“Der Staat ist bloß für die Unterschicht!“
Autorin Ulrike Herrmann erklärt, wie sich der österreichische Staat vor den geizigen Reichen retten kann
Die Reichen sollen zahlen! Dieser Ruf wird immer lauter, mittlerweile spricht sich die Mehrheit der Bevölkerung für eine Reichensteuer aus. Das ergab zumindest eine Umfrage des Gallup-Instituts. Ihr zufolge sind 78 Prozent der Bürger für eine Vermögenssteuer ab einer Million Euro. Die SPÖ plädiert für die Einführung einer solchen, die ÖVP will lieber einen “freiwilligen Beitrag“ der Millionäre.
Wie ungerecht ist das Steuersystem? Und wie schaffen es die Reichen, sich ständig vor Steuern zu drücken? Die deutsche Journalistin Ulrike Herrmann hat zu diesem Thema das Buch “Hurra, wir dürfen zahlen“ verfasst. Sie zeichnet ein düsteres Bild der Gesellschaft: Wenn wir nicht aufpassen, driften die sozialen Schichten immer weiter auseinander und der Staat wird selbst seine Kernaufgaben nicht mehr finanzieren können.
Falter: Frau Herrmann, unlängst sorgte Finanzministerin Maria Fekter für Aufregung, als sie von einer Art Reichenverfolgung sprach und diese sogar mit der Judenverfolgung verglich. Werden die Reichen tatsächlich verfolgt?
Ulrike Herrmann: Mal ganz grundsätzlich: Solche Vergleiche mit dem Holocaust haben immer den degoutanten Beigeschmack, weil sie das immense Leid der Juden verharmlosen. Was Ihre Frage betrifft: Nein, Reiche werden in Österreich keineswegs verfolgt. Im Gegenteil, Österreich ist ein Steuerparadies. Es ist eines der wenigen Industrieländer, das keinerlei Besteuerung des Vermögens kennt. Es gibt seit 2008 keine Erbschaftssteuer und keine Schenkungssteuer mehr. Stattdessen haben Sie unzählige Stiftungen und das Bankgeheimnis. So weiß keiner, wie viel Geld die Reichen wirklich haben und ob sie alles versteuern.
Gerade Fekters Partei, die ÖVP, stemmt sich gegen solche Vermögenssteuern – immer mit dem Hinweis, der Staat solle Leistungsträger entlasten.
Herrmann: Ich glaube, die österreichischen Normalbürger können das Wort Leistungsträger schon gar nicht mehr hören. An dem Begriff sind zwei Dinge problematisch. Erstens wird so getan, als würden nur Reiche etwas leisten. Das ist natürlich Quatsch. Die normalen Arbeitnehmer, die Krankenschwestern und Verkäuferinnen, sind auch Leistungsträger. Das zweite Problem an dem Begriff ist: Viele Reiche haben ihren Reichtum gar nicht durch Leistung erworben, sie haben ihn schlichtweg ererbt. Die Frau von Herrn Grasser zum Beispiel, Fiona Swarovski, hat ihr Vermögen auch nicht selbst erworben.
In Zeiten der Krise werden die Vermögenssteuern populärer, die Mehrheit der Bevölkerung spricht sich mittlerweile dafür aus. Wird auch Österreich sie einführen?
Herrmann: Zu dem Thema habe ich schon mit einigen ÖVPlern geredet. Mein Eindruck ist: Die wissen alle, dass die Vermögenssteuer kommt. Aus ihrer Sicht geht es jetzt nur noch darum, eine möglichst billige Form der Vermögenssteuer einzuführen.
Was wäre denn eine zu billige Lösung?
Herrmann: Machen Sie bloß keine einmalige Vermögensabgabe! Das ist der billigste Weg für die Reichen. Sie müssen nur einmal einen Betrag zahlen, quasi nach dem Motto “Sonderopfer Finanzkrise“, und dann ist die Sache erledigt. Besser wäre es, Österreich führt eine richtige Steuer ein, die jährlich anfällt.
Die SPÖ will auf Vermögen ab einer Million Euro eine Steuer von 0,3 bis 0,7 Prozent einheben.
