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Frau Poitras, wie geht es Edward Snowden heute?

Diese Frau ist ganz wesentlich mitverantwortlich, dass wir von der NSA-Überwachung erfahren haben. Nun hat Laura Poitras einen Film über den wichtigsten Informanten unserer Zeit gemacht

In einem Hotelzimmer in Hongkong saßen sie zu dritt und enthüllten eines der bestgehüteten Geheimnisse der US-Regierung: den riesigen Überwachungsapparat der National Security Agency. Der Whistleblower Edward Snowden, der Journalist Glenn Greenwald und die Filmemacherin Laura Poitras erklärten der Welt im Juni 2013, wie sehr sich der Geheimdienst der demokratischen Kontrolle entzogen hat.

Die Amerikanerin Poitras, 52, war nahezu prädestiniert für diesen Fall: Sie hatte in den Jahren zuvor aus dem Irak kritisch berichtet, wurde von der US-Regierung auf eine Watchlist gesetzt und bei der Einreise in die USA immer wieder schikaniert. Sie lernte, wie man die eigenen Daten verschlüsselt und sich nicht von den Behörden einschüchtern lässt. Daraufhin kontaktierte sie ein anonymer Informant, der sich selbst “Citizenfour” nannte. Hinter dem Pseudonym steckte Edward Snowden.

Der Rest ist Geschichte – eine Geschichte, die Poitras nun anschaulich in ihrer Doku “Citizenfour” erzählt. Originalaufnahmen zeigen darin Edward Snowden in den gefährlichen ersten Tagen der NSA-Affäre. Am 1. Jänner läuft der Film in heimischen Kinos an.

Als erstes österreichisches Medium hat der Falter Poitras zu dieser Extremsituation und zu ihrem Werk befragt, das nun für den Oscar als beste Dokumentation nominiert ist.

Falter: Frau Poitras, glauben Sie, unser Telefonat wird gerade abgehört?

Laura Poitras: Ich sitze gerade im Büro meiner Presseagentin und bezweifle, dass dieser Anschluss hier abgehört wird. Ich gehe jedoch davon aus, dass alle elektronischen Geräte, die auf meinen eigenen Namen angemeldet sind, überwacht werden.

Wie genau beobachtet Sie denn die NSA?

Poitras: Für die NSA ist es ein Kinderspiel, zu ermitteln, mit wem man E-Mails austauscht. Sie erstellen sogenannte “Social Graphs”, die zeigen, mit welchen Menschen man in Kontakt ist. Ich vermute, dass sie solche Social Graphs auch für mich und meinen Kollegen Glenn Greenwald erstellt haben – also dass sie wissen wollen, mit wem wir kommunizieren. Das wirkliche Ausmaß ist schwierig abzuschätzen: Ich bin Journalistin, und es wäre wohl ein Skandal, falls einmal aufflöge, dass sich die NSA auch den Inhalt meiner E-Mails ansieht. Da müssen sie schon vorsichtig sein.

Es geht dem Geheimdienst also eher um sogenannte “Verbindungsdaten”, darum, mit wem Sie in Kontakt stehen, und nicht um die konkreten Inhalte Ihrer Nachrichten?

Poitras: Das vermute ich zumindest. Mir hat einmal jemand mit Kontakten zum deutschen Geheimdienst gesagt, dass ich wie ein Weihnachtsbaum leuchten würde, das heißt, dass meine elektronische Kommunikation sehr genau erfasst wird.

Sie haben die NSA-Affäre mit aufgedeckt und leben in Berlin, um fern der US-Behörden zu arbeiten. Können Sie überhaupt noch ein normales Leben führen?

Poitras: Das glaube ich schon. Meine Arbeit hat ja nicht dazu geführt, dass ich jeden Teil meines Lebens verändern musste. Ich muss mehr Vorsichtsmaßnahmen treffen, um meine Quellen zu schützen. Zum Beispiel verschlüsselte ich die Filmaufnahmen von Edward Snowden, und es gab nur wenige, die die Passwörter dafür kannten. Auch würde ich unser rohes Filmmaterial nie in die USA mitnehmen. Aber es stimmt schon: Die pure Tatsache, dass ich heute in Berlin lebe, verursachte natürlich einen Bruch in meinem Leben. Das ging nicht anders: Als Filmemacherin wurde ich auf eine Watchlist gesetzt und immer wieder aufgehalten, wenn ich die US-Grenze überschritt. Da schien es mir zu riskant, diesen Film über Überwachung zu drehen und das Material in den USA zu lagern. Ganz normal ist meine Situation natürlich nicht.

