Frau Poitras, wie geht es Edward Snowden heute?
Diese Frau ist ganz wesentlich mitverantwortlich, dass wir von der NSA-Überwachung erfahren haben. Nun hat Laura Poitras einen Film über den wichtigsten Informanten unserer Zeit gemacht
In einem Hotelzimmer in Hongkong saßen sie zu dritt und enthüllten eines der bestgehüteten Geheimnisse der US-Regierung: den riesigen Überwachungsapparat der National Security Agency. Der Whistleblower Edward Snowden, der Journalist Glenn Greenwald und die Filmemacherin Laura Poitras erklärten der Welt im Juni 2013, wie sehr sich der Geheimdienst der demokratischen Kontrolle entzogen hat.
Die Amerikanerin Poitras, 52, war nahezu prädestiniert für diesen Fall: Sie hatte in den Jahren zuvor aus dem Irak kritisch berichtet, wurde von der US-Regierung auf eine Watchlist gesetzt und bei der Einreise in die USA immer wieder schikaniert. Sie lernte, wie man die eigenen Daten verschlüsselt und sich nicht von den Behörden einschüchtern lässt. Daraufhin kontaktierte sie ein anonymer Informant, der sich selbst “Citizenfour” nannte. Hinter dem Pseudonym steckte Edward Snowden.
Der Rest ist Geschichte – eine Geschichte, die Poitras nun anschaulich in ihrer Doku “Citizenfour” erzählt. Originalaufnahmen zeigen darin Edward Snowden in den gefährlichen ersten Tagen der NSA-Affäre. Am 1. Jänner läuft der Film in heimischen Kinos an.
Als erstes österreichisches Medium hat der Falter Poitras zu dieser Extremsituation und zu ihrem Werk befragt, das nun für den Oscar als beste Dokumentation nominiert ist.
Falter: Frau Poitras, glauben Sie, unser Telefonat wird gerade abgehört?
Laura Poitras: Ich sitze gerade im Büro meiner Presseagentin und bezweifle, dass dieser Anschluss hier abgehört wird. Ich gehe jedoch davon aus, dass alle elektronischen Geräte, die auf meinen eigenen Namen angemeldet sind, überwacht werden.
Wie genau beobachtet Sie denn die NSA?
Poitras: Für die NSA ist es ein Kinderspiel, zu ermitteln, mit wem man E-Mails austauscht. Sie erstellen sogenannte “Social Graphs”, die zeigen, mit welchen Menschen man in Kontakt ist. Ich vermute, dass sie solche Social Graphs auch für mich und meinen Kollegen Glenn Greenwald erstellt haben – also dass sie wissen wollen, mit wem wir kommunizieren. Das wirkliche Ausmaß ist schwierig abzuschätzen: Ich bin Journalistin, und es wäre wohl ein Skandal, falls einmal aufflöge, dass sich die NSA auch den Inhalt meiner E-Mails ansieht. Da müssen sie schon vorsichtig sein.
Es geht dem Geheimdienst also eher um sogenannte “Verbindungsdaten”, darum, mit wem Sie in Kontakt stehen, und nicht um die konkreten Inhalte Ihrer Nachrichten?
Poitras: Das vermute ich zumindest. Mir hat einmal jemand mit Kontakten zum deutschen Geheimdienst gesagt, dass ich wie ein Weihnachtsbaum leuchten würde, das heißt, dass meine elektronische Kommunikation sehr genau erfasst wird.
Sie haben die NSA-Affäre mit aufgedeckt und leben in Berlin, um fern der US-Behörden zu arbeiten. Können Sie überhaupt noch ein normales Leben führen?
Poitras: Das glaube ich schon. Meine Arbeit hat ja nicht dazu geführt, dass ich jeden Teil meines Lebens verändern musste. Ich muss mehr Vorsichtsmaßnahmen treffen, um meine Quellen zu schützen. Zum Beispiel verschlüsselte ich die Filmaufnahmen von Edward Snowden, und es gab nur wenige, die die Passwörter dafür kannten. Auch würde ich unser rohes Filmmaterial nie in die USA mitnehmen. Aber es stimmt schon: Die pure Tatsache, dass ich heute in Berlin lebe, verursachte natürlich einen Bruch in meinem Leben. Das ging nicht anders: Als Filmemacherin wurde ich auf eine Watchlist gesetzt und immer wieder aufgehalten, wenn ich die US-Grenze überschritt. Da schien es mir zu riskant, diesen Film über Überwachung zu drehen und das Material in den USA zu lagern. Ganz normal ist meine Situation natürlich nicht.