Herrmann: Das ist aus meiner Sicht okay. In Österreich wäre es außerdem ganz wichtig, wieder eine Erbschaftssteuer einzuführen. Es ist doch keine Leistung, das Kind von reichen Eltern zu sein. Wenn Erste-Bank-Chef Andreas Treichl von seinem Vater Millionen erbt, hat er für diese Millionen weder etwas geleistet noch jemals dafür Steuern gezahlt.
Die Erbschaftssteuer ist aber ein großes Angstthema. Da denkt man sofort an das Häuschen seiner Oma, das vielleicht fast nichts wert ist, aber wofür trotzdem Steuern anfallen könnten.
Herrmann: Nein, denn man kann bei einer solchen Steuer großzügige Freibeträge ansetzen.
Dann müssten nur die Reichen zahlen?
Herrmann: Ja. In Österreich erben die obersten zwei Prozent 40 Prozent aller Immobilien. Man könnte zum Beispiel nur diese zwei Prozent zur Kasse bitten.
Wie ungerecht ist das Vermögen in Österreich verteilt?
Herrmann: Das Problem ist, man weiß wenig über die Reichen in Österreich. Da herrscht eine große Geheimnistuerei. Was man weiß, deutet aber darauf hin, dass 0,5 Prozent der Österreicher – also das reichste Zweihundertstel – mehr als 33 Prozent des Geldvermögens besitzen. Das ist eine Hochrechnung der Nationalbank und steht im Sozialbericht 2010. Sollten diese Zahlen stimmen, dann ist Österreich eine absolute Klassengesellschaft, sogar noch viel mehr als Deutschland.
Als Österreicher hat man aber kaum das Gefühl, man lebt in einer Klassengesellschaft.
Herrmann: Klassengesellschaft heißt: Wenige besitzen alle Produktionsmittel, also alle Fabriken. In Österreich ist das eindeutig der Fall. Wenigen Reichen gehören die großen Betriebe, die meisten sind Arbeitnehmer.
Aber man kann doch aufsteigen. Man kann studieren und Karriere machen.
Herrmann: Diese Idee ist in der Mittelschicht weit verbreitet. Die Leute glauben: Ich mache Abitur, ich studiere, dann habe ich einen guten Job und werde reich. Nur so funktioniert das nicht. Das sehen Sie an der Lohnentwicklung: Noch nie war eine Generation von Arbeitnehmern so gut ausgebildet wie heute und trotzdem stagnieren die Reallöhne.
Die Mittelschicht hat also falsche Hoffnungen?
Herrmann: Die Mittelschicht belügt sich selbst. Sie glaubt immer noch an den eigenen Aufstieg. Sie glaubt, sie muss sich nur noch ein bisschen anstrengen, und dann ist sie selber reich. Da kommt ein psychologischer Effekt hinzu. Reichtum ist ja ein schwammiger Begriff. Im dritten deutschen Reichtums- und Armutsbericht wurden Bürger befragt, was für sie Reichtum ist. Da stellte sich heraus: Die Menschen setzen Reichtum immer knapp oberhalb ihres eigenen Einkommens an. Wenn jemand 1500 Euro verdient, dann beginnt Reichtum ab 2000 Euro. Wenn er 3000 Euro verdient, dann ist man ab 4000 Euro reich. Das Interessante ist, bei den Reichen funktioniert das genauso. Wenn man zwei Millionen Euro besitzt, denkt man: Reich sind die, die drei Millionen haben. Das führt zu einer Gesellschaft, in der sich niemand reich fühlt, aber viele glauben, sie werden irgendwann reich. In einer solchen Gesellschaft ist es natürlich schwierig, Reiche zu besteuern.
Wer ist denn wirklich reich? Und wer gehört zur Mittelschicht?