In Ihrem Film erfährt man, wie Snowden Sie kontaktierte. Damals war er ein anonymer Informant und nannte sich selbst “Citizenfour”. Er schrieb, dass er nicht Sie als Journalistin ausgesucht habe, Sie selbst hätten sich ausgesucht. Wie meinte er das?

Als ich das erste E-Mail von Snowden erhielt, war ich ziemlich überrascht. Warum schreibt er ausgerechnet mir?
Poitras: Als ich das erste E-Mail von Snowden erhielt, war ich ziemlich überrascht. Ich bin Filmemacherin, drehe lange Dokumentationen. Normalerweise muss ich die Leute bitten, Zugang zu bekommen. Nur selten wenden sich Informanten von selbst an mich. Also wollte ich wissen: Warum schreibt er ausgerechnet mir? Der Grund war, Snowden wusste, dass ich auf einer Watchliste stand, dass ich sechs Jahre lang jedes Mal, wenn ich die Grenze überschritt, aufgehalten wurde. Ausschlaggebend war also, dass ich die Gefahren der Überwachung selbst gut genug kannte und trotzdem weitergearbeitet hatte. Rückblickend glaube ich auch, dass Snowden mich anschrieb, weil er wusste, dass Glenn Greenwald und ich Kollegen sind. Er hatte ja schon früher probiert, Glenn zu kontaktieren, doch das scheiterte, weil Glenn keine E-Mail-Verschlüsselung installierte.

Sie sind die Person, die alle entscheidenden Charaktere zusammenbrachte. Glenn Greenwald, Edward Snowden und Sie, in einem Hotelzimmer in Hongkong haben Sie drei den Überwachungsapparat der NSA aufgedeckt.

Poitras: Stimmt, ich bin wohl dafür verantwortlich, dass wir alle zusammenkamen. Ich holte Glenn dazu, weil ich bald erkannte, dass mehr als eine Person an diesem Fall arbeiten musste. Diese Geschichte brauchte einen Printjournalisten, der sie als Schreiber aufarbeitete. Ich komme stärker aus dem visuellen Bereich.

Bei anonymen Informanten weiß man anfangs oft nicht, ob sie glaubwürdig sind. Hatten Sie auch bei Snowden Zweifel?

Poitras: Absolut. Meine ersten Fragen lauteten: Woher weiß ich, dass Sie nicht verrückt sind, dass Sie mich nicht in die Irre führen wollen, und überhaupt, warum kontaktieren Sie mich? Ich blieb sehr zurückhaltend, gleichzeitig sagte mir aber mein Bauchgefühl, dass ich extrem behutsam kommunizieren, dass ich noch mehr Sicherheitsmaßnahmen als sonst anwenden muss. Ich fragte meine E-Mails weder von zu Hause noch vom Arbeitsplatz ab, ich hatte einen eigenen Computer, den ich einzig und allein für den Austausch mit diesem Informanten einsetzte. Ich wollte diesen Informanten so gut wie möglich schützen.

Gab es einen Moment, wo Sie ihm dann plötzlich geglaubt haben?

Poitras: Es gab zwei solche Momente, einer war eher ein Gefühl. In einem E-Mail, das auch im Film vorkommt, schrieb er in etwa: “Ich weiß, an welchem Ort die meiste amerikanische Kommunikation abgefangen wird, und kann es beweisen. Ich weiß, dass Vertreter des Staates die Öffentlichkeit angelogen haben, und kann es beweisen.” Das war ein langes E-Mail mit ziemlich kühnen Ansagen, und ich habe mir gedacht: Okay, das könnte arg werden. Der zweite Moment war, als ich erstmals eines der NSA-Dokumente sah. Kurz bevor ich nach Hongkong flog, konnte ich einige Dateien entschlüsseln. Da wusste ich sofort, das ist real.

