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“Hören Sie sich doch selbst zu!“

Finger weg von amerikanischen IT-Konzernen: Der Markt agiere weit klüger als jede Regierung, behauptet Buchautor, Journalist und Blogger Jeff Jarvis. Ein Streitgespräch über die Rolle des Staates in Zeiten von Google und Facebook.

Vielleicht kann man Jeff Jarvis als weltweit bedeutendsten Google-Fan bezeichnen. Der New Yorker Journalismusprofessor schreibt in seinen Büchern und Blogeinträgen über das Netz als revolutionäres Werkzeug und über Google als Boten des Fortschritts. Jarvis eckt vielerorts an. Deutschen Medienhäusern und EU-Politikern wirft er innovationsfeindliche Panikmache und Protektionismus vor. Für die europäischen Sorgen gegenüber Konzernen wie Google und Facebook zeigt er nicht das geringste Verständnis. Im Gespräch mit profil erklärt Jarvis, warum er Europa mit so viel Leidenschaft kritisiert.

profil: Herr Jarvis, eines vorweg: Wir werden in diesem Interview nicht immer einer Meinung sein.

Jeff Jarvis: Davon gehe ich aus.

profil: Sie sprechen von “Eurotechnopanik“ und meinen, Europa sei zu hart zu Internetunternehmen. Inwiefern?

Jarvis: Gehen wir zur Wurzel des Ganzen: Neue Technologien lösen oft moralische Panik aus. Als Gutenberg die Druckerpresse erfand, fürchteten manche, es werde zu viele Bücher, zu viel Wissen, zu viel Freiheit geben. “Technopanik“ kannte man schon in der Vergangenheit. Heute sehe ich in Europa besonders heftigen Widerstand gegen Technologie, speziell in Deutschland. Großteils geht es bei der Debatte um Medienhäuser, allen voran Axel Springer und Burda. Sie nutzen ihre politische Macht, um Politiker für den Kampf gegen amerikanische Technologieunternehmen einzuspannen. Diese Strategie geht auf: Sie haben Google eingekesselt, das Unternehmen muss sich dauernd rechtfertigen.

profil: Was meinen Sie konkret?

Jarvis: Denken Sie an das deutsche Verpixelungsrecht. Nach dessen Einführung gab Google auf, deutsche Straßen abzufotografieren. Oder das Leistungsschutzrecht, welches die deutschen Verleger forderten – und nicht zuletzt die Rufe im EU-Parlament, dass Google zerschlagen werden müsse. All das erweckt bei Außenstehenden den Eindruck, dass in Europa ein feindliches Klima gegenüber US-Technologieunternehmen herrscht.

profil: Ihr Begriff “Eurotechnopanik“ eignet sich aber auch wunderbar dafür, jegliche Form der Kritik an diesen Unternehmen abzuschmettern. Beispielsweise prüft die EU-Kommission, ob Google seine Marktmacht missbraucht hat. Es ist doch gut, wenn europäische Wettbewerbshüter da genau hinsehen.

Jarvis: Eric Schmidt, der Vorstandschef von Google, betont häufig, dass es zu jedem Google-Produkt eine adäquate Alternative gibt. Das stimmt auch – mit einer großen Ausnahme: dem Online-Werbemarkt. Hier ist Google in der Tat angreifbar. Aber es ist noch kein Verbrechen, Marktführer zu sein. Rechtswidrig wird es erst, wenn man seine Macht missbraucht. Deutschland führt den Kampf gegen Google an, sowohl medial als auch politisch. Trotzdem hat Google in Deutschland die zweithöchste Marktdurchdringung weltweit. Die Konsumenten fühlen sich wohl mit Google.

profil: Selbst wenn ich Google als Suchmaschine mag, heißt das nicht, dass ich Googles Konzernstrategie mögen muss.

Jarvis: Was mögen Sie denn nicht?

profil: Suchen Internetbenutzer nach Produktempfehlungen, hebt Google die eigenen Dienste prominenter hervor als die Angebote der Konkurrenz. Das hinterfragt die EU-Kommission zu Recht.