In Ihrem Film erfährt man, wie Snowden Sie kontaktierte. Damals war er ein anonymer Informant und nannte sich selbst “Citizenfour”. Er schrieb, dass er nicht Sie als Journalistin ausgesucht habe, Sie selbst hätten sich ausgesucht. Wie meinte er das?
Als ich das erste E-Mail von Snowden erhielt, war ich ziemlich überrascht. Warum schreibt er ausgerechnet mir?Poitras: Als ich das erste E-Mail von Snowden erhielt, war ich ziemlich überrascht. Ich bin Filmemacherin, drehe lange Dokumentationen. Normalerweise muss ich die Leute bitten, Zugang zu bekommen. Nur selten wenden sich Informanten von selbst an mich. Also wollte ich wissen: Warum schreibt er ausgerechnet mir? Der Grund war, Snowden wusste, dass ich auf einer Watchliste stand, dass ich sechs Jahre lang jedes Mal, wenn ich die Grenze überschritt, aufgehalten wurde. Ausschlaggebend war also, dass ich die Gefahren der Überwachung selbst gut genug kannte und trotzdem weitergearbeitet hatte. Rückblickend glaube ich auch, dass Snowden mich anschrieb, weil er wusste, dass Glenn Greenwald und ich Kollegen sind. Er hatte ja schon früher probiert, Glenn zu kontaktieren, doch das scheiterte, weil Glenn keine E-Mail-Verschlüsselung installierte.
Sie sind die Person, die alle entscheidenden Charaktere zusammenbrachte. Glenn Greenwald, Edward Snowden und Sie, in einem Hotelzimmer in Hongkong haben Sie drei den Überwachungsapparat der NSA aufgedeckt.
Poitras: Stimmt, ich bin wohl dafür verantwortlich, dass wir alle zusammenkamen. Ich holte Glenn dazu, weil ich bald erkannte, dass mehr als eine Person an diesem Fall arbeiten musste. Diese Geschichte brauchte einen Printjournalisten, der sie als Schreiber aufarbeitete. Ich komme stärker aus dem visuellen Bereich.
Bei anonymen Informanten weiß man anfangs oft nicht, ob sie glaubwürdig sind. Hatten Sie auch bei Snowden Zweifel?
Poitras: Absolut. Meine ersten Fragen lauteten: Woher weiß ich, dass Sie nicht verrückt sind, dass Sie mich nicht in die Irre führen wollen, und überhaupt, warum kontaktieren Sie mich? Ich blieb sehr zurückhaltend, gleichzeitig sagte mir aber mein Bauchgefühl, dass ich extrem behutsam kommunizieren, dass ich noch mehr Sicherheitsmaßnahmen als sonst anwenden muss. Ich fragte meine E-Mails weder von zu Hause noch vom Arbeitsplatz ab, ich hatte einen eigenen Computer, den ich einzig und allein für den Austausch mit diesem Informanten einsetzte. Ich wollte diesen Informanten so gut wie möglich schützen.
Gab es einen Moment, wo Sie ihm dann plötzlich geglaubt haben?
Poitras: Es gab zwei solche Momente, einer war eher ein Gefühl. In einem E-Mail, das auch im Film vorkommt, schrieb er in etwa: “Ich weiß, an welchem Ort die meiste amerikanische Kommunikation abgefangen wird, und kann es beweisen. Ich weiß, dass Vertreter des Staates die Öffentlichkeit angelogen haben, und kann es beweisen.” Das war ein langes E-Mail mit ziemlich kühnen Ansagen, und ich habe mir gedacht: Okay, das könnte arg werden. Der zweite Moment war, als ich erstmals eines der NSA-Dokumente sah. Kurz bevor ich nach Hongkong flog, konnte ich einige Dateien entschlüsseln. Da wusste ich sofort, das ist real.
Wie fühlt es sich an, wenn man als Erster so ein Dokument sieht?
