wird spannend werden, ob Barack Obama weiterhin der Liebling der Netzgemeinde bleibt – oder ob der „Web 2.0“-Präsident irgendwann selbst von seiner Community überrollt wird.

“, WIDTH, 1, HEIGHT, 1); onmouseout=return nd();>
Auch diese Collage zeugt vom Obama-Hype. Das Bild setzt sich aus vielen kleinen Fotos zusammen, auf denen Menschen ihre Begeisterung für den Politiker zeigen. Sie alle haben ihre Bilder ins Netz gestellt.

Der griechische Designer Charis Tsevis hat die Fotos im Web zusammengeklaubt und das Mosaik zusammengesetzt. Mehr Bilder dieser Art finden sich auch in seinem Flickr-Album.




Die erwähnten Obama-Videos

– Hillary 1984




– Obama-Girl



– Yes We Can




Dieser Artikel wurde im Falter 46/08 veröffentlicht.

View Comments

  • ähem - 68.400 schilling sind, inflationsangepasst, eher sowas wie 8.000 euro heute.

  • interessant - kannte den inflationsrechner gar nicht auf. auf jeden fall waren 68.400 schilling kein pappenstiel!

  • Ja, lustig - auf Facebook gibt es eigentlich ja nur Menschen, die Spaß und Erfolg haben und ganz nebenbei von ihrem Jet set-Leben berichten :)

  • Genau! Im Urlaub ist's immer nur schön und regnet nie, die Arbeit ist ein Erfolgserlebnis nach dem anderen und privat ist man jedes Wochenende auf der besten Party des Jahres. Wobei, ich muss sagen, ganz schlimm ist auch, wenn Leute Facebook mit der Psychotherapie verwechseln und dann viel zu persönliche Dinge veröffentlichen. Das ist irgendwie beklemmend...

  • Unglaublich aber wahr, auf dieser Kiste habe ich das Kochen äh den Umgang mit diesem Medium gelernt ;) Er war noch bis vor ca. 15 Jahren oder sogar weniger als Workterminal im Gebrauch bei uns zu Hause. Ist halt so, wenn man privat mit DEC aufgewachsen ist und deren gesamten Werdegang von den 80 bis zur "doppelten" Übernahme miterlebte. Auf einer dieser Kisten habe ich lange bevor es offiziell rauskam das "Original" Centipede gespielt und Pokern gelernt (was die Karten angeht).

    Wenn man die Geschichte betrachtet, war es vom Rainbow 100 und seinen Kollegen zu den heutigen Kisten, mehr als nur ein kleiner Schritt ;).

  • Also gibt es nun schon Gutscheine für Schönheitsoperationen? Wundert mich eigentlich nicht. In Südkorea bekommen Absolventinnen nach der Schule von ihren Eltern oftmals Nasen- oder sogar Brustops geschenkt. Die Werbung und der Trend wird auch in Deutschland immer stärker. In Berlin lassen sich immer mehr junge Leute auf eine operative Verschönerung des eigenen Körpers ein. Ein Beispiel hierfür ist: http://www.drwolter-berlin.de/a-z/brustvergroesserung/brustvergroesserungen.html. Solang das nicht in RAmsch ausartet ist alles okay :)

  • Im Gegensatz zum Beispiel aus Südkorea geht es ja nicht um einen Gutschein zum regulären Preis, sondern um ein extrem verbilligtes Angebot einer Brustvergrößerung.

    Um für die grossen Gutscheinportale als interessanter Anbieter zu gelten muss der angebotene Rabatt ziemlich drastisch sein, am Besten um die 50%. Nun behalten die Betreiber der Portale auch noch häufig knapp 50% des angebotenen Preises ein. Folglich bleibt dem Anbieter meist nur 25% des regulären Preises übrig. Das Geschäft für den Aussteller des Gutscheins liegt somit meistens darin, neue Kunden zu locken, die häufig wiederkehren. Doch genau das ist bei einer Brustvergrößerung nur sehr selten der Fall.