Jarvis: Die deutschen Verleger produzierten dazu ein Video und sagten: “Oh Gott, wenn man nach Schuhen sucht, sieht man ganz oben die Google-Anzeigen für Schuhe!“ Natürlich zeigen die das ganz oben an. Google ist ein Business. Wenn Sie auf die Website der “Bild“-Zeitung gehen, die zum Axel-Springer-Verlag gehört, und auf einen Link zum Thema “Schuhe“ klicken, werden Sie auch nur sehen, was Ihnen die “Bild“ an Schuhen anzeigt.

profil: Entscheidend ist aber, dass Google klarer Marktführer unter den Suchmaschinen ist. Europa hat eine starke Tradition, besonders streng auf seine Marktführer zu blicken.

Jarvis: Darin sehe ich ein Problem. Einerseits wollen wir Unternehmen, die erfolgreich sind, die wachsen. Es gibt aber offenbar eine unsichtbare Linie, und wer diese überschreitet, gilt als zu groß. Zeigen Sie mir das Gesetz, in dem genau festgelegt wird, ab wann ein Unternehmen zu groß ist. Ich höre das in Europa permanent: Google ist zu groß. Was soll das heißen?

profil: Google ist so groß geworden und hat so viele Daten über seine Kunden, dass sich daraus ein Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz ergibt. Die Sorge ist: Google könnte das auf unfaire Weise ausnutzen.

Jarvis: Könnte! Dass jemand etwas tun könnte, verstößt nicht gegen das Gesetz. Genau das ist mein Problem mit der “Eurotechnopanik“. Wenn Sie alles regulieren, was irgendwann falsch laufen könnte, dann lassen Sie nicht die nötigen Freiräume für Innovation offen.

profil: Stimmt, es geht nicht um die Frage, ob Google irgendwann seine Marktmacht ausnützen könnte, sondern ob es das bereits tut. Die EU-Kommission fand bei ihrer Prüfung heraus, dass dies zum Teil der Fall ist ist.

Jarvis: Ja, und es gab bereits eine Einigung mit der Kommission, laut der sich Google verpflichtete, stärker auf die Konkurrenz zu verweisen. Von “Bild“, Deutschlands größter Zeitung, wird das nicht verlangt. Aber dann passierte Folgendes: Die Verleger machten politischen Druck und die EU-Kommission rückte von der Einigung wieder ab.

profil: Den Verlegern schien dieser Kompromiss zu zahnlos, die EU-Kommission nahm ihn zurück. Eines ist mir unklar: Sie sprechen von der Lobby der Verleger. Aber auch Google ist eine Lobby. Die Aufgabe der Politik besteht doch darin, im Sinne der Bürger zwischen diesen Lobbys zu vermitteln.

Jarvis: Das ist tatsächlich ein Unterschied zwischen Europa und den USA. Wir Amerikaner misstrauen dem Staat stärker. Dank Edward Snowden wissen wir nur zu gut: Der Staat gefährdet unsere Privatsphäre wie niemand sonst. Ich traue den Regierungen nicht, wenn sie das Internet regulieren wollen. Ich traue ihnen auch nicht im Umgang privaten Daten. Unternehmen stehen durch den Markt unter einem viel größeren Druck, mit unseren Daten ordentlich umzugehen. Verletzt ein Unternehmen unser Vertrauen, meiden wir es einfach – es gibt Alternativen. Die Regierungen sollen ihre Finger vom Internet lassen.

profil: Die NSA-Affäre hat doch gezeigt, wie notwendig die Regulierung von US-Unternehmen ist. Amerikanische IT-Konzerne sollten etwa zu Strafen verurteilt werden, wenn sie private Daten von EU-Bürgern unrechtmäßig an US-Behörden weiterleiten. Eine solche Verordnung ist derzeit in Arbeit.