Poitras: Es ist absolut schockierend. Bei den ersten Dokumenten waren die Informationen zu PRISM und zum geheimen Budget der Geheimdienste dabei. Da war ich gleich noch alarmierter, weil mir bewusst wurde: Es geht hier um wirklich, wirklich viel.
Dieses PRISM-Dokument machte vielen Menschen schlagartig bewusst: Oje, wir leben in einer ganz anderen Welt, als wir bis dahin vermutet hatten.
Poitras: Mir ging es genauso. Ein bisschen fühlte ich mich wie in der “Matrix”. Man ist in der einen Realität und dann geht eine Tür auf und dahinter gibt es eine ganz andere Realität. So war das für mich. Und dann gab es diese Erfahrungskurve: Diese Dokumente sind voller Codenamen und ziemlich technisch und es war so, als würde man eine zweite Sprache lernen.
Sie flogen dann mit Glenn Greenwald nach Hongkong, um Ihren Informanten zu treffen. Sie wussten damals noch gar nichts über diese Person. War das nicht seltsam?
Poitras: Absolut seltsam! Wobei ich schon ein paar Informationen hatte. Unter den entschlüsselten Dokumenten war auch ein Brief mit seinem Namen. Ich hatte also die Vermutung, dass der Informant Edward Snowden hieß, aber ich wollte diesen Namen nicht googeln. Ich wusste, wenn ich ihn google, könnte das irgendein Warnsignal bei der NSA auslösen. Ich hielt mich also zurück, um nicht unser Treffen in Hongkong zu gefährden. Als wir uns dann wirklich trafen, haben mich mehrere Sachen überrascht – vor allem, dass er so viel jünger war, als ich ihn mir vorgestellt hatte.
Worüber waren Sie sonst noch überrascht?
Poitras: Das Alter war für mich besonders gewöhnungsbedürftig. Monatelang hatte ich gedacht, ich spreche mit einer viel älteren Person. Auch überraschte uns, wie ruhig Snowden war. In seiner Situation wäre ich extrem nervös gewesen. Er war jedoch unglaublich ruhig. Anfangs waren eher Glenn und ich die Nervösen, aber dann begannen wir ziemlich intensiv zusammenzuarbeiten. Wir wussten, uns bleibt nicht viel Zeit.
Sie filmten Snowden in seinem Hotelzimmer in Hongkong. Es stimmt, dass seine Stimme immer ruhig bleibt, aber sein Gesicht erzählt eine ganz andere Geschichte.
Poitras: Das stimmt, man merkt es auch an seiner Atmung – eine Unruhe. Unter der Oberfläche schwelgt ein Gefühl der Unsicherheit und Angst, das wir alle spürten.
Lief das Ganze für Snowden bisher gut?
Snowden hatte Angst, dass die Welt das gar nicht interessiert. Wir sahen ziemlich schnell, dass dem nicht so warPoitras: Ja. Snowden hatte Angst, dass die Welt das gar nicht interessiert. Wir sahen ziemlich schnell, dass dem nicht so war. Gewiss weiß er, welche Bedeutung er hatte. Persönlich finde ich es enttäuschend, wie die Regierungen darauf reagiert haben, sowohl die US-amerikanische als auch die anderen. Ich glaube aber, dass seine Enthüllungen vielen Menschen erst bewusst machten, wie gefährlich das Sammeln all dieser Daten ist. Dieses Unbehagen spürt man – vor allem hier in Deutschland. Auch technisch entwickelt sich gerade einiges, das unsere Privatsphäre künftig stärken wird. Snowden hat viele Dinge in Bewegung gesetzt.
Er lebt jetzt mit seiner Freundin in Russland. Wie geht es Snowden heute?
Poitras: Da habe ich nur einen beschränkten Einblick. Snowden arbeitet nach dem “Need to know”-Prinzip. Er erzählt Menschen nur Dinge, die sie wirklich wissen müssen. Sollte ich irgendwann verhört werden, kann ich bei vielen Sachen sagen: Ich habe keine Ahnung. Deswegen weiß ich auch vieles nicht aus seinem Leben. Ich glaube aber, es macht ihn glücklich, dass seine Partnerin Lindsay Mills bei ihm ist. Ich habe ihn besucht, bevor sie zu ihm kam, und auch danach. Mein Eindruck ist, dass es ihm jetzt deutlich besser geht.