Wie fühlt es sich an, wenn man als Erster so ein Dokument sieht?

Poitras: Es ist absolut schockierend. Bei den ersten Dokumenten waren die Informationen zu PRISM und zum geheimen Budget der Geheimdienste dabei. Da war ich gleich noch alarmierter, weil mir bewusst wurde: Es geht hier um wirklich, wirklich viel.

Dieses PRISM-Dokument machte vielen Menschen schlagartig bewusst: Oje, wir leben in einer ganz anderen Welt, als wir bis dahin vermutet hatten.

Poitras: Mir ging es genauso. Ein bisschen fühlte ich mich wie in der “Matrix”. Man ist in der einen Realität und dann geht eine Tür auf und dahinter gibt es eine ganz andere Realität. So war das für mich. Und dann gab es diese Erfahrungskurve: Diese Dokumente sind voller Codenamen und ziemlich technisch und es war so, als würde man eine zweite Sprache lernen.

Sie flogen dann mit Glenn Greenwald nach Hongkong, um Ihren Informanten zu treffen. Sie wussten damals noch gar nichts über diese Person. War das nicht seltsam?

Poitras: Absolut seltsam! Wobei ich schon ein paar Informationen hatte. Unter den entschlüsselten Dokumenten war auch ein Brief mit seinem Namen. Ich hatte also die Vermutung, dass der Informant Edward Snowden hieß, aber ich wollte diesen Namen nicht googeln. Ich wusste, wenn ich ihn google, könnte das irgendein Warnsignal bei der NSA auslösen. Ich hielt mich also zurück, um nicht unser Treffen in Hongkong zu gefährden. Als wir uns dann wirklich trafen, haben mich mehrere Sachen überrascht – vor allem, dass er so viel jünger war, als ich ihn mir vorgestellt hatte.

Worüber waren Sie sonst noch überrascht?

Poitras: Das Alter war für mich besonders gewöhnungsbedürftig. Monatelang hatte ich gedacht, ich spreche mit einer viel älteren Person. Auch überraschte uns, wie ruhig Snowden war. In seiner Situation wäre ich extrem nervös gewesen. Er war jedoch unglaublich ruhig. Anfangs waren eher Glenn und ich die Nervösen, aber dann begannen wir ziemlich intensiv zusammenzuarbeiten. Wir wussten, uns bleibt nicht viel Zeit.

Sie filmten Snowden in seinem Hotelzimmer in Hongkong. Es stimmt, dass seine Stimme immer ruhig bleibt, aber sein Gesicht erzählt eine ganz andere Geschichte.

Poitras: Das stimmt, man merkt es auch an seiner Atmung – eine Unruhe. Unter der Oberfläche schwelgt ein Gefühl der Unsicherheit und Angst, das wir alle spürten.

Lief das Ganze für Snowden bisher gut?

Snowden hatte Angst, dass die Welt das gar nicht interessiert. Wir sahen ziemlich schnell, dass dem nicht so war
Poitras: Ja. Snowden hatte Angst, dass die Welt das gar nicht interessiert. Wir sahen ziemlich schnell, dass dem nicht so war. Gewiss weiß er, welche Bedeutung er hatte. Persönlich finde ich es enttäuschend, wie die Regierungen darauf reagiert haben, sowohl die US-amerikanische als auch die anderen. Ich glaube aber, dass seine Enthüllungen vielen Menschen erst bewusst machten, wie gefährlich das Sammeln all dieser Daten ist. Dieses Unbehagen spürt man – vor allem hier in Deutschland. Auch technisch entwickelt sich gerade einiges, das unsere Privatsphäre künftig stärken wird. Snowden hat viele Dinge in Bewegung gesetzt.

Er lebt jetzt mit seiner Freundin in Russland. Wie geht es Snowden heute?