Jarvis: Die deutsche Regierung agierte in dieser Hinsicht auch nicht gerade sauber, und die britische Regierung ist sogar noch schlimmer als die NSA. In diesem Fall sind nicht die Unternehmen die Sünder, sondern die Regierungen. Google war entsetzt, als bekannt wurde, dass die NSA die Kommunikation zwischen den Google-Servern abfängt. Daraufhin hat Google diese Daten verschlüsselt, um sich vor der Regierung zu schützen. Es gab richterliche, oft geheime Anordnungen, wonach Google Informationen aushändigen muss. Das ist nicht die Schuld des Unternehmens. Schuld ist die US-Regierung.

profil: Insgesamt führen solche Enthüllungen in Europa nicht unbedingt zu einem größeren Vertrauen gegenüber US-Konzernen.

Jarvis: Ja, das stört diese auch, und daran müssen sie arbeiten. Aber mit allem nötigen Respekt: Europa soll nicht unser weltweites Internet managen! Die frühere EU-Kommissarin Viviane Reding sprach sogar schon von mehreren Säulen des Internets, eine davon ist das “Recht auf Vergessen“.

profil: Der Europäische Gerichtshof hat dieses “Recht auf Vergessen“ bereits zur geltenden Rechtsprechung gemacht.

Jarvis: Ich verachte diese Entscheidung. Denn es gibt auch ein Recht auf Erinnerung, ein Recht auf freie Rede. Es handelt sich um einen grauenvollen Gerichtsbeschluss, weil die Entscheidungsgewalt nun ausgerechnet bei jener Partei liegt, die man nicht in diese Position bringen sollte: Google.

profil: Google entscheidet erstinstanzlich, ob ein Suchergebnis gelöscht wird. Das ist in der Tat umstritten. Im Kern beruht das “Recht auf Vergessen“ aber auf einem nachvollziehbaren Anliegen: Wer keine öffentliche Person ist und insignifikante, unvorteilhafte Details über sich selbst online findet, kann diese aus der Google-Suche löschen lassen. Was stört Sie daran?

Jarvis: Gerade als Journalisten sollten wir entsetzt sein, da hier unser Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt wird. Wer sagt, welche Information insignifikant ist? Ich kann mich auch nicht mit der Idee anfreunden, dass jemand keine öffentliche Person ist: Was Sie in der Öffentlichkeit tun, wird im Grunde zu öffentlichem Eigentum. Als Gesellschaft sollten wir uns eher fragen, wie tolerant wir gegenüber Peinlichkeiten sind. Sie haben sicher von der amerikanischen Lehrerin gehört, die aufgrund eines Fotos auf Facebook, auf dem sie mit einem Glas Bier in der Hand zu sehen ist, gefeuert wurde. Das Problem besteht nicht darin, dass eine Erwachsene Bier trinkt, sondern darin, wie intolerant die Schulleitung auf ein legales Verhalten reagierte.

profil: Sie fordern, unsere Gesellschaft müsse toleranter werden. Es ist doch unrealistisch, dass das bald passieren wird.

Jarvis: Nein, unsere Gesellschaft ist bereits viel toleranter geworden. Sie profitiert davon, wenn Information geteilt wird. Die “Eurotechnopanik“ konzentriert sich nur darauf, was schiefgehen könnte. Wir sollten aber auch die positiven Nebenwirkungen berücksichtigen. Ein Beispiel: Ich hatte Prostatakrebs. Nehmen wir an, es stellt sich heraus, dass auch ungewöhnlich viele meiner Nachbarn Prostatakrebs haben und eine Umweltbelastung dies ausgelöst hat. Erst wenn wir Information teilen, können wir vieles herausfinden.

profil: Kürzlich legten Sie sich mit dem “Spiegel“ an, der auf dem Cover amerikanische Internetkonzerne als “Weltregierung“ bezeichnete. Sie nannten das eine “Scheißebombe“.

Jarvis: Ich weiß durchaus, dass “Scheißebombe“ kein richtiges Wort ist. Ich fand es lustig, diese zwei Worte zusammenzusetzen.

profil: Warum verwenden Sie so harte Worte?