Snowden darf die nächsten drei Jahre in Russland bleiben. Was passiert danach?
Poitras: Seine Rechtsberater haben in einigen Ländern um Asyl angesucht, und ich glaube, sie sind auch mit einigen Staaten in Gesprächen. Ich bin in diesen Prozess nicht involviert, aber es würde mich nicht wundern, wenn ein Land hervortritt und ihm politisches Asyl gibt.
Sollte das nicht Europa tun?
Poitras: Oh, auf jeden Fall. Wäre Snowden ein Whistleblower aus China, hätte er längst politisches Asyl. Wieso kriegt er es nicht? Wegen des politischen Drucks der USA. Auch die deutsche Regierung ist sehr zurückhaltend. Dabei glaube ich wirklich, dass sich Europa hier hervortun sollte.
Besteht die Gefahr, dass nun zwar alle von den Geheimdienstaktivitäten wissen, es vielen Menschen aber zunehmend egal ist, sie sich an diese Überwachung gewöhnen?
Poitras: Edward Snowden hat enorme Risiken auf sich genommen, um diese Information offenzulegen. Es ist die Aufgabe von uns als Öffentlichkeit, etwas zu tun. Die Geschichte wird zeigen, wie wir mit diesem Wissen umgehen, das ist ähnlich wie mit dem Klimawandel. Wir haben von einer Gefahr für uns alle erfahren. Die Frage ist nun, wie wir darauf reagieren. Die gute Nachricht dabei ist, dass wir gar nicht auf die Regierungen warten müssen, jeder Einzelne kann zum Wandel beitragen, indem er Verschlüsselungsmethoden nutzt. Nehmen Sie nur den Sony-Hack, wo kürzlich höchst sensible Daten gestohlen wurden. Die große Frage dabei lautet: Warum war diese Information nicht von vornherein verschlüsselt? Medizinische Akten, Sozialversicherungsnummern, wären diese Informationen verschlüsselt gespeichert gewesen, hätten die Hacker nichts damit anfangen können. Technische Lösungen existieren längst.
Wie sollte sich jeder technisch schützen?
Poitras: Es gibt simple Tools wie den TOR-Browser, mit dem man anonym das Internet nutzen kann. TOR ist gratis und funktioniert wie jeder andere Webbrowser. Wenn Sie mit Ihrem Handy Textnachrichten verschicken wollen, können Sie zum Beispiel TextSecure nutzen, das Programm ist gratis und auch verschlüsselt.
Dabei gibt es aber Hindernisse: TextSecure ist nur für Android-Handys erhältlich, der TOR-Browser ist wiederum ziemlich langsam, wenn man damit herumsurft.
Poitras: Ich mache es mit TOR oft so: Ich habe zwei Browser geöffnet, TOR und einen ganz normalen Browser. Wenn ich etwas unbeobachtet recherchieren möchte, verwende ich TOR. Wenn ich mehr Geschwindigkeit will, etwa für ein Onlinevideo, dann nutze ich den anderen Browser. Das ist gar nicht so schwer: Wir haben dauernd verschiedenste Applikationen am Computer laufen, jetzt läuft halt eine mehr, wenn ich meine Privatsphäre schützen will.
Snowden war anfangs ziemlich überrascht, wie viele Journalisten keine E-Mail-Verschlüsselung nutzen. Sind wir Journalisten technisch zu naiv?
Poitras: Definitiv. Jeder Journalist sollte lernen, wie man sich technisch absichert. Es ist aber nicht rein die Schuld der Journalisten. Viele Medien bieten ihren Mitarbeitern das gar nicht an. Die US-Regierung ist derzeit immens daran interessiert, Whistleblower aufzudecken. Journalisten müssen wissen, womit sie ihre Informanten in Gefahr bringen. Wenn Sie eine anonyme Quelle treffen, sollten Sie das Handy zu Hause lassen oder die Batterie vorher rausnehmen. Das sollte das Standardprozedere sein, aber für viele Medien ist das alles neu.
Viele Journalisten werden fragen, ob dieser Aufwand echt nötig ist. Nicht jeder hat so einen wichtigen Informanten wie Snowden.