Poitras: Da habe ich nur einen beschränkten Einblick. Snowden arbeitet nach dem “Need to know”-Prinzip. Er erzählt Menschen nur Dinge, die sie wirklich wissen müssen. Sollte ich irgendwann verhört werden, kann ich bei vielen Sachen sagen: Ich habe keine Ahnung. Deswegen weiß ich auch vieles nicht aus seinem Leben. Ich glaube aber, es macht ihn glücklich, dass seine Partnerin Lindsay Mills bei ihm ist. Ich habe ihn besucht, bevor sie zu ihm kam, und auch danach. Mein Eindruck ist, dass es ihm jetzt deutlich besser geht.

Snowden darf die nächsten drei Jahre in Russland bleiben. Was passiert danach?

Poitras: Seine Rechtsberater haben in einigen Ländern um Asyl angesucht, und ich glaube, sie sind auch mit einigen Staaten in Gesprächen. Ich bin in diesen Prozess nicht involviert, aber es würde mich nicht wundern, wenn ein Land hervortritt und ihm politisches Asyl gibt.

Sollte das nicht Europa tun?

Poitras: Oh, auf jeden Fall. Wäre Snowden ein Whistleblower aus China, hätte er längst politisches Asyl. Wieso kriegt er es nicht? Wegen des politischen Drucks der USA. Auch die deutsche Regierung ist sehr zurückhaltend. Dabei glaube ich wirklich, dass sich Europa hier hervortun sollte.

Besteht die Gefahr, dass nun zwar alle von den Geheimdienstaktivitäten wissen, es vielen Menschen aber zunehmend egal ist, sie sich an diese Überwachung gewöhnen?

Poitras: Edward Snowden hat enorme Risiken auf sich genommen, um diese Information offenzulegen. Es ist die Aufgabe von uns als Öffentlichkeit, etwas zu tun. Die Geschichte wird zeigen, wie wir mit diesem Wissen umgehen, das ist ähnlich wie mit dem Klimawandel. Wir haben von einer Gefahr für uns alle erfahren. Die Frage ist nun, wie wir darauf reagieren. Die gute Nachricht dabei ist, dass wir gar nicht auf die Regierungen warten müssen, jeder Einzelne kann zum Wandel beitragen, indem er Verschlüsselungsmethoden nutzt. Nehmen Sie nur den Sony-Hack, wo kürzlich höchst sensible Daten gestohlen wurden. Die große Frage dabei lautet: Warum war diese Information nicht von vornherein verschlüsselt? Medizinische Akten, Sozialversicherungsnummern, wären diese Informationen verschlüsselt gespeichert gewesen, hätten die Hacker nichts damit anfangen können. Technische Lösungen existieren längst.

Wie sollte sich jeder technisch schützen?

Poitras: Es gibt simple Tools wie den TOR-Browser, mit dem man anonym das Internet nutzen kann. TOR ist gratis und funktioniert wie jeder andere Webbrowser. Wenn Sie mit Ihrem Handy Textnachrichten verschicken wollen, können Sie zum Beispiel TextSecure nutzen, das Programm ist gratis und auch verschlüsselt.

Dabei gibt es aber Hindernisse: TextSecure ist nur für Android-Handys erhältlich, der TOR-Browser ist wiederum ziemlich langsam, wenn man damit herumsurft.

Poitras: Ich mache es mit TOR oft so: Ich habe zwei Browser geöffnet, TOR und einen ganz normalen Browser. Wenn ich etwas unbeobachtet recherchieren möchte, verwende ich TOR. Wenn ich mehr Geschwindigkeit will, etwa für ein Onlinevideo, dann nutze ich den anderen Browser. Das ist gar nicht so schwer: Wir haben dauernd verschiedenste Applikationen am Computer laufen, jetzt läuft halt eine mehr, wenn ich meine Privatsphäre schützen will.

Snowden war anfangs ziemlich überrascht, wie viele Journalisten keine E-Mail-Verschlüsselung nutzen. Sind wir Journalisten technisch zu naiv?

Poitras: Definitiv. Jeder Journalist sollte lernen, wie man sich technisch absichert. Es ist aber nicht rein die Schuld der Journalisten. Viele Medien bieten ihren Mitarbeitern das gar nicht an. Die US-Regierung ist derzeit immens daran interessiert, Whistleblower aufzudecken. Journalisten müssen wissen, womit sie ihre Informanten in Gefahr bringen. Wenn Sie eine anonyme Quelle treffen, sollten Sie das Handy zu Hause lassen oder die Batterie vorher rausnehmen. Das sollte das Standardprozedere sein, aber für viele Medien ist das alles neu.

