“Wir müssen nicht auf jeden Hype aufspringen”
Journalismus geht anders: Statt Nachrichten und Hypes hinterherzusprinten, liefert die holländische Webseite De Correspondent tiefgründige Artikel – und beweist, dass Menschen dafür Geld ausgeben wollen
De Correspondent ist ein Hoffnungsträger in Europa. Das Medium finanziert sich rein über Onlineabos. Die Internetuser, genannt “Mitglieder”, zahlen 60 Euro im Jahr und finanzieren damit akribisch recherchierte Artikel. Die holländische Seite zeigt, dass Menschen tatsächlich bereit sind, für guten Journalismus online zu zahlen – und zwar gar nicht so wenige: Binnen acht Tagen sammelte De Correspondent 900.000 Euro, bis zum Start war es sogar mehr als eine Million. Der Chefredakteur und Gründer Rob Wijnberg war neulich zu Gast in Wien, er trat am Media Innovation Day auf. Vorab erklärte er dem Falter, wie seine Seite funktioniert und warum dieses Konzept vielen Menschen besser gefällt als die herkömmlichen Medien.
Falter: Herr Wijnberg, wie haben Sie Menschen dazu gebracht, Ihnen so viel Geld zu geben, noch ehe es Ihr Medium überhaupt gab?
Rob Wijnberg: Gedanken kann ich nicht lesen, aber drei Faktoren waren wohl wichtig. Erstens, wir haben vorab intensiv über die Prinzipien nachgedacht und darüber, was wir Neues zum Journalismus beitragen können. Es reicht nicht zu sagen, man möchte Qualitätsjournalismus machen, jeder hat eine andere Vorstellung, was Qualitätsjournalismus ist. Stattdessen setzten wir an einem Kernproblem des gängigen Nachrichtenwesens an: News sind immer die Ausnahme zur Regel. Würde man die Welt rein aus Nachrichtenperspektive kennen, hätte man keine Ahnung, wie die Welt wirklich ist. Die Nachrichten behandeln, was schiefgeht, etwa Unfälle und Ausnahmen, aber nicht die Struktur oder das große Ganze. Unsere Idee war also eine Nachrichtenseite, in der es um diese Struktur geht.
Sie versprachen also, es anders zu machen?
Wijnberg: Genau, wir versprachen eine Neudefinition der Nachrichten. Einige Leute mochten diese Idee, weil ihnen selbst auffiel, dass sie überall dieselben Nachrichten serviert bekommen. Zweitens war wichtig, dass uns einige großartige Journalisten unterstützten und bekanntgaben, dass sie für uns arbeiten werden. Und drittens haben wir unsere journalistischen Prinzipien im Aufbau der Seite verankert: Wir haben zum Beispiel keine Werbung, wir müssen nicht auf jeden Hype aufspringen, um Clicks zu generieren.
Sie sagen, Nachrichten würden ein falsches Bild der Welt vermitteln. Inwiefern denn?
Wijnberg: Es geht immer um die spektakulären Ausnahmen. Viel wird zum Beispiel über das Finanzsystem berichtet und dass Banken ernsthafte Probleme haben. Aber wir wissen nicht einmal, wie eine Bank wirklich funktioniert. Wir erfahren immer nur über die Fehler der Banken, nicht jedoch, wo diese Fehler herstammen. Das betrifft nahezu alle großen gesellschaftlichen Entwicklungen -diese passieren oft schleichend und sie kommen nicht auf die Titelseite. Wir versuchen, gerade diese größeren gesellschaftlichen Entwicklungen als Nachricht zu bringen.
Wie machen Sie denn das?
Wijnberg: Ein Beispiel: In den vergangenen 14 Jahren wurden mehr Grenzzäune errichtet als in den 2000 Jahren zuvor. Das sagt viel über die Globalisierung und das vermeintliche Verschwinden von Grenzen aus. Über die einzelnen Zäune wird zwar immer wieder berichtet, Tageszeitungen schreiben etwa, dass Indien einen Grenzwall zu Pakistan errichtet. Aber der größere Trend ist keine Schlagzeile: nämlich dass es heute mehr Grenzzäune gibt als je zuvor.