Es geht da auch um Solidarität: Je mehr Menschen Verschlüsselungstools nutzen, desto weniger fallen diejenigen auf, die diese Tools dringend benötigenPoitras: Ich hatte früher auch keinen Kontakt zu Edward Snowden. Hätte ich damals nicht gewusst, wie man Nachrichten verschlüsselt, wäre er zu jemand anderem gegangen. Zweitens geht es da auch um Solidarität: Sie mögen vielleicht nicht mit anonymen Informanten arbeiten, aber vielleicht sitzt in Ihrer Redaktion zwei Tische entfernt ein Kollege, der das sehr wohl tut. Je mehr Menschen Verschlüsselungstools nutzen, desto weniger fallen diejenigen auf, die diese Tools dringend benötigen.
Sie selbst verwenden schon länger Verschlüsselungstools, weil Sie immer wieder bei der Einreise in die USA aufgehalten und durchsucht wurden. Wieso stehen Sie überhaupt auf einer Watchlist?
Poitras: Ich habe keine Ahnung. Das ist das Furchteinflößende an diesem Watchlist-System, die rechtstaatlichen Prinzipien sind außer Kraft gesetzt. Man findet nicht heraus, warum man auf einer Watchlist landete, man kann nicht dagegen vorgehen. Das fühlt sich ziemlich kafkaesk an, wenn man jedes Mal beim Reisen aufgehalten und befragt wird. Und es hat natürlich meine Arbeit zunehmend erschwert, als ich noch in den USA lebte, weil die Grenzbehörden auch meine Notizbücher kopierten, mir meinen Computer zwischenzeitlich wegnahmen.
Sie wurden einmal sogar in Österreich von Grenzschutzbeamten aufgehalten.
Poitras: Stimmt, aber um korrekt zu sein: Ich wurde immer auf das Ansuchen der US-Regierung hin aufgehalten. Das passierte in einigen Städten, in Wien, in Amsterdam, in London.
Das Faszinierende daran ist, dass Sie ausgerechnet aufgrund dieser Erfahrungen von Edward Snowden kontaktiert wurden.
Poitras: Ja, er hatte noch nie Kontakt mit Journalisten gehabt und suchte Menschen, die nicht so leicht von der Regierung einzuschüchtern sind; die von diesen Dokumenten berichten, komme, was wolle. Er wusste, dass ich Filme über den Irak-Krieg und Guantánamo gemacht hatte, dass Glenn ein ausgesprochener Kritiker der USA nach 9/11 ist. Es ist ironisch: Die Tatsache, dass ich auf einer Watchlist landete, war die beste Vorbereitung für dieses Thema.
Wie ist Ihre Beziehung zu Snowden heute, sehen Sie ihn rein als Informanten oder auch als Freund?
Poitras: Was wir erlebt haben, führt natürlich zu einer besonderen Beziehung, so eine Extremsituation schweißt zusammen – so sehe ich übrigens auch Glenn. Es ist aber schon eine Beziehung zwischen einer Journalistin und einer Quelle. Für mich ist Snowden ein Informant. Wenn ich an einer Geschichte arbeite, kontaktiere ich ihn, wir tauschen aber keine privaten Details aus.
Ihr Film startet nun in Österreich. Wenn Sie sich eine Erkenntnis wünschen könnten, die Menschen daraus mit nach Hause nehmen, welche wäre das?
Poitras: Gute Frage. Ich sehe meinen Film als eine Erzählung über Menschen, die aufstehen, wenn sie etwas sehen, das falsch läuft, und die persönliche Risiken eingehen. So jemand ist Edward Snowden oder auch der Whistleblower William Binney, der früher für die NSA arbeitete und im Film vorkommt. In speziellen Momenten in der Geschichte braucht es Menschen, die Stellung beziehen. Ich hoffe, dass der Film vermittelt, wie wichtig das ist.
Zur Person:
Ihre oscarnominierte Doku “My Country, My Country”(2006) zeigt die Besatzungszeit, das Nachfolgewerk “The Oath”(2010) handelt von zwei Männern, die in den Krieg gegen den Terror verwickelt werden. Die Filme sind Teil einer Trilogie, deren Abschluss nun “Citizenfour” ist. Zwischen 2006 und 2012 wurde Poitras Dutzende Male von US-Grenzbehörden aufgehalten und befragt. Später stellte sich heraus, sie steht auf einer Watchlist der US-Regierung. Um von den US-Behörden ungestört arbeiten zu können, lebt sie mittlerweile in Berlin.