Jarvis: Weil der “Spiegel“ auch hart in seiner Rhetorik war. Der Begriff “Weltregierung“ untertellte, dass diese Technologieunternehmen einen weltweiten Machtübernahmeplan haben. Außerdem war auf dem Titelblatt ein russischer Jude zu sehen, der finster dreinblickte. Das ging zu weit.

profil: Das Cover zeigte zuvorderst Google-Gründer Sergey Brin. Er ist Jude. Fanden Sie den “Spiegel“-Titel deswegen wirklich antisemitisch?

Jarvis: Ich sage nur: Hätte dem “Spiegel“ nicht die eigene Rhetorik auffallen müssen? Mich erinnerte die Formulierung “Weltregierung“ an die Rhetorik gegen den Kommunismus. Das war einfach kein guter Journalismus.

profil: Der “Spiegel“-Artikel formulierte doch berechtigte Bedenken. Es ging etwa um den Fahrdienst Uber, der in Europa viel Unbehagen auslöst, weil er immer wieder Gesetze ignoriert.

Jarvis: Wie führt das zu einer Weltregierung? Es mag sein, dass Uber mitunter unhöflich agiert, aber wie erklärt das eine solche Angstmache?

profil: Wenn einige IT-Unternehmen europäisches Recht nicht ernst nehmen oder sogar missachten, ist das problematisch.

Jarvis: Nennen Sie eine zweite Firma.

profil: Facebook. Dazu läuft ein bedeutendes Verfahren in Irland, ob es den EU-Datenschutz verletzt.

Jarvis: 1,3 Milliarden Menschen haben es sich aber selbst ausgesucht, auf Facebook Information zu teilen. Ich glaube auch, dass Facebook manchmal ungeschickt war, bezweifle jedoch, dass Facebook ein bösartiges Unternehmen ist.

profil: Ihr Argument ist, dass nicht Regierungen das Netz regulieren sollen, sondern lieber der Markt. Vielleicht funktioniert genau das bei Facebook nicht: Mehr als eine Milliarde Menschen nutzen die Seite. Es gibt zwar Alternativen, die sind aber unpopulär, weil kaum aktive Nutzer dort sind.

Jarvis: Ein berechtigter Einwand. Während es für jeden Google-Dienst gute Alternativen gibt, ist das bei dem sozialen Netzwerk nicht so sehr der Fall – wobei wir in den USA mittlerweile hören, Jugendliche würden Facebook bereits weniger nutzen. Bedenken Sie Folgendes: Oft heißt es, wir befänden uns in einem ungeheuer schnellen Wandel. Ich halte das für Wunschdenken. Wir wissen noch gar nicht genau, was das Internet ist und wie dieser Wandel aussieht. Deswegen ist die Idee falsch, man könne hier bereits klug und rasch regulieren. Facebook macht Fehler, ja, aber das ist Teil des Lernprozesses.

profil: Einige Konzerne werden immer einflussreicher. Da stellt sich die Frage: Wann ist der richtige Zeitpunkt, dass der Staat eingreift?

Jarvis: Hören Sie sich doch selbst zu! Sie gehen davon aus, dass irgendwann ein Punkt kommt, an dem ein regulatorischer Reflex erfolgen muss. Warum? Außerdem sollten wir nicht Technologien, sondern menschliches Verhalten regulieren. Für vieles, was Ihnen wichtig ist, gibt es bereits Gesetze: Datenschutzgesetze oder Gesetze gegen Beleidigungen, das Kartellrecht. Ich kaufe Ihnen nicht ab, dass man irgendwann unausweichlich regulieren muss.

profil: Sie üben gern Kritik, unterstellten dem “Spiegel“ sogar Propaganda. Mit Verlaub: Betreiben Sie nicht selbst Propaganda im Sinne von Google und Facebook?