    Wenn das rabattierte Essen nicht schmeckt - so what? Aber was, wenn man mit dem Ergebnis einer Brustvergrößerung zum "Dumpingpreis" nicht zufrieden ist?

    • Die meisten ticken ja auch so , wie du: " Aber was, wenn man mit dem Ergebnis einer Brustvergrößerung zum “Dumpingpreis” nicht zufrieden ist?"

      - Und was machst du denn wenn, du mit dem Ergebnis einer 6000 EURO Brustvergrößerung nicht zufrieden bist ? Das muss ja gut sein, weil du dafür viel bezahlt hast, nicht wahr ?
      Es geht aber weiter: Was redest du dir dann ein, wenn Entzündungen, Blutergüsse oder eben Kapselkontrakturenbei dir nach einer 10.000 EUR teureren Brustvergrößerung entstehen und dein "goldenes Implantat" doch entfernt werden muss und dann nochmal 10,000 EUR für eine Austausch Op gezahlt werden muss ?

      Kann dein Fleisch etwa nicht bluten, gar nicht entzünden und gar keine Reaktion auf ein Fremdkörper zeigen, weil du dafür "viel Geld bezahlt " hattest ?

  • Du hast es gestern ja schon über Twitter diskutiert, die Argumentation des ORF kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Klingt so, als wenn man Kindern sagt: "Dass ist nichts für dich, erst wenn du älter bist!" Das man kein Geld für eine HBO Produktion hat, kann ich nachvollziehen, nicht aber eine von oben herab behandlung der Konsumenten.

    Auch die genannten Serien (Grey's, Desperate Housewifes,...) bieten eigentlich keine in der Folge abgeschlossene Handlung, eine gewisse Rahmenhandlung zieht sich durch die ganze Staffel, aber ganz klar nicht in einem Ausmaß wie bei Game of Thrones. Leider finde ich den Standard Beitrag aus dem Etat Ressort nicht mehr in dem nachgewiesen wird, das der ORF einzelne Dr. House Folgen im Gegensatz zum Schweizer Fernsehen, nicht in der richtigen Reihenfolge zeigt. Imho hapert es da schon am generellen Verständnis der Sendungsverantwortlichen.

    Klar kostet es auch Zeit die einzelnen Staffeln ins Deutsche zu synchronisieren, was somit wieder ein Problem darstellt. Bis die dann nämlich endlich ausgestrahlt werden, haben sich die, die solche Serien wirklich interessieren längst das Englische Original besorgt. Warum sollte ich Breaking Bad im ORF schauen, wenn im US TV schon 2 Staffeln gelaufen sind und ich Berichte dazu in den Medien lese mit welchen Preisen die Serie überhäuft wurde. Klar wird man dann neugierig und wartet nicht darauf, gnädigst damit vom ORF um 23:30 oder noch später damit bedient zu werden.

  • Was die amerikanischen Serien angeht hat der ORF allerdings zumindest in den letzten Jahren einige der besten Serien gehabt: Dexter, Sopranos, Six Feet Under, Dr. House, Californication liefen im ORF ebenso wie die besten Sitcoms a la Scrubs, Malcolm Mittendrin, How I Met Your Mother und Everybody Hates Chris - mit den Defenders und Life war der ORF auch recht flott an guten aktuellen Formaten dran, die dann halt leider in den USA floppten.

    Klar würd ich mir noch einige mehr wünschen, aber das Problem ist weniger der Einkauf als die mutlose Verbannung der besten Sachen an unattraktive Sendetermine. Californication, Dexter, Sopranos und Six Feet Under wurden rund um Mitternacht angesetzt. Mir persönlich ist das als Nachtmensch egal, aber ums vielen Menschen zu zeigen ist das Blödsinn. Auch dass Dr. House mitten in der Staffel immer wieder Sommerpause macht, ist ein Irrwitz (allerdings geht der über alle Sender, drum liegt vllt. nicht im ORF-Wirkungsbereich).

  • 1 2 3 4 38