Herrmann: Ich verwende die Definition des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung: Wer zwischen 70 und 150 Prozent des mittleren Nettoeinkommens verdient, gehört zur Mittelschicht. Das betrifft in Deutschland einen Single, der zwischen 1000 und 2300 Euro netto im Monat verdient, oder eine Familie mit zwei kleinen Kindern, die im Monat ungefähr 2300 bis 4900 Euro netto hat. In Österreich gibt es leider keine so gute Zahlen, aber man kann in etwa sagen: Ein österreichischer Single mit einem Monatseinkommen von 1300 bis 2800 Euro netto gehört zur Mittelschicht.
Und ab 2900 Euro ist man schon reich?
Herrmann: Nein, reich ist man noch nicht, aber man zählt bereits zur Oberschicht. Der eigentliche Reichtum beginnt erst ab dem Doppelten des mittleren Nettoeinkommens.
Im Mittelstand herrscht eine Angst vor dem Abstieg. Zu Recht?
Herrmann: Wieder einmal gibt es für Österreich keine Zahlen, für Deutschland aber schon. Da sieht man eindeutig, dass die Mittelschicht schrumpft und die Unterschicht wächst. Die meisten Leute steigen also ab.
Wie funktioniert dieser Abstieg?
Herrmann: Viele Leute fürchten sich vor der Langzeitarbeitslosigkeit, das ist aber gar nicht das wahre Problem. Die meisten Arbeitslosen finden sehr bald wieder einen Job. Viel problematischer ist, dass die Löhne nicht steigen, dass sie die Inflation nicht ausgleichen. Gemessen an realen Kriterien verdienen die heutigen Neueinsteiger längst nicht so viel wie ihre Eltern. Immer mehr Menschen sind Leiharbeiter, haben befristete Jobs oder einen Gehaltsverlust, wenn sie ihren Arbeitsplatz wechseln.
Einfach gesagt: Die wahren Leistungsträger profitieren immer weniger vom Reichtum?
Herrmann: Ja, zwischen 2003 und 2008 sind die Reallöhne für österreichische Vollbeschäftigte um 3,1 Prozent gestiegen, die Wirtschaft ist aber um knapp 20 Prozent gewachsen. Wenn die Wirtschaft fast um 20 Prozent wächst und die Löhne nur um drei Prozent, dann kann man sich überlegen, wo der Rest geblieben ist.
Dazu passend eine aktuelle Aussendung der Arbeiterkammer: Heuer gingen wieder Rekorddividenden an die Aktionäre.
Herrmann: Genau, der Großteil des Wachstums geht an die Unternehmer, Selbstständige und Kapitaleigentümer, also an die Aktionäre.
Sie sagen, der Aufstieg in die Oberschicht ist Unsinn. Warum denn?
Herrmann: Nur 0,5 Prozent der Bevölkerung besitzen 33 Prozent des Geldvermögens. Da ist es bereits mathematisch höchst unwahrscheinlich, jemals zu diesen 0,5 Prozent zu gehören, da steht es 1 zu 200. Außerdem wird dieses Vermögen überwiegend ererbt. Ob man reich ist oder nicht, hängt im Wesentlichen davon ab, von welchen Eltern man abstammt.
Was kann man dagegen tun, dass unsere Gesellschaft so sehr auseinanderdriftet?
Herrmann: Das kann man nicht verhindern, man kann nur korrigierend eingreifen. Selbst wenn eine Vermögenssteuer, eine Erbschaftssteuer oder ein höherer Spitzensteuersatz käme, würden wir nicht plötzlich in einer egalitären Gesellschaft leben. Es wäre noch immer eine Klassengesellschaft – mit dem einzigen Unterschied, dass es eben ein bisschen gerechter wäre. Auch könnte dann der Staat all die Leistungen finanzieren, die dringend nötig sind, insbesondere die Bildung.
Gefährdet das ständige Gerede von den Leistungsträgern den Sozialstaat?
Herrmann: Na klar. Wie setzt man als Reicher durch, dass die Steuern sinken? Am schnellsten geht es, wenn man der Mittelschicht einredet: Wisst ihr was, dieser Staat, der ist sowieso bloß für die Unterschicht da. Heinz-Christian Strache sagt ausdrücklich in Interviews, der ganze Staat würde nur die Einwanderer alimentieren. Dann denken die Bürger: Stimmt eigentlich, dieser blöde Staat füttert immer nur die Einwanderer durch, den schaffen wir jetzt ab. Wenn der Staat als reine Unterschichtenveranstaltung diffamiert wird, lassen sich alle Steuerkürzungen durchsetzen. Der Bürger freut sich, dass er 50 Euro spart. Und ihm ist es auch egal, wenn der Reiche dann fünf Millionen Euro spart.