Wirklich? Sind diese Zäune länger als die Chinesische Mauer?
Wijnberg: Die genaue Länge weiß ich nicht. Ich rede von der Anzahl der Staaten, die Grenzwälle errichten. Das waren in den letzten 14 Jahren insgesamt 35 Länder. Diese Zäune werden meist mit dem Kampf gegen den Terror gerechtfertigt. Aber die Daten zeigen, dass diese Zäune immer zwischen einem reichen und einem armen Land liegen. Die Demografie an diesen Zäune sagt also sehr viel über unsere Welt aus.
Sie kündigten Ihr Projekt im holländischen Fernsehen an und baten die Zuseher, dieses zu bezahlen. Hatten Sie mit so einem Erfolg gerechnet?
Wijnberg: Ich hatte keine Ahnung: Wir wollten mindestens 15.000 Mitglieder, damit wir wirklich etwas Substanzielles liefern können. Es war komplett unklar, ob wir diese Zahl überhaupt erreichen können – und dann ging es ziemlich schnell. In acht Tagen erreichten wir unser Ziel.
Sie haben heute rund 33.000 zahlende Mitglieder. Wie viele Journalisten arbeiten bei Ihnen?
Wijnberg: Acht Vollzeitredakteure und sechs unterstützende Mitarbeiter, zu letzteren zähle ich mich als Chefredakteur. Außerdem haben wir 17 freie Mitarbeiter. Wir liefern am Tag vier bis fünf Beiträge, wobei mindestens eine große Geschichte des Tages dabei ist.
Lassen Sie mich noch einmal auf den Aspekt zurückkommen, dass herkömmliche Medien nur Schlagzeilen und nicht das große Ganze vermitteln.
Wijnberg: Es ist sogar noch schlimmer als das. Oft widersprechen die Schlagzeilen dem großen Ganzen sogar. In Holland wird etwa viel über Gewalttaten auf offener Straße berichtet. Dabei sinkt die Zahl dieser Gewalttaten seit Jahren, nur die Berichterstattung darüber steigt. Das Bild, das die Nachrichten hier zeichnen, ist nicht einfach nur unstimmig – es ist das genaue Gegenteil der tatsächlichen Entwicklung.
Das trifft auch auf Österreich zu, die Kriminalitätsstatistik sinkt, aber das wird kaum berichtet.
Wijnberg: Das passiert in etlichen Ländern. Denn Medien sind darauf ausgerichtet, unsere Aufmerksamkeit zu erreichen und komplexe Geschichten taugen dafür nicht – zumindest glauben das einige Medien.
Sie sind ganz bewusst anders, zurückgelehnter, wollen nicht bei jeder Medienaufregung mitmachen. Aber wie bleiben Sie als Medium relevant?
Wijnberg: Das hängt davon ab, wie Sie Relevanz definieren. Viele Journalisten finden ein Thema wichtig, wenn andere Medien darüber reden. Aber das ist nicht notwendigerweise das, was die Leute für wichtig halten. Nehmen wir an, ich will in einer Tageszeitung eine Titelgeschichte über Demenz schreiben. Dann wird der Einwand kommen: “Warum jetzt? Gibt es eine neue Studie oder hat ein Politiker darüber geredet?” Und wenn das nicht der Fall ist, gilt es als nicht relevant. Dabei spielt Demenz im Leben ganz vieler Menschen -sogar einer wachsenden Anzahl von Menschen – eine große Rolle. Auch wenn es keinen neuen Bericht dazu gibt oder kein Politiker sich äußerte, existiert das Phänomen. Das ist etwa für uns als Medium relevant.
Sie bezeichnen Ihre Mitarbeiter als “Korrespondenten”, aber die sitzen nicht unbedingt im Ausland. Oder?
Wijnberg: Wir haben eine etwas breitere Definition von Korrespondenten. Unsere Korrespondenten nehmen Sie nicht unbedingt auf eine Reise in ein anderes Land mit, sondern auf eine Reise in ein Thema oder eine Fragestellung.
Verändert sich dabei auch die Rolle des Journalisten?