Viele Journalisten werden fragen, ob dieser Aufwand echt nötig ist. Nicht jeder hat so einen wichtigen Informanten wie Snowden.

Es geht da auch um Solidarität: Je mehr Menschen Verschlüsselungstools nutzen, desto weniger fallen diejenigen auf, die diese Tools dringend benötigen
Poitras: Ich hatte früher auch keinen Kontakt zu Edward Snowden. Hätte ich damals nicht gewusst, wie man Nachrichten verschlüsselt, wäre er zu jemand anderem gegangen. Zweitens geht es da auch um Solidarität: Sie mögen vielleicht nicht mit anonymen Informanten arbeiten, aber vielleicht sitzt in Ihrer Redaktion zwei Tische entfernt ein Kollege, der das sehr wohl tut. Je mehr Menschen Verschlüsselungstools nutzen, desto weniger fallen diejenigen auf, die diese Tools dringend benötigen.

Sie selbst verwenden schon länger Verschlüsselungstools, weil Sie immer wieder bei der Einreise in die USA aufgehalten und durchsucht wurden. Wieso stehen Sie überhaupt auf einer Watchlist?

Poitras: Ich habe keine Ahnung. Das ist das Furchteinflößende an diesem Watchlist-System, die rechtstaatlichen Prinzipien sind außer Kraft gesetzt. Man findet nicht heraus, warum man auf einer Watchlist landete, man kann nicht dagegen vorgehen. Das fühlt sich ziemlich kafkaesk an, wenn man jedes Mal beim Reisen aufgehalten und befragt wird. Und es hat natürlich meine Arbeit zunehmend erschwert, als ich noch in den USA lebte, weil die Grenzbehörden auch meine Notizbücher kopierten, mir meinen Computer zwischenzeitlich wegnahmen.

Sie wurden einmal sogar in Österreich von Grenzschutzbeamten aufgehalten.

Poitras: Stimmt, aber um korrekt zu sein: Ich wurde immer auf das Ansuchen der US-Regierung hin aufgehalten. Das passierte in einigen Städten, in Wien, in Amsterdam, in London.

Das Faszinierende daran ist, dass Sie ausgerechnet aufgrund dieser Erfahrungen von Edward Snowden kontaktiert wurden.

Poitras: Ja, er hatte noch nie Kontakt mit Journalisten gehabt und suchte Menschen, die nicht so leicht von der Regierung einzuschüchtern sind; die von diesen Dokumenten berichten, komme, was wolle. Er wusste, dass ich Filme über den Irak-Krieg und Guantánamo gemacht hatte, dass Glenn ein ausgesprochener Kritiker der USA nach 9/11 ist. Es ist ironisch: Die Tatsache, dass ich auf einer Watchlist landete, war die beste Vorbereitung für dieses Thema.

Wie ist Ihre Beziehung zu Snowden heute, sehen Sie ihn rein als Informanten oder auch als Freund?

Poitras: Was wir erlebt haben, führt natürlich zu einer besonderen Beziehung, so eine Extremsituation schweißt zusammen – so sehe ich übrigens auch Glenn. Es ist aber schon eine Beziehung zwischen einer Journalistin und einer Quelle. Für mich ist Snowden ein Informant. Wenn ich an einer Geschichte arbeite, kontaktiere ich ihn, wir tauschen aber keine privaten Details aus.

Ihr Film startet nun in Österreich. Wenn Sie sich eine Erkenntnis wünschen könnten, die Menschen daraus mit nach Hause nehmen, welche wäre das?

Poitras: Gute Frage. Ich sehe meinen Film als eine Erzählung über Menschen, die aufstehen, wenn sie etwas sehen, das falsch läuft, und die persönliche Risiken eingehen. So jemand ist Edward Snowden oder auch der Whistleblower William Binney, der früher für die NSA arbeitete und im Film vorkommt. In speziellen Momenten in der Geschichte braucht es Menschen, die Stellung beziehen. Ich hoffe, dass der Film vermittelt, wie wichtig das ist.