Dieses Interview erschien im Falter (Ausgabe 52/14). Die verwendeten Fotos stammen aus der Citizenfour-Pressemappe und wurden zu einer Collage verarbeitet mittels Photovisi.
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liebe ingrid, schön, dass es dich gibt! jede woche lese ich genussvoll deine kolumne und diesmal- ja es passt jedes wort- die nicht liker sind dieselben leute, die auch am gang nicht grüßen! klar- ja, denen fehlt es am emphatie und dass der like -knopft ist wie das lächelen des internets------ das kling wie eine wunderbare musik in den ohren- würde ich so gerne dir ein paar likes schenken! bleibe dir treu und stark wie du bist und macht deinen weg! ganz lg grüße irena
Vielen Dank für die ausführliche Behandlung des Themas. Damit sollten nun wirklich alle Fragen beantwortet sein.
Ich weiß den Aufwand zu schätzen!
Gottfried
1.) Das ist natürliche eine Auslegungsmöglichkeit, eine Einzelmeinung, die von StA od. vom Ministerium völlig anders ausgelegt werden kann und durch einen "Erlass" völlig anders regeln kann.
2.) was in Ö nicht gespeichert wird, wird oftmals im Ausland gespeichert (anderswo gibts auch die #dvs) sodass man sich halt von anderen Ländern wie D mittels Verfahrenshilfe (oder CD-Ankauf) die Infos holt.
3.) auch bei nicht-schweren Straftaten oder Nicht-Straftaten stellt man einfach einen fingierten oder übertriebenen "Verdacht" in den Raum, sodass man die Daten auch Unschuldiger (oftmals Dissidenten bzw. Andersdenkender) auswertet. Das ist ein ur-, ur-alter Schmäh in der Juristerei.
alles spacken hier
Hast mein volles Mitgefühl.
So war es für mich als man (Verbrecher) mein Rad klauten
ich finde es sehr schön den herrn piraten mit seinem eigenen businessmodell zu konfrontieren. das will er dann auch nicht: wie ein künstler bezahlt werden.
ich kann ihm auch nur raten, einmal flattr auszuprobieren. wenn er sich davon ein bier im halbjahr leisten kann, hat er glück.
so sehr ich gegen panikmache und kriminalisierungen bin, die lösungen der piraten sind nicht im geringsten tauglich.
Lesen Sie: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,828246,00.html
Der Pirat ist völlig vernebelt mit seinem "huuuuuh, Interneeeet! Und Flattr-Cents & CC retten uns alle" und Clara Luzia pocht (mir) zu sehr auf "Wenn du Musik hören willst, zahl dafür".
Erst einmal, was ist das für ein Ansatz "wovon sollen professionelle Musiker leben?".
Ist man nicht dann erst professionell, WENN man davon lebt?
Was soll dieses Berufsmusikertumdingens-hochgehalte? Wenn man davon leben kann, ist es großartig, aber wenn nicht, muss man sich halt tatsächlich andere Wege suchen, "an das Geld der Fans zu kommen"; sei es Merchandise oder besondere nichtdigitale Extras beim Album oder besondere Livequalitäten/"eine gute Show" oder sich reicherem, (älterem?) Publikum anbiedern oder oder.
Oder man ist halt nicht "Berufsmusiker" und muss sich wie viele andere Künstler aus anderen Bereichen mit Nebenerwerben oder Auftragsarbeiten durchschlagen.
Das kann einfach nicht mehr Rückgängig gemacht werden.
Es "wird" doch heutzutage nicht ernsthaft jemand MusikerIn, im Glauben, vom Verkauf von Alben leben zu können..?
Es ist schade, dass Musik oft nicht gewertschätzt wird, DAS sollte sich tatsächlich ändern. Aber in einer Zeit, wo jede_r, der Musik machen will und ein paar hundert Euro in einen PC/Instrumente investieren kann, auch Musik machen kann, ist jammern auch das falsche. Der Kuchen ist ja gleich groß, bzw. kleiner - er wird aber in viiiiiel mehr kleine Stücke geteilt.