Wijnberg: Wir hängen nicht dieser Idee des objektiven Journalismus an. Wir bezweifeln, dass diese Objektivität überhaupt existiert. Unsere Journalistinnen und Journalisten sollen nicht nur die Fakten berichten, sondern diese auch einstufen. In den Geschichten unserer Korrespondenten erfährt man auch viel über ihre Weltsicht – man kann dieser Sicht dann zustimmen oder auch nicht.
Das ist ein sehr umstrittenes Thema. Manch einer wird einwenden, dass dabei die Gefahr einer einseitigen Berichterstattung entsteht.
Wijnberg: Stimmt, aber diese Gefahr existiert genauso beim Journalismus, der angeblich objektiv ist. Welche Themen man relevant findet, welche Worte man wählt, welche Experten vorkommen, all das ist subjektiv. Der Unterschied ist nur: Wir weisen darauf hin und bieten unseren Lesern auch an, mit uns zu interagieren, nachzuhaken, und unsere Korrespondenten antworten darauf. Wir sind keineswegs einseitiger als andere Medien, wir sind nur ehrlicher in unserer Einseitigkeit.
In meinen Augen unterscheidet sich korrekter von unkorrektem Journalismus dadurch, dass man faktengetreu berichtet und transparent macht, woher man eine Information hat.
Wijnberg: Ja, subjektiv berichten heißt nicht, dass es keine Fakten gäbe. Wir verlangen von unseren Journalisten dasselbe wie andere: dass ihre Geschichten auf Fakten basieren, dass sie angeben, von wo eine Information stammt. Neben unseren Artikeln haben wir etwa eine Leiste eingeblendet, dort werden die Quellen verlinkt und erklärt.
Ändert sich dabei auch die Beziehung zu den Lesern?
Wijnberg: Absolut. Wir wählten den Namen De Correspondent auch, weil er das Wort “Korrespondenz” enthält. Unter unseren Artikeln steht, dass man etwas “beitragen” soll. Wir haben bewusst nicht das Wort “Kommentieren” gewählt, weil die Kommentare auf vielen Webseiten meist nicht hilfreich sind. Wir reden stattdessen von “Beiträgen”, in denen Leser ihr Wissen und ihre Expertise mitteilen sollen.
In Ihrem Forum gibt es keine Anonymität. Wer posten will, muss den richtigen Namen angeben. Wie wichtig ist das für einen guten Ton?
Wijnberg: Sehr wichtig. Bei uns können nur Mitglieder, also zahlende Abonnenten, mitschreiben. Und wer ein Mitglied sein will, muss den richtigen Namen angeben. Menschen, die ihren richtigen Namen angeben, sind häufig wesentlich sachlicher und weniger aggressiv. Auf vielen Webseiten liest man furchtbare Beschimpfungen, weil Menschen nicht ihren richtigen Namen angeben und sie keiner für ihre Worte verantwortlich machen kann. Wir können das.
Gleichzeitig behagt aber vielen Menschen die Google-Suche nicht. Sie wollen auch deswegen anonym posten, damit nicht jede Wortmeldung von ihnen gefunden werden kann.
Wijnberg: Stimmt. Die Kommentare auf unserer Seite werden auch nicht von Google indexiert. Sie sind nur für unsere Mitglieder lesbar. Man findet sie also nicht, wenn man jemanden googelt. Und wer unbedingt anonym etwas beitragen will, kann jedem unserer Korrespondenten ein E-Mail senden oder auch ein verschlüsseltes E-Mail senden. Das bieten wir überall an.
Eine deutsche Webseite kopiert gerade Ihr Modell. Die Journalisten von Krautreporter. de wollen auch 900.000 Euro eintreiben und tiefergehenden Journalismus liefern. Nur eines ist anders: Auf Krautreporter sollen alle alles gratis lesen können, bei Ihnen sind es in erster Linie die zahlenden Kunden.