 

Zur Person:

Laura Poitras, geb. 1962 in Boston, studierte am San Francisco Art Institute und zog nach New York. Als 2003 US-Truppen in den Irak einmarschierten, war dies ein entscheidender Moment in ihrer Filmkarriere. Die Regisseurin reiste 2004 in den Irak.

Ihre oscarnominierte Doku “My Country, My Country”(2006) zeigt die Besatzungszeit, das Nachfolgewerk “The Oath”(2010) handelt von zwei Männern, die in den Krieg gegen den Terror verwickelt werden. Die Filme sind Teil einer Trilogie, deren Abschluss nun “Citizenfour” ist. Zwischen 2006 und 2012 wurde Poitras Dutzende Male von US-Grenzbehörden aufgehalten und befragt. Später stellte sich heraus, sie steht auf einer Watchlist der US-Regierung. Um von den US-Behörden ungestört arbeiten zu können, lebt sie mittlerweile in Berlin.

 

Dieses Interview erschien im Falter (Ausgabe 52/14). Die verwendeten Fotos stammen aus der Citizenfour-Pressemappe und wurden zu einer Collage verarbeitet mittels Photovisi.

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  • Die Gründe X zu verlassen kann ich nachvollziehen, ich selbst habe X vor über einem Jahr verlassen.

    Jedoch bin ich mit meiner Hauptkommunikation (außerhalb meines Blogs) ins Fediverse gewandert. Ich wollte nicht wieder in ein monolithisches System, bei dem unklar (Bluesky) oder klar (Threads) ist, was es mich an Geld und persönlichen Daten kosten wird.

    Das Fediverse ist nicht perfekt, aber ein offenes System. Es ist föderal und es gehört im Ganzen niemanden. Das ist für mich auch netzpolitisch interessant.

    War das nie eine Überlegung, den eXit ins Fediverse zu vollziehen? Es wäre auch spannend gewesen, eine eigene Instanz der Medienmacher:innen aufzuziehen. Wobei: Was nicht ist, kann ja jederzeit werden. ☺️

  • Können wir nicht einfach Bots starten, die Plattformen wie X mit Liebesposts voll spammen?
    Gibt es postivie Lügen die wir verbreiten können?
    Sollten wir dafür sorgen, dass wieder mehr Diskussionen im physischen Raum stattfinden? Meiner Erfahrung nach ist der Versuch online eine sachliche Diskussion zu führen, meist verschwendete Energie und das gilt nicht nur für X.

    In einer Zeit in der die Lüge wohl leichter als Fakt zu verkaufen ist, als der Fakt selbst, scheinen mir diese Fragn doch valide zu sein.

  • Sehr geehrte Frau Brodnig!
    Ich habe eben auf ORF 3 die Diskussion über die Aufarbeitung der Corona Pandemie angesehen und möchte ihnen ganz herzlich danken für ihre klaren Aussagen und im speziellen für die Erwiderung den Aussagen des FPÖ Vertreter gegenüber.
    Ich finde sie leisten generell einen großen Beitrag für Klarheit im Erkennen von Falschmeldungen und wie man gut mit Mensche umgehen kann, die sich in " Verschwurbeleien" verirrt haben, bzw. ihnen aufsitzen. Im Umgang mit zwei persönlichen Freundinnen hat mir ihre Betrachtungsweise schon sehr geholfen. Ich finde es sehr gut, dass sie mittlerweile in vielen Diskussionsrunden eingeladen werden und immer prägnant und sachlich ihre Ansicht vertreten.
    Vielen Dank für Ihre Beiträge!
    Dr. Barbara Dollenz