Jarvis: Wäre ich xenophob, würde ich sagen: Fein, sollen sich die amerikanischen Unternehmen durchsetzen. Wo sind denn die europäischen Konkurrenten zu Google, Facebook, Twitter und Amazon? Ich wünsche mir Mitbewerber aus Europa, aber ich fürchte, dass diese Kultur der Ablehnung und des Protektionismus nicht zu Innovation führt. Sie meinen, ich verteidige amerikanische Konzerne. Ich verteidige das Internet. Die genannten Unternehmen sind dessen Vertreter und Träger technologischer Innovation. Sie haben es vielleicht schon gemerkt: Ich bin begeistert von Gutenberg. Bedenken Sie, welch bedeutenden Wandel seine Druckerpresse brachte. Google, Facebook, Twitter und Amazon bringen nun ebenfalls einen solchen Wandel. Ich verteidige Google immer wieder, weil ich es für ein gutes Unternehmen halte. Ist das Propaganda? Nein, glaube ich nicht. Ich sehe mich eher als notwendiges Gegengewicht.

profil: Vielleicht erklärt das unsere Meinungsverschiedenheit. Auch ich halte das Netz für eine großartige Erfindung, nur heißt das nicht, dass ich die Konzerne mögen muss, die online den Ton angeben.

Jarvis: Es heißt aber auch nicht, dass ich Ihren Regierungen vertrauen muss, diese Arbeit besser zu erledigen.

 

Zur Person: Jeff Jarvis, 60
Der Journalist ist einer der weltweit bekanntesten Netz-Fürsprecher. Er verfasste das Buch “Was würde Google tun?“, in dem er erklärt, was andere Branchen von Marktführer Google lernen können, und berichtete im Nachfolgewerk “Mehr Transparenz wagen!“ von seinem eigenen Prostatakrebs und wie die Gesellschaft von mehr Informationen profitiert. Jarvis lehrt an der City University of New York, leitet dort das Tow-Knight Center for Entrepreneurial Journalism. Er bloggt auf der Seite buzzmachine.com und ist auch in den sozialen Medien äußerst aktiv, etwa auf Twitter (Username: @jeffjarvis).

 

Dieses Interview erschien in “profil” (Ausgabe 14/15).

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  • Die Inhalte der Postings entsprechen sicher nicht der feinen englischen Art. Aber Hass, eher
    Nein. Sie bringen – zugegeben auf recht derbe Weise – das wieder, was die Bevölkerung
    von Heinisch-Hosek hält. Nämlich nicht sehr viel. Die SPÖ-Politikerin ist allgemein (und
    das hat nichts mit Gabalier zu tun) sehr unbeliebt. Sie ist abgehoben, präpotent und arrogant.
    Diese mehr als 14.000 Postings wurden von Personen aus den verschiedensten Bevölkerungsschichten verfasst und sind daher in der Auswertung aussagekräftiger, als jede ach so repräsentative Umfrage eines Meinungsforschungsinstitutes.

    • Es ist immer schwierig zu definieren: Was ist ein Hassposting? Ab wann kann davon die Rede sein? Ich vermute, wir zwei haben da nicht die gleiche Definition, möchte ich einwenden

  • Kleine Korrektur: Gabalier ist kein Volksmusiker, sondern ein volksdümmlicher Musiker.
    Ansonsten super Artikel.

  • Ich hatte früher großen Respekt vor Heimisch-Hosek,
    aber sie ist nur bei bestimmten Frauen-Themata selbstsicher.
    Leider hat sie ebenfalls vollkommen in ihrer vorherigen letzten Position (Beamtenministerin) und aktuellen Position (Unterrichtsministerin) voll versagt.
    Die Bienalsprünge sind noch immer da und die werden der Republik viel Geld kosten und das Bildungssystem ist nicht einmal auf dem Weg zu einer Reform.
    Versagen gehört zum Leben, ich versagte und scheiterte auch einmal im Leben und zog die Konsequenzen und trat zurück.

    Leider kann das die Frauenministerin nicht, aber diese Schwäche betrifft nicht nur sie, sondern die ganze Bundesregierung.