(Und einer der erfolgreichsten Acts des Landes zu sein, reicht heutzutage natürlich nicht aus, wenn dieses Land die Größe von Österreich hat man und außerhalb des FM4-Universums wenig Aufmerksakeit bekommt...ich weiß ja nicht mehr genau, wie es "vor dem Internet" war, aber ich behaupte mal, dass es vor 20 Jahren nicht so viele österreichische Acts gab, die außerhalb der Landesgrenzen Beachtung bekamen..?)
stimmt, doch das mit den paar hundert euro stimmt überhaupt nicht, klar kannst Du musik machen mit billigsdorfer ausrüstung, doch das klingt dann eben jämmerlich, noch ist es nicht möglich nur annähernd den sound zu schaffen, der in millionenteuren studios produziert wird. eine akustische gitarre die wirklich gut klingt kostet minimum 3000 euro. eine komplette adäquat klingende CD mit 11 songs kostet an die 40 000 Euro. marketing ist da noch keines dabei und don't forget wer bezahlt die musiker, techniker und co., als einzelindividuum kannst Du vieles selber erreichen, doch es ist ein unterschied ob Du dich auskennst mit soundtechnik oder dies als beruf ausübst, ergo wird die qualität der musik vorerst rapide zurückgehen. wirklich begabte musiker werden zu beginn das handtuch werfen, denn wer will sich das ganze noch geben, es wurde durch die gratismentalität noch schwieriger sich gegen konzerne und gaballiers als auch ötzis durchzusetzen, denn nur wer das geld hat kann sich qualität leisten, der rest kann bleiben wo der pfeffer wächst und wer wirklich eine ahnung hat von der materie wird sich nicht die blösse geben ein home recording konstrukt anzubieten, geschweige denn dass man sich das selber anhören will, klingt eben shei....e, und die , die das gegenteil behaupten, kennen sich eben nicht aus, es gibt ja auch bei castingshows leute, die denken superstars zu sein und verstehen die welt nicht mehr wenn sie zur sau gemacht werden. dennoch hast Du gute ansätze in Deinem posting, lg
mein hobby kostet bisher auch leicht 20.000,- ich nenne mich deshalb aber nicht profesioneller radrennfahrer und jammere über die geringen preisgelder bzw mangelnde sponsoringverträge...
nicht alles was hinkt....
Dass dein Hobby dich eine gewisse Menge Geld gekostet hat, ist zwar schön, hat aber nicht das geringste mit dem Thema zu tun. Die Begriffe "Professionalisierung" und "erfolgreich" sind im Gegensatz zu dir als Rennradfahrer von aussen zugeschriebene und hinsichtilch Marktdurchdringung und kultureller Identität legitime Begriffe. Wenn du Rennrad fährst, interessiert das abgesehen von deinen Angehörigen wahrscheinlich niemanden, wenn CL´s Album ins Netz gestellt wir, werden 10.000 Downloads getätigt. You see??
Interessantes Interview der liebe Herr Kopaczynski argumentiert mMn sehr schwach - kann auch sein dass da Argumentationslücken der Piraten widergespiegelt werden.
Was mir fehlt ist allerdings die Diskussion über Vertriebswege/modelle von Musik per se z.B. Frage an C.L. "Wieviel Geld bekommst Du raus beim Albumverkauf um €10?"
Bekannte Künstler bekommen bei iTunes z.B. etwa EUR 3,- pro Download eines Albums um EUR 10,-
3 Euro kommt mir viel vor. Laut dieser mittlerweile legendären Grafik ist's deutlich weniger, nämlich 94 cent.
http://www.informationisbeautiful.net/2010/how-much-do-music-artists-earn-online/
Als Urheber meine ich mittlerweile: Jeder Generation das Recht auf Utopie. Unverständlich ist allerdings, dass die Piraten bislang nicht in der Lage sind, den §42 des Urheberrechts sinnerfassend zu lesen. Das Recht auf Privatkopie existiert seit den sechziger Jahren!
Eindeutig NICHT privat ist natürlich, wenn man ein geschütztes Werk (dessen Veröffentlichungsrecht man nicht hat) ins web stellt und so einen schwarzen Gratis-Vertriebskanal zu geschätzten 2 Milliarden potenzieller Konsumenten eröffnet. Das sollte auch jedem Teenager einleuchten. Und wenn nicht, sind die Erziehungsberechtigten gefordert. Man lässt Kinder ja auch nicht die Autobahn überqueren.