  • Jeder Unternehmer oder Chef oder sonstiges denkt wenn er sagt wir müssen Sachen evaluieren ein Wort aus dem französischen 16 Jahrhundert ist er modern können wir nicht mehr zu beurteilen und bewerten sagen ? Oder dieses Fake ist Fälschung nicht mehr gut genug oder Sale versteht keiner Ausverkauf ? Wir leben in Mitteleuropa und zerstören unsere Sprache und übernehmen jeden Müll aus Amerika wieso ? Ich bin 43 und bin weder bei Facebook oder X oder sonstigen Müll weil kein Schwein 500 Freunde hat und wenn sie 27 000 Verfolger hätten im wahren Leben wäre die Polizei jeden Tag bei ihnen weil sie einen nach dem andren anzeigen würden ! Und verschiedene Länder brauchen und haben immer einen Anführer gebraucht weil sie ohne nicht fähig sind ein Leben zu führen ! Und Tiktok verdummt nur Menschen es haltet Menschen nur vom Leben fern da jeder der es benutzt nur wischt und Video für Video schaut ! Und leider haben wir einen Jugendschutz bei Filmen aber in der Welt kein Alter ab wann du nicht mehr das Auto benutzen darfst oder ab wann du kein Amt mehr ausüben solltest ! Ich wünsche noch eine schöne Weihnachtszeit und verfallen sie nicht zu sehr in die SMM Sozialer Medien Müll !

  • Liebe Frau Brodnig,

    vielen Dank für ihren wundervollen Text, der bei mir zu einer deutlichen Erhöhung
    meines KamaMuta-Levels geführt hat.
    Die Zeiten sind beängstigend. In vielerlei Hinsicht!
    Das erstarken der (internationalen) Rechten, dass ein Maß erreicht hat welches mehr als beunruhigend ist.
    Der Klimawandel, der auch hier in Deutschland und in Österreich sicht-und fühlbar geworden ist
    und wenig Grund zu Hoffnung gibt…
    Die Verzweiflung ist inzwischen so groß daß ich mir Hilfe geholt habe um nicht durchzudrehen.
    Ich bewundere sie und Ihre Arbeit sehr (ich bin ein absoluter Fanboy 😆) und ich frage mich immer wieder
    wie sie es schaffen die Contenance zu bewahren, angesichts des ganzen Irrsinns den sie tagtäglich
    erfahren und recherchieren und in Talkrunden entlarven!!!
    Ich selbst bin Musiker und meine Verzweiflung, Wut und Trauer sind so groß geworden dass ich alles anzweifle, meine eigene Identität als Kulturschaffender inbegriffen. Da ist auch eine Menge Schuldbewusstsein, selbst nicht genug getan zu haben.
    Ihr Text hat mir ein wenig geholfen wieder in die Spur zu kommen…
    Ich hoffe sehr sie einmal „live“ erleben zu können und halte Ausschau wann sie mal in Deutschland sprechen.

    Grüsse aus Rhein/Main
    Wolf Morgenstern
    (Wolf Schubert-K.)

  • Danke, tut gut.
    6.1.25, 13:40. der richtige Zeitpunkt.

    Jetzt geh ich zu einen Konzert mit meiner 11 jährigen Querflötenspielerin.
    Da kommt wohl sicher der blaue Himmel. 👋👋

  • Was passiert, wenn man sich durchgearbeitet hat und die Meldung anerkannt wird? Wird der gemeldete Kommentar einfach gelöscht und das wars? Oder gibt es Konsequenzen für den Hasskommentator?
    Wenn nicht - dann ist das reichlich viel Aufwand für wenig Ergebnis, leider.

  • Sehr geehrte Frau Mag. Brodnig!

    Der TItel Ihrer Veranstaltung in der "Kulisse" hat sich ja zu unser aller Freude inzwischen überholt, aber obwohl Sie hier "Neuland" betraten, war es trotz Überlänge eine sehr kurzweilige und informative Veranstaltung mit interessanten Gästen. Faszinierend der professionelle Auftritt der "Omas gegen Rechts", denen meine Frau und ich bisher nur bei div. Demos begegnet sind.
    Da die Rechten und Rechtsextremen inkl. aller ihrer Fake News und Spaltungsversuche ja weiterhin auch international im Vormarsch sind, hoffen wir, Sie auch weiterhin öfters in TV-Auftritten zu sehen, denn die Warnungen vor Manipulation durch Social Media und vielleicht auch KI können nicht laut genug sein.

    Mit besten Grüßen
    Mag. Ingrid und DI Peter Steckler

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