    Sie ist nur stark bei gewissen Frauenthemen, aber bei Khol, Blecha, Hundstorfer, Neugebauer ist die gute so ein devotes Weiblein,
    das es ärger nicht mehr geht.
    Ich habe gehofft, dass Heinisch-Hosek hier tuff enough ist,
    aber leider hatte ich mich getäuscht und zu viel von ihr erwartet.

    • Ich glaube, Sie sind nicht der einzige, der von der Performance als Unterrichtsministerin nicht gerade überzeugt wurde. Die Pisa-Aufregung et cetera waren keine Glanzleistungen. Aber ich muss sagen, finde die Beschreibung "devotes Weiblein" ziemlich untergriffig - vielleicht könnte man das eine Spur neutraler formulieren. Als Frau stößt es mir übel auf, wenn andere Frauen als Weiblein bezeichnet werden - auch wenn ich verstehe, dass Ihre Kritik in erster Linie darauf fußt, dass Sie sich mehr erwartet haben!

      • Die einst sehr geschätzte Ministerin ist manchmal sehr provozierend, deswegen bediente ich mich auch des Stilmittels der Polemik.
        Es ist doch war, dass die Ministerin in Beantensachen sich nicht gegen die Macht des Neugebauers durchsetzen konnte.
        Das derzeitige Pensionssystem in der Altersgruppe 55+ bevorzugt generell Männer, besonders bei den Luxuspensionen.
        Da die Ministerin auch bei Frauenangelegenheiten diese Altersgruppe aussen vor ließ, habe ich bewusst provoziert.

        Oftmals wird das Gender-Pay-Gap von der Frauenministerin hergenommen. Ich möchte anmerken, dass das Gender-Pay-Gap in der Altersgruppe unter 30 nur marginal vorhanden ist. Das größte Gender-Pay-Gap ist in der Altersgruppe 50+ vorhanden. Viel größer als das Gender-Pay-Gap ist das Generation-Pay-Gap.
        Die Belastungen der jüngeren werden immer höher, es wird immer mehr Leustung abverlangt und durch die höheren Belastungen wird kommen geringere netto Gehälter heraus.

        Generationengerechtigkeit gibt es hier nicht und wer seinen Kindern eine öde abgewirtschaftete Wüste hinterlässt, der darf sich nicht wundern, wenn sich diese radikalen Ideen zuwenden.

  • Da schockierende ist, da posten Leute aus meiner Facebook-Timeline mit, die das auch noch stolz verkünden. Leute, die ich bis eben noch für aufgeklärte halblinke gehalten habe. Man merkt nicht nur bei dieser Aktion, dass sich die Leute im Recht fühlen, so zu agieren, was erlaubt sich diese Person, weg mit ihr! Die ist selbst schuld, das hat sie verdient, sie stellt sich gegen uns alle. Nicht die Taten, aber die Worte und Rechtfertigungen erinnern mich an einen Radiobericht aus 1938, den Peter Daser vor einiger Zeit auf Twitter verlinkte, in dem der Nazi-Reporter am Tag nach dem Synagogenbrand erklärt, warum das Volk das zurecht mache. Das sind ganz ähnliche Argumente! Von wenigen eindeutigen Postings abgesehen sehe im Heinisch-Hosek-Shitstorm allerdings gar nicht so sehr die feministische Komponente im Vorderdrund, sondern eher die Indentifikation mit dem vermeintlichen Helden, der es denen da oben zeigt. Ein männlicher Unterrichtsminister hätte hier nicht wesentlich weniger einstecken müssen.

    • Naja, also ich mag mir diesen Shitstorm aus psychohygienischen Gründen nicht anschauen, aber ich kenne die entsprechende "Diskussion" aus dem Standard-Forum. Und dort war es nach meinem Eindruck schon so, dass der antifeministische Aspekt im Vordergrund stand. Also nicht weil der Binnen-i-Verweigerer es "denen da oben" zeigt, ist er beliebt, sondern weil er "sich traut", es "den Feministinnen so richtig zu zeigen". Mir kommt es so vor, dass diese Wutbürger in Wirklichkeit nicht gegen "die da oben" sind, sondern eher nach dem klassischen Radfahrerprinzip handeln (nach oben buckeln, nach unten treten). So zumindest mein Eindruck.