Wijnberg: Wir sprachen mit den Machern sogar über eine Kooperation, aber entschieden uns dann dagegen, weil wir uns in ein paar Aspekten nicht einig wurden. Zum Beispiel, ob die ganze Webseite gratis aufrufbar sein soll. Zum einen ist das kein Kaufanreiz für ein Abo, zum anderen ist es vielleicht schwieriger, eine Community aufzubauen. Wenn alle mitlesen können, schreckt man mitunter davor zurück, zu kommentieren. Diese Aspekte fanden wir nicht so gut. Im Grunde hoffe ich, dass alle neuen Journalismusinitiativen auf ihre Weise erfolgreich sind -je mehr unterschiedliche Ansätze es gibt, desto besser.
Im deutschsprachigen Raum wird über das sogenannte “Clickbaiting” diskutiert – also Onlinemedien, die mit sensationellen oder kuriosen Überschriften viele User anlocken wollen. Buzzfeed ist dafür bekannt, aber es gibt noch extremere Beispiele. Sind Sie der radikale Gegenentwurf?
Wijnberg: Wir verachten Buzzfeed keineswegs. Wir schauen uns sogar liebend gern etwas davon ab, wie Buzzfeed Aufmerksamkeit schafft. Entscheidend ist die Frage: Schreibt man einen Artikel oder eine Liste über ein Thema in allererster Linie, weil dieses Thema viele Clicks generiert? Das finde ich falsch. Es ist jedoch in Ordnung, bei einer wichtigen Geschichte zu überlegen, wie man es schafft, dass sie möglichst viele Menschen lesen. Wir fragen uns auch, auf welche Titel Menschen klicken. Ist ein Artikel aber sehr ausgewogen, hat er keine große Pointe, dann sollte man in der Überschrift nicht etwas anderes suggerieren. Das wäre Betrug.
Buzzfeed spricht oft Themen an, die Menschen direkt betreffen, etwa eine Liste, die zeigt, dass man als 30-Jähriger anders denkt als noch mit Anfang 20. Das ist wohl auch Teil des Erfolgs.
Wijnberg: Das meinte ich vorher: Was Journalisten als wichtig erachten, hat oft wenig damit zu tun, was Menschen in ihrem Leben beschäftigt. Nur auf eines sollte man aufpassen: Es ist schon eine journalistische Pflicht, Menschen nicht nur darüber zu informieren, was sie eh schon interessiert. Man muss auf die Interessen der Leser eingehen, ihnen aber auch Themen liefern, von denen sie noch gar nicht wussten, dass sie diese interessant finden. Man kann das sogar kombinieren: Wir brachten etwa eine ziemlich komplexe Geschichte über Textilarbeiter in Bangladesch. Da hätten wir titeln können: “Die Fabriken in Bangladesch sind furchtbar”, dann hätte das wohl kaum wer angeklickt. Stattdessen schrieben wir in etwa: “So leben die Menschen, die Ihr T-Shirt machen”. So haben wir am realen Leben der Leser angeknüpft, aber ihnen Informationen geliefert, die ihnen noch nicht bewusst waren.
Sie beschreiben ein sehr ambitioniertes Projekt. Aber wenn ich Sie richtig verstehe, kommt der entscheidende Tag am 30. September.
Wijnberg: Stimmt, am 30. September laufen die ersten 20.000 Jahresabos aus und hoffentlich werden möglichst viele Menschen ihr Abo verlängern. Ich glaube, unsere Chancen sind gut, weil wir seit dem Start der Seite 13.000 neue Mitglieder fanden und viele regelmäßig auf unserer Seite lesen. Aber, stimmt: Das ist ein ganz wichtiger Tag für unsere Plattform.
Zur Person
Foto: De Correspondent/bas losekoot, Zeichnung: Momkai/cléa dieudonné
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Sehr geehrte, liebe Ingrid Brodnig,
mir hat Ihr professioneller sympathisch vermittelter Beitrag im Interview mit Wolfgang Ritschl, Ö1, Kontext, außerordentlich gut gefallen. Ich werde darüber ein Posting auf sozialprojekte.com stellen und meine Kolleginnen bei bpw.at davor informieren. Und die KollegInnen im Kepler Salon Linz http://www.kepler-salon.at
Und jetzt geh' ich Ihr Buch kaufen :-)
Herzliche Gratulation!