Aber der Staat ist doch auch für die Mittelschicht da.
Herrmann: Ja, die Mittelschicht verkennt total, wie wichtig der Staat für sie ist. Das beginnt im öffentlichen Dienst. Wer stellt denn die ganzen Beamten? Die Mittelschicht. Das reicht vom Thema Sicherheit bis hin zur Bildung. Gerade die Mittelschicht profitiert, wenn die Universitäten ausgebaut werden.
Nun werden sogar manche Millionäre laut und fordern höhere Steuern.
Herrmann: Die Millionäre erkennen, dass ihnen die Finanzkrise nur zwei Möglichkeiten lässt: Entweder sie zahlen Steuern oder ihr Vermögen wird vernichtet.
Inwiefern wird ihr Vermögen vernichtet?
Herrmann: Das passiert gerade auf der ganzen Welt. Die Renditen rauschen in den Keller und gleichen die Inflation nicht mehr aus. Auf die Staatsanleihen der USA bekommt man derzeit nur 2,3 Prozent Zinsen, die amerikanische Inflation liegt derzeit aber bei 3,6 Prozent. Das bedeutet einen jährlichen Verlust von 1,3 Prozent. Und trotzdem schaffen die Leute ihr Geld in die USA, weil sie glauben, ihr Geld liege dort sicher. Es ist offensichtlich: Das gesamte Finanzsystem ist instabil. Die einzige Institution, die dieses Finanzsystem retten könnte, ist der Staat. Dafür braucht er aber Einnahmen, also Steuern. Die pfiffigen unter den Investoren haben das erkannt. Sie wissen, dass sie den Staat nicht weiter aushungern können, weil dann das Finanzsystem kollabiert und ihr Vermögen ebenfalls weg ist. Aber ich sehe es schon kommen: Die ÖVP wird das als Letzte merken.
Ulrike Herrmann ist Wirtschaftskorrespondentin der Berliner Tageszeitung taz. Die 47-Jährige ist ausgebildete Bankkauffrau und hat Geschichte und Philosophie studiert. Im Vorjahr erschien ihr Buch “Hurra, wir dürfen zahlen“
Dieses Interview ist im Falter (Ausgabe 39/11) erschienen. Credits: Flickr-User Fibanocci Blue / Herby Sachs / WDR
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Mich würde interessieren, wie es dir in und nach den 2 Wochen gegangen ist.
Aus dem Falter wissen ja alle, dass du dein Handy mit ins Bett nimmst ...
Gute Frage! Grundsätzlich war es angenehm, ich habe auf meinem iPhone den Mail-Account gelöscht, hatte gar nicht das Bedürfnis, all die eintreffenden Mails zu lesen. Doch dann habe ich selbst gegen mein Sabbatical verstoßen: Während der Feiertage hat sich bei mir etwas Privates ereignet und ich wollte meine Kollegen diesbezüglich verständigen. Nur was tun? Jeden einzelnen anrufen? An alle ein SMS? Mir schien E-Mail die beste Kommunikationsform und schließlich habe ich dann gemailt. So ganz habe ich mein Sabbatical also nicht eingehalten, aber trotzdem zwei Dinge gelernt: 1.) Es ist eine gute Idee, den Mail-Empfang am iPhone während des Urlaubs zu deaktivieren - das werde ich weiterhin machen. 2.) Ganz auf E-Mail zu verzichten, ist aber gar nicht so leicht, vor allem wenn man selbst einen großen Mitteilungsdrang hat. Mir ging eher das Mail-Versenden als das Mail-Empfangen ab...
OK. Das heißt ja wohl, dass du nur auf die Mails verzichtet hast. ;-)
Musste den Artikel noch mal lesen, um das zu verstehen. Dass heißt, du hast dich nur auf das "normale" Urlaubslevel runtergesetzt. Ich dachte, du willst es OHNE Internet schaffen. Sprich: OHNE Mail, OHNE Surfen, OHNE Online-Spiele - OHNE Internet eben.
Das hast du dir zu einfach gemacht, finde ich. Und dann nicht mal ganz eingehalten.
Ingrid ich habe heute leider kein Foto für dich ...
Interessanter Einwand - aus meiner Sicht habe ich das weggelassen, was mich während des Urlaubs am meisten stört (eben, dass ich trotzdem ständig E-Mails checke). Aber wenn ich zwischendurch nach einem guten Lokal google oder online einen Routenplan suche, stört mich keine Sekunde lang. Im Gegenteil: Ich würde es als extreme Benachteiligung empfinden, wenn ich in meiner Freizeit darauf verzichten müsste.
Natürlich kann man's auch so sehen, dass das nur ein Schmalspur-Sabbatical war. Den echten Offline-Test haben schon andere gemacht, zum Beispiel Alex Rühle für sein Buch "Ohne Netz". http://www.falter.at/web/shop/detail.php?id=33075&SESSID= Aber schauen wir mal, vielleicht wage ich mich doch noch über eine echte Auszeit drüber. Bisher verspüre ich jedenfalls nicht den Drang, das Internet gänzlich abzudrehen...
Da kommt also ein Gerät heraus, welches kleiner und leichter ist, doppelt so viel Prozessorleistung bietet, eine 9x schnellere Grafik, ein verbessertes Display, einen FullHD-Ausgang für externe Präsentationen und die Nachrüstung der viel bemängelten Kameras. Und das ist dann keine Innovation. Alright.
Ja, das ist eine Verbesserung, aber noch keine Innovation. Etwas anderes zu behaupten, ist echt gewagt.
11. Gebot - Du sollst Apple nicht kritisieren.
neuer Link für Conan O'Brien
http://teamcoco.com/content/apple-employees-can%E2%80%99t-help-gloat-about-new-ipad
Falls dich die Details interessieren sollten:
http://imgur.com/BghEN
Interessant, Danke für den Link! Diese komischen Geräusche hatten also einen Grund...
Und genau da liegt das Problem fuer
Wenn sich Werbepreise fuer Online Ads den Offline Ads, also Zeitungsinseraten, annaehern wuerden, waere die ganze Geschichte auch ohne Paywall finanzierbar. Denn zieht man bei einer Zeitung die Druckkosten und die Lieferkosten ab, bleibt unterm Strich auch nichts mehr uebrig (oder noch weniger). Zwar wird von den Werbeagenturen immer mehr Geld vom offline ins online advertising verschoben, doch hat das in den letzten Jahren nicht den erhofften Preisanstieg gegeben. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass 15 Dollar pro User nur durch on page advertising praktisch nicht erreichbar sind. Selbst wenn die NYT pro 1000 aufgerufenen Seiten 10 Dollar bekommt (was derzeit eh nicht realistisch ist, eher 1/3 - 1/10 davon), muesste ein User 1500 Seiten pro Monat aufrufen um damit auf 15 Dollar zu kommen.
Andererseits stellt sich die Frage wie lange es dauern wird um den Aufwand, der die Implementierung und Wartung einer Paywall mit sich bringt, mit Abos zu finanzieren.
Ich bin auf jeden Fall gespannt wo das in den naechsten Monaten/Jahren hinfuehren wird :-)
Danke für den spannenden Einblick in die Zahlen! Was ich mich frage: Ist es realistisch, dass sich die Onlinewerbepreise irgendwann den Offlinepreisen angleichen? In den letzten Jahren ist das ja leider nicht passiert.
Im App-Store von Apple kommt übrigens ein neues Problem für die Zeitungshäuser hinzu: Da kassiert Apple 30 Prozent des Umsatzes ein, dazu gibt's auch wieder heftige Debatten (siehe zB http://www.tagesschau.de/wirtschaft/apple142.html).
Darauf kann man natuerlich nicht pauschal mit ja oder nein antworten. Da erstens die Werbeformen sowohl offline als auch online zu verschieden sind. Wenn man online Werbung auf Zeitungsportalen mit Zeitungsanzeigen vergleicht, wuerde ich eher dazu tendieren und "nein" zu sagen. Unterm Strich wird wohl in den naechsten Jahren immer noch mehr mit Zeitungsanzeigen zu holen sein. Doch koennen gewisse Online Kampagnen natuerlich ueber den offline Preisen liegen. Wenn zB gezielt Werbung fuer eine gewisse Zielgruppe geschaltet wird ("nur die 25-35 jaehrigen, alleinstehenden Maenner mit Sportwagen") sind die Preise dementsprechend hoeher.
Ich moechte auch noch anmerken, dass die Zahlen, die ich oben geschrieben haben nicht die wirklichen Zahlen der NYT sind. Es sind lediglich Schaetzungen aufgrund meiner Erfahrungen (beschaeftige mich seit 2001 mit Online Werbung und die Preise sind seither stetig gesunken - Ende 90er Jahre waren die Preise am ehesten mit Offline Preisen zu vergleichen). Darueber hinaus bin ich mir ziemlich sicher, dass die NYT bessere Preise fuer Online Kampagnen erzielt als irgendein 08/15 Blog. Trotzdem sind die Preise im Keller, auch wenn die NYT einen 50-fach hoeheren Preis bekommt :-)
Zu apple: der von dir verlinkte Artikel ist leider etwas einseitig geschrieben. Kurz die Gegenseite: Das mit den 30% stimmt. Allerdings nur fuer "neue" Kunden, also Kunden, die ueber die App angeworben wurden. Es steht jedem Verlag frei, ausserhalb des App Stores Abos zu verkaufen (die dann natuerlich auch innerhalb der App genutzt werden koennen). Fuer solche Verkaeufe bekommen die Verlage dann 100%. So das Argument von Apple.
Natuerlich sitzt der Dollar lockerer wenn man in der App ist, die Zahlungsdaten hinterlegt sind und man nur noch auf "abonnieren" druecken muss. Das weiss Apple natuerlich auch ...
Warum ich es schrecklich und unverständlich finde, dass so viele Leute so viel Geld für Dreckjournale ohne Wert ausgeben, während niemand für echten Journalismus zahlen will:
http://karinkoller.wordpress.com/2011/03/26/dinge-die-wir-hassen-frauenzeitschriften/
Selbstredend gibt nichts dagegen zu sagen für die NYT zu zahlen. Vielleicht nur, dass wir in seltsamen medialen Zeiten leben, wenn eine Journalistin eine Art Rechtfertigung dafür postet. Es ist aber auch mehr als nur "für guten Journalismus" zahlen - es ist ein Commitment zur Marke, zum Medium und wahrscheinlich eine Art Freude über das implizite Bildungsversprechen einer Zeitung wie die New York Times. Und unterstreicht den Mangel an solchen Angeboten in Österreich. Was ein derartiges Commitment zu geben zur Zeit schwer macht, ist die schiere mediale Vielfalt am Bildschirm. Ein zunehmend diffuser gewordenes Angebot, die oft zitierte mediale Herausforderung. Tageszeitung lesen, Magazine rezipieren und sich dann um die Feeds kümmern. Welches Medium greife ich heraus, um es finanziell zu unterstützen? - NYT, SZ, NZZ, FAZ,...,....,....,....,.....,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,.Glückwunsch, wenn man hier klar sieht und für sich zu einer Entscheidung kommt. Unglücklich hingegen finde ich die Formulierung "guter Journalismus". Was das ist, ist stets persektiven-abhängig und kommt meist oberlehrerhaft herüber. Ob die Strasser-Aufdeckung etwa ein Beispiel für "guten Journalismus" ist, halte ich etwa für dikussionswürdig - Büros mieten, Politiker in Versuchung führen usw. Eine Top-Story allemal. Aber "guter Journalismus". Naja, für mich verwunderlich. Aber egal. Schönes Wochenende.