    • Den Hinweis auf den "vermeintlichen Helden" finde ich sehr gut, tatsächlich wird da dem Musiker Gabalier die Rolle des Robin Hoods zugeschrieben, der sich mit den "Mächtigen" anlegt. Ich erinnere nur an einen weiteren solchen "Helden", der das politische System umkrempeln wollte: Frank Stronach. Wie das ausgegangen ist, wissen wir bekanntlich. Was die Frauen-Komponente betrifft, sind wir wahrscheinlich nicht einer Meinung. Ich bin auch dieser Ansicht, weil viele User dezidiert antifeministische Postings verfassen - und damit wäre ein männlicher Minister nun nicht konfrontiert. Aber man muss ja nicht überall zu 100 % einer Meinung sein: Let's agree to disagree (zumindest ein bisserl)!

  • Ich denke, dass die Hymne ein anderes Problem in Wahrheit betrifft.
    Die Leute haben einen tiefen Hass auf diese feudal beamtete Proporzregierung.
    Die Regierung ist komplett unfähig Reformen durchzuziehen, das System verschlingt Jahr für Jahr Milliarden an € mehr und es geht nur um dieae depperte Hymne, wie um Gessler seinen Hut.
    Weder sind die Frauen in der Altersgruppe 50+ gleichgestellt, noch wurden die feudal föderalen Ausgaben für den Hofstaat auf ein sinnvolles Maß reduziert. Da in Österreich ein sehr patriarchale unliberale Anti-Leister Gesinnung vorherrscht und die Regierung das vorlebt, darf frau sich nicht wundern, wenn das Volk das nachahmt.
    Eine Merkel würde es hier nie nach oben bringen, ebenso wenig wie ein Mario Draghi. Das System bevorzugt alte brave Parteisoldaten ohne Hirn und Männer bekommen den Großteil in den Parteien.

    daher sind die Töchter in der Hymne die reinste Verhöhnung und das Volk reagiert undifferenziert mit Wut.

  • Sehr geehrte Frau Brodnig!
    Einen klugen Kommentar haben Sie hier wieder abgeliefert. Wichtig finde ich auch den Hinweis, dass es egal ist, ob das Auftreten der Frau Minister hier unglücklich und peinlich ist oder nicht. So soll und darf mit einem Menschen, auch wenn er in der Öffentlichkeit steht, nicht umgegangen werden! Als Gegenmittel kann man allen Personen der Öffentlichkeit nur raten, nicht auf Plattformen aufzutreten, wo "jeder" mitposten kann, oder genügend Kontrollkapazitäten zu haben. Das ist schade; ich würde lieber in einer Gesellschaft leben, wo Menschen zivilisiert miteinander umgehen (auch medial) und der Begriff Shitstorm nicht existiert.
    Frau Brodnig, Sie sind eine der positivsten Erscheinungen im österreichischen Journalismus, was sich erst letztlich wieder durch ihre sachliche Auseinandersetzung zur "Klarnamendebatte" zeigte. Danke!

    • Vielen Dank für Ihre überaus freundlichen Worte! Leider stimmt es, dass viele Personen der Öffentlichkeit aufgrund dieser Angst diese offenen Plattformen meiden. Aber meine Hoffnung ist, dass in Zukunft die Social-Media-Kommunikation professioneller wird und gleichzeitig auch das Bewusstsein des einzelnen steigt, was noch ein angemessener Tonfall ist. Aber allein, dass wir diese Debatte führen, zeigt ja, dass dieses Thema vielen anscheinend wichtig ist.