Heidemarie Penz
Das freut mich sehr, vielen Dank! Ich muss Sie vorwarnen: Das Buch ist erst ab kommenden Montag im Handel, aber online kann man es bereits vorbestellen. Zum Beispiel hier. Ich bin natürlich immer sehr an Feedback interessiert!
Sehr geehrte Frau Brodnig!
Danke für Ihre heutige kompetente Stellungnahme in der ZIB2!
Mit besten Grüßen
Kurt Pecher
Herzlichen Dank für diesen mehr als lesenswerten Text, den ich dann auch gleich mal weiterverbreitet habe. Sie sprechen mir aus tiefstem Herz und geben genau meine Überzeugung und Gedanken wider. Ich war ebenfalls mit dem Text von Nico Lumma einer Meinung, aber mit Ihren Zeilen ... als seien es meine Gedanken. Nur, dass ich sie nicht so gut in Worte packen kann.
Herzlichen Dank und ein schönes Wochenende wünscht Sabine
Was, wenn parallel zum Shitstorm auch noch ein Transformationsvirus der ganz anderen Art unterwegs ist ;-)
Eine weltweite Epidemie verbreitet sich mit rasender Schnelligkeit!
Ein Umgang von Medien mit Hasskommentaren ist auch die klare Stellungnahme gegen diese.
Als Beispiel wäre hier z.B. der NDR zu nennen:
http://www.ndr.de/ratgeber/netzwelt/antifeminismus101.html
http://www.ndr.de/regional/niedersachsen/hannover/feminismus141.html
Herzliche Grüße
Super, danke für den Hinweis! Finde das eine gute Medienstrategie, das Problem öffentlich zu thematisieren und damit die Antifeministen auch bloßzustellen
hallo ingrid brodnig!
ich habe aufgrund einer empfehlung ihr buch gelesen, und wollte mich auf diesem weg bei ihnen dafür bedanken. es öffnet in dieser debatte die eine oder andere türe und regt in vielen punkten zum nachdenken an.
ich möchte auf einen punkt eingehen, der mir, nachdem ich das buch zugeklappt habe, gekommen ist, und den ich für nicht unwichtig halte, der jedoch in ihrem buch nicht berücksichtigung findet (vielleicht auch finden konnte, denn durchaus möglich, dass er den rahmen ihres buches gesprengt hätte. (und jetzt auch nicht als negative kritik zu verstehen)).
es geht um die fehlende achtsamkeit bzw. fehlende verantwortung bzw. den fehlenden respekt gegenüber anderen AUSSERHALB der online-welt. und da spreche ich nicht nur von rassistischen, geschlechterspezifischen oder ähnlichen (miß)tönen, oder von der generellen radikalisierung der sprache, sondern auch von so einfachen situationen, wie einem fehlenden "danke sagen", wenn einem die türe aufgehalten wird. da hat sich in den letzten jahrzehnten leider vieles zum schlechten gewendet (stichwort: elbogengesellschaft oder ich-ag).
ich denke mir, dass diese "verrohung des zueinanders" (man könnte auch von einer erneuten militarisierung der gesellschaft sprechen) eine wesentliche vorbereitung dessen ist, was - wie sie dann richtig beschreiben - zu den bösartigkeiten in der netzcommunity beiträgt bzw. einladet. in folge können diese online-enthemmungen natürlich auch wiederum in den realen alltag eingehen. ein wechselspiel in folge.
die anonymität (das fehlen von augenkontakt, wie sie es sehr schön genannt haben) wirkt dann beinahe wie das lang gesuchte hilfsmittel, um endgültig alle schranken fallen lassen zu können.
zu thematisieren wäre in diesem zusammenhang auch die verwendung der "smilie-ikons". ich finde, sie bringen ein wenig den "augenkontakt" zurück.
wenn ich jetzt und hier ein pseudonym benutze - das meinem nickname im standard.at forum entspricht - so ist es meinerseits ein kleines spiel ;- )
(ich habe im übrigen bei meinem posten festgestellt, dass es manchmal schon genügt, wenn ich ein direktes hallo und den angesprochenen usernamen bzw. eine verabschiedung (zb. mfg) schreibe, dass sich dann in folge der ton zum positiven verändert hat - eine kleinigkeit zwar, aber mit durchaus großer wirkung)
auf jeden fall kann auch ich ihr buch sehr empfehlen ... und werde es auch tun.
ich verbleibe mit freundlichen grüßen
behan
Ganz auch meine Meinung! Könnte man "shitstorm" nicht aus der Welt schaffen und durch was anderes ersetzen? Mir graust davor.
LG RG
Bei der Vorratsdatenspeicherung kann der Bürger wenigstens aufrüsten. Zum Beispiel mithilfe eines VPN Dienstes. Darum bin ich der Meinung das der Windmühlenkampf zwecklos ist. Eine technologische Aufrüstung wäre sinnvoller, besonders im Zeitalter des Informationszeitalters. Heute kauft jeder ein Auto mit Sicherheitsgurt. Aber Internet ohne VPN...
Danke für den Workshop und die Folien dazu.
Als Ergänzung: "Krautreporter" will mit diesem Konzept starten:
"Finanzieren wollen sich die Macher über eine Art Community - für 60 Euro im Jahr dürfen Leser kommentieren, zudem seien Begegnungen mit den Autoren oder Stadtführungen für die zahlenden Mitglieder denkbar. " -> http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/krautreporter-will-portal-fuer-qualitaetsjournalismus-werden-a-968688.html
Einerseits verringert es die angesprochene Schwelle Journalist / Leser, andererseits wird die Hürde für einen Kommentar erhöht, weil zuerst bezahlt werden muss. Eine Art von Freemium. Lesen ist gratis, mitmachen kostet.
Danke für den Link, bin sehr gespannt, was das Team von Krautreporter am Dienstag vorstellen wird! Denke auch, dass in allen künftigen Onlinemedien, hinter denen ein Bezahlmodell steht, der Umgang mit der Community - und zwar auf Augenhöhe - umso wichtiger wird
Liebe Ingrid,
danke für die spannende Session und anschließende Diskussion - sehr interessantes, wichtiges Thema! Hier der Link zu unserem Forschungsprojekt, über das wir anschließend kurz sprachen.
Und hier hat mein Kollege Julius Reimer darüber im EJO einen Gastbeitrag geschrieben.
Herzliche Grüße, freue mich schon auf die Buchlektüre,
Nele
Liebe Nele,
super, danke dir für die Links! Klingt echt spannend, was ihr macht - muss ich mir gleich näher ansehen. Eventuell kann ich ja in einem der nächsten Blogeinträge darauf eingehen. Jedenfalls toll, wie die re:publica Menschen zusammenbringt, die sich mit einem Thema beschäftigen!
Schönen Gruß,
Ingrid
Vollste Zustimmung! Ich hab's nicht geschafft, in meinem Beitrag ernst zu bleiben.
Danke für den Hinweis - und die freundlichen Worte im Blogeintrag! Ich versuche ja, möglichst auf Häme zu verzichten, weil ich viele Bedenken der Kritiker teile. Mir behagt der Ton vielerorts auch nicht. Aber es ist halt sehr schade, dass dann prompt der Satz "weg mit der Anonymität" fällt, eine substanziellere Auseinandersetzung mit dem Thema jedoch nicht passiert. Aber vielleicht ändert sich das noch!
Ja, ich weiß genau, was du meinst - ich war bei dem Thema auch skeptisch. Aber es hat mich so in den Fingern gejuckt... und letztendlich hat dann dein Beitrag den Auschlag gegeben; dass ich mir sozusagen die Satire erlauben kann mit Verweis auf deinen Beitrag :-)
Und es ist ja so typisch .at, dass der Woiferl gleich aufs Thema springt. Ich frag mich eher, warum Oe24 Startseitenartikel so wenig Likes bekommen.
Ich bin sehr gespannt, wie Fellner bis Juni die Seite auf Klarnamen umstellen will und wie er das genau machen möchte. Das ist verdammt wenig Zeit und führt zu etlichen technischen Fragen. Entweder heißt das ein Einloggen via Facebook oder eine Art redaktionelle Kontrolle, ob die Namen zumindest halbwegs echt klingen.