  • Zum Thema AntifeministInnen ist eine interessante Beobachung, dass einige sozusagen aus den eigenen Reihen kommen. Viele Frauen verstehen das Verhalten ven sogenannten Emanzen und die Art zu integrieren auch nicht. Das Hauptproblem ist einfach das dieses Thema bis zum Exzess getrieben wurde und dadurch auch unser Kulturgut (Hymne) und unsere Sprache (Innen, die/der) verkompliziert und teilweise auch verschandelt hat. Diese hässlichen Kommentare unter der Gürtellinie sind definitiv Fehl am Platz und spiegelt leider einen Teil der Gesellschaft wieder, aber die Diskussion an sich ist leider schon überfällig und meiner Meinung auch angebracht und gerechtfertigt.
    Die Social Media Betreuer von Frau Bundesministerin haben leider ihr Berufsziel verfehlt.....auf einen Shitstorm (offene Brief der Grünen) so eine Stellung Beziehung ist politischer Selbstmord...aber da braucht man kein Genie zu sein um das zu erkennen. Fazit.....Gute und interessante Diskussion, PR-Berater vom Bundesministerium sollte deren Berufswahl nochmal kur überdenken, Kommentare mit Fikalsprache....naja manchmal ist es gut, dass diese Leute Nichtwählern gehen, FeministInnen einfach einmal reflektieren und darüber nachdenken ob manchmal weniger mehr ist!

  • Wieso werden die Morddrohungen gelöscht und nicht strafrechtlicher Verfolgung zugeführt? Hier gibt es nichts zu schützen.

    • Gelöscht wurden sie wohl, damit das nicht weiterhin so stehen bleibt. Ob es weitere strafrechtliche Konsequenzen geben wird, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Kann aber montags nochmal nachfragen, ob das Ministerium gegen einzelne Poster rechtlich vorgehen will.

  • Vielen Dank für die klaren Worte, ich finde die aktuellen Entwicklungen (auch) sehr bedenklich.

  • Die Anonymität des Internets zeigt uns nur, was schon lange prädigital in den Leuten brodelte. Aber nur über Sichtbares kann man diskutieren. Diese positiven Seiten sollte man auch sehen. Es mag tatsächlich im ersten Moment ein Schockeffekt eintreten, wenn man unbedarft auf eine Troll-Vorhölle stößt, aber das gibt sich mit der Zeit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich jemand, der ernsthaft zu einem Thema recherchiert und engagiert ist, von Trollen abschrecken lässt. Aus dem eigenen Blog kann man Trolle aussperren, bei Facebook und Google+ blockieren etc. Reine Beleidigungen kann man löschen. Wenn Beleidigungen mit Inhalten verknüpft sind, muss man halt entscheiden. Im Zweifel für den Troll, das ist meine persönliche Meinung. Ich möchte dass Menschen ihre Meinung sagen dürfen, auch die Frustrierten.

    • Ich sehe das anders: Sicher haben Sie Recht, dass viele dieser Gefühle auch schon früher da waren. Das Besondere an der digitalen Kommunikation ist aber, dass es dabei schneller zu verbalen Entgleisungen kommt, weil wichtige Signale fehlen, die auch die Empathie fördern. So fehlen in der schriftlichen Kommunikation im Internet viele nonverbale Signale und das führt dazu, dass Menschen mitunter gar nicht merken, wenn sie sich selbst in eine Rage reden und andere dadurch verletzen. Es fehlt zum Beispiel der Augenkontakt, der ein wichtiges Signal ist. Man sieht nicht, ob der andere nach einer Aussage gekränkt dreinblickt, ob Mithörende mit der Stirn runzeln oder ob die Stimme des anderen plötzlich leiser klingt. Das mag sich nach Nebensächlichkeiten anhören, ist es aber nicht: All diese Signale sind wichtig in der Gesellschaft, um einander (ganz unauffällig) Feedback zu geben und gegenseitig in einer Tonalität miteinander zu reden, die für alle in Ordnung ist. Dadurch, dass diese Signale online leider wegfallen, wird es oft schriller und das führt oft nicht zu mehr Erkenntnis oder einer ehrlicheren Debatte, sondern dass am Ende alle nur aufeinander wütend oder gekränkt sind. Dazu passend gibt's auch eine spannende Studie: http://www.nytimes.com/2013/03/03/opinion/sunday/this-story-stinks.html?_